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Grundsätzliche Einwände gegen wissenschaftliche Prognosemethoden (3)
Einer der wichtigsten Einwände gegen die Anwendung wissenschaftlicher Prognoseverfahren betrifft deren mögliche schädliche Auswirkungen auf den Probanden wegen der Gefahr eines sozialpsychologischen Rückkoppelungseffektes im Sinne einer "sich-selbst-erfüllenden-Vorhersage" (self-fulfilling-prophecy"). Es wird vielfach befürchtet, eine negative Prognose habe psychologische bzw. sozialpsychologische Auswirkungen auf den Probanden, die im wesentlichen auf zwei Mechanismen zurückzuführen seien. Zum einen finde durch die Prognose eine Beeinflussung des Probanden statt. Der Proband glaube an die Richtigkeit der Prognose u. beginne demzufolge, sich entsprechend der Prognose zu verhalten u. diese in sein Selbstbild zu übernehmen ("Wenn mir die Gesellschaft glaubt, und mir die Ärtzte u. Richter sagen, bei mir bestehe eine hohe Rückfallgefahr, dann wird das wohl so sein".) Zum anderen führe eine negative Prognose zu einer Diskriminierung und Stigmatisierung des Probanden; er werde als "hoffnungsloser Fall" abgestempelt und man erwarte vom Straffälligen geradezu, dass er seinem Ruf gerecht werde. Dieser führt nun dazu, dass der straffällig Gewordene noch stärker in eine soziale Außenseiter- Rolle gedrängt wird, was seine künftige Normkonformität weiter erschwere. Eine negative Pr. setze demach eine unerwünschte Eigendynamik in Gang. Dies entspricht auch dem Erklärungsmodell der Theorie der sekundären Abweichung von Lemmert, wonach...