Tolles Schulkonzept aus Berlin
Ali - Oktober 4th, 2010 | 3 Comments » |
In unserem letzten Blogpost hatten wir über den Workshop von Prof. Hüther berichtet. Am selben Tag war ich auch beim Vortrag von Margret Rasfeld über Paradigmenwechsel in der Schule. Frau Rasfeld ist seit 2007 Schulleiterin einer Gemeinschaftsschule in Berlin und kam gleich mit einigen ihrer SchülerInnen zum Bildungstag.
Hier ein paar Stichpunkt zu ihrem modernen Verständnis von Schule und zu den Punkten, die an der Schule gelebt werden. Gerade bei Schülern dürfte das Herz dabei aufgehen.
- Bis zur 9. Klasse erhalten Schüler an der Gemeinschaftsschule keine Noten. Stattdessen hat man entweder „bestanden“ oder „nicht bestanden“.
- Bei „nicht bestanden“ muss nicht der ganze Test wiederholt werden, sondern nur der Teil, der nicht beherrscht wird.
- Es gibt auch keine Klassenarbeiten in dem Sinne mehr, sondern Zertifikate.
- Jeder Schüler entscheidet selbst, wenn er ein Zertifikat ablegt. Es gibt Schüler, die gehen ein Zertifikat nach einer Woche an, andere nach Monaten.
- Die Klassen 7-9 werden jahrgangsübereifend unterrichtet, d.h. es gibt nicht mehr die Klasse 7, 8, 9 im eigentlichen Sinne.
- Auch der Klassenverbund hat seinen Platz den Lernbüros, Werkstätten und Projekten geräumt. In den Lernbüros sitzt ein Tutor (Lehrer, Student), der das selbständige Lernen der Schüler „beaufsichtigt“.
- In den Projekten lesen die Schüler in KiTas vor, bringen Senioren den Umgang mit Computern an der Schule bei, führen durch Kirchen (z.T. auf Englisch), machen Spielplätze sauber etc.
- 3x müssen die Schüler Verantwortung außerhalb von Berlin übernehmen. Dabei kam es z.B. vor, dass ein „Problemschüler“ plötzlich die alleinige Verantwortung für eine Schafherde in Irland übernehmen musste. Wichtige Erfahrung.
- Regelmäßig werden Schüler, aber auch Lehrer für Leistungen zeremoniell ausgezeichnet. Das kann für hervorragende schulische Leistungen sein, aber auch für Zivilcourage.
- Jeder Schüler führt ein Logbuch, in dem festgehalten wird, wann, was, wo gemacht wurde.
Alles im Allem hat mir gefallen, dass Frau Rasfeld einen neuen Weg gegangen ist. Einen Weg, bei dem Schüler Verantwortung übernehmen und dennoch auf dem bundeseinheitlichen Niveau lernen. Mir gefiel der experimentelle Einsatz, so wie wir es auch bei CoboCards zum Teil machen. Das kann auch schon einmal dazu führen, dass eine Klasse doch im Klassenverbund unterrichtet wird.
Frau Rasfeld und ihre Kollegen sind mir ihrem „schülerbezogenen“ Konzept sehr erfolgreich. Selbst die Wirtschaft hat schon bei ihr angeklopft.
Ich würde mir wünschen, dass sich die Bildungskultur von den bisherigen Dogmen löst und neue Wege geht. So wie Frau Rasfeld und ihre Schule.
sehr interessant! das klingt für die „alte schule“ sicherlich nach einem konzept, welches ohne wirkliche strukturen definitiv kein erfolg versprechen wird.
ich würde sagen, dass ist mal eine revolution im deutschen bildungswesen! 🙂 vielleicht schaffen wir auch irgendwann diesen pisa-/iglu-test mit „bravour“…?
danke für’s posten.
Nach dem Vortrag hörte ich eine Lehrerin sagen: „Das ist wie von einer anderen Welt“. Die meisten von ihnen waren begeistert. Ich habe aber schon gemerkt, dass es nicht sehr viele Frau Rasfelds gibt. Dafür gehört ein Portion Mut, Idealismus und konsequentes Durchziehen…
Lehrer müssen vielleicht mehr wie Entrepreneure arbeiten.
Sehr interessanter Artikel! Zur Frage, ob Zensuren oder nicht, gab es gestern in der taz einen sehr interessanten Artikel: http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/wie-die-schule-verlierer-produziert/
mfg