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Alle Oberthemen / 3408 / Vorurteile und Konflikte zwischen Gruppen

5. Vorurteile und Konflikte zwischen Gruppen (29 Karten)

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Intergruppenverhalten
Wenn das Verhalten zwischen zwei oder mehreren Individuen weitgehend oder sogar vollständig durch ihre Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gruppen determiniert wird, spricht von Intergruppenverhalten.

Intergruppenverhalten zeichnet sich durch relative Gleichförmigkeit (Uniformität) der Einstellungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen der Gruppenmitglieder aus.
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Schwerpunktthemen der Forschung zum Intergruppenverhalten
1. Intergruppenwahrnehmung. Welche sozialpsychologischen Grundlagen haben Stereotype und Vorurteile?
2. Intergruppenkonflikte. Wann und warum kommt es zu Konflikten zwischen Gruppen?
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Stereotype
Stereotype: Die sozial geteilten Überzeugungen bezüglich der Attribute, Eigenschaften, Verhaltensweisen etc., hinsichtlich derer die Mitglieder ei-ner Gruppe einander ähneln.

In Intergruppensituationen beruht die Wahrnehmung anderer Personen auf den Stereotypen über die Gruppe.

Bei Stereotypen handelt es sich nicht um individuelle, sondern um sozial geteilte Überzeugungen.
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Typen von Stereotypen
Stereotype über Fremdgruppen (d.h. Gruppen, zu denen man selbst nicht gehört) werden als Heterostereotype bezeichnet.

Stereotype über die Eigengruppe (d.h. die Gruppe, zu der man gehört) nennt man Autostereotype.

Der Begriff Meta-Stereotype wiederum bezeichnet das Stereotyp vom Stereotyp (d.h. Überzeugungen darüber welche Stereotype Mitglieder einer Fremdgruppe über die Eigengruppe haben).

Selbststereotypisierung bezeichnet den Prozess der Definition des eigenen Selbst im Sinne der stereotypischen Merkmale, Eigenschaften von Eigengruppenmitgliedern.
Selbststereotypisierung folgt aus dem Prozess der Selbstkategorisierung und liefert die Grundlage für die Selbstdefinition im Sinne einer sozialen (kollektiven) Identität.


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Vorurteile und soziale Diskriminierung
Vorurteil: Die positive oder negative Bewertung einer sozialen Gruppe und ihrer Mitglieder aufgrund der ihr zugeschriebenen Merkmale, der mit der Gruppe assoziierten Affekte und verhaltensbezogener Informationen.

Während es sich bei Stereotypen um kognitive Repräsentationen einer Gruppe handelt, handelt es sich bei Vorurteilen um gruppenbezogene Bewertungen.

Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen.

Vorurteile können prinzipiell auch in positiver Form auftreten (z.B. gegenüber sozialen Eliten). Negative Vorurteile manifestieren sich in unterschiedlichen Formen der sozialen Diskriminierung.

Soziale Diskriminierung:
Die Ablehnung oder Benachteiligung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit.

Kann auftreten als
- isolierter Verhaltensakt (z.B. die Ablehnung einer Bewerberin aufgrund ihrer sexuellen Orientierung),
- als Verhalten zwischen Gruppen (z.B. Gewalt gegen Immigranten durch rechtsradikale Gruppen) und in
- institutionalisierter Form auftreten (z.B. Gesetze, die bestimmten Gruppen die gesellschaftliche Teilhabe verwehren).
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Stigma
Stigma: Unter einem Stigma wird ein negativ bewertetes Attribut verstanden, durch welches der Träger von normativen Erwartungen abweicht und welches ihn in den Augen anderer derartig diskreditiert, dass er seinen Anspruch auf gesellschaftliche Gleichberechtigung verliert.

Stigmatisierende Attribute können offensichtlich (z.B. eine entstellende Narbe) oder nicht direkt erkennbar sein (z.B. der Serostatus „HIV-positiv“), sie können Verhaltensweisen oder Lebensstile umfassen (z.B. Punk, Promiskuität) oder sich auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder sozialen Kategorien beziehen (z.B. Homosexuelle, Juden, Ausländer).

Diskreditierende Wirkung entfaltet ein Stigma dadurch, dass es dem Betrachter als ein Indikator für vermeintlich weitere, aber nicht direkt beobachtbare, negative Charaktereigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmale des Merkmalsträgers dient.

Stigma resultieren aus den mit dem Stigma assoziierten Stereotypen und Vorurteilen bezüglich der Identität oder des Charakters der Merkmalsträger.

Ob und wann ein Attribut in einer Gruppe oder Gesellschaft den Charakter eines Stigmas erhält, hängt davon ab, was in einer Gesellschaft (oder einer Gruppe) als normal und was als abweichend oder deviant definiert wird.
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Persönlichkeit und individuelle Dispositionen als Ursache von Stereotypen und Vorurteilen
Vorurteile Ausdruck einer erziehungs- und sozialisationsbedingten abnormen Persönlichkeitsstruktur seien, der sog. autoritären Persönlichkeit (Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson, & Sanford, 1950).

Personen verhalten sich Autoritäten gegenüber einerseits übermäßig unterwürfig; anderseits verschöben sie Aggressionen, die gegenüber den Autoritäten auftreten, auf alternative Ziele (z.B. Mitglieder devianter oder statusniedriger Gruppen).

Der Ansatz zur autoritären Persönlichkeit geht allerdings von spezifischen Persönlichkeitsdeformationen als Ursache von Stereotypen und Vorurteilen aus.

Persönlichkeitstheoretische Ansätze können zwar einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, warum manche Personen besonders extreme Vorurteile haben.
Diese Ansätze sind allerdings nicht in der Lage, die weite Verbreitung und die Uniformität von Stereotypen und Vorurteilen in bestimmten Populationen oder Subpopulationen zu erklären.
-> Die sozial-psychologische Forschung geht daher davon aus, dass die Entstehung und Verwendung von Stereotypen und Vorurteilen aus einem Zusammenspiel von individuellen Dispositionen, allgemeinen kognitiven Prozessen und sozialen Einflussprozessen resultiert.
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Kategoriale Differenzierung
Henri Tajfel legte mit seinen paradigmatischen Forschungsarbeiten zum Prozess der Kategorisierung einen zentralen Grundstein für die sozial-kognitive Perspektive (z.B. Tajfel & Wilkes, 1963).

Akzentuierungsprinzip: Seine Arbeiten deckten auf, dass Kategorisierung i.d.R. zu einer perzeptuellen Akzentuierung der wahrgenommenen Ähnlichkeiten und Unterschiede führt: Einerseits werden die Unterschiede der Stimuli innerhalb einer Kategorie unterschätzt (d.h. Objekte, Personen, Ereignisse innerhalb einer Kategorie werden als ähnlicher wahrgenommen, als sie tatsächlich sind) - man bezeichnet dies als „Assimilation“.

Andererseits werden die Unterschiede zwischen Stimuli unterschiedlicher Kategorien überschätzt (d.h. Objekte oder Ereignisse unterschiedlicher Kategorien werden als unähnlicher wahrgenommen, als sie tatsächlich sind) – dies wird als „Kontrastierung“ bezeichnet. Das Akzentuierungsprinzip stellt die Grundlage für die wahrgenommene Homo-genität von Fremdgruppen dar („Die sind alle gleich!“).
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Welche Persönlichkeitseigenschaften begünstigen nun aber die Übernahme von Stereotypen und Vorurteilen bei psychisch unauffälligen Personen?
Zusammenhängen zwischen den Big-Five und Vorurteilen
Extraversion, Verträglichkeit, Emotionale (In)Stabilität, Gewissen-haftigkeit, und Offenheit für neue Erfahrungen.

Dual Process Model of Ideology and Prejudice von Duckitt und Kollegen: indirekten Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren im Sinne der Big Five auf Vorurteile, der über eine erhöhte Anfälligkeit für die Übernahme bestimmter ideologischer Orientierungen vermittelt wird.

Beide ideologischen Orientie-rungen – rechtsextreme Einstellungen, soziale Dominanzorientierung – manifestieren sich wiederum in negativen Stereotypen gegenüber Fremdgruppen.

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Experimente mit dem „Who said what?“-Paradigma
Experimente mit dem „Who said what?“-Paradigma demonstrieren, wie spontan aktivierte soziale Kategorien Wahrnehmung und Erinnerung im Sinne von Assimilation und Kontrastierung beeinflussen.

Diskussion von sechs Männern (drei Schwarzen und drei Weißen), deren Beiträge von einem Tonband abgespielt wurden. [...]
Wie die Analysen bestätigten, trat bei dieser Zuordnung ein bestimmter Fehlertyp überzufällig häufig auf: Ver-wechslungen innerhalb der Kategorien, d.h. eine Aussage wurde fälschli-cherweise einem Sprecher zugeordnet, der die Aussage zwar nicht ge-macht hat, der jedoch der gleichen Kategorie angehörte, wie der tatsächliche Sprecher (Assimilation). Fehler zwischen den Kategorien (d.h. die fälschliche Zuordnung einer Aussage zu einem Sprecher aus einer anderen Kategorie) wurden vergleichsweise seltener gemacht.

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Stereotype, Vorurteile und Stigmata als soziale Konstruktionen
Soziale Kategorien (und die mit diesen Kategorien assoziierten Stereotype, Vorurteile und Stigmata) sind soziale Konstruktionen sind.

Soziale (oder kollektive) Funktionen von Stereotypen:
 Positive Differenzierung: Stereotype dienen dazu, die Eigengruppe von anderen Gruppen positiv abzugrenzen. Man spricht diesbe-züglich auch von der Herstellung positiver Distinktheit. Stereotype kristallisieren sich daher insbesondere um Merkmalsdimensionen, auf denen die Eigengruppe der Fremdgruppe überlegen ist.
 Kausale Erklärung: Stereotype sind Elemente komplexerer sozia-ler und ideologischer Begriffssysteme, aus denen kausale Erklä-rungen für soziale Phänomene und Ereignisse abgeleitet werden (Beispiel: Das Stereotyp des „reichen Juden“ als Teil eines Antise-mitismus, der behauptet, Juden kontrollierten die Weltwirtschaft).
 Soziale Rechtfertigung: Im Rahmen dieser Begriffssysteme oder Ideologien dienen Stereotype auch der sozialen Rechtfertigung der Behandlungen von Mitgliedern anderer Gruppen (Beispiel: Das Ste-reotyp des „unzivilisierten Wilden“ als Teil einer ideologischen Rechtfertigung des europäischen Kolonialismus).
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Legitimierender Mythos
Legitimierender Mythos: Innerhalb einer Gesellschaft weitgehend geteilte Überzeugungssysteme, die dazu dienen, bestehende Status- und Machtunterschiede zwischen Gruppen zu rechtfertigen.
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Krankheit als Stigma – der Einfluss sozialer Repräsentationen
krankheitsbezogene Stigmata unmittelbar mit der sozialen Repräsentation der Krankheit zusammen

Soziale Repräsentationen: Sozial geteilte Meinungen und Vorstellungen über bestimmte Sachverhalte innerhalb einer Gesellschaft (Krankheiten, politische Systeme, wissenschaftliche Disziplinen etc.), die in sozialen Diskursen innerhalb und zwischen Gruppen konstruiert werden.

- Komposition“ aus dem vorherrschenden medizinischen Expertenwissen sowie Alltagsvorstellungen und kulturellen oder religiösen Überzeugungen.
- Vorstellungen über die Symptome, den Verlauf, die Übertra-gungswege, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten.
- Definitionen der Betroffenengruppe(n), die eine Unterschei-dung zwischen „uns“ und „denen“ mit sich bringt
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Soziale Repräsentationen von Krankheiten dienen einer Reihe von sozialen Funktionen
 Erklärungs- und Kommunikationsfunktion. Zum einen ermöglichen sie den individuellen Mitgliedern einer Gesellschaft Orientierung und Kommunikation bezüglich eines potentiell bedrohlichen Ereig-nisses, auch wenn keine individuellen Erfahrungen im Umgang mit dem Ereignis bestehen.
 Koordinationsfunktion. Zum Zweiten bilden die kollektiv geteilten Deutungen und Erklärungen die Grundlage für eine gesellschaftlich koordinierte Reaktion auf die Krankheit.
 Legitimationsfunktion. Schließlich liefert die soziale Repräsentation auch die moralische Grundlage für das gesundheitspolitische Handeln und den Umgang mit den Betroffenengruppen.
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Prozess der sozialen Repräsentationen
Soziale Repräsentationen resultieren aus komplexen sozialen Einflussprozessen innerhalb und zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Akteuren, in denen die Beteiligten die Deutungshoheit für sich reklamieren und gruppenspezifische Interessen verfolgen.

Welche sozialen Erklärungs- oder Interpretationsmuster sich innerhalb der weiteren Gesellschaft (oder in Teilpopulationen) verbreiten, hängt entscheidend von der Fähigkeit einzelner sozialer Akteure ab, Unbeteiligte oder Unentschlossene von der Richtigkeit der eigenen Position zu überzeugen.

Für die soziale Akzeptanz der Deutungen und Interpretationen sind zwei Prozesse besonders relevant:
1. Verankerung, worunter die Integration der neuen Vorstellungen in bereits bestehende Vorstellungssysteme (bzw. das kulturelle Wissen, sozial geteilte Erfahrungen) zu verstehen ist.
2. Vergegenständlichung, was die Umwandlung eines abstrakten medizinischen Konzepts in konkrete und verständliche Bilder oder Metaphern beinhaltet.
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Das Beispiel HIV/AIDS
Das Beispiel HIV/AIDS: Die soziale Repräsentation von HIV/AIDS nimmt je nach kulturellem und politischem Kontext unterschiedliche Gestalt an.

Die soziale Konstruktion von HIV/AIDS als eine todbringende Krankheit, durch die homosexuelle Män-ner die heterosexuelle Bevölkerungsmehrheit gefährden, ist von verschie-denen Analyst/innen als eine politische Strategie von Vertretern des rechtskonservativen politischen Spektrums und konservativer religiöser Gruppen und Institutionen interpretiert worden, um ihre Anhänger und an-dere Teile der Bevölkerung gegen diesen sozialen Wandel zu mobilisieren.

Zusammengefasst illustriert die soziale Kon-struktion des Stigmas HIV/AIDS damit, wie Krankheiten politisch instru-mentalisiert werden können, um Unterstützung für die Reproduktion von Machtungleichheiten und Statusunterschieden zwischen sozialen Gruppen zu mobilisieren.
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Stereotype-Content-Model
Das Stereotype-Content-Model von Fiske et al. (2002) macht spezifische Vorhersagen darüber, welche Merkmale Fremdgruppenmitgliedern in Abhängigkeit von spezifischen Charakteristika der Intergruppenbeziehung zugeschrieben werden. Fiske et al. konzentrieren sich dabei auf zwei inhaltliche Dimensionen: Wärme und Kompetenz.

Die Zuschreibung ent-sprechender Eigenschaften hängt dem Modell zufolge von zwei Charakteristika der Intergruppenbeziehung ab:
1. Intergruppaler Wettbewerb. Sind die Anderen „Freund“ oder „Feind“? Fremdgruppen, mit denen die Eigengruppe konkurriert, sollten als wenig warm (kalt, berechnend etc.) wahrgenommen werden. Ist die Beziehung hingegen durch Kooperation, statt durch Konkurrenz geprägt, sollten die Mitglieder der Fremdgruppe als relativ warm wahrgenommen werden (liebenswert, herzlich etc.).
2. Statusverhältnis zwischen Eigen- und Fremdgruppe. Während Mitglieder statusniedriger Gruppen als inkompetent wahrgenommen werden sollten (dumm, unfähig etc.), sollten Mitglieder statushoher Fremdgruppen als relativ kompetent angesehen werden (intelligent, effektiv etc.).



Paternalistische Stereotype gegenüber Frauen beinhalten sowohl positive Elemente (Frauen sind sanfter und einfühlsamer) als auch negative Elemente (Frauen sind weniger durchsetzungsfähig und führungsschwach). Gerade die auf den ersten Blick positiv erscheinenden Zuschreibungen können zur Aufrechterhaltung bestehender Statusverhältnisse beitragen, da sie den diskriminierenden Charakter des Stereotyps verschleiern.
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Automatische und kontrollierte Prozesse
Sowohl automatische als auch kontrollierte Prozesse haben  Einfluss auf die Wirkungsweise von Stereotypen und Vorurteilen.

Modell von Devine (1989) postuliert beispielsweise, dass die Aktivierung von Stereotypen zunächst automatisch erfolgt und zwar immer dann, wenn ein relevanter Auslösereiz anwesend ist.

Aktivierung resultiert als Funktion der kognitiven Zugänglichkeit des Stereotyps im Gedächtnis.

Ob und in welcher Art sich ein automatisch aktiviertes Stereotyp auf das Urteilen und Handeln einer Person auswirkt, hängt allerdings von einem zeitlich nachfolgendem kontrollierten Verarbeitungsprozess ab.

Im Zuge dieses Prozesses können automatisch aktivierte Stereotype bewusst modifiziert bzw. die mit dem Stereotyp assoziierten Verhaltensim-pulse unterdrückt oder adjustiert werden.

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Einsatz und Effektivität kontrollierter Prozesse werden von zwei Faktoren beeinflusst
(1) Die Motivation der Person, den Einfluss von Stereotypen und Vorurteilen auf Urteilen und Handeln zu kontrollieren. Personen mit hoher Motivation zur Vorurteilskontrolle versuchen, automatisch ausgelöste negative Reaktionen (z.B. Vermeidungstendenzen), wenn sie ihnen bewusst werden, durch kontrollierte Prozesse ge-zielt zu korrigieren; bei Personen mit niedriger Motivation ist diese Korrekturreaktion entsprechend schwächer oder bleibt ganz aus.
(2) Die Kontrolle des Einflusses von Stereotypen und Vorurteilen setzt die Verfügbarkeit notwendiger kognitiver Ressourcen voraus. Daher wird der Einfluss automatisch aktivierter Stereotype und Vorurteile auf das Urteilen und Handeln einer Person umso wahrscheinlicher, je stärker ihre Aufmerksamkeit und Konzentration durch andere Prozesse gebunden oder beeinträchtigt ist.

Der Einfluss von Stereotypen und Vorurteilen entzieht sich der bewussten Kontrolle weitaus häufiger als Menschen gemeinhin erkennen.

Yeadon und Hesson-McInnis (2004) ihren Untersuchungspersonen Glau-ben, dass sie im Rahmen eines Rollenspiels körperlichen Kontakt mit ei-ner anderen Untersuchungsperson haben würden. Die Untersuchungs-personen konnten ihren Partner für das Rollenspiel aus einer Gruppe von drei Personen auswählen, die angeblich ebenfalls an der Untersuchung teilnahmen. [...]
Diese Untersuchung demonstriert, dass sich die negativen Einstellungen gegenüber Menschen mit HIV/AIDS nicht immer in offen beobachtbarem Vermeidungsverhalten zeigen. Wenn Menschen motiviert sind, ihre Vorurteile zu kontrollieren, korrigieren sie spontane negative Impulse und zeigen positi-ve Verhaltensreaktionen. Diese Korrekturreaktion ist allerdings ein relativ anspruchsvoller Prozess, der Zeit braucht und das Bewusstsein eigener Vorurteile voraussetzt. In Situationen, in denen diese Voraussetzungen nicht bestehen, wird ein offener Ausdruck der negativen Einstellung wahrscheinlicher.

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Auswirkungen auf die Zielpersonen
Negative Stereotype, Vorurteile und Stigmatisierung bilden die Grundlage vielfältiger Formen sozialer Diskriminierung, die von der Vorenthaltung wichtiger Ressourcen, über soziale Ausgrenzung bis hin zu Hassverbre-chen reichen können.

Mitglieder sozial benachteiligter Gruppen werden häufiger Opfer verbaler und körperlicher Gewalt, haben seltener Zugang zu guten Bildungseinrichtungen, werden medizinisch schlechter versorgt oder verdienen weniger Geld bei gleicher Leistung als andere Mitglieder der Gesellschaft.

Im Folgenden werden wir zwei potentielle sozialpsychologische Konsequenzen für die Betroffenen näher betrachten:
(1) Effekte auf das Selbstwertgefühl und die Gesundheit und
(2) Effekte auf Leistung und Berufswahl.

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Selbstwertgefühl und Gesundheit
Die Stereotypisierung bzw. Stigmatisierung der statusniedrigen Gruppe durch die statushöhere Gruppe beeinflusst auch das Selbstverständnis der Mitglieder der statusniedrigen Gruppe bis hin zur Konstruktion ihrer sozialen Identität.

Es ist daher naheliegend zu vermuten, dass sich die Zugehörigkeit zu einer statusniedrigen und stigmatisierten Gruppe negativ auf das Selbstwertgefühl und das psychosoziale Wohlbefinden der Betroffenen auswirkt.

Mitglieder stigmatisierter Gruppen im Vergleich zu Mitgliedern nicht-stigmatisierter Gruppen ein höheres Risiko aufweisen, an Selbstwertminderung, Depressionen oder Herz-Kreislaufkrankheiten zu erkranken

Forschungsarbeiten zum Ab-lehnungs-Identifikationsmodell von Nyla Branscombe und Kollegen legen beispielsweise nahe, dass der negative Effekt wahrgenommener Diskriminierung auf das Selbstwertgefühl durch eine starke Identifikation mit der Eigengruppe abgepuffert oder kompensiert werden kann.
Ein Grund hierfür besteht darin, dass Ei-gengruppenmitglieder eine wichtige Ressource für emotionale, soziale oder materielle Unterstützung im Umgang mit Diskriminierungserfahrun-gen darstellen. Hoch identifizierte Gruppenmitglieder sind besser in die Gruppe eingebunden, sie haben daher besseren Zugang zur Unterstüt-zung durch andere Gruppenmitglieder, bekommen sie eher angeboten und sind eher bereit, sie zu akzeptieren. Von Selbstwertminderung be-droht sind daher insbesondere Personen, die sich nur gering mit ihrer Gruppe identifizieren (und dementsprechend schlecht in die Gruppe inte-griert sind), gleichzeitig aber von Mitgliedern der Fremdgruppe aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit diskriminiert werden (ein türkischstämmiger Schüler, der sich nicht als Türke identifiziert, aber von Deutschen als Tür-ke diskriminiert wird).
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Leistung und Berufswahl
Der „Stereotype-Threat“ Theorie zufolge löst die Befürchtung, auf der Grundlage von Stereotypen beurteilt zu werden, bei Mitgliedern sozial abgewerteter Gruppen ein Gefühl der Bedrohung aus (z.B. Steele & Aronson, 1995).

Dieses Gefühl und die damit einhergehende gesteigerte Nervosität können dazu führen, dass Mitglieder sozial abgewerteter Gruppen in Prüfungs- oder Testsituationen Leistungen zeigen, die unterhalb ihres Leistungspotenzials liegen. Die Befürchtung, mit Stereotypen und Vorurteilen konfrontiert zu werden, hat auch einen Einfluss auf die Berufswahl. So entscheiden sich Mitglieder sozial abgewerteter Gruppen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gegen die Wahl von Berufen oder Positionen, in denen sie die Konfrontation mit negativen Stereotypen befürchten müssen.

Diese Selbstselektionsmechanismen sind aus gesellschaftspolitischer Sicht hochrelevant, da sie im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zur Aufrechterhaltung von Statusunterschieden zwischen Gruppen beitragen.

Empirisches Beispiel. In einem Feldexperiment von Keller und Dauenhei-mer (2003) zur Untersuchung der Effekte geschlechtsrollenspezifischer Stereotype bzgl. mathematischer Fähigkeiten erhielten Schülerinnen der 6. Klasse einer Realschule per Zufallszuweisung eine von zwei Versionen eines Mathematiktests.[...] De facto erbrachten die Schülerinnen unter dieser Bedingung genauso gute Leistungen, wie zu Vergleichszwecken getestete Jungen. Unter der Bedingung der Aktivierung des Stereotyps und der dadurch erlebten negativen Emotionen, schnitten die Schülerinnen hinge-gen schlechter ab als die Jungen. Diese und andere Befunde stellen die weitverbreitete Interpretation von Leistungsunterschieden zwischen sozia-len Gruppen im Sinne stabiler Merkmalsunterschiede deutlich in Frage.
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Negative Interdependenz
Theorie des realistischen Gruppenkonflikts von Muzafer Sherif und Kollegen zufolge (z.B. Sherif, 1966) stehen Einstellungen und Verhaltensweisen von Gruppenmitgliedern gegenüber anderen Gruppen in einem funktionalen Verhältnis zu Gruppeninteressen und Zielen.

Sind die Ziele von Eigengruppe und Fremdgruppe unvereinbar (oder sind die Gruppen, formaler ausgedrückt, negativ interdependent), resultieren negative Vorurteile sowie feindselige und aggressive Verhaltensweisen gegenüber der Fremdgruppe.

Sind die Gruppen hingegen im Hinblick auf das Erreichen ihrer Ziele aufeinander angewiesen (bzw. positiv interdependent), resultieren positive Einstellungen gegenüber der Fremdgruppe und kooperative Verhaltensweisen, da diese im Hinblick auf die Gruppenziele funktional sind.

Sherif et al. testeten ihre theoretischen Überlegungen in einer Reihe von Feldstudien mit (klinisch unauffälligen) durchschnittlich etwa 12-jährigen Jungen, die an einem Sommerferienlager teilnahmen. [...] Wie erwartet nahmen infolge wiederholter Kooperationen die Feindseligkeiten zwischen den Gruppen ab. Gleichzeitig verstärkte sich die Tendenz zur Bildung intergruppaler Freundschaften und Solidarität.

Die zentralen Befunde von Sherif et al. wurden repliziert und erweitert.
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Relative Deprivation
Relative Deprivation: Die Wahrnehmung, weniger zu haben als einem zusteht, die mit einem Gefühl der Unzufriedenheit einhergeht. Eine wichtige Quelle relativer Deprivation ist der soziale Vergleich.
Egoistische relative Deprivation resultiert aus interpersonalen Vergleichen (eine Person nimmt wahr, dass sie - ungerechterweise - weniger besitzt als eine andere Person).
Fraternale relative Deprivation resultiert hingegen aus intergruppalen Vergleichen (d.h. dem Vergleich der Eigengruppe mit einer re-levanten Fremdgruppe).

Für die Erklärung von Intergruppenkonflikten spielt insbesondere die fraternale relative Deprivation eine wichtige Rolle. Beispielsweise beteiligen sich Menschen auch dann an Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen, wenn sie sich persönlich nicht benachteiligt fühlen, aber wahrnehmen, dass ihre Gruppe gegenüber der anderen Gruppe benachteiligt ist.
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Negative soziale Identität
Theorie der sozialen Identität von Tajfel und Turner an, dass wahrgenommene negative Interdependenz oder Benachteiligung zwar hinreichende aber keine notwendigen Bedingungen für das Auftreten von Konflikten zwischen Gruppen ist.

Erklärung ist das Konzept der sozialen Identität. Menschen streben grundsätzlich nach einer positiven sozialen Identität. Wenn soziale Vergleichsprozesse zwischen Eigen- und Fremdgruppe auf einer relevanten Vergleichsdimensionen nun aber zu negativen Vergleichsergebnissen für die Eigengruppe führen, ist dieses Bedürfnis verletzt. Menschen sollten daher bemüht sein, etwas an diesem Zustand zu ändern.

Der Theorie der sozialen Identität zufolge stehen Menschen hierfür eine Reihe von Strategien offen, die von individuellen Strategien sozialer Mobilität bis zu kollektiven Strategien sozialen Wandels reichen können (Tajfel & Turner, 1986; Ellemers, 1993).
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Soziale Kreativität
Soziale Kreativität:
Um eine positive soziale Identität herzustellen, können Angehörige einer statusniedrigeren Gruppe:
a) eine neue Vergleichsdimension heranziehen, auf der die Eigengruppe besser abschneidet;
(„Wir türkischstämmigen Schüler sind zwar schlechter in den Hauptfächern. Dafür sind wir aber besser in Sport und das ist männlicher“)
b) eine Reinterpretation des Vergleichsergebnisses vornehmen, so dass ein ursprünglich ungünstiges Vergleichsergebnis als besonders positiv erscheint; oder
Beispielsweise kann ein schlechter Umgang mit der deutschen Sprache als „cooler Slang“ uminterpretiert werden oder ein ursprünglich abwertender Begriff für die Eigengruppe wird übernom-men und positiv definiert - wie beispielsweise im Fall des Begriffs „Kanake“ durch die Organisation „Kanak-Attak“ (Kanak Attak, 1998).
c) die Vergleichsgruppe wechseln.
Türkischstämmige Schüler könnten sich beispielsweise statt mit deutschstämmigen Schülern mit Schülern anderer kulturellen Gruppen vergleichen und versuchen, diesen überlegen zu sein.
-> Umdefinition der Vergleichssituation mit der statushöheren Gruppe. Soziale Kreativitätsstrategien tragen zwar zu einer Änderung der innerhalb einer Gruppe geteilten Definition der sozialen Identität bei (und insofern handelt es sich um kollektive Strategien), an der objektiven Position der Gruppe in der Statushierarchie ändert sich allerdings nicht notwendigerweise etwas.
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Soziale Mobilität
Soziale Mobilität: Individuen können versuchen, eine negative soziale Identität „abzulegen“, indem sie die statusniedrige Eigengruppe verlassen und in die statushöhere Gruppe aufsteigen.

Für Personen, die sich stark mit ihrer Gruppe identifizieren, ist diese Strategie zudem keine Option. Bei der sozialen Mobilität handelt es sich um den Prototyp einer individuellen Strategie, da durch sie der Status der Gruppe insgesamt unverändert bleibt, z.B. wenn Immigranten ihr kulturelles Erbe aufgeben oder wenn schwule Männer, die sich nicht zu ihrem Schwulsein bekennen und ein vermeintlich „heterosexuelles“ Leben führen.

Soziale Mobilität kann aber auch auf einer rein psychologischen Ebene stattfinden, nämlich in dem Fall, wenn sich Mitglieder status-niedriger Gruppen „des-identifizieren“ und die persönliche Verbindung zur Gruppe minimieren z.B. bestimmten Hinweisen auf die eigene Gruppenzugehörigkeit gezielt aus dem Weg zu gehen, die Gruppe öffentlich zu kritisieren) oder sich selbst als untypisches Gruppenmitglied zu betrachten.

Strategien kollektiven Wandels werden häufig bevorzugt. Mitglieder statusniedriger Gruppen unter bestimmten Umständen kollektive Strategien auf und attackieren die vorherrschende soziale Statushierarchie, um die Situation der Eigengruppe zu verbessern.
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Sozialer Wettbewerb:
Sozialer Wettbewerb: Schließlich können die Mitglieder status-niedriger Gruppen den überlegenen Status der Fremdgruppe auf der relevanten Dimension kollektiv herausfordern, indem sie in sozialen Wettbewerb mit der anderen Gruppe treten, mit dem Ziel, einen sozialen Wandel zu bewirken (d.h. die objektive Position der Gruppe in der Statushierarchie zu verbessern).

Dies kann unterschiedliche Formen annehmen (Wettstreit, kollektiver Protest, Revolutionen etc.) – charakteristischerweise beinhaltet der soziale Wettbewerb das Potential für offene Intergruppenkonflikte bis hin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Um sich für kollektive Strategien des sozialen Wettbewerbs zu entscheiden,
  •   müssen Gruppenmitglieder davon überzeugt sein, der bestehende Status quo sei ungerechtfertigt *  und die entsprechende Strategie sei ein effektives Mittel, um die angestrebte soziale Veränderung zu erreichen.*  Zudem müssen sie sich stark mit ihrer Gruppe identifizieren. <div style="padding-left:5px;">Eine prominente Strategie sozialen Wettbewerbs ist die Formierung oder Beteiligung an einer sozialen Bewegung, welche die bestehende Dominanz der Fremdgruppe herausfordert und attackiert.</div>
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Theorie der sozialen Identität - zusammengefasst mit Bild
Offener Konflikt zwischen Gruppen ist dann wahrscheinlich, wenn die soziale Identität als negativ wahrgenommen wird, die Gruppengrenzen undurchlässig sind, und die Statusdifferenz zwischen der Eigen- und einer relevanten Fremdgruppe als illegitim und instabil angesehen werden.


Kartensatzinfo:
Autor: Lise Langstrumpf
Oberthema: 3408
Thema: Vorurteile und Konflikte zwischen Gruppen
Schule / Uni: FU Hagen
Veröffentlicht: 13.12.2014
 
Schlagwörter Karten:
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