Soziale Kognition
- Zahlreiche Studien demonstrieren, dass das, was Menschen als soziale Realität wahrnehmen, durch ihre eigenen Ziele, Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen beeinflusst wird. Beispiel: Forscher aktivierten bei heterosexuellen Männern das Bedürfnis, eine Sexual-Partnerin zu finden und im Einklang mit ihrer Bedürfnislage glaubten die Männer auf Fotos in den Frauengesichtern Spuren sexueller Erregung zu erkennen – obwohl dies de facto nicht der Fall war
- Wie andere Studien zeigen, neigen Menschen auch dazu, eigene unerwünschte Emotionen oder Wünsche auf andere Personen zu projizieren.
- Empirisch dokumentiert ist auch der Einfluss von sozialen Stereotypen auf die Wahrnehmung von Personen oder sozialen Ereignissen. Beispiel: Video, in welchem in einem Fall ein scharzer, im anderen ein weißer Mann einen anderen Mann schubst. Die Versuchspersonen beurteilten den Verhaltensakt als gewalttätiger und aggressiver, wenn er von einem Schwarzen statt von einem Weißen ausgeführt wurde. War der Schwarze der Täter, führten die Versuchspersonen das Verhalten eher auf seine Persön-lichkeitseigenschaften zurück. Das identische Verhalten eines Weißen wurde hingegen eher durch die situativen Umstände erklärt. -> Wie diese einführenden Beispiele illustrieren, ist das, was Menschen als soziale Realität wahrnehmen, nicht einfach ein Abbild einer irgendwie gearteten „objektiven“ Realität. Vielmehr handelt es sich um eine subjektive Konstruktion, die aus einem Zusammenspiel zwischen „objektiven“ Daten und Erwartungen, Zielen und Bedürfnisse des Wahrnehmenden resultiert.
Generalthemen der sozialen Kognitionsforschung
- Die Frage, wie soziale Informationen verarbeitet werden und wie sich diese Verarbeitungsprozesse auf die subjektive Wahrnehmung und Interpretation der sozialen Realität auswirken.<div style="padding-left:5px;">Die paradigmatischen Ansätze der sozialen Kognitionsforschung basieren auf Erkenntnissen der Kognitionspsychologie.</div>
Soziale Kognition
- Der Prozess des Erwerbs, der Organisation und Anwendung von Wissen über sich selbst und die soziale Welt.* Konkret beinhaltet dieser Prozess<div style="padding-left:5px;">a) mentale Repräsentationen über sich selbst, über andere und über soziale Beziehungen zu erstellen und im Gedächtnis zu speichern, und<div style="padding-left:5px;">b) diese mentalen Repräsentationen flexibel anzuwenden, um Urteile zu bilden und Entscheidungen zu treffen.</div></div>
Das Experiment von Duncan (1976) als Beispiel zur Erklärung der menschlichen Informationsverarbeitung
Experimentelles Beispiel: In einer experimentellen Untersuchung spielte Duncan (1976) weißen Versuchspersonen unterschiedliche Versionen eines Videos vor, das eine hitzige Diskussion zwischen einem schwarzen und einem weißen Mann zeigte. Alle Versuchspersonen sahen am Ende des Videos, wie der eine Mann den anderen Mann schubste; ein Teil der Versuchspersonen sah allerdings eine Version, in der der Schwarze der „Täter“ war, in einer anderen Version war der Weiße der Täter. Obwohl der Grund für den Schubser in beiden Versionen des Videos unklar blieb – es konnte sich um Spaß, eine theatralische Geste oder aber Aggression handeln – beurteilten die Versuchspersonen den Verhaltensakt als gewalt-tätiger und aggressiver, wenn er von einem Schwarzen statt von einem Weißen ausgeführt wurde. Und nicht nur das: War der Schwarze der Täter, führten die Versuchspersonen das Verhalten eher auf seine Persönlichkeitseigenschaften zurück. Das identische Verhalten eines Weißen wurde hingegen eher durch die situativen Umstände erklärt.
Menschliche Informationsverarbeitung
1. Initiale Wahrnehmung
1. Initiale Wahrnehmung
- In einem ersten Schritt muss eine Person das kritische Stimulusereignis wahrnehmen.* Dies setzt voraus, dass sie ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte der Situation konzentriert (im Duncanschen Experiment beispielsweise auf die Akteure und deren Verhalten) und andere Aspekte der Situation von der weiteren Verarbeitung ausschließt (im Duncan’schen Experiment die Detailmerkmale des Raums, in dem die Interaktion statt fand).* Hautfarbe zog besonders viel Aufmerksamkeit der Versuchspersonen auf sich, allerdings nur dann, wenn der Akteur schwarz war. -> Ein Stimulus, der die Fähigkeit besitzt, im Zusammenspiel mit Merkmalen des Wahrnehmenden (z.B. seinen Bedürfnissen, Zielen) die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wird in der sozialen Kognitionsforschung als „salient“ bezeichnet.
Menschliche Informationsverarbeitung
1. Initiale Wahrnehmung - Salienz
1. Initiale Wahrnehmung - Salienz
- Ein Stimulus, der die Fähigkeit besitzt, im Zusammenspiel mit Merkmalen des Wahrnehmenden (z.B. seinen Bedürfnissen, Zielen) die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wird in der sozialen Kognitionsforschung als „salient“ bezeichnet.* Stimuli werden i.d.R. salienter, wenn sie a) sozial bedeutsam sind und b) im Vergleich zu anderen Stimuli im sozialen Kontext relativ selten auftreten (z. B. ein einzelner Angehöriger einer sozialen Minorität unter Mitgliedern der Majorität).* Konsequenzen für die weitere Informationsverarbeitung: Hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die nachfolgende Informationsverarbeitung auf Informationen konzentriert, die mit dem salienten Stimulus zusammenhängen
Menschliche Informationsverarbeitung
2. Encodierung
2. Encodierung
In einem zweiten Schritt muss die Person die Stimuli enkodieren und interpretieren (d.h. ihnen muss Sinn verliehen werden).
Enkodierung ist der Prozess, der einen äußeren Stimulus in eine kognitive Repräsentation überführt, die dann im Gedächtnis gespeichert wird. Der Prozess der Enkodierung beinhaltet, dass der externe Stimulus mit bereits vorhandenem Wissen in Beziehung gesetzt wird, wodurch er informationshaltig wird und einen Sinn erhält.
Enkodierung ist der Prozess, der einen äußeren Stimulus in eine kognitive Repräsentation überführt, die dann im Gedächtnis gespeichert wird. Der Prozess der Enkodierung beinhaltet, dass der externe Stimulus mit bereits vorhandenem Wissen in Beziehung gesetzt wird, wodurch er informationshaltig wird und einen Sinn erhält.
Menschliche Informationsverarbeitung
2. Encodierung
Zugänglichkeit
2. Encodierung
Zugänglichkeit
Der Begriff der Zugänglichkeit bezieht sich darauf, wie leicht ein bestimmter Inhalt aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Schnell abrufbare Inhalte werden als leicht zugänglich bezeichnet.
Ein Reiz, der die Zugänglichkeit eines Gedächtnisinhalts erhöht bzw. zur Aktivierung eines bestimmten Inhalts führt, wird als „Prime“ bezeichnet.
Ein Reiz, der die Zugänglichkeit eines Gedächtnisinhalts erhöht bzw. zur Aktivierung eines bestimmten Inhalts führt, wird als „Prime“ bezeichnet.
Menschliche Informationsverarbeitung
3. Kategorisierung
3. Kategorisierung
Kategorisierung: Der Prozess, durch den ein Stimulus einer Klasse ähnlicher Objekte (Personen, Ereignisse etc.) zugeordnet wird.
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Duncan'sches Experiment: Wie das Experiment zeigte, haben die Versuchspersonen je nachdem, ob sie den Akteur als Weißen oder als Schwarzen kategorisierten, unterschiedli-che Gedächtnisinhalte zur Interpretation der Situation herangezogen. Wenn der Schubser von Schwarzen ausgeführt wurde, dann wurde die Enkodierung dieses Ereignisses ganz offenbar durch Vorannahmen beein-flusst, welche die weißen Versuchspersonen aus der sozialen Kategorie „Schwarze“ ableiteten, speziell dem (in der damaligen Zeit in den USA) mit der Kategorie assoziierten Stereotyp, schwarze Männer seien aggressiv und gewaltbereit</span>.
- Eine Hauptfunktion der Kategorisierung besteht in der Systematisierung der wahrgenommenen Stimuli im Hinblick auf zielorientiertes Handeln. Diese Systematisierung wird dadurch erzielt, dass bestehende Unterschiede zwischen Stimuli, die einer gemeinsamen Kategorie zugeordnet werden, zugunsten bestehender Ähnlichkeiten vernachlässigt werden. Beispiel: Wenn es einem Kunden in einem Supermarkt beispiels-weise darum geht herauszufinden, in welchem Regal sich ein bestimmtes Produkt befindet, vernachlässigt er typischerweise die individuellen Unterschiede zwischen den in der Abteilung tätigen Verkäufern und konzentriert sich auf die Merkmale, die Angehörige der sozialen Kategorie „Verkäufer“ (im Unterschied zu Angehörigen der sozialen Kategorie „Kunden“) teilen – die Inspektion individueller Merkmale einzelner Verkäufer (Haarfarbe, Schuhgröße, Körperlänge) wäre demgegenüber ineffektiv.* Inferenz: Die Kategorisierung eines Stimulus erlaubt es, aus dem bereits gespeicherten Wissen über Mitglieder der Kategorie auf Eigenschaften oder Merkmale des Stimulus zu schließen, die nicht unmittelbar beobachtet wurden (oder werden können). Beispiel: Wenn ein Kunde eine Person als „Verkäufer“ kategorisiert, kann er im Hinblick auf die Interaktion mit dieser Person auf das Wissen zurückgreifen, das er über Mitglieder dieser Kategorie gespeichert hat (d.h. er weiß, was er von dieser Person im Hinblick auf sein Anliegen erwarten kann und was nicht). Ohne diese Möglichkeit der Inferenz wäre jeder Stimulus (Person, Ereignis etc.) immer wieder aufs Neue unbekannt und einzigartig. Man müsste daher immer wieder in einem aufwändigen Prozess seine Eigenschaften und Qualitäten neu eruieren.
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Duncan'sches Experiment: Wie das Experiment zeigte, haben die Versuchspersonen je nachdem, ob sie den Akteur als Weißen oder als Schwarzen kategorisierten, unterschiedli-che Gedächtnisinhalte zur Interpretation der Situation herangezogen. Wenn der Schubser von Schwarzen ausgeführt wurde, dann wurde die Enkodierung dieses Ereignisses ganz offenbar durch Vorannahmen beein-flusst, welche die weißen Versuchspersonen aus der sozialen Kategorie „Schwarze“ ableiteten, speziell dem (in der damaligen Zeit in den USA) mit der Kategorie assoziierten Stereotyp, schwarze Männer seien aggressiv und gewaltbereit</span>.
Menschliche Informationsverarbeitung
3. Urteilen und Entscheiden
3. Urteilen und Entscheiden
Die enkodierte Wahrnehmung wird schließlich im Gedächtnis gespeichert. Dieser neue Gedächtnisinhalt liefert dann in Zusammenspiel mit dem im Gedächtnis bereits gespeicherten Wissen die Grundlage für Urteile und Entscheidungen, welche dann die Verhaltensreaktionen gegenüber dem Stimulusobjekt bestimmen.
<span class="small">Experiment von Duncan: Wenn der Schubser von einer Person ausgeführt wurde, welche die Versuchspersonen als Schwarzen kategorisierten, so schlossen sie auf der Grundlage ihrer Interpretation der Situation auf weitere nicht-beobachtbare stabile
Persönlichkeitseigenschaften des Akteurs (z.B. dessen Gewaltneigung). Handelte es sich beim Schubsenden hingegen um einen weißen Mann, dann neigten die Versuchspersonen dazu, das beobachtete Verhalten eher auf äußere Umstände zurückzuführen. Obwohl dies im Experiment von Duncan nicht untersucht wurde, ist es naheliegend zu vermuten, dass sich die Versuchspersonen im Fall einer nachfolgenden direkten Interaktion mit dem schwarzen Akteur anders verhalten hätten als in einer Interaktion mit dem weißen Akteur.</span>
<span class="small">Experiment von Duncan: Wenn der Schubser von einer Person ausgeführt wurde, welche die Versuchspersonen als Schwarzen kategorisierten, so schlossen sie auf der Grundlage ihrer Interpretation der Situation auf weitere nicht-beobachtbare stabile
Persönlichkeitseigenschaften des Akteurs (z.B. dessen Gewaltneigung). Handelte es sich beim Schubsenden hingegen um einen weißen Mann, dann neigten die Versuchspersonen dazu, das beobachtete Verhalten eher auf äußere Umstände zurückzuführen. Obwohl dies im Experiment von Duncan nicht untersucht wurde, ist es naheliegend zu vermuten, dass sich die Versuchspersonen im Fall einer nachfolgenden direkten Interaktion mit dem schwarzen Akteur anders verhalten hätten als in einer Interaktion mit dem weißen Akteur.</span>
Nachteiligen Folgen von Kategorisierungsprozessen
Das Experiment von Duncan macht damit auch die nachteiligen Folgen von Kategorisierungsprozessen deutlich.
Einerseits stellt die Zuordnung von Personen zu Kategorien – wie am Beispiel der Orientierung in einem Supermarkt verdeutlicht – in vielen sozialen Situationen die Grundlage für effektive soziale Interaktionen dar.
Andererseits kann der Prozess der Kategorisierung in Abhängigkeit von der verwendeten Kategorie und den assoziierten Stereotypen zu voreiligen und falschen Schlussfolgerungen führen
Einerseits stellt die Zuordnung von Personen zu Kategorien – wie am Beispiel der Orientierung in einem Supermarkt verdeutlicht – in vielen sozialen Situationen die Grundlage für effektive soziale Interaktionen dar.
Andererseits kann der Prozess der Kategorisierung in Abhängigkeit von der verwendeten Kategorie und den assoziierten Stereotypen zu voreiligen und falschen Schlussfolgerungen führen
Modus der Informationsverarbeitung
Zu welcher Interpretation der sozialen Realität der Wahrnehmende gelangt, hängt maßgeblich davon ab, auf welche Art und Weise er die sozialen Informationen verarbeitet.
Von entscheidender Bedeutung dabei sind:
Von entscheidender Bedeutung dabei sind:
- Das Zusammenspiel von Stimulus und Vorwissen,* die Menge der verarbeiteten Informationen und* das relative Verhältnis von automatischen und kontrollierten Verarbeitungsprozessen
Modus der Informationsverarbeitung
1. Zusammenspiel von Stimulusinformationen und Vorwissen
1. Zusammenspiel von Stimulusinformationen und Vorwissen
Die soziale Informationsverarbeitung wird beeinflusst durch:
Beispiel: Die Informationsverarbeitung der Versuchspersonen in dem Experiment von Duncan, die beobachteten, dass ein Schwarzer den Schubser ausführte, wurde offenbar durch die Ak-tivierung einer sozialen Kategorie und entsprechender Stereotype geleitet – sie war also eher konzeptgesteuert oder top-down. Wenn die Versuchs-personen hingegen einen Weißen bei derselben Verhaltensweise be-obachten, berücksichtigten sie im Hinblick auf ihre Eindrücke und Schluss-folgerungen offenbar auch Merkmale der sozialen Situation (hitzige Debat-te etc.). In diesem Fall war die Informationsverarbeitung vergleichsweise stärker datengesteuert oder bottom-up.
- Input aus der sozialen Welt (den Merkmalen des Stimulus bzw. den Daten), -> bottom-up oder datengesteuerter Informationsverarbeitung
- Input in Form bereits vorhandenen Wissens oder Erwartungen der Person (z.B. Vorwissen über den Stimulus bzw. Hypothesen oder Konzepte). -> top-down oder konzeptgesteuerter Informationsverarbeitung.
Beispiel: Die Informationsverarbeitung der Versuchspersonen in dem Experiment von Duncan, die beobachteten, dass ein Schwarzer den Schubser ausführte, wurde offenbar durch die Ak-tivierung einer sozialen Kategorie und entsprechender Stereotype geleitet – sie war also eher konzeptgesteuert oder top-down. Wenn die Versuchs-personen hingegen einen Weißen bei derselben Verhaltensweise be-obachten, berücksichtigten sie im Hinblick auf ihre Eindrücke und Schluss-folgerungen offenbar auch Merkmale der sozialen Situation (hitzige Debat-te etc.). In diesem Fall war die Informationsverarbeitung vergleichsweise stärker datengesteuert oder bottom-up.
Modus der Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Systematische Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Systematische Informationsverarbeitung
- Im Falle systematischer Verarbeitung berücksichtigen Menschen eine Vielzahl von Informationen im Rahmen der Eindrucks- oder Urteilsbildung.
- Informationen werden sorgfältig gesammelt, geprüft und abgewogen, bevor sie in eine Interpretation des sozialen Stimulus oder der sozialen Situation integriert werden.
Modus der Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Heuristische Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Heuristische Informationsverarbeitung
Menschen verarbeiten nur einige wenige Hinweisreize und stützen sich dann auf subjektiv bewährte Entscheidungshilfen (Heuristiken), die ihnen eine schnelle Urteilsbildung ermöglichen.
- Wie das Experiment von Duncan illustriert, fungieren in sozialen Interaktionen Stereotype häufig im Sinne von Heuristiken
- auf der Grundlage weniger wahrgenommener Hinweisreize (im Fall des Duncan’schen Experiments der Hautfarbe) werden Stereotype aktiviert, - die dann Urteile und Entscheidungen beeinflussen, - ohne dass weitere verfügbare Informationen systematisch berücksichtigt werden
Modus der Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Heuristische Informationsverarbeitung - Kognitive Heuristik
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Heuristische Informationsverarbeitung - Kognitive Heuristik
Kognitive Heuristik ist eine kognitive Entscheidungshilfe im Sinne einer Faustregel, die es Menschen ermöglicht, mit geringem kognitivem Aufwand auf der Grundlage weniger Informationen Entscheidungen oder Urteile zu treffen.
„Verfügbarkeitsheuristik“:
Beispiel: Bittet man eine Person z.B., den Ausländeranteil in ihrem Viertel abzuschätzen, wird sie wahrscheinlich versuchen, sich an ausländische Bewohner und Nachbarn zu erinnern. Je mehr Personen dieser Kategorie ihr einfallen (und je schneller), desto höher wird sie den Ausländeranteil aller Wahrscheinlichkeit nach einschätzen.
„Verfügbarkeitsheuristik“:
- Bei der Einschätzung von Häufigkeiten oder Auftretenswahrscheinlichkeiten von Ereignissen verwenden Personen beispielsweise oft eine Heuristik, bei der der Grad der Zugänglichkeit von Informationen im Gedächtnis als Urteilsgrundlage dient.* Einerseits kann diese Strategie zu korrekten Schlussfolgerungen führen – Ereignisse, die häufig auftreten, fallen einem i.d.R. tatsächlich schneller ein;* allerdings gilt dies auch für andere Ereignisse – (z.B. emotionsauslösende oder ungewöhnliche Ereignisse), woraus Fehleinschätzungen resultieren können.
Beispiel: Bittet man eine Person z.B., den Ausländeranteil in ihrem Viertel abzuschätzen, wird sie wahrscheinlich versuchen, sich an ausländische Bewohner und Nachbarn zu erinnern. Je mehr Personen dieser Kategorie ihr einfallen (und je schneller), desto höher wird sie den Ausländeranteil aller Wahrscheinlichkeit nach einschätzen.
Modus der Informationsverarbeitung
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Systematische oder heuristische Informationsverarbeitung?
1. Menge der verarbeiteten Informationen -
Systematische oder heuristische Informationsverarbeitung?
Vergleich Prozess der sozialen Informationsverarbeitung mit der Funktionsweise eines Computers.
Ob die Urteilsbildung eher auf systematischer oder auf heuristischer Informationsverarbeitung beruht, hängt insbesondere von zwei Faktoren ab:
Ob die Urteilsbildung eher auf systematischer oder auf heuristischer Informationsverarbeitung beruht, hängt insbesondere von zwei Faktoren ab:
- Verarbeitungskapazität Ähnlich wie der Arbeitsspeicher eines Computers ist auch die menschliche Verarbeitungskapazität begrenzt. Ist eine Person mit mehreren Aufgaben gleichzeitig beschäftigt, verfügt sie für jede Einzelaufgabe nur noch über eingeschränkte Kapazitäten und Ressourcen (z.B. Aufmerksamkeit), was die Wahrscheinlichkeit heuristischer Verarbeitung erhöht.
- Verarbeitungsmotivation Wenn die zu treffenden Urteile oder Entscheidungen hohe persönliche Relevanz besitzen, sind Menschen typischerweise auch hoch motiviert, zu einem möglichst adäquaten Urteil zu kommen – dies erhöht die Wahrscheinlichkeit systematischer Informationsverarbeitung
Modus der Informationsverarbeitung
2. Relatives Verhältnis zwischen automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung
2. Relatives Verhältnis zwischen automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung
Unterscheidung im Hinblick auf die Informationsverarbeitung, dahingehed
- ob der relevante kognitive Prozess weitgehend automatisch abläuft Automatische Prozesse sind u.a. dadurch gekennzeichnet, dass sie wenig kognitive Ressourcen verbrauchen, nicht kontrolliert werden müssen (oder kontrolliert werden können) und unterhalb der Bewusstseinsschwelle ablaufen
- oder ob es sich um einen kontrollierten Prozess handelt. Kontrollierte Prozesse benötigen demgegenüber erhebliche kognitive Ressourcen, sie erfordern aktive Regulation, die von einer Person (zumindest teilweise) bewusst gesteuert werden kann.
Modus der Informationsverarbeitung
2. Relatives Verhältnis zwischen automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung
Kontinuum-Modell
2. Relatives Verhältnis zwischen automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung
Kontinuum-Modell
Das Kontinuum-Modell von Susan Fiske und Steven Neuberg
- Einflussreiches Modell zur Frage, wie sich Menschen Eindrücke von anderen Menschen bilden* geht davon aus, dass die Eindrucksbildung stets mit einer automatischen Kategorisierung der fremden Person beginnt, die auf der Grundlage leicht beobachtbarer Merkmale erfolgt – im Sinne ihrer Kategorienzugehörigkeit und der damit assoziierten stereotypischen Eigenschaften wahrgenommen (z.B. der Hautfarbe, dem Geschlecht oder dem Alter).* Nur wenn die Motivation zu einer kontrollierten Form der Informationsverarbeitung vorhanden ist, wird die kategorien- oder stereotypenbasierte Informationsverarbeitung zugunsten einer eigenschaftsbasierten oder individualisierten Informationsverarbeitung aufgegeben, bei der die wahrnehmende Person Schritt für Schritt die individuellen Eigenschaften und Merkmale der Zielperson bei der Eindrucksbildung berücksichtigt.
Zugrundeliegende Bedürfnisse
Soziale Informationsverarbeitung ist funktional – sie dient grundlegenden Bedürfnissen.
Diese Bedürfnisse steuern
1) die Selektion von Informationen und
2) die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden.
- Bedürfnis nach akkuraten Informationen,* Bedürnis nach Konsistenz: Informationen, die ihre Erwartungen, Einstellungen und Überzeugungen bestätigen;* Bedürfnis nach positiver Selbstbewertung: positiven Informationen über sich selbst
Diese Bedürfnisse steuern
1) die Selektion von Informationen und
2) die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden.
Bedürfnis, akkurat zu sein
- Grund für Akkuratheit: angemessenes Bild von der sozialen Realität zu entwickeln ist lebenswichtig für den Menschen; es stellt die Grundlage für effektive Umweltkontrolle dar (insbesondere Auffassung im Rahmen von Attributionstheorien)
- In Situationen, die für Menschen persönlich hochgradig relevant sind, sind sie daher i.d.R. motiviert, alle relevanten Informationen zu beachten und in systematischer Art und Weise zu verarbeiten, bevor sie ein Urteil oder eine Entscheidung treffen.
- Notwendigkeit nicht in jeder Situation gegeben, und akkurate Informationen sind auch nicht immer erwünscht (z.B. wenn sie mit anderen Bedürfnissen konfligieren). -> Das Bedürfnis, akkurat zu sein, ist daher nicht immer eine treibende Kraft in der sozialen Informations-verarbeitung.
Bedürfnis nach Konsistenz
- Theorie der kognitiven Dissonanz von Leon Festinger (1957): Der Theorie zufolge verletzt die Wahrnehmung subjektiv-logischer Unvereinbarkeiten zwischen zwei oder mehreren thematisch relevanten Kognitionen das Bedürfnis nach kognitiver Konsistenz, was sich in einem unangenehmen Zustand innerer Anspannung niederschlägt (kognitive Dissonanz).
- Kognitionen sind z.B. dann dissonant, wenn sie nicht zueinander passen oder sich gegenseitig ausschließen.
- Um den Zustand kognitiver Dissonanz zu vermeiden, tendieren Menschen daher oft dazu, Informationen zu suchen, die mit bereits bestehenden Einstellungen und Meinungen im Einvernehmen stehen, während sie konträre Informationen eher vermeiden
- Aufrechterhaltung von Stereotypen: Menschen suchen selektiv nach Hinweisen, die ihre Stereotype bestätigen; stereotypeninkonsistente Informationen werden hingegen eher vernachlässigt, ignoriert oder „weg-erklärt“.
Bedürfnis nach positiver Selbstbewertung
- Menschen sind bestrebt, das eigene Selbstwertgefühl zu schützen und/oder zu steigern.* Bestreben beeinflusst,<div style="padding-left:5px;"><div style="padding-left:5px;">- welche selbstbezogenen Informationen Menschen aktiv suchen (solche, die geeignet sind, ihr Selbstwertgefühl zu steigern) und</div><div style="padding-left:5px;"></div><div style="padding-left:5px;">- welche sie vermeiden (solche, die ihr Selbstwertgefühl bedrohen).</div>* Weil Menschen einen Teil ihres Selbstwertgefühls aus ihrer Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen ziehen, wirkt sich das Bedürfnis nach positiver Selbstbewertung auch auf die Interpretation und Beurteilung der Handlungen und Verhaltensweisen von Mitgliedern der eigenen sozialen Gruppe aus: Menschen versuchen negative Verhaltensweisen, die von Angehörigen ihrer eigenen Gruppe ausgeübt werden, in einer Art und Weise zu erklären, die es ihnen erlaubt, ihr positives Bild von der Gruppe (und damit auch ein positives Bild von sich selbst) aufrechtzuerhalten</div>
Beispiel: Es wird erinnert werden, dass die weißen Versuchspersonen in dem Duncan’schen Experiment, wenn sie beobachteten, dass ein Weißer (d.h. ein Angehöriger ihrer eigenen ethnischen Kategorie) einen Schwarzen schubste, dessen Verhalten eher auf die äußeren Umstände als auf spezifische Persönlichkeitseigenschaften zurückführten.
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Author: Lise Langstrumpf
Main topic: 3407
Topic: Soziale Kognition
School / Univ.: FU Hagen
Published: 13.12.2014
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