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Wie entwickelte sich die Human Relations Bewegung? Was kennzeichnet diese?
Wie Kieser (2006) eindrücklich belegt, war den Unternehmern bereits im 19. Jahrhundert in der Phase der Industrialisierung sehr wohl bewusst, dass die Herstellung »menschlicher Beziehungen« (»human relations«) zu den Arbeitern ein wichtiger Produktionsfaktor sein kann. Nach dem ersten Weltkrieg wurde dieser Gedanke akut, als allseits eine zunehmend um sich greifende Arbeitsunlust in den Unternehmen diagnostiziert wurde. Diese war zum einen auf gesellschaftliche Bedingungen zurückzuführen – eine hohe Geldentwertung sorgte ebenso dafür wie die enttäuschten Hoffnungen der Arbeiterschaft auf eine grundlegende Änderung der ökonomischen und politischen Verhältnisse –, zum anderen auf die durch wissenschaftliche Betriebsführung sinnentleerte Arbeitgestaltung.
Als Reaktion darauf wurden die Unternehmer zunehmend aufgefordert, ihre Arbeiter »menschlich« zu behandeln und eine andere, auf die Organisation menschlicher Beziehungen orientierte Führung zu praktizieren.
In dieser Situation wurde ein Forschungsprogramm gestartet, das in Felduntersuchungen Probleme der Produktivität und der Kündigungsraten analysierte. Die Untersuchungen wurden zwischen 1924 und 1932 in einem Werk der Western-Electric Company in Hawthorne durchgeführt. Unter dem Namen des Ortes wurden die Untersuchungen weltberühmt: Die Hawthorne-Studien.
Die Ergebnisse führten die Forscher darauf zurück,
dass den Arbeitern – ganz im Gegensatz zur sonst üblichen
Behandlung in der Arbeit – im Rahmen der Versuche zum ersten Mal Interesse entgegengebracht und sie mit Respekt behandelt wurden. Die Tatsache, dass allein die Teilnahme an einer Untersuchung schon einen Einfluss auf das Verhalten der Untersuchten hat, wird seitdem als Hawthorne-Effekt bezeichnet. Diese Deutung brachte die Forscher zu der Schlussfolgerung, dass eine Verbesserung der menschlichen Beziehungen (»human relations«) die Arbeitszufriedenheit und die Arbeitsmotivation erhöht und in der Folge die Leistung der Mitarbeiter steigt.
Der Führung wurde aufgrund solcher »Erkenntnisse« empfohlen, die Mitarbeiter freundlich zu behandeln und vertrauensvolle Beziehungen zu ihnen aufzubauen. Die Empfehlungen, verbunden mit dazu passenden Schulungsprogrammen für die Führungskräfte der Wirtschaft , bildeten den Kern der sog. »Human-Relations-Bewegung«. Um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern, vertrauten zumindest in den größeren Unternehmen der USA fortan die Manager nicht mehr allein auf Lohnanreize, sondern setzten auf die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit. Zu dem Zweck wurden Schulungen in Human-Relations-Techniken zum Standard. Diese ersetzten allerdings nicht die wissenschafliche Betriebsführung, vielmehr wurde nur der Umgang mit den Arbeitern verändert.
Die Hawthorne-Studien und die dadurch verstärkte Human-Relations-Bewegung haben also streng genommen gar keinen Einfluss auf die Organisationsstrukturen genommen und können auch nicht als Organisationstheorie im engeren Sinne bezeichnet werden: Der Ansatz erklärt nicht die Organisation selbst, sondern die Organisation wird lediglich als Bezugsrahmen zur Erklärung menschlichen Verhaltens herangezogen. Für die Entwicklung der Organisationspsychologie und das in dieser Disziplin verbreitete Verständnis von Organisation hat die Bewegung aber fundamentale Bedeutung.
Das ist umso bemerkenswerter, als mittlerweile bekannt ist, dass es sich beim Hawthorne-Effekt wahrscheinlich um ein methodisches Artefakt handelt. So arbeiteten die Testpersonen unter privilegierten Bedingungen, erhielten bessere Löhne, in einem Fall wurden zwei widerspenstige Frauen durch »kooperationswillige« Versuchspersonen ersetzt, die Arbeiter erhielten regelmäßiges Leistungsfeedback und wurden teilweise sogar gezielt aufgefordert, so schnell wie möglich zu arbeiten. Der Hawthorne-Effekt ist also eher ein Mythos, der aufgrund der zeitbedingten ideologischen Bedingungen gerne geglaubt wurde.
Obwohl die Untersuchungen den modernen methodischen Standards nicht standhalten, hat sich aber im Laufe der Forschung herausgestellt, dass die daraus entwickelten Annahmen nicht völlig falsch sind. So zeigen z. B. neuere Metaanalysen, dass ein mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten – wie von der Human-Relations-Bewegung postuliert – sehr wohl positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit und die Leistung der Mitarbeiter hat. Und so hat diese Bewegung, obwohl sie nicht zuletzt auf einem Mythos beruht, nachhaltige Folgen für die Organisationen. Eine davon ist, dass seither die Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und der sozialen Beziehungen in Organisationen als eigenständige Zielkriterien angesehen werden.
Dass auch Ökonomen und Betriebswirte dies anerkennen, ist nicht zuletzt auf die Human-Relations-Bewegung zurückzuführen. Zudem basieren gestaltungsorientierte Ansätze wie beispielsweise die Organisationsentwicklung auf den Grundüberlegungen und Vorgehensweisen, die bereits in den Hawthorne-Studien angelegt sind (die Überprüfung der Wirkungen solcher gestaltungsorientierter Ansätze belegt auch den Wert der grundlegenden Aussagen der Human-Relations-Bewegung).
Als Reaktion darauf wurden die Unternehmer zunehmend aufgefordert, ihre Arbeiter »menschlich« zu behandeln und eine andere, auf die Organisation menschlicher Beziehungen orientierte Führung zu praktizieren.
In dieser Situation wurde ein Forschungsprogramm gestartet, das in Felduntersuchungen Probleme der Produktivität und der Kündigungsraten analysierte. Die Untersuchungen wurden zwischen 1924 und 1932 in einem Werk der Western-Electric Company in Hawthorne durchgeführt. Unter dem Namen des Ortes wurden die Untersuchungen weltberühmt: Die Hawthorne-Studien.
Die Ergebnisse führten die Forscher darauf zurück,
dass den Arbeitern – ganz im Gegensatz zur sonst üblichen
Behandlung in der Arbeit – im Rahmen der Versuche zum ersten Mal Interesse entgegengebracht und sie mit Respekt behandelt wurden. Die Tatsache, dass allein die Teilnahme an einer Untersuchung schon einen Einfluss auf das Verhalten der Untersuchten hat, wird seitdem als Hawthorne-Effekt bezeichnet. Diese Deutung brachte die Forscher zu der Schlussfolgerung, dass eine Verbesserung der menschlichen Beziehungen (»human relations«) die Arbeitszufriedenheit und die Arbeitsmotivation erhöht und in der Folge die Leistung der Mitarbeiter steigt.
Der Führung wurde aufgrund solcher »Erkenntnisse« empfohlen, die Mitarbeiter freundlich zu behandeln und vertrauensvolle Beziehungen zu ihnen aufzubauen. Die Empfehlungen, verbunden mit dazu passenden Schulungsprogrammen für die Führungskräfte der Wirtschaft , bildeten den Kern der sog. »Human-Relations-Bewegung«. Um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern, vertrauten zumindest in den größeren Unternehmen der USA fortan die Manager nicht mehr allein auf Lohnanreize, sondern setzten auf die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit. Zu dem Zweck wurden Schulungen in Human-Relations-Techniken zum Standard. Diese ersetzten allerdings nicht die wissenschafliche Betriebsführung, vielmehr wurde nur der Umgang mit den Arbeitern verändert.
Die Hawthorne-Studien und die dadurch verstärkte Human-Relations-Bewegung haben also streng genommen gar keinen Einfluss auf die Organisationsstrukturen genommen und können auch nicht als Organisationstheorie im engeren Sinne bezeichnet werden: Der Ansatz erklärt nicht die Organisation selbst, sondern die Organisation wird lediglich als Bezugsrahmen zur Erklärung menschlichen Verhaltens herangezogen. Für die Entwicklung der Organisationspsychologie und das in dieser Disziplin verbreitete Verständnis von Organisation hat die Bewegung aber fundamentale Bedeutung.
Das ist umso bemerkenswerter, als mittlerweile bekannt ist, dass es sich beim Hawthorne-Effekt wahrscheinlich um ein methodisches Artefakt handelt. So arbeiteten die Testpersonen unter privilegierten Bedingungen, erhielten bessere Löhne, in einem Fall wurden zwei widerspenstige Frauen durch »kooperationswillige« Versuchspersonen ersetzt, die Arbeiter erhielten regelmäßiges Leistungsfeedback und wurden teilweise sogar gezielt aufgefordert, so schnell wie möglich zu arbeiten. Der Hawthorne-Effekt ist also eher ein Mythos, der aufgrund der zeitbedingten ideologischen Bedingungen gerne geglaubt wurde.
Obwohl die Untersuchungen den modernen methodischen Standards nicht standhalten, hat sich aber im Laufe der Forschung herausgestellt, dass die daraus entwickelten Annahmen nicht völlig falsch sind. So zeigen z. B. neuere Metaanalysen, dass ein mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten – wie von der Human-Relations-Bewegung postuliert – sehr wohl positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit und die Leistung der Mitarbeiter hat. Und so hat diese Bewegung, obwohl sie nicht zuletzt auf einem Mythos beruht, nachhaltige Folgen für die Organisationen. Eine davon ist, dass seither die Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und der sozialen Beziehungen in Organisationen als eigenständige Zielkriterien angesehen werden.
Dass auch Ökonomen und Betriebswirte dies anerkennen, ist nicht zuletzt auf die Human-Relations-Bewegung zurückzuführen. Zudem basieren gestaltungsorientierte Ansätze wie beispielsweise die Organisationsentwicklung auf den Grundüberlegungen und Vorgehensweisen, die bereits in den Hawthorne-Studien angelegt sind (die Überprüfung der Wirkungen solcher gestaltungsorientierter Ansätze belegt auch den Wert der grundlegenden Aussagen der Human-Relations-Bewegung).
Tags: Human-Relations-Bewegung, Organisationsstruktur
Quelle: VO05 Nerdinger
Quelle: VO05 Nerdinger
Karteninfo:
Autor: coster
Oberthema: Psychologie
Schule / Uni: Universität Wien
Ort: Wien
Veröffentlicht: 24.04.2014