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Welche vier Merkmale bzw. Aspekte müssen für die Entwicklung und Umsetzung einer Sicherheitskultur beachtet werden?
Zur Entwicklung und Umsetzung einer Sicherheitskultur weist Reason (1997) vor allem auf folgende vier Merkmale bzw. Aspekte im Sinne einer gestaltbaren organisationalen Kultur hin.
- Berichtskultur Hierbei geht es darum, ein funktionierendes Berichtssystem für sicherheitsrelevante Vorfälle in der Organisation zu implementieren. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass ein organisationales Klima erzeugt wird, in dem die Mitarbeiter bereit sind, eigene Fehler einzugestehen, auch von Beinaheunfällen zu berichten und auf latente Risikofaktoren aufmerksam zu machen. Dies kann man beispielsweise durch folgende Maßnahmen erreichen: möglichst keine Sanktionierungen berichteter Fehlhandlungen vornehmen; die Berichte zu den kritischen Vorfällen von einer eigenen Abteilung – unabhängig von bestimmten Leitungsstrukturen – sammeln und analysieren lassen; Vertraulichkeit im Umgang mit den Berichten zusichern und ein unkompliziertes Verfahren zur Erstellung der Berichte zur Verfügung stellen.
- Gerechte Vertrauenskultur Eine effektive Berichtskultur ist auch davon abhängig, dass klar nachvollziehbar ist, welches Verhalten sanktioniert wird und welches nicht. Nicht jedes sicherheitskritische Verhalten kann von einer Organisation ohne Konsequenzen hingenommen werden (z. B. bei Fehlhandlungen unter Alkoholeinfluss), sonst verliert sie an Glaubwürdigkeit. Zu einer Sicherheitskultur gehören somit auch Transparenz und ein gerechtes Sanktionssystem dazu, was akzeptables und inakzeptables Verhalten im Umgang mit Sicherheitsfragen ist. Andererseits müssen Mitarbeiter aber auch Vertrauen darin haben können, dass eingestandene Fehlhandlungen nicht sanktioniert werden, wenn sie nicht vorsätzlich und leichtfertig begangen wurden und nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
- Flexible Kultur Hiermit ist die Fähigkeit des organisationalen Systems verbunden, sich bei Gefahrensituationen flexibel zu verhalten und mit den Anforderungen umgehen zu können. Konkret bedeutet dies vor allem, dass trotz einer generellen hierarchischen Führungsorganisation in Phasen mit erhöhtem Sicherheitsrisiko die Führungsverantwortung auf die Experten vor Ort verlagert wird (z. B. die Schichtführer oder Teamleiter einer Bedienmannschaft eines Kernkraftwerks). Auch weitreichende Entscheidungen werden in solchen Situationen somit nicht hierarchisch getroffen, sondern von den Experten vor Ort. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis der Analysen charakteristischer Merkmale hoch zuverlässiger und sicherer Organisationen.Eine wichtige Voraussetzung dafür ist allerdings, dass organisationsweit eine homogene Entscheidungs- und Führungsphilosophie vorhanden ist und gelebt wird.
- Lernkultur Schließlich sollte eine Sicherheitskultur auch durch eine Lernkultur geprägt sein, d. h. die Bereitschaft und Fähigkeit die richtigen Schlussfolgerungen aus sicherheitsrelevantenInformationen (z. B. des Berichtssystems) zu ziehen und die notwendigen Reformen bzw. Maßnahmen umzusetzen und zu implementieren. Organisationales Lernen beinhaltet, dass auf allen Ebenen gelernt wird, d. h. auch alle Führungsebenen lern- und veränderungsbereit sein müssen, dass auf allen Ebenen eine Bereitschaft zu einer selbstkritischen Reflexion des eigenen Verhaltens vorhanden sein sollte und dass bei Unfall- und Vorfallanalysen auch höhere Managementebenen einbezogen sowie die daraus entwickelten Schlussfolgerungen zügig umgesetzt werden sollten.
Tags: Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit
Quelle: VO04 Nerdinger
Quelle: VO04 Nerdinger
Karteninfo:
Autor: coster
Oberthema: Psychologie
Schule / Uni: Universität Wien
Ort: Wien
Veröffentlicht: 24.04.2014