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Alle Oberthemen / Jura / Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern / Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern
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Die verwaltungsrechtliche Normenkontrolle zur Überprüfung einer sicherheitsrechtlichen Verordnung § 47 VwGO
I. Zulässigkeit

1. Tauglicher Prüfungsgegenstand, § 47 Abs. 1 VwGO
hier: Verordnung als unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift i.S.v. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 BayAGVwGO

2. Zuständigkeit: „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“
Das OVG (in Bayern der VGH, Art. 1 Abs. 1, Art. 5 AGVwGO) ist zuständig, wenn sich aus dem Vollzug der angegriffenen Rechtsnorm öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
ergeben können, die von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden sind.

Achtung: Hierunter fallen nicht etwaige Bewehrungsvorschriften, da sich aus deren
Vollzug nur Bußgeldbescheide ergeben können, für deren Überprüfung gemäß § 68 Abs. 1 OWiG die Amtsgerichte zuständig sind.

3. Antragsberechtigung, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO
Antragsberechtigt ist jede natürliche und juristische Person oder Behörde.

4. Antragsbefugnis, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO
Die Vorschrift verlangt seit der Novellierung durch das 6. VwGOÄndG, dass der Antragsteller geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen
Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Somit wurde die Antragsbefugnis an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO angeglichen; es bedarf der plausiblen Geltendmachung der Möglichkeit einer Rechtsverletzung.
Behörden müssen mit dem Vollzug der Norm befasst sein bzw. sie bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben zu beachten haben – ungeschriebene Einschränkung unter
dem Gesichtspunkt des objektiven Kontrollinteresses.

5. Landesverfassungsrechtlicher Vorbehalt, § 47 Abs. 3 VwGO
Gem. Art. 98 Satz 4 BV ist die Prüfung der Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit den Grundrechten der BV ausschließlich dem BayVerfGH vorbehalten. Der BayVGH prüft deshalb nicht die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Grundrechten der Bayerischen Verfassung.

Strittig ist, ob es sich hierbei um eine Zulässigkeitsvoraussetzung oder nur eine Beschränkung des Prüfungsmaßstabs handelt. Auch bei ersterem führt der Vorbehalt jedoch nur selten zur Unzulässigkeit des Antrags, weil sich durch Auslegung (§ 88 VwGO) meist ergibt, dass neben der Vereinbarkeit der Rechtsnorm mit der BV auch die
Vereinbarkeit mit inhaltsgleichen Vorschriften des GG geprüft werden soll.

6. Antragsfrist, § 47 Abs. 2 VwGO:
innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift.

7. Rechtsschutzinteresse
Die parallele Anhängigkeit einer Anfechtungsklage, bei der die Norm inzident zu prüfen ist, führt nicht zum Fehlen des Rechtsschutzinteresses.
Beachte auch § 47 Abs. 4 VwGO.

8. Postulationsfähigkeit, § 67 Abs. 4 VwGO

II. Begründetheit

Der Normenkontrollantrag ist begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet und die angegriffene Rechtsvorschrift (unabhängig vom Vorbringen des Antragstellers) gegen zwingendes höherrangiges formelles oder materielles Recht verstößt. Im Gegensatz zur Anfechtungsklage kommt es nicht darauf an, ob die verletzte (höherrangige) Rechtsnorm auch dem Schutz des Antragstellers dient.

1. Richtiger Antragsgegner, § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO:
Rechtsträger, der die Rechtsnorm erlassen hat.

2. Festlegung des Prüfungsmaßstabs
Grundsätzlich das gesamte höherrangige Recht. Eine Einschränkung ergibt sich aus dem Vorbehalt des § 47 Abs. 3 VwGO (s.o.). Gem. Art. 98 Satz 4 BV ist die Prüfung der
Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit den Grundrechten der BV ausschließlich dem BayVerfGH vorbehalten (s.o.).
Das Europarecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und
wohl überwiegender Meinung ebenfalls Prüfungsmaßstab, auch wenn ein Verstoß nur zur Unanwendbarkeit der Norm im Einzelfall, nicht aber zu ihrer Unwirksamkeit führt.

3. Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Verordnung
Hält der BayVGH die beanstandete Norm für formell und materiell rechtmäßig und somit wirksam, so weist er den Antrag zurück (Wirkung inter partes); hält er sie für ungültig, erklärt
er sie für unwirksam (Wirkung erga omnes), § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Bei Verstoß gegen EU-Recht wird die Verordnung aufgrund des europarechtlichen Anwendungsvorrangs als
„Minus“ zur erga-omnes-Feststellung der Unwirksamkeit nur für im Einzelfall unanwendbar erklärt.
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Karteninfo:
Autor: Charlemagne
Oberthema: Jura
Thema: Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern
Veröffentlicht: 06.03.2013

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