Was ist "Neurotizismus"? (biologische Fundierung, Genese, Behandlung, Anwendung)
Ein Superfaktor der Persönlichkeittheorie von Eysenck
Neurotizismus (N): besser abgesichert als Psychotizismus.
Genese von Neurosen: Bei Personen mit hohen N‐Werten besteht daher eine Neigung, bei traumatischen Erlebnissen eine Neurose zu entwickeln:
Behandlung von Angstneurosen z.B. durch systematische Desensibilisierung: Schrittweise Gewöhnung an den CS, der schließlich keine CR mehr auslöst.
Neurotizismus (N): besser abgesichert als Psychotizismus.
- Grundlage: Untersuchung von Eysenck (1944) an 700 als „neurotisch“ klassifizierten Soldaten; Faktorisierung von Fremdratings auf Basis von 37 biploaren Items ergab 4 Faktoren, die insgesamt nur 40% der Gesamtvarianz aufklärten: 1.F.= „N“, 2. F. = „E/I“ (Extraversion/Introversion).
- Beschreibung von Personen mit hohen N‐Werten: emotional labil, überempfindlich; Schwierigkeit, nach negativen emotionalen Erfahrungen in die „Normallage“ zurückzukehren; eine allgemein negative Affektlage mit häufigen Klagen über diffuse somatische Beschwerden. Trotz hoher N‐Werte können Personen durchaus gesellschaftlich angepasstes Verhalten zeigen.
- Itembeispiele: - Fühlen Sie sich manchmal glücklich, manchmal deprimiert, ohne offensichtlichen Grund?- Kann man Ihre Gefühle leicht verletzen?- Sind Sie irritierbar?- Glauben Sie manchmal, minderwertig zu sein?- Leiden Sie unter Schlaflosigkeit?
- Biologische Grundlage von affektiver Labilität (N): Limbisches System (LS) = phylogenetisch alter Teil der Hirnrinde, der die Zusammenarbeit von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst.
- Emotional Labile zeigen bei niedriger Reizintensität bereits ein Ansprechen des Limbischen System (+ Folgereaktionen).
- Emotional Stabile besitzen (unter vergleichbaren Bedingungen) eine deutlich höhere Erregungsschwelle.
- Eysenck: Neurotisches Verhalten bestehe hauptsächlich aus starken Reaktionen des autonomen Nervensystems auf externe Reize, die zunächst unbedingten Charakter haben, in der Folge aber bedingten Charakter annehmen können.
Genese von Neurosen: Bei Personen mit hohen N‐Werten besteht daher eine Neigung, bei traumatischen Erlebnissen eine Neurose zu entwickeln:
- Traumatisches Erlebnis (UCS; z.B. unerwartetes lautes Geräusch) führt zu starker vegetativer (unbedingte) Reaktion (UCR; z.B. Erschrecken, Zittern, Schweiß);
- ein ursprünglich neutraler Stimulus (NS; z.B. Betreten eines Lifts), der zufällig mindestens einmal mit dem traumatischen Erlebnis verknüpft war, löst nun auch allein eine ähnliche vegetative Reaktion aus (konditionierte Reaktion, CR; Lift wurde zu CS)
- Vermeidung von CS bewirkt, dass es kaum zu Löschung der Konditionierung kommen kann (Neurose bleibt lange bestehen; Spontanremissionen sind jedoch möglich).
Behandlung von Angstneurosen z.B. durch systematische Desensibilisierung: Schrittweise Gewöhnung an den CS, der schließlich keine CR mehr auslöst.
Tags: biologische Fundierung, Eysenck, Neurotizismus, Persönlichkeit
Quelle: S120
Quelle: S120
Was zeigt die Untersuchung nach Eysencks Superfaktoren und der Klassifikation von Nationen?
Eysenck hat mit seiner Theorie die Persönlichkeitsforschung auch in Grenzbereiche vorgetragen, die ansonsten eine Domäne ganz anderer Wissenschaftsdisziplinen sind. Als Beispie sei die Arbeit von Lynn & Hampson (1975) zur Klassifikation von Nationen erwähnt, die von objektiven demographischen und volkswirtschaftlichen Daten ausgeht.
Erhoben wurden 12 objektive demographische Indikatoren für N und E/I von Nationen.
- N: Alkoholismus, Selbstmordrate etc.
- E: hohe Scheidungsraten, starker Zigarettenkonsum etc.
Nach Faktorisierung können Nationen im Koordinatenkreuz von N und E/I eingetragen werden (vgl. Abb.)
Erhoben wurden 12 objektive demographische Indikatoren für N und E/I von Nationen.
- N: Alkoholismus, Selbstmordrate etc.
- E: hohe Scheidungsraten, starker Zigarettenkonsum etc.
Nach Faktorisierung können Nationen im Koordinatenkreuz von N und E/I eingetragen werden (vgl. Abb.)
- Platzierung von USA u. Japan entsprechen dem „Common Sense“.
- N↑ bei Nationen, die im 2. Weltkrieg besiegt wurden (D, A, Japan).
Tags: Extraversion, Eysenck, Forschung, Neurotizismus, Persönlichkeit
Quelle: S125
Quelle: S125
Was kennzeichnet die Temperamentsmerkmale Aktivität und Reaktivität? Wie werden diese gemessen?
(Strelau, 1986)
Als physiologisches Substrat werden von Strelau Unterschiede in der „Arbeitsweise der Nervenzellen“ im zentralen und autonomen Nervensystem genannt (auch im endokrinen
System).
Messung (u.a. auch mittels Fragebogen) von 3 Eigenschaften des Nervensystems auf Verhaltensebene: Strelau Temperament Inventory (STI)
Korrelationen mit Eysenckschen Faktoren:
- Reaktivität: Eigenschaft, die die Intensität und das Ausmaß der individuellen Reaktionen determiniert. Bei hochreaktiven Personen rufen bereits wenig intensive Reize eine erkennbare Reaktion hervor oder reichen aus, um eine Reaktion zu unterbrechen; Niedrigreaktive haben geringe Sensibilität (schwache Reaktionen bei starken Reizen) und hohe Beständigkeit (Protektive Schutzhemmung erst bei intensiven Reizen).
- Aktivität: Eigenschaft, die sich auf die Intensität und Häufigkeit bezieht, mit der Personen Handlungen ausführen od. Aufgaben in Angriff nehmen. Sie ist bei Niedrigreaktiven größer, da diese Personen Stimulationen suchen, um ein angenehmes Aktivierungsniveau zu erreichen.
Als physiologisches Substrat werden von Strelau Unterschiede in der „Arbeitsweise der Nervenzellen“ im zentralen und autonomen Nervensystem genannt (auch im endokrinen
System).
Messung (u.a. auch mittels Fragebogen) von 3 Eigenschaften des Nervensystems auf Verhaltensebene: Strelau Temperament Inventory (STI)
Stärke der Exzitation (SE) | Je größer SE, desto weniger sensibel ist Individuum gegenüber Stimulation (SE hoch = Reaktivität hoch) - z.B. Frage nach Fähigkeit, unter ablenkenden Bedingungen effizient arbeiten zu können. |
Stärke der Inhibition (SI) | Leichtigkeit, mit der konditionierte Hemmungen ausgebildet bzw. aufrechterhalten werden können. SI erfaßt Fähigkeit, auf motorischer, verbaler und emotionaler Verhaltensebene Zurückhaltung zu üben (Handlungen zu unterbrechen od. zu verzögern). |
Mobilität nervlicher Prozesse (M) | Fähigkeit, schnell und adäquat auf Änderungen in Umwelt reagieren zu können (Flexibilität). |
Korrelationen mit Eysenckschen Faktoren:
- Extraversion = SE(.34), SI(‐.11), M(.45);
- Neurotizismus = SE(‐.42), SI(‐.28), M(‐.21);
- Psychotizismus = SE(‐.02), SI(‐.30), M(.00)
Tags: Aktivität, Extraversion, Eysenck, Neurotizismus, Persönlichkeit, Psychotizismus, Strelau
Quelle: S127
Quelle: S127
Kartensatzinfo:
Autor: coster
Oberthema: Psychologie
Thema: Differentielle Psychologie
Schule / Uni: Universität Wien
Ort: Wien
Veröffentlicht: 08.05.2013
Tags: WS2012/13, Georg Gittler
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