Die Prospect Theory
- Paradigma der „Heuristiken und Verzerrungen“ (heuristics & bias)
- Paradigma der „Heuristiken und Verzerrungen“ (heuristics & bias)
- Daniel Kahneman und Amos Tversky* Verständnis von Rationalität:- ein normativ rationales Individuum handelt nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung- d.h. es bedient sich in seinen Entscheidungen mathematischer bzw. statistischer Rationalität, da diese Art der Entscheidungsfindung den optimalen Nutzen einer Entscheidung ermitteln kann* Verzerrung (bias)Beobachtung, wenn tatsächliches menschliches Entscheidungsverhalten in Dilemmasituationen von festgelegten mathematischen Rationalität – also der optimalen Nutzenmaximierung abweicht
Beipspiel Prospect Theory - Verzerrung
Verzerrung wiesen Kahneman und Tversky z.B. nach, indem es ihnen gelang, Entscheidungsverhalten allein durch die Variation des Rahmens, in dem eine Entscheidung zu treffen war, zu beeinflussen. Diese Beeinflussung kann als Beleg für den Verstoß gegen das Invarianzprinzip bei gleich bleibenden Wahrscheinlichkeiten verstanden werden.
<i><span class="small">Bitte stellen Sie sich folgende Situation vor. Die Bundesrepublik Deutsch-land bereitet sich auf den Ausbruch einer seltenen Krankheitsepidemie vor, die voraussichtlich 600 Menschen das Leben kosten wird. Zwei unter-schiedliche Programme zur Bekämpfung dieser Krankheit wurden vor-geschlagen. Dabei sind die exakten wissenschaftlichen Schätzungen der Folgen der beiden Programme wie folgt.
A: Bei Anwendung des Programms A werden 200 Personen ge-rettet.
B: Bei der Anwendung des Programms B gibt es eine Wahrschein-lichkeit von 1/3, dass 600 Personen gerettet werden, und eine Wahrscheinlichkeit von 2/3, dass keine Person gerettet wird (Übersetzung nach Stockè, 1998).
Die Untersuchungsteilnehmer sollten sich für eines der beiden Programme A oder B entscheiden. Wurde die Entscheidung auf diese „positive“ Art ge-rahmt (framing) entschieden sich 72% der Untersuchungsteilnehmer (n=152) für die Option A, die als „sicher“ bezeichnet werden kann und 28% für die Option B, die in Relation dazu als „riskant“ bezeichnet werden kann. Dies ist an sich bemerkenswert, da aus rein mathematischer/statis-tischer Sachlogik die beiden Antwortoptionen genau den gleichen Erwar-tungswert haben, nämlich 200 Menschenleben zu retten.
Das gleiche Dilemma nur mit einem „negativen“ Rahmen wurde nun ande-ren Untersuchungsteilnehmern von Tversky und Kahneman vorgelegt. Der Begriff „retten“ wurde in dieser negativen Version durch „sterben“ ersetzt und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeiten der Antwortoptionen einfach umgedreht. Die Aufgabe lautete wiederum zu entscheiden, welches der beiden nun negativ gerahmten Programme gewählt werden sollte.
A: Bei Anwendung des Programms A werden 400 Personen ster-ben.
B: Bei Anwendung des Programms B gibt es eine Wahrscheinlich-keit von 1/3, dass niemand sterben wird, und eine Wahrschein-lichkeit von 2/3, dass 600 Personen sterben werden.
Obwohl die durchschnittliche Anzahl geretteter Menschenleben in allen Optionen 200 betrug, sorgten diese rein sprachlichen Änderungen für ein ganz anderes Antwortverhalten. Nun wählten 78% der Untersuchungs-teilnehmer (n=155) Option B („riskant“) und nur mehr 22% Option A („sicher“).</span></i>
<i><span class="small">Bitte stellen Sie sich folgende Situation vor. Die Bundesrepublik Deutsch-land bereitet sich auf den Ausbruch einer seltenen Krankheitsepidemie vor, die voraussichtlich 600 Menschen das Leben kosten wird. Zwei unter-schiedliche Programme zur Bekämpfung dieser Krankheit wurden vor-geschlagen. Dabei sind die exakten wissenschaftlichen Schätzungen der Folgen der beiden Programme wie folgt.
A: Bei Anwendung des Programms A werden 200 Personen ge-rettet.
B: Bei der Anwendung des Programms B gibt es eine Wahrschein-lichkeit von 1/3, dass 600 Personen gerettet werden, und eine Wahrscheinlichkeit von 2/3, dass keine Person gerettet wird (Übersetzung nach Stockè, 1998).
Die Untersuchungsteilnehmer sollten sich für eines der beiden Programme A oder B entscheiden. Wurde die Entscheidung auf diese „positive“ Art ge-rahmt (framing) entschieden sich 72% der Untersuchungsteilnehmer (n=152) für die Option A, die als „sicher“ bezeichnet werden kann und 28% für die Option B, die in Relation dazu als „riskant“ bezeichnet werden kann. Dies ist an sich bemerkenswert, da aus rein mathematischer/statis-tischer Sachlogik die beiden Antwortoptionen genau den gleichen Erwar-tungswert haben, nämlich 200 Menschenleben zu retten.
Das gleiche Dilemma nur mit einem „negativen“ Rahmen wurde nun ande-ren Untersuchungsteilnehmern von Tversky und Kahneman vorgelegt. Der Begriff „retten“ wurde in dieser negativen Version durch „sterben“ ersetzt und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeiten der Antwortoptionen einfach umgedreht. Die Aufgabe lautete wiederum zu entscheiden, welches der beiden nun negativ gerahmten Programme gewählt werden sollte.
A: Bei Anwendung des Programms A werden 400 Personen ster-ben.
B: Bei Anwendung des Programms B gibt es eine Wahrscheinlich-keit von 1/3, dass niemand sterben wird, und eine Wahrschein-lichkeit von 2/3, dass 600 Personen sterben werden.
Obwohl die durchschnittliche Anzahl geretteter Menschenleben in allen Optionen 200 betrug, sorgten diese rein sprachlichen Änderungen für ein ganz anderes Antwortverhalten. Nun wählten 78% der Untersuchungs-teilnehmer (n=155) Option B („riskant“) und nur mehr 22% Option A („sicher“).</span></i>
Prospect Theory
Durch die Veränderung des Rahmens einer Entscheidung beeinflusst
Durch die Veränderung des Rahmens einer Entscheidung beeinflusst
Hartmut Esser
- Zielstruktur der Situation mit dem jeweiligen Rahmen verändert (z.B. Verlust vermeiden oder Gewinn behalten)* Je nach Rahmen werden andere Handlungsbedingungen als angemessen, effizient oder überhaupt erst für denkbar eingeschätzt
Prospect Theory
Einfluss von veränderten Rahmenbedingungen auf Entscheidungsverhalten
Einfluss von veränderten Rahmenbedingungen auf Entscheidungsverhalten
„Gewinn“ an Menschenleben, die durch das Programm „gerettet“ werden können | „Verlust“ an Menschenleben, der „verhindert“ werden muss |
Entscheidungen unter positivem Rahmen (positive frame) | Entscheidungen unter negativem Rahmen |
Gewinne müssen demnach abgesichert und nicht mehr riskiert werden. | Verluste möglichst komplett auf Kosten des höheren Risikos vermieden werden. |
Menschen bevorzugen eher risikoloses Verhalten - sichere Option | riskantes Verhalten |
Prospect Theory
Invarianz im Entscheidungsverhalten
Invarianz im Entscheidungsverhalten
Die Tatsache, dass Entscheidungen von Rahmenbedingungen so stark beeinflusst werden, ohne dass die mathematischen/statistischen Grundlagen der Entscheidung an sich verändert werden, zeigt, dass menschliches Entscheidungsverhalten von einem rein mathematisch/statistisch logischen Entscheidungsverhalten abweicht, das „Invarianz“ im Entscheidungsverhalten bei gleichen Wahrscheinlichkeiten verlangt.
Prospect Theory
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
1. Wahrscheinlichkeitseinschätzung
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
1. Wahrscheinlichkeitseinschätzung
- Wahrscheinlichkeit des Eintreffens eines Ereignisses häufig subjektiv falsch eingeschätzt. - Kleine Wahrscheinlichkeiten werden überschätzt, - große Wahrscheinlichkeiten eher unterschätzt.
- Nur bei den Extremen der absoluten Sicherheit oder unmöglichen Ereignissen stimmt subjetive Bewertung von Wahrscheinlichkeiten mit der objektiven Realität überein
Prospect Theory
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
2. Referenzpunkt
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
2. Referenzpunkt
- Menschen bewerten das Ergebnis von Entscheidun-gen immer in Relation zu einem Ausgangspunkt. - Gewinne werden gegenüber diesem Ausgangspunkt als positiv erlebt, während Verluste als negativ betrachtet werden. - Gewinn und Verlust und die damit einhergehenden Gefühle sind aber nicht linear miteinander verknüpft.Beispiel: Sie finden 10 € auf der Straße. Darüber würden Sie sich wahrscheinlich sehr freuen. Nun stellen Sie sich vor, dass Sie 100€ finden würden. Jetzt würden Sie sich sicherlich noch mehr freuen. Nun stellen Sie sich bitte vor, Sie würden sogar 110€ finden. Wenn Sie nun Ihre eigene Freude über die drei Funde vergleichen, werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass Ihre Freude beim Fund von 10€ größer war als der Unterschied in der Freude zwischen 100€ und 110€ und dies obwohl doch der gleiche Geldbetrag zusätzlich ge-funden wurde.
- Gewinne und Verluste unterscheiden sich demnach nicht nur in dem damit assoziierten Gefühl, sondern auch in ihrem Anstiegsverhalten. Kleine Verluste verursachen wesentlich mehr negative Gefühle als kleine Gewinne in Relation dazu positive Gefühle hervorbringen können. Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie verlieren 10€ und finden kurz darauf wieder 10€. Nach dieser Theorie bliebe dann bei Ihnen immer noch ein leicht negatives Gefühl übrig.
Prospect Theory
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
3. Rahmung der Entscheidung
Abweichung von rationalen Entscheidungsverhalten -
3. Rahmung der Entscheidung
- Wie Entscheidungsalternativen bewertet werden, hängt davon ab, in welchem Rahmen sie gesehen werden. Wie im obigen Beispiel der Krankheitsepidemie, spielt die Einordnung in Gewinn oder Verlust eine entscheidende Rolle.
- Wie Menschen Entscheidungen rahmen, hängt mit Gewohnheiten, der Kultur und weiteren Einflüssen zusammen, die sich relativ schwer zu einem Begriff vereinheitlichen lassen.
Prospect Theory
Menschliches Verhalten in vielen Fällen nicht rational
Menschliches Verhalten in vielen Fällen nicht rational
- Menschen nehmen sich nicht die Zeit wirklich systematisch alle Informationen einer gegebenen Situation auszuwerten
- Menschen sind nicht mit mathematischem/statistischem Grundwissen ausgestattet, das Sie auf einen Fall anwenden könnten
- Menschen verwenden es häufig nicht in ihren Alltags-entscheidungen.
-> Stattdessen werden Entscheidungen lediglich aufgrund von Heuristiken getroffen.
-> In der Forschung nach diesem Paradigma geht es darum festzustellen, welchen Verzerrungen Menschen unterliegen und welche Heuristiken sie anwenden, die solche Verzerrungen erklären können.
Heuristic
A rough-and-ready procedure or rule of thumb for making a decision, forming a judgement, or solving a problem without the application of an algorithm or an exhaustive comparison of all available options, and hence without any guarantee of obtaining a correct or optimal result.
Prospect Theory
Repräsentativitätsheuristiken
Repräsentativitätsheuristiken
- Wahrscheinlichkeitsaussagen werden häufig anhand von Repräsentativitätsheuristiken generiert.
- Dabei betrachten sie Merkmale eines zu klassifizierenden Gegenstandes und schätzen ab, für welchen Bereich dieser typisch ist. Beispiel: Tom ist ein junger Mann der gerne Anzüge trägt, der sich ausgezeichnet in Geldangelegenheiten auskennt, in seiner Freizeit gerne Kontakte pflegt und sich selbst als eher konventionell beschreibt. Wenn wir Sie nun fragen, welchen Beruf Tom hat, den eines Bankangestellten oder den eines Handwerkers, so werden die meisten von ihnen sagen, dass er doch wahrscheinlich eher ein Bankangestellter sein wird. Tom ist einfach repräsentativ für den Stereotyp vom Bankangestellten. Doch ist es auch wirklich wahrscheinlich, dass Tom tatsächlich ein Bankangestellter ist? Um eine korrektere Aussage treffen zu können, müssten doch das Grundgesamt der Bevölkerung mit einbezogen werden, aus dem die Stichprobe Tom gezogen wurde. Würde dies in das Ent-scheidungskalkül miteinbezogen, müsste bei der Zuordnung der Berufe mitbedacht werden, dass es in Deutschland wesentlich mehr Handwerker als Bankangestellte gibt. Unter diesem Gesichtspunkt wird nun die Wahr-scheinlichkeit wesentlich geringer, dass Tom tatsächlich ein Bankange-stellter ist, als es zunächst nur aufgrund seiner Repräsentativität erschien. Vielmehr wird es sogar unter Einbeziehung des Grundgesamts nun umso wahrscheinlicher, dass Tom tatsächlich ein Handwerker ist. Beispiel 2: Die selbe Repräsentativitätsheuristik wird auch verwendet, wenn man entscheiden soll, ob es wahrscheinlicher ist, dass in der nächsten Lottoziehung die Zahlenfolge 20, 21, 22, 23, 24 und 25 gezogen wird oder eher die Zahlen-kombination 1, 6, 14, 23, 32, 43? Unsere Intuition wird uns eher auf die zweite Zahlenreihe tippen lassen, da uns diese repräsentativer für eine Zufallszahlenziehung erscheint. Tatsächlich sind aber beide Zahlenkombinationen im Grundgesamt gleich (un-)wahrscheinlich.
Prospect Theory
Anker- und Anpassungsheuristik
Anker- und Anpassungsheuristik
- Die Anker- und Anpassungsheuristik wird von Menschen angewendet, wenn diese eine Quantität abschätzen sollen.
- Dabei orientiert sich die Schätzung an einem relativ willkürlich festgelegten Wert und wird von diesem ausgehend adjustiert.
Beispiel: Sie wissen z.B., dass der Rekordmeister Bay-ern München die meisten Deutschen Meisterschaften im Fußball errungen hat. Im Jahr 2010 waren dies 22. Nun werden Sie gebeten einzuschätzen wie viele Titel der Vizerekordmeister, der 1 FC Nürnberg gewonnen hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihre Schätzung höher ausfällt, wenn Ihnen wie eben der FC Bayern als Anker gegeben wurde, verglichen mit dem FC Schalke 04 der sieben Meistertitel errungen hat und damit in der ewigen Meistertabelle Rang Drei einnimmt. Der Anker der errungenen Meistertitel der beiden Fußballvereine Bayern oder Schalke beeinflusst, ob Sie von 22 oder 7 etwas abziehen oder hinzufügen müssen, um die korrekte Zahl der Meistertitel von Nürnberg zu schätzen (wenn Sie es nicht zuvor schon wussten). Tendenziell werden diese Schätzungen zu einem höheren Ergebnis unter der Bedingung Bayern verglichen zur Bedingung Schalke führen. Dies geschieht aber ganz unabhängig davon, dass der 1. FC Nürnberg bisher neun Meistertitel erringen konnte.
Prospect Theory
Gefährdung durch Unterlassen
Gefährdung durch Unterlassen
- Ritov und Baron (1990) konnten z.B. zeigen, dass die meisten Menschen es unterlassen, ihr eigenes Kind gegen eine gefährliche Krankheit zu impfen, wenn die Gefahr einer Infektion durch die Impfung selbst besteht, aber wesentlich geringer ist. -> Rational ist das Nicht-Impfen in diesem Fall nicht, es ist sogar für das Kind gefährlich, denn dadurch wird das Kind einer größeren Bedrohung ausgesetzt als nötig.
- Diese Tendenz, eine Handlung zu vermeiden, die potentiell Schaden zufügen könnte aber viel wahrscheinlicher größeren Schaden abwendet, wird als Auslassungsverzerrung (omission bias) bezeichnet.
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality)
- Kritik an Rationalitätsbegriff des Heuristiken und Verzerrungen Paradigmas
- Kritik an Rationalitätsbegriff des Heuristiken und Verzerrungen Paradigmas
- Ansatz von Gerd Gigerenzer und seinen Kollegen, der auch als „Begrenzte Rationalität“ (Bounded Rationality)
- Gigerenzer und seine Kollegen kritisieren den Rationalitätsbegriff der im oben skizzierten „Heuristiken und Verzerrungen“ Paradigma verwendet wird: zu eng gefasst und berücksichtigt nicht die Komplexität der alltäglichen Lebensumwelt
Kritik
- Enge Normen: Rational sei hier nur Verhalten, das in Einklang mit statistisch/mathematischem Denken steht. Dies sei aber nicht sinnvoll, da Entscheidungen meistens a) lediglich einen Einzelfall betreffen und damit per Definition nicht durch statistische Methoden „richtig“ erfasst werden könnten und b) Entscheidungen immer in einem gewissen Kontext stehen, welcher selbst definiert, welches Verhalten in ihm als rational zu bezeichnen ist.
- Zugrundeliegende Prozesse: Die zugrunde liegenden Prozesse von Entscheidungen würden nicht deutlich gemacht. So könnte die Aufgabe, den oben genannten Tom als Bankangestellten oder Handwerker einzuschätzen, durchaus auch als bloße Kategorisierungsaufgabe verstanden werden. Die korrekte Antwort wäre dann sicherlich Bankangestellter. Dies würde die Interpretation des durchschnittlichen Antwortverhaltens auf die Tom-Aufgabe, als einen irrationalen Verzicht auf die Berücksichtigung des Grundgesamts, nicht mehr zulassen.
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality)
Ausgangslage
Ausgangslage
- Ausgangslage der Theorie der Begrenzten Rationalität ist die Beschränktheit der menschlichen Verarbeitungskapazität (Zeitdruck, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit etc.).
- Der alltägliche Mensch verfügt schlichtweg nicht über die Kapazitäten und Ressourcen, jede Entscheidung so lange hin und her abzuwägen, bis die tatsächlich mathematisch beste Wahl getroffen werden kann. -> komplett rationaler Mensch ist nur „mythischer Superheld“
- Menschliches Entscheidungsverhalten, wenn diese Zwänge berücksichtigt werden, kann durchaus als rational eingestuft werden.
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality) -
Anspruch-Anpassungs-Theorie (aspiration-adaptation theory)
Anspruch-Anpassungs-Theorie (aspiration-adaptation theory)
- Entscheidungsverhalten wird stark davon beeinflusst,welchem Anspruchslevel (aspiration level) eine Entscheidung überhaupt gerecht werden muss. Je nach Anspruchslevel muss das entscheidende Individuum unterschiedlich viel Aufwand betreiben, um dieses Level zu erreichen.
- Verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten müssen zunächst gefunden werden, was Ressourcen benötigt. Deswegen wird auch nur ein hohes Anspruchslevel bei solchen Entscheidungen gewählt, bei denen relativ viel davon abhängt.
- Suche nach möglichen Entscheidungsalternativen bis eine Alternative als zufriedenstellend bewertet wird oder der Suchaufwand das Anspruchslevel für eine Entscheidung übersteigt.
- Anspruchslevel ist keine Konstante, die nur einmal festgelegt wird, sondern ist je nach Situation flexibel anpassbar.
Beispiel: Anspruchslevel ist beim Kauf eines Autos wesentlich größer als beim Kauf von Orangen. Wenn ein Auto gekauft werden soll, werden wesentlich mehr Optionen und Informationen gegeneinander abgewogen, wohingegen beim Kauf von Orangen weniger Sorgfalt, Zeit und Aufwand an den Tag gelegt wird. Anspruchslevel ist anpassbar, z.B. sollen nun nicht mehr nur einige Orangen für den Eigenbedarf, sondern mehrere Tonnen für eine Saftfabrik gekauft werden.
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality) -
Anspruch-Anpassungs-Theorie (aspiration-adaptation theory)
Anspruch-Anpassungs-Theorie (aspiration-adaptation theory)
- Entscheidungsverhalten lässt sich nach dieser Theorie nun im Dreieck der Begriffe - „Anspruchslevel“, - „Zufriedenstellung“ und - „Anpassung an die Situation“ begreifen.
- Entscheidungsverhalten, das auf Heuristiken basiert, die schnell und sparsam sind (fast & frugal), verständlich und kosteneffektiv, mithin also rational (Gigerenzer, 2001).
- Die weitere Aufgabe in der Entscheidungsforschung ist es nun zu konstatieren a) welche Heuristiken an sich existieren und b) unter welchen Kontexten diese zum Tragen kommen bzw. sinnvoll sind.-> Aus dieser Perspektive heraus können nun Verzerrungen bzw. kognitive Illusionen als sinnvolle Adaption an eine komplexe Umwelt verstanden werden.
Beispiel: Eine kognitive Illusion betrifft z.B. die Sicherheit des eigenen Fahrstils. Es zeigt sich, dass die meis-ten Autofahrer ihren eigenen Fahrstil als „überdurchschnittlich sicher“ be-zeichnen. Dies kann natürlich im Sinne einer mathematisch korrekten Aussage nicht sinnvoll sein. Es kann nicht sein, dass fast alle Menschen überdurchschnittlich sind, denn woher soll dann der Durchschnitt kom-men? Doch macht diese Aussage durchaus Sinn, wenn die Verteilung von Autounfällen hinzugezogen wird. Die Verteilung von Autounfällen pro Per-son ist nämlich extrem schiefgipfelig. Dies bedeutet, dass einige wenige Autofahrer die meiste Anzahl von Unfällen pro Jahr verursachen. Im Un-kehrschluss ist dann aber auch daraus ableitbar, dass eben tatsächlich die meiste Anzahl von Autofahrern unterdurchschnittlich wenige Autounfälle vorweist, d.h. überdurchschnittlich sicher fährt (Gigerenzer, 2005).
Begrenzte Rationalität (Bounded Rationality) - Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Wie die Rationalität der menschlichen Entscheidungsfähigkeit eingeschätzt wird, ist
a) abhängig davon, welche Bedeutung der Umwelt für den Entscheidungsprozess zugesprochen wird und
b) was in dieser Umwelt als Optimum erreicht werden soll.
a) abhängig davon, welche Bedeutung der Umwelt für den Entscheidungsprozess zugesprochen wird und
b) was in dieser Umwelt als Optimum erreicht werden soll.
Einfluss von Emotionen und Stimmungen
Früher und heute
Früher und heute
- Frühere Rationalitätsdebatten: Rationalität nur dann möglich, wenn die Gefühle aus dem Entscheidungsprozess herausgehalten werden (z.B. Descartes 1649/1996).
- Heute: Damasio (2005) behauptet beispielsweise, dass wir ohne Emotionen gar nicht fähig wären, überhaupt zu entscheiden. - Ohne Emotionen würden wir nur gleich einem zwanghaften Buchhalter auf beiden Seiten einer Entscheidung Argumente aufhäufen. Erst unsere Emotionen würden uns anzeigen, auf welchen Argumentberg wir dann tatsächlich setzen. - Unsere Emotionen sind demnach aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligt.
Einfluss von Emotionen und Stimmungen
Stimmung als Indikator für Verarbeitungstiefe
Stimmung als Indikator für Verarbeitungstiefe
- Stimmungen beeinflussen unsere kognitiven Entscheidungsprozesse
- Stimmungen können sich über lange Zeiträume erstrecken
- Stimmungen ziehen erhebliche Varianz an beobachtbaren Verhalten nach sich, -> Es ist nicht leicht ist zu beobachten bzw. vorherzusagen, welches Verhalten nun genau aus einer Stimmung resultiert haben soll.
Einfluss von Emotionen und Stimmungen
Stimmung als Information
Stimmung als Information
- Da Menschen ihre eigene Stimmung als Information für ihr Befinden verwenden können, kann sie ihnen auch als Anhaltspunkt für die Angemessenheit von aufwendigen oder weniger aufwendigen kognitiven Verarbeitungsstilen in einer gegebenen Situation dienen<div style="padding-left:5px;">-> Datenbasis für eine Situationsanalyse</div>
Einfluss von Stimmungen und Emotionen
Stimmungen als Indikator für problematische und unproblematische Situationen
Stimmungen als Indikator für problematische und unproblematische Situationen
- Stimmungen vermitteln, ob eine Situation als problematisch (negative Stimmung) oder unproblematisch (positive Stimmung) gesehen wird. Wird eine Situation als unproblematisch identifiziert, so besteht keine Motivation diese weiter zu verarbeiten.* positiv gestimmte Individuum vermehrt auf seine bestehenden allgemeinen Wissensstrukturen, um zu handeln, zu planen oder zu entscheiden. Es verlässt sich z.B. auf seine Stereotype, Skripts oder Schemata.* negativ gestimmte Individuum wendet nicht mehr seine allgemeinen Wissensstrukturen an, sondern analysiert genauer, um sein Verhalten, Planen und Entscheiden zur Lösung der problematisch empfundenen Situation auszurichten. Es werden spezifischere Repräsentationen und genauere Problemanalysen notwendig.
Einfluss von Emotionen und Stimmungen
Definition Stimmung
Definition Stimmung
Stimmung in Abgrenzung zur Emotion:
# * Stimmungen sind Gefühlszustände von geringerer Intensität als Emotionen;* Stimmungen sind nicht auf ein Objekt gerichtet;* Die Ursache der Stimmung liegt nicht im Aufmerksamkeitsfokus;* Stimmungen ziehen keine bestimmten Reaktionen in Verhalten, Emotionen und Kognitionen nach sich;* Stimmungen sind informativ für die allgemeine Qualität des eigenen Zustandes.
# * Stimmungen sind Gefühlszustände von geringerer Intensität als Emotionen;* Stimmungen sind nicht auf ein Objekt gerichtet;* Die Ursache der Stimmung liegt nicht im Aufmerksamkeitsfokus;* Stimmungen ziehen keine bestimmten Reaktionen in Verhalten, Emotionen und Kognitionen nach sich;* Stimmungen sind informativ für die allgemeine Qualität des eigenen Zustandes.
Gut gestimmte vs. schlecht gestimmte Menschen
gut gestimmte Personen | schlecht gestimmte Personen | |
Qualität von Argumenten kaum Einfluss bezüglich deren Einstellungsänderung | Qualität von Argumenten wird berücksichtigt | |
schwache Argumente fast ebenso gut wie starke Argumente | starke Argumente notwendig | |
auf Stereotype zurückgreifen und Stimuli ganzheitlich verarbeiteten | Stimuli auf ihre Komponenten hin analysieren | |
zu allgemein befriedigenden Problemlösungen und vor allem zu kreativeren Leistungen fähig sind | ||
Verwenden von allgemeinen Wissensstrukturen erlaubt es erst, neue Zusammenhänge zu entziffern |
Stimmung als Motivationsregulativ
- Menschen im Allgemeinen motiviert sich in eine gute Stimmung zu versetzen und schlechte Stimmungen zu meiden
- angemessen positive, optimistische Affektbalance angestrebt im Alltag
- Stimmung dient als ein Regulativ für die Bearbeitung von Aufgaben - Sinkt die Stimmung während der Bearbeitung einer Aufgabe ab, , so sinkt auch die Motivation weiter zu arbeiten. - Verlust an Kreativität und Motivation sind erheblichen Nachteil.
- Komsequenz:Lernen so gestalten, dass dies zu einer guten Stimmung führt, damit die Motivation zu lernen über eine längere Zeit ohne besondere Anstrengung aufrecht erhalten werden kann
Affect Infusion Model - AIM
Vier Prozessstrategien, die Menschen in sozialen Situationen anwenden und die unterschiedlich stark durch Stimmungen beeinflussbar sind.
Welche dieser Prozessstrategien verwendet wird, ist maßgeblich
- direkter Abruf eines bereits existierenden Verhaltens,
- Motivierte Verarbeitung für ein bereits gesetztes Ziel,
- Anwendung einer Heuristik und
- substantielle generative Verarbeitung um Verhalten zu planen.
Welche dieser Prozessstrategien verwendet wird, ist maßgeblich
- durch die jeweilige Person,
- deren Aufgabe
- und die Situation bestimmt.
„Affect Infusion Model“ (AIM)
Einfluß durch Affekte
Einfluß durch Affekte
- direkter Abruf eines bereits existierenden Verhaltens,
- Motivierte Verarbeitung für ein bereits gesetztes Ziel, - Keine eigene Planung und die Abfolge der nächsten Handlungsschritte ist relativ festgelegt- eigenen Stimmung und emotionalen Lage werden kaum berücksichtigt-> Affekte haben bei der bloßen Ausführung einer Handlung, um ein Ziel zu erreichen, relativ wenig Einfluss
- Anwendung einer Heuristik und
- substantielle generative Verarbeitung um Verhalten zu planen. - Zukünftiges Verhalten ist noch nicht festgelegt - eigene Stimmung und emotionale Lage wird als Faktum mit in die Bewertung der aktuellen Situation und in die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten einbezogen-> Gerade wenn der meiste kognitive Aufwand nötig ist, also die substantielle generative Verarbeitungsstrategie gewählt wird, beeinflussen Affekte am stärktsten das Handeln
Was sagt das Affect-Infusion-Modell vorher?
- Das AIM sagt also vorher, wann Affekte besonders viele Auswirkungen auf unser Denken und Handeln in sozialen Situationen haben.* Stimmung legt damit zwar die Qualität aber nach dem AIM nicht die Quantität dieser Denkprozesse fest.* Wie viel kognitiver Aufwand betrieben wird, ist durch die Stimmung alleine nicht determiniert, sondern durch die Verwendung der vier Prozessstrategien.
Beispiel Affect Infusion Modell
Situation 1: Sie haben Ihrer Kommilitonin 20 € geliehen und denken, dass diese das eventuell vergessen hat. Wie sprechen Sie dies an?
Situation 2: Sie sind zum Essen bei einem Freund eingeladen, der stolz auf seine Kochkünste ist. Sie würden nun gerne et-was Ketchup zu ihrem Essen dazu haben, ohne Ihren Gastgeber zu beleidigen. Wie sprechen Sie dies an?
In der Schuldensituation würde es Ihnen wahrscheinlich leichter fallen Ihr Anliegen vorzubringen, als in der Ketchupsituation. Wahrscheinlich würden Sie in der Ketchupsituation mehr kognitiven Aufwand betreiben und länger überlegen, wie Sie Ihre Anfrage formulieren sollen. Forgas (1999) versetzte nun seine Studenten in die beiden Anforderungssituationen. Zuvor manipulierte er die Stimmung seiner Studenten, indem er sie bat, sich entweder an freudige oder traurige autobiographische Situationen zu erinnern. Freudig gelaunte Menschen sollten seiner Hypothese nach einen viel selbstsicheren, direkteren weniger höflichen Fragestil verwenden, da sie durch ihre positive Stimmung leichter auf positive Beispiele und Gedanken in ihrem Leben zurückgreifen, die sie bei der Formulierung ihrer Bitte zu Rate ziehen können. Traurig gestimmte Menschen sollten eher einen indirekteren, höflicheren Fragestil verwenden, aus Angst mit der eigenen Bitte zu verärgern.
Traurige Versuchsteilnehmer waren in der Tat eher höflich als fröhliche. Interessanter-weise war dieser Effekt aber umso größer, je schwieriger die Situation war. Dies kann als ein Hinweis zur Gültigkeit der Annahmen aus dem AIM gedeutet werden. Die Stimmung war vor allem dann einflussreich, wenn die Studenten ihr Verhalten aktiv planen und durchdenken mussten.
Situation 2: Sie sind zum Essen bei einem Freund eingeladen, der stolz auf seine Kochkünste ist. Sie würden nun gerne et-was Ketchup zu ihrem Essen dazu haben, ohne Ihren Gastgeber zu beleidigen. Wie sprechen Sie dies an?
In der Schuldensituation würde es Ihnen wahrscheinlich leichter fallen Ihr Anliegen vorzubringen, als in der Ketchupsituation. Wahrscheinlich würden Sie in der Ketchupsituation mehr kognitiven Aufwand betreiben und länger überlegen, wie Sie Ihre Anfrage formulieren sollen. Forgas (1999) versetzte nun seine Studenten in die beiden Anforderungssituationen. Zuvor manipulierte er die Stimmung seiner Studenten, indem er sie bat, sich entweder an freudige oder traurige autobiographische Situationen zu erinnern. Freudig gelaunte Menschen sollten seiner Hypothese nach einen viel selbstsicheren, direkteren weniger höflichen Fragestil verwenden, da sie durch ihre positive Stimmung leichter auf positive Beispiele und Gedanken in ihrem Leben zurückgreifen, die sie bei der Formulierung ihrer Bitte zu Rate ziehen können. Traurig gestimmte Menschen sollten eher einen indirekteren, höflicheren Fragestil verwenden, aus Angst mit der eigenen Bitte zu verärgern.
Traurige Versuchsteilnehmer waren in der Tat eher höflich als fröhliche. Interessanter-weise war dieser Effekt aber umso größer, je schwieriger die Situation war. Dies kann als ein Hinweis zur Gültigkeit der Annahmen aus dem AIM gedeutet werden. Die Stimmung war vor allem dann einflussreich, wenn die Studenten ihr Verhalten aktiv planen und durchdenken mussten.
Affect?
Affect refers to the experience of feeling or emotion.[1] Affect is a key part of the process of an organism's interaction with stimuli. The word also refers sometimes to affect display, which is "a facial, vocal, or gestural behavior that serves as an indicator of affect" (APA 2006).
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Author: Lise Langstrumpf
Main topic: 3407
School / Univ.: FU Hagen
Published: 13.12.2014
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