Welche zwei Forschungsansätze lassen sich aus der Stern'schen "Person x Merkmals-Matrix" ableiten?
Der typologische Ansatz (aus Komparationsforschung ableitbar):
Personen werden nach Ähnlichkeit hinsichtlich wesentlich erscheinender Merkmale gruppiert (vgl. historische Typologien).
Hauptproblem: Eindeutige Platzzuweisung des Einzelnen. Heute wird durch verbesserte statistischer Methoden (z.B. Clusteranalyse, Latent-Class Analyse, Konfigurationsfrequenzanalyse) versucht, Typen derart zusammenzufassen, dass Merkmalsunterschiede zwischen Personen desselben Typs kleiner sind als jene, von Personen mit verschiedener Typenzugehörigkeit = statistische Typisierungsverfahren.
Historische Beispiele für Typologien:
Das Eigenschaftsmodell (Trait‐Modell) (aus Korrelationsforschung ableitbar):
Auf jeder Trait‐Dimension (z.B. Extraversion) sind prinzipiell beliebig feine Abstufungen gegeben. Durch Kombination mehrerer Dimensionen kann eine präzise Persönlichkeitscharakterisierung vorgenommen werden.
- Vorteil liegt in der Ökonomie des Beschreibungssystems.
- Problem: Kommunikation der Traits, denn alltagssprachliche Begriffe sind oft sehr breit (haben einen großen "Bedeutungshof") - Operationalisierung der Traits notwendig.
Personen werden nach Ähnlichkeit hinsichtlich wesentlich erscheinender Merkmale gruppiert (vgl. historische Typologien).
Hauptproblem: Eindeutige Platzzuweisung des Einzelnen. Heute wird durch verbesserte statistischer Methoden (z.B. Clusteranalyse, Latent-Class Analyse, Konfigurationsfrequenzanalyse) versucht, Typen derart zusammenzufassen, dass Merkmalsunterschiede zwischen Personen desselben Typs kleiner sind als jene, von Personen mit verschiedener Typenzugehörigkeit = statistische Typisierungsverfahren.
Historische Beispiele für Typologien:
- Hippokrates: gruppierte Individuen nach dem Vorherrschen eines "Körpersaftes" in 4 Temperatmente: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker, Melancholiker
- Kretschmer (1921): Charaktertypologien aufgrund von Konstitutionstypen (pyknisch, athletisch, leptosom)
Das Eigenschaftsmodell (Trait‐Modell) (aus Korrelationsforschung ableitbar):
Auf jeder Trait‐Dimension (z.B. Extraversion) sind prinzipiell beliebig feine Abstufungen gegeben. Durch Kombination mehrerer Dimensionen kann eine präzise Persönlichkeitscharakterisierung vorgenommen werden.
- Vorteil liegt in der Ökonomie des Beschreibungssystems.
- Problem: Kommunikation der Traits, denn alltagssprachliche Begriffe sind oft sehr breit (haben einen großen "Bedeutungshof") - Operationalisierung der Traits notwendig.
Tags: Trait-Modell, Typologischer Ansatz
Quelle: S16
Quelle: S16
Was sind historische Definitionsversuche von "Typus"?
(Typologischer Ansatz)
- Stern (1921): Typus ist die vorwaltende Disposition psychischer oder psycho-physischer Art die einer Gruppe von Menschen in gleicher Art zukommt.
- Rohracher (1965): Typus ist durch einen Merkmalskomplex charakterisierte Gruppe wobei die Einzelmerkmale in verschiedenen Grad vorhanden sein können.
Tags: Typologischer Ansatz
Quelle: S17
Quelle: S17
Erkläre anhand eines Beispiels den Zusammenhang der beiden Forschungsansätze (Typologischer Ansatz vs. Trait-Modell)?
Trait-Modell
H. J. Eysenck (1965) erklärt Affektivität mittels zweier Faktoren (Dimensionen)
1. Introversion / Extraversion
2. Emotionale Stabilität / Labilität
(Faktoren wurden empirisch ermittelt)
Typologischer Ansatz von Hippokrates
- Vorherrschen eines Körpersaftes - 4 Temperamente: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker
- Basieren auf subjektiven Beobachtungsdaten
Grafik zeigt die Beziehung zwischen den Modellen. Jeweils niedrige bis mittlere Faktorenausprägungen charakterisieren recht gut die vier Temperamente.
H. J. Eysenck (1965) erklärt Affektivität mittels zweier Faktoren (Dimensionen)
1. Introversion / Extraversion
2. Emotionale Stabilität / Labilität
(Faktoren wurden empirisch ermittelt)
Typologischer Ansatz von Hippokrates
- Vorherrschen eines Körpersaftes - 4 Temperamente: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker
- Basieren auf subjektiven Beobachtungsdaten
Grafik zeigt die Beziehung zwischen den Modellen. Jeweils niedrige bis mittlere Faktorenausprägungen charakterisieren recht gut die vier Temperamente.
Tags: Trait-Modell, Typologischer Ansatz
Quelle: S18
Quelle: S18
Welche grundlegende Bemerkungen gibt es zu den Persönlichkeitstypologien?
Wann haben diese Typologien einen diagnostischen Mehrwert und welche Methode wurde hier häufig eingesetzt?
Wann haben diese Typologien einen diagnostischen Mehrwert und welche Methode wurde hier häufig eingesetzt?
Typenbegriffe fassen eine große Anzahl von Einzelbefunden in Einheiten (Typen) zusammen.
Die Tatsache, dass wir Menschen Ausdrucksqualitäten relativ einheitlich deuten können (d.h. stereotype Urteile abgeben bzw. implizite Persönlichkeitstheorien anwenden ohne zu fragen, ob diese Beurteilungen begründet sind oder nicht), scheint uns die Berechtigung für die Entwicklung von Typologien zu geben.
Der Grad der Komplexität impliziter Persönlichkeitstheorien (ca. 3 unabhängige Dimensionen) stimmt mit dem Komplexitätsgrad von Typologien überein, die bis vor dem 2. Weltkrieg als Persönlichkeitstheorien publiziert wurden.
„Diagnostischer Mehrwert“ einer Typologie ist nur dann vorhanden, wenn diese empirisch begründet (begründbar) ist – allerdings ist das bei keiner „klassischen“ Typologien der Fall.
Methode:
„Physiognomischer“ (oder „typologischer“) Schluss, mit dessen Hilfe man von mehreren bekannten bzw. beobachtbaren Eigenschaften eines Menschen zur Feststellung unbekannter Verhaltenszüge kommen kann.
Beispiel (aus der Psychoanalyse) für typologischen Schluss: Zwanghafte Ordnungsliebe + Sparsamkeit + Intoleranz = „analer Typ (Charakter)“.
Soweit das nur ein Name für eine Eigenschaftskonstellation ist, ist nichts auszusetzen; bedenklich ist die Herleitung der entsprechenden Charakterzüge aus frühkindlichen Erfahrungen (namentlich die Härte bei der Reinlichkeitserziehung), weil Befunde der Entwicklungspsychologie diese Interpretation nicht rechtfertigen.
Heute: verschiedene statistische Modelle um Personen - z.B. nach latenten Eigenschaften - zu gruppieren (Latent Class Analysis; Konfigurations-Frequenz-Analyse usw.)
Im Sozialverhalten haben implizite Persönlichkeitshteorien bzw. stereotype Urteile eine "Entlastungfunktion", weil sie als Orientierungshilfe dienen und einen Bezugsrahmen für das Verhalten gegenüber anderen Menschen schaffen
(Beispiel: "erster Eindruck" hat in der interpersonellen Wahrnehmung (social perception) massive Entlastungsfunktion)
Die Tatsache, dass wir Menschen Ausdrucksqualitäten relativ einheitlich deuten können (d.h. stereotype Urteile abgeben bzw. implizite Persönlichkeitstheorien anwenden ohne zu fragen, ob diese Beurteilungen begründet sind oder nicht), scheint uns die Berechtigung für die Entwicklung von Typologien zu geben.
Der Grad der Komplexität impliziter Persönlichkeitstheorien (ca. 3 unabhängige Dimensionen) stimmt mit dem Komplexitätsgrad von Typologien überein, die bis vor dem 2. Weltkrieg als Persönlichkeitstheorien publiziert wurden.
„Diagnostischer Mehrwert“ einer Typologie ist nur dann vorhanden, wenn diese empirisch begründet (begründbar) ist – allerdings ist das bei keiner „klassischen“ Typologien der Fall.
Methode:
„Physiognomischer“ (oder „typologischer“) Schluss, mit dessen Hilfe man von mehreren bekannten bzw. beobachtbaren Eigenschaften eines Menschen zur Feststellung unbekannter Verhaltenszüge kommen kann.
Beispiel (aus der Psychoanalyse) für typologischen Schluss: Zwanghafte Ordnungsliebe + Sparsamkeit + Intoleranz = „analer Typ (Charakter)“.
Soweit das nur ein Name für eine Eigenschaftskonstellation ist, ist nichts auszusetzen; bedenklich ist die Herleitung der entsprechenden Charakterzüge aus frühkindlichen Erfahrungen (namentlich die Härte bei der Reinlichkeitserziehung), weil Befunde der Entwicklungspsychologie diese Interpretation nicht rechtfertigen.
Heute: verschiedene statistische Modelle um Personen - z.B. nach latenten Eigenschaften - zu gruppieren (Latent Class Analysis; Konfigurations-Frequenz-Analyse usw.)
Im Sozialverhalten haben implizite Persönlichkeitshteorien bzw. stereotype Urteile eine "Entlastungfunktion", weil sie als Orientierungshilfe dienen und einen Bezugsrahmen für das Verhalten gegenüber anderen Menschen schaffen
(Beispiel: "erster Eindruck" hat in der interpersonellen Wahrnehmung (social perception) massive Entlastungsfunktion)
Tags: Ausdruck, Typologischer Ansatz
Quelle: S91
Quelle: S91
Was sind die Typologien von Kretschmer?
E. Kretschmer (1888‐1964), Deutscher Psychiater
Beobachtete Zusammenhang zwischen Körperbau und psychiatrischer Diagnose:
3 „Konstitutionstypen“: leptosom, athletisch, pyknisch
Entwickelte Theorie in erster Hälfte des 20. Jhdts.: Geisteskranke unterscheiden sich im Erleben und Verhalten von psychisch Unauffälligen nur quantitativ, nicht qualitativ;
d.h. sie besitzen jene Charaktereigenschaften, die sich auch im „Normalbereich“ finden, nur in übersteigerter Form (war damals sehr umstritten). - Übertragung der Charaktereigenschaften auf „normale“ Menschen möglich!
Neben den 3 „reinen“ Typen gibt es den „dysplastischen Typ“, der durch eine Unter‐ bzw. Überentwicklung einer Körperregion bei sonst normaler Entwicklung gekennzeichnet ist.
Nach Kretschmers Theorie können den 3 reinen Typen bestimmte Eigenschaftsbündel (Temperamente) im "Normalbereich" zugeordnet werden:
Gemäß der Theorie eines kontinuierlichen Übergangs von normalem Charakter über Grenzfälle ("borderline cases") zum Geisteskranken lauten die Temperamentsbezeichnungen und Krankheitsbilder:
Beobachtete Zusammenhang zwischen Körperbau und psychiatrischer Diagnose:
3 „Konstitutionstypen“: leptosom, athletisch, pyknisch
Entwickelte Theorie in erster Hälfte des 20. Jhdts.: Geisteskranke unterscheiden sich im Erleben und Verhalten von psychisch Unauffälligen nur quantitativ, nicht qualitativ;
d.h. sie besitzen jene Charaktereigenschaften, die sich auch im „Normalbereich“ finden, nur in übersteigerter Form (war damals sehr umstritten). - Übertragung der Charaktereigenschaften auf „normale“ Menschen möglich!
Neben den 3 „reinen“ Typen gibt es den „dysplastischen Typ“, der durch eine Unter‐ bzw. Überentwicklung einer Körperregion bei sonst normaler Entwicklung gekennzeichnet ist.
Nach Kretschmers Theorie können den 3 reinen Typen bestimmte Eigenschaftsbündel (Temperamente) im "Normalbereich" zugeordnet werden:
Gemäß der Theorie eines kontinuierlichen Übergangs von normalem Charakter über Grenzfälle ("borderline cases") zum Geisteskranken lauten die Temperamentsbezeichnungen und Krankheitsbilder:
Tags: Kretschmer, Typologischer Ansatz
Quelle: S93
Quelle: S93
Welche Typologien unterscheidet W. Sheldon?
(1940)
Der amerikanische Psychologe W. Sheldon kritisierte, dass Kretschmer seine Erkenntnisse nur durch unsystematische Beobachtung, nicht durch objektive Körperdaten gewonnen hatte. - Versuch der Widerlegung mittels eines eigens entwickelten Körperbauindex (= 3‐stelliger Code, der auf 18 Körpermaßen – Körperhöhe, Gesichtsbreite, Halsdicke, Rumpfbreite, Armdicke etc. – basiert) ist letztlich misslungen.
Die Typologie von Sheldon lautet:
Der amerikanische Psychologe W. Sheldon kritisierte, dass Kretschmer seine Erkenntnisse nur durch unsystematische Beobachtung, nicht durch objektive Körperdaten gewonnen hatte. - Versuch der Widerlegung mittels eines eigens entwickelten Körperbauindex (= 3‐stelliger Code, der auf 18 Körpermaßen – Körperhöhe, Gesichtsbreite, Halsdicke, Rumpfbreite, Armdicke etc. – basiert) ist letztlich misslungen.
Die Typologie von Sheldon lautet:
Tags: Sheldon, Typologischer Ansatz
Quelle: S94
Quelle: S94
Was ist die Kritik an klassischen Typologien?
Typologien, die über ein dreidimensionales System nicht hinausgehen, sind aus unserer Alltagserfahrung begründbar
(kein diagnostischer Mehrwert; vgl. oben); d.h. die Zahl der Typen ist zu gering (zu grobe Beschreibungskategorien).
Rohracher (1969): In der mitteldeutschen Bevölkerung kommen bloß 10% „reine Typen“ (Kretschmer) vor. - 90 % „Mischtypen“ (wie leptosom‐athletisch usw.).
Der typologische Schluss (von physiologischen auf psychologische Merkmale) konnte nicht empirisch abgesichert werden.
Burchard (1936): Manisch‐depressive sind durchschnittlich 50 Jahre alt, Schizophrene 31. Die Körperform ändert sich aber mit Alter von eher leptosom zu eher pyknisch. Das erklärt Teil des statistischen Zusammenhangs zwischen Körperbau und psychiatrischer Diagnose!
(kein diagnostischer Mehrwert; vgl. oben); d.h. die Zahl der Typen ist zu gering (zu grobe Beschreibungskategorien).
Rohracher (1969): In der mitteldeutschen Bevölkerung kommen bloß 10% „reine Typen“ (Kretschmer) vor. - 90 % „Mischtypen“ (wie leptosom‐athletisch usw.).
Der typologische Schluss (von physiologischen auf psychologische Merkmale) konnte nicht empirisch abgesichert werden.
Burchard (1936): Manisch‐depressive sind durchschnittlich 50 Jahre alt, Schizophrene 31. Die Körperform ändert sich aber mit Alter von eher leptosom zu eher pyknisch. Das erklärt Teil des statistischen Zusammenhangs zwischen Körperbau und psychiatrischer Diagnose!
Tags: Kritik, Typologischer Ansatz
Quelle: S95
Quelle: S95
Kartensatzinfo:
Autor: coster
Oberthema: Psychologie
Thema: Differentielle Psychologie
Schule / Uni: Universität Wien
Ort: Wien
Veröffentlicht: 08.05.2013
Tags: WS2012/13, Georg Gittler
Schlagwörter Karten:
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