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III. Fehler des Urteil
3) Angriff gegen die Beweiswürdigung - Rüge der Verwertung von Zeugenaussagen?
3) Angriff gegen die Beweiswürdigung - Rüge der Verwertung von Zeugenaussagen?
Dem Angeklagten wird Totschlag zur Last gelegt. Das Schwurgericht ist von seiner Täterschaft überzeugt. Im Rahmen der Beweiswürdigung führt es unter anderem aus: »Die Schwester des Angeklagten hat in der Hauptverhandlung zwar ein Alibi für ihren Bruder bekundet. Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass diese Aussage falsch war. Zweifel drängen sich nämlich schon deshalb auf, weil die Zeugin keinerlei Veranlassung gesehen hat, ihr Wissen auch schon der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mitzuteilen, sondern - obwohl sich ihr Bruder in Untersuchungshaft befand - mit ihrer Aussage bis zur Hauptverhandlung abgewartet hat.« Kann der Verteidiger des Angeklagten diese Beweiswürdigung mit Aussicht auf Erfolg angreifen?
Lösung: Die Revision des Verteidigers wäre auch hier erfolgreich. Der Schluss vom anfänglichen Schweigen der Zeugin auf die Unrichtigkeit ihrer Aussage war unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung darf die vollständige oder zeitweise Zeugnisverweigerung eines Angehörigen - anders als das teilweise Schweigen - nicht gegen den Angeklagten verwertet werden. Der Angehörige soll vielmehr unbefangen entscheiden können, ob er aussagt oder nicht. MUSS er aber befürchten, aus seinem zeitweisen Schweigen könnten nachteilige Schlüsse für den Angeklagten gezogen werden, wäre der Zeuge in seiner Entschließung, ob er aussagt oder nicht, nicht mehr frei.
Lösung: Die Revision des Verteidigers wäre auch hier erfolgreich. Der Schluss vom anfänglichen Schweigen der Zeugin auf die Unrichtigkeit ihrer Aussage war unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung darf die vollständige oder zeitweise Zeugnisverweigerung eines Angehörigen - anders als das teilweise Schweigen - nicht gegen den Angeklagten verwertet werden. Der Angehörige soll vielmehr unbefangen entscheiden können, ob er aussagt oder nicht. MUSS er aber befürchten, aus seinem zeitweisen Schweigen könnten nachteilige Schlüsse für den Angeklagten gezogen werden, wäre der Zeuge in seiner Entschließung, ob er aussagt oder nicht, nicht mehr frei.