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Alle Oberthemen / Bildungswissenschaft / Sozialgeschichte

Modul 1 C - Teil 3 - Sozialgeschichte des dualen Systems (14 Karten)

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Entwicklungslogik des dualen Systems der Berufsausbildung
erst späte Zusammenführung von betrieblicher Lehre und Berufsschule um 1870

Wiederbelebung des eigentlich antiquierten Ausbildungsmodells

Restauration und Übertragung des handwerklichen Modells der Berufsausbildung auf andere Wirtschaftsbereiche

Entwicklungsgeschichte: andauernder Versuch der Bewältigung von in der Zeitfolge variierenden objektiven Problemlagen
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Gründungsphase 1870-1920 - Restauration der Handwerkslehre und Herausbildung der Fortbildungsschule
Begleiterscheinung einer politischen Reaktion auf Auflösungserscheinungen der bürgerlichen Gesellschaft

1. Säule: betriebliche Lehre: Restauration der im Mittelalter entstandenen Handwerksausbildung, im Zuge der so genannten "Mittelstandspolitik" (als Bollwerk gegen die Sozialdemokratie des Kaiserreichs)

2. Säule: Berufsschule: Im Zuge bürgerlich-liberaler Schulreformen wurden die Fortbildungsschulen (zuvor allgemeinbildend oder gewerblich) zwischen 1895 und 1914 vereinheitlicht und als beruflich orientierte Pflichtschulen durchgesetzt

Zusammenwachsen der beiden Säulen um 1920 noch nicht abgeschlossen

Niedergang des Handwerks und Auflösung der Handwerkslehre: ma. Handwerkslehre eingebunden in familiale Strukturen des Meisterhaushaltes. Zunft als berufsständische Organisation

Kritik im 17./18. Jhd. merkantilistisch - Staatsanspruch vs. Exklusivitätsanspruch - Auflösung der Korporationen
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Niedergang des Handwerks
wichtiges Datum 1810/1811: Einführung der Gewerbefreiheit - Auflösung von Zunftzwang und Handwerkslehre
wirtschaftliche Liberalisierung: kapitalistsische Produktion und "Massenzeitalter"

Mittelstandspolitik des Kaiserreichs
Steuerungsinstrument der Restauration - gewerberechtliche Vorschriften
1869 Gewerbeordnung (GO) des Norddeutschen Bundes

politisches Programm der Mittelstandsbewegung nach 1873
im Handwerk: Einführung von Gewerbe- und Handwerkskammern, obligatorische Fortbildungsschulen und Korporationen

1881  1. Gewerberechtsnovelle = qualitativer Sprung für die Handwerkerpolitik des Kaiserreichs
Berufsausbildung als Selbstverwaltungsaufgabe der Wirtschaft
Übertragung der Verantwortung für das Lehrlingswesen auf private Machtträger

1897  2. Gewerberechtsnovelle = "Handwerkerschutzgesetz": wichtigste Novelle zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen - Einrichtung d. Handwerkskammern
Neuorganisation des Lehrlingswesens

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Einrichtung von Handwerkskammern
--Gewerberechtsnovelle von 1897 legitimiert zur Interessensvertretung des Handwerks die Bildung von Handwerkskammern als Körperschaft öffentlichen Rechts

Aufgaben der Handwerkskammern:
1) Regelung des Lehrlingswesens
2) Überwachung und Durchführung der geltenden Vorschriften
3) Gutachten und Mitteilungen an Behörden
4) Anträge und Jahresberichte
5) Bildung von Prüfungsausschüssen
6) Bildung von Berufungsausschüssen

Bestimmungen über das Lehrlingswesen: allgemeine und besondere für Handwerker

Novelle 1908 zum Befähigungsnachweis

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Herausbildung der Fortbildungsschule
Erziehungslücke zwischen Volksschulentlassung und Militär
Berufsschule
Wurzeln: kirchliche Sonntagsschule, parallel gewerbliche Sonntagsschule
beide sind Vorgänger der Fortbildungsschulen
institutionelle Formierung der Arbeiterbewegung in der Sozialdemokratie 1864
Lückentheorie: beim Übergang von "Großer Depression" ins Massenzeitalter Sozialisationsdefizit v.a. der klein- und unterbürgerlichen männl. Jugendlichen in der sekundären Sozialisation
Neues Ausbildungsverhältnis nach 1869 (GO) - qualitativer Unterschied zur alten Zunftslehre: umfassende erzieherische Wirkung!

- Fortbildungsschule sollte staatlichen Erziehungseinfluss nach Volksschulentlassung fortführen
- Durchsetzung vor dem Hintergrund der liberalen Bewegung in der Bürokratie
- gesellschaftspol. Funktion der Fortbildungsschule: Integration kleinbürgerlicher und proletarischer Jugendlicher in den bürgerlichen Nationalstaat fördern
wichtige Funktion innerhalb der Jugendpflege
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Steuerungselemente der Fortbildungsschulen
1873 Gründungswelle "allgemeiner" Fortbildungsschulen
Steuerungselemente: allgemeiner Schulzwang und allgemeine Lehrinhalte der Volksschule als Orientierungspunkt

Reformpolitik: "Der deutsche Verein für das Fortbildungsschulwesen"
- Gründer >Oskar Woldemar Pache<
- Forderung nach Umwandlung in Berufsschule
- Stadtschulart >Georg Kerschensteiner< trug entscheidend zur Durchsetzung der Reformstrategie bei: 1) Fortbildungsschulmodell in München, 2) Legitimationsgrundlage für die neue Schule
- Berufserziehung als Übergang
- Berufserziehung als Staatsbürgererziehung
- Idealbild: "der brauchbare Staatsbürger"
- Berufsbildung als Voraussetzung "allgemeiner Menschenbildung"
- Indienstnahme der Schule als Immunisierung gegen sozialdemokratische Bestrebungen

beruflich orientierte Fortbildungsschule in Preußen nac h 1900 als Leitlinie der Fortbildungsschulpolitik

1911 "Bestimmungen über die Einrichtung und Lehrpläne gewerblicher bzw. kaufmännischer Fortbildungsschulen"

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Zum Systemcharakter der Berufsausbildung vor 1918
Entwicklung von Betriebslehre und Fortbildungsschule wurde vom 1. Weltkrieg unterbrochen

1) Betriebslehre: hatte lediglich beim Handwerk und bei der Ausbildung der "Handlungsgehilfen" eine einigermaßen einheitliche Struktur

2) Fortbildungsschule: in erster Linie politisch-integrativeAufgabe; erst um Jahrhundertwende Konsolidierungschance im Zuge der Mittelstandspolitik

- Deutsches Ausbildungssystem: unabhängige Entwicklung zwei gegensätzlicher Konzeptionen von Mittelstandspolitik 1) konservativ-klerikal, 2) liberal - kein verdichtetes System der Berufsausbildung

Anfänge der Lehrlingsausbildung in der Industrie: Lehrlingsstatus nicht näher definiert
Erfordernis neuer Qualifikationen und Orientierungsmuster
Taylorismus - produktionsgetrennte Lehrwerkstätten
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Konsolidierungsphase 1920 - 1970: Industrielle Lehrlingsausbildung und Berufsschule
2. Phase: Weiterentwicklung dualer Berufsausbildung
charakteristisch: Abgrenzung des industrietypischen Modells der Lehrlingsausbildung vom handwerklichen berufsständischen Konzept

Gegensatz "Wirtschaftsdualismus"
Austauschbeziehungen im "ökonomischen Dualismus"

Mit der zunehmenden Erschließung und Absorption des traditionellen Wirtschaftssektors durch den industriell-marktwirtschaftlichen Wirtschaftssektor im Laufe der westdeutschen Nachkriegs-Prosperitätsperiode traten die unzureichenden Ausbildungsleistungen des traditionellen Berufsbildungssektors zutage.

Ausbildungspolitik der Industrie: Vom "tüchtigen Gesellen zum Facharbeiter
Abgrenzungsbemühungen der Industrie über "besondere Bestimmungen" der Novelle von 1897, Gesellenprüfung 1901 usw.

DATSCH: Deutscher Ausschuss für technisches Schulwesen
avancierte zur ausbildungspolitischen Interessenvertretung der dt. Industrie
Programm: Ausbildungs-Leitsätze, Lehrgänge, Berufsbilder
wesentliche Unterstützung bei der prüfungsrechtlichen Abgrenzung der industriellen Lehrlingsausbildung vom Handwerk
ab 1926 Herausgabe der "Ordnungsmittel" für systematische Regelung der Lehr- und Anlernberufe
1935 alleinige Zuständigkeit der IHK für Facharbeiterprüfung und Gleichstellung mit Gesellenprüfung
Industrielles Ausbildungsmodell "Facharbeiter" als neuer Qualifikationstyp
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Konsolidierungsphase II: Phasen und Institutionen
DINTA = Deutsches Institut für technische Arbeitsschulung
Ideolisierung der Lehrlingserziehung zur nationalsozialistischen Zeit
Ideologie der Betriebsgemeinschaft: Lehrwerkstatt als Exerzierplatz des praktischen Lebens
große Verdienste: Verbreitung von Lehrwerkstätten und Aufwertung von Industriezweigen

Kennzeichen industrietypischer Lehrlingsausbildung:
1) institutionell, 2) methodisch, 3) berufssystematisch
längste Tradition der Lehrwerkstätten
zentrales Merkmal: Lehrgang (Arbeitsvollzüge in Einzeloperationen zerlegt und nach steigendem Schwierigkeitsgrad zusammengesetzt)
Traditionslinie: Lehrgänge der Metallberufe
Entwicklung der Werkschulen auf Grund der Kosten verlief erfolglos

Berufsbild: das Ordnungskonzept, das der DATSCH weiterentwickelte, erhielt jedoch erst Mitte der 30er Jahre seine endgültige Form. Mit dem 1935 herausgegebenen neuen Einheitslehrvertragsmuster wurde das Berufsbild fester Bestandteil des Lehrvertrages.

1953 Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung (ABB)
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Entwicklung der Berufsschule
zentrales Datum der Berufsschulgeschichte: um die Jahrhundertwende einsetzende Ablösung der allg. Fortbildungsschule durch die didaktisch am Beruf orientierte Fortbildungsschule Kerschensteinerscher Prägung

berufliche Pflichtfortbildungsschule ab 1900
>Kerschensteiner<: neues Integrationsmodell der unteren Bevölkerungsschichten, um die Isolierung vom allg. Bildungswesen aufzuheben.
v.a. tragfähige rechtliche Regelung für das überkommene und regional sehr unterschiedlich entwickelte Fortbildungsschulwesen

Berufsschule im Dritten Reich: Zentralisierung der Schulverwaltungen der Länder im Reichsministerium - Basis für Vereinheitlichung des Berufsschulwesens
1938 einheitliche Berufsschulpflicht
durch zentralistische Politik der Nationalsozialisten wurde die Form der klassischen Pflichtberufsschule juristisch fixiert

FAZIT: die universelle Durchsetzung der Berufsschule als öffentliche Pflichtschule mit z.T. neuen Organisationsstrukturen, speziellen Unterrichts- und Lehrmethoden usw. festigten endgültig den Status dieser Schule als Institution des deutschen Bildungswesens.
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Berufsausbildung als "öffentliche Aufgabe"
Betonung der berufsfachlichen Ausrichtung der Berufsschule bei Zurückdrängung ihrer politischen Aufgabe
didaktische Traditonslinie: enge inhaltliche Anlehnung an die Betriebsausbildung
"Bildung durch den Beruf" - auch lange Bildungssackgasse

am 1. September 1969 tritt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Kraft und beendet eine Epoche ausbildungspolitischer Auseinandersetzungen

Interessen des modernen Sozialstaates an einer umfassenden und einheitlichen gesetzlichen Regelung der Berufsausbildung

dreifach motiviert:
1) wirtschaftspolitisch: Qualifikationsverwertung und Qualifikationserwerb, 2) sozialpolitisch: freier Zugang zu Berufen, 3) bildungspolitisch: Persönlichkeitsförderung

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politische Auseinandersetzungen um ein Berufsbildungsgesetz 1919 - 1969
Interessenskonflikte zwischen Arbeitgebern / Industrieverbände: Berufsausbildung als Kostenfaktor (als Selbstverwaltungsaufgabe der Wirtschaft) und Gewerkschaften: Beteiligung an der Durchführung
erst Bewegung in die Richtung einer Einigung mit dem Entwurf des deutschen Gewerkschaftsbundes für ein Berufsbildungsgesetz von 1959

Vom Zunftrecht zum Ausbildungsrecht
4 Entwicklungsstufen
1) Stufe 1. völlig ungeregelter Erwerb beruflicher Qualifikationen
2) Stufe 2. berufsständisch austonomes Berufsbildungsrecht (Zunftrecht)
3) Stufe 3. gewerberechtliche Einbindung der Berufsbildung (Gewerbefreiheit und Freihandel)
4) Stufe 4. spezialisiertes Berufsbildungsrecht BBiG
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Systemcharakter dualer Berufsausbildung
Terminus "duales System" um 60/70er Jahre anerkannt
- 1969 BBiG: Schlussstein der Entwicklung zum modernen deutschen Berufsbildungssystem
-Systemelemente: Ausbildungsmarkt und Berufsbildungsrecht
-Genese des deutschen Berufsbildungsrechts:
vor 1969 war völlig unklar, Rechtscharakter der Ausbildungs- und Prüfungsregelungen; Rechtsstatus des Ausbildungsberufs; rechtliche Dimension der curricular-inhaltlichen Beziehung der beiden Lernorte; rechtsverbindliche Vorschrift für die Qualfizierung des Lehrpersonals; Mitwirkungsrechte usw.

- erhebliches Maß an Rechtssicherheit durch das BBiG
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Ausbau und Modernisierung
Anfang der 70er Jahre: Debatte über Notwendigkeit einer Reform des dualen Systems,Bsp. Erweiterung des Hochschulzugangs

- 1969 Empfehlung des Deutschen Bildungsrates
Kritik am dualen System:
1. traditionelle Spaltung in "allgemein-bildend" und "berufsbildend" - Signum sozialer Klassenspaltung - Kernforderung: Integration von allgemeiner und beruflicher Bildung
2. mangelhafte qualifikatorische Leistungsfähigkeit
- 1973 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft war federführend für den Bereich betrieblicher Berufsausbildung zuständig; Novellierungen des BBiG

FAZIT:
Ablösung des einseitigen Einflusses der Arbeitgeber auf die Berufsausbildung durch ein System differenzierter Verantwortung, das gleichwohl die Interessen der Beteiligten nicht voll erfüllt.
Kartensatzinfo:
Autor: CoboCards-User
Oberthema: Bildungswissenschaft
Thema: Sozialgeschichte
Veröffentlicht: 16.08.2011
Tags: Sozialgeschichte duales System
 
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