Worüber definiert sich der Staat als Rechtssubjekt?
Nach der 3-Elemente-Lehre nach Georg Jellinek definiert er sich über die 3 Elemente:
a) Staatsgebiet = jeder in seinem Kernbestand gesicherte, beherrschbare und zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignete natürliche Teil der Erdoberfläche, der über Außengrenzen verfügt
b) Staatsvolk = Gesamtheit der Personen, die einem Staat kraft seines Rechts zugeordnet sind und von Völkerrechts wegen zugeordnet werden dürfen, wobei sich der Zusammenschluss auf alle Teilbereiche des gesellschaftl. Lebens zu erstrecken hat („Schicksalsgemeinschaft“)
c) Staatsgewalt = originäre Herrschaftsmacht des Staates über sein Gebiet und die auf ihm befindl. Personen
a) Staatsgebiet = jeder in seinem Kernbestand gesicherte, beherrschbare und zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignete natürliche Teil der Erdoberfläche, der über Außengrenzen verfügt
b) Staatsvolk = Gesamtheit der Personen, die einem Staat kraft seines Rechts zugeordnet sind und von Völkerrechts wegen zugeordnet werden dürfen, wobei sich der Zusammenschluss auf alle Teilbereiche des gesellschaftl. Lebens zu erstrecken hat („Schicksalsgemeinschaft“)
c) Staatsgewalt = originäre Herrschaftsmacht des Staates über sein Gebiet und die auf ihm befindl. Personen
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Sind Identitätsfeststellung, Durchsuchung sowie Sicherstellung als Verwaltungsakte zu qulifizieren?
Problemastisch ist hier allein das Merkmal der Regelung. Die Maßnahmen werden von vereinzelten Stimmen in der Literatur mangels Regelungscharakters als Realakte qualifiziert. Da die Maßnahmen jedoch nicht lediglich einen tasächlichen Vorgang darstellen, sondern immer auch die Regelung beinhalten, sie zu dulden, liegt jeweils zudem eine Duldungsverfügung vor, so dass den Maßnahmen eine Doppelnatur zukommt und sie insgesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind.
Was erfordert die Erlangung der tasächlichen Gewalt im Sinne des § 854 BGB?
Die Erlangung der tatsächlichen Gewalt erfordert die von einem Besitzbegründungswillen getragene erkennbare Herstellung einer räumlichen Beziehung zu einer Sache, die eine unmittelbare physische Einwirkung auf die Sache ermöglicht.
Stehen dem mittelbaren Besitzer die Gewaltrechte aus § 859 BGB zu?
Die herrschende Meinung bejaht dies. Im Interesse des lückenlosen Besitzschutzes sei eine analoge Anwendung der Vorschrift geboten. Dagegen spricht indes, dass es an einer Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber wollte die Rechte des mittelbaren Besitzer in § 869 BGB abschließend aufführen. Im Übrigen sei über §§ 227 ff. BGB ausreichender Schutz gewährleistet. Schutzobjekt des § 859 BGB sei allein der unmittelbare Besitz.
Was ist im Verwaltungsrecht unter dem Wiederaufgreifen des Verfahrens zu verstehen und in welchem Verhältnis steht es zu Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten?
Das Wiederaufgreifen ist eine verfahrensrechtliche Handlung, mit der ein durch Verwaltungsakt abgeschlossenes Verwaltungsverfahren erneuter rechtlicher Prüfung unterzogen wird. Da Rücknahme und Widerruf grundsätzlich im Ermessen der Behörde stehen, hat diese folgerichtig auch nach Ermessen darüber zu entscheiden, ob ein Verfahren wieder aufgegriffen wird. § 51 I VwVfG räumt dem Adressaten in Ausnahmefällen einen Anspruch gegen die Behörde auf Wiederaufgreifen des unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens ein. Da das Wiederaufgreifen des Verfahrens Voraussetzung dafür ist, daß erneut eine rechtliche Prüfung stattfindet und diese ggf. zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts führt, stellt das Wiederaufgreifen die zeitlich vorgelagerte Entscheidung der Behörde dar.
Welche Vertragstypen werden im VwVfG ausdrücklich geregelt und sind weitere Vertragstypen denkbar?
Der Vergleichvertrag (§ 55 VwVfG) und der Austauschvertrag (§ 56 VwVfG). Es besteht jedoch kein numerus clausus der Vertragstypen, so daß öffentlich-rechtliche Verträge anderen Inhalts zulässig sind, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.
Sind öffentlich-rechtliche Verträge zu Lasten Dritter zulässig? Woraus ergibt sich die Antwort?
Grundsätzlich ja, sie bedürfen aber der Zustimmung des Dritten (§ 58 Abs. 1 VwVfG). Damit wird die Konsequenz aus dem Umstand gezogen, daß an die Stelle eines Verwaltungsaktes ein Vertrag treten kann (§ 54 Satz 2 VwVfG), ein Verwaltungsakt aber eine drittbelastende Wirkung haben könnte.
Welche in der VwGO vorgesehenen Klagearten entsprechen den Grundtypen der Gestaltungs-, Leistungs- und Feststellungsklage?
Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist eine Gestaltungsklage, die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) und die Allgemeine Leistungsklage sind Leistungsklagen. Die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) trägt die Bezeichnung des Grundtyps.
Was versteht man im Verwaltungsrecht unter der Widerspruchsbefugnis und woraus wird sie hergeleitet?
Die Widerspruchsbefugnis ist eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Widerspruchs. Sie ergibt sich aus einer analogen Anwendung des §§ 42 Abs. 2 VwGO und wird zusätzlich auf den Wortlaut des §§ 70 Abs. 1 VwGO gestützt, der eine Beschwer voraussetzt. Wie bei der Anfechtungsklage ist also Zulässigkeitsvoraussetzung für den Widerspruch, dass der Widerspruchsführer geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.
Was versteht man unter mittelbarer Bundesverwaltung?
Unter dem Begriff mittelbare Bundesverwaltung werden die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zusammengefaßt, die rechtlich verselbständigt - also juristische Personen des öffentlichen Rechts - sind, aber unter der Rechtsaufsicht des Bundes stehen. Beispiele hierfür sind die Sozialversicherungsträger. Der Begriff mittelbare Bundesverwaltung bedeutet, daß die Bundesverwaltung durch diese Verwaltungsträger vermittelt wird.
Was ist unter formeller, funktioneller und materieller Privatisierung zu verstehen?
a) Bei der formellen (oder Organisations-) Privatisierung erfüllt der Staat (oder eine kommunale Gebietskörperschaft) die öffentlichen Aufgaben durch ein Privatrechtssubjekt (etwa eine AG, GmbH oder einen eingetragenen Verein).
b) Als funktionelle (oder Erfüllungs-) Privatisierung wird die Aufgabenerfüllung durch ein Privatrechtssubjekt verstanden, an dem die öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht beteiligt ist, für dessen Aufgabenerfüllung sie aber die Verantwortung behält.
c) Materielle (oder Aufgaben-) Privatisierung kennzeichnet den Vorgang, daß öffentliche Aufgaben Privaten zur Erfüllung überlassen werden. Dies ist naturgemäß nur bei Aufgaben denkbar, zu deren Erfüllung der Staat oder andere Gebietskörperschaften rechtlich nicht verpflichtet sind.
b) Als funktionelle (oder Erfüllungs-) Privatisierung wird die Aufgabenerfüllung durch ein Privatrechtssubjekt verstanden, an dem die öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht beteiligt ist, für dessen Aufgabenerfüllung sie aber die Verantwortung behält.
c) Materielle (oder Aufgaben-) Privatisierung kennzeichnet den Vorgang, daß öffentliche Aufgaben Privaten zur Erfüllung überlassen werden. Dies ist naturgemäß nur bei Aufgaben denkbar, zu deren Erfüllung der Staat oder andere Gebietskörperschaften rechtlich nicht verpflichtet sind.
Die Gefahrenabwehrgesetze der Bundesländer enthalten Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen zur Abwehr abstrakter Gefahren. Könnten hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben werden?
Ja, denn der Gefahrenbegriff ist auf den ersten Blick sehr vage, so daß es den entsprechenden Verordnungen an der durch die Landesverfassungen vorgesehenen Bestimmtheit fehlen könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat aber entschieden, daß die Generalklauseln der Landesgefahrenabwehrgesetze durch Rechtsprechung und Lehre hinreichend präzisiert worden sind.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat es, wenn die Behörde in Form des Verwaltungsakts handelt?
a) Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist auf das behördliche Verfahren anwendbar, denn es ist definitionsgemäß auf den Erlaß eines Verwaltungsakts (oder den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrags) gerichtet (§ 9 VwVfG).
b) Sofern der Verwaltungsakt einen vollstreckbaren Inhalt hat und unanfechtbar bzw. sofort vollziehbar ist, kann ihn die Behörde nach Maßgabe der Verwaltungsvollstreckungsgesetze selbst vollstrecken.
c) Statthafte Klageart gegen Verwaltungsakte sind die Anfechtungsklage bzw. die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO). Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist demgegenüber nicht vom Vorliegen eines Verwaltungsakts abhängig.
b) Sofern der Verwaltungsakt einen vollstreckbaren Inhalt hat und unanfechtbar bzw. sofort vollziehbar ist, kann ihn die Behörde nach Maßgabe der Verwaltungsvollstreckungsgesetze selbst vollstrecken.
c) Statthafte Klageart gegen Verwaltungsakte sind die Anfechtungsklage bzw. die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO). Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist demgegenüber nicht vom Vorliegen eines Verwaltungsakts abhängig.
Welche Erwägungen sprechen dagegen, das Definitionsmerkmal "hoheitlich" als "öffentlich-rechtlich" zu verstehen?
In Gestalt des Begriffsmerkmals "auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" wird klargestellt, daß Verwaltungsakte nur aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen ergehen können. Definierte man den Begriff "hoheitlich" ebenfalls als "öffentlich-rechtlich", so handelte es sich in § 35 Satz 1 VwVfG um einen Pleonasmus. Die besseren Gründe sprechen deshalb dafür, die "hoheitliche Maßnahme" als einseitig verbindliches Handeln der Verwaltung zu definieren.
Welchen behördlichen Maßnahmen wird der Regelungsgehalt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG abgesprochen?
Gutachten, Untersuchungsberichten, Auskünften und Hinweisen stellen nach h.M. keine Regelungen dar, weil es an einer konkreten Rechtsfolge fehlt. Auch die Aufnahme in ein Register stellt jedenfalls dann keine Regelung dar, wenn hiermit keine Änderung der Rechtslage verbunden ist.
Mit welchem Begriffspaar werden üblicherweise Verwaltungsakt einerseits und Rechtsnorm andererseits gekennzeichnet und voneinander unterschieden?
Verwaltungsakte werden als konkret-individuell, Rechtsnormen als abstrakt-generell gekennzeichnet. Das Gegensatzpaar "individuell/generell" betrifft den Adressaten der Regelung, das Gegensatzpaar "konkret/abstrakt" den Gegenstand der Regelung.
Was ist unter "unmittelbarer Rechtswirkung nach außen" zu verstehen und welchen Maßnahmen kommt keine "Außenwirkung" zu?
Die "unmittelbare Rechtswirkung nach außen" bedeutet, daß sich ein Verwaltungsakt begriffsnotwendig außerhalb der Verwaltungsorganisation auswirken muß. Verwaltungsinternen Maßnahmen fehlt dieses Begriffsmerkmal, so daß sie nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind, was freilich nichts daran ändert, daß auch gegen diese Maßnahmen verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz zu erwirken ist.
Welche Versuche gibt es, im Rahmen des § 35 VwVfG zwischen innerdienstlichen Maßnahmen und solchen mit Außenwirkung zu unterscheiden?
Auf Carl Hermann Ule geht das Begriffspaar von "Grundverhältnis" und "Betriebsverhältnis" zurück. Im "Grundverhältnis" ergehen (statusändernde) Verwaltungsakte, während für das "Betriebsverhältnis" Maßnahmen ohne Außenwirkung kennzeichnend sind.
Wie sind gesetzliche Vorschriften, die zu gestattenden Verwaltungsakten ermächtigen, grundrechtsdogmatisch zu qualifizieren?
Sie schränken ausnahmslos Grundrechte ein und sind deshalb am Maßstab der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte rechtfertigungsbedürftig. Erlaubt (genehmigt, konzessioniert) werden kann nämlich nur ein Verhalten, das vor Erlaß des Verwaltungsakts verboten war (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Ein solches Verbot ist, sofern nicht Spezialgrundrechte einschlägig sind, in jedem Fall eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).
Sind rechtsgestaltende Verwaltungsakte vollstreckungsfähig?
Nein, denn die Rechtswirkungen treten unmittelbar bei Erlaß des Verwaltungsakts ein. Von der Vollstreckbarkeit ist allerdings die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts zu unterscheiden, die unter Umständen dann entfällt, wenn ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt von einem Dritten angefochten wird und der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO).
Worauf beziehen sich feststellende Verwaltungsakte und welchen Zweck dienen sie?
Mit feststellenden Verwaltungsakten werden keine Tatsachen, sondern Rechtsverhältnisse festgestellt. Die dem Verwaltungsakt zukommende Bestandskraft hat zur Folge, daß ein festgestelltes Rechtsverhältnis nicht mehr in Frage gestellt werden kann, wenn der entsprechende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist.
Was ist ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung?
Verwaltungsakte mit Doppelwirkung sind hinsichtlich ihrer Auswirkungen ambivalent, begünstigen also entweder den Adressaten und belasten einen Dritten oder belasten den Adressaten und begünstigen einen Dritten. Aus dieser Konstellation ergeben sich besondere Rechtsschutzprobleme, insbesondere im Hinblick auf den vorläufigen Rechtsschutz (§ 80 a VwGO).
Bedürfen Verwaltungakte einer bestimmten Form?
Nein, sie können schriftlich, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Eine andere Weise liegt etwa bei Zeichen (eines Polizeibeamten) oder bei Verkehrsampeln vor. Vielfach ist gesetzlich jedoch die Schriftform vorgesehen.
Bedeutet das Erfordernis einer Rechtsgrundlage, daß stets ein förmliches Parlamentsgesetz vorliegen muß?
Nein, denn Grundrechtseinschränkungen sind auch aufgrund untergesetzlicher Rechtsnormen zulässig, sofern die Gesetzesvorbehalte nicht ausdrücklich ein förmliches Gesetz verlangen (z.B. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG).
In welchen Fallgruppen hat das Bundesverwaltungsgericht einen gerichtlich begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Behörden angenommen?
Bei Prüfungsentscheidungen, prüfungsähnlichen Entscheidungen, insbesondere bei dienstlichen Beurteilungen, und der Aufnahme von Schriften in das Verzeichnis der jugendgefährdenden Schriften nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjSM).
Welche Kontrollmaßstäbe wendet das Bundesverwaltungsgericht bei Prüfungsentscheidungen an?
Prüfungsentscheidungen werden darauf hin überprüft, ob ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren stattgefunden hat, der richtige Sachverhalt zugrundegelegt worden ist, Prüfer sachfremde Erwägungen angestellt haben, allgemeine gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt worden sind und das Fairneßgebot eingehalten worden ist.
Was haben der Beurteilungsspielraum und das Ermessen gemeinsam und worin unterscheiden sie sich?
Beurteilungsspielraum und Ermessen ist eine geringere verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte gemeinsam. Sie unterscheiden sich darin, daß der Beurteilungsspielraum bei der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs besteht, das Ermessen dagegen die Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge betrifft.
Was ist im Verwaltungsrecht unter einer Koppelungsvorschrift zu verstehen?
Als Koppelungsvorschriften werden Ermessensvorschriften bezeichnet, bei deren Tatbestandsauslegung ähnliche Erwägungen angestellt werden müßten, wie bei der Ermessensausübung. Die Rechtsprechung neigt dazu, derartige Vorschriften als einheitliche Ermessensvorschriften zu qualifizieren.
Welche Möglichkeiten gibt es, die Befolgung einer Auflage durchzusetzen?
Eine Auflage kann grundsätzlich mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden. Andererseits kann aber bei Nichterfüllung der Auflage auch der Hauptverwaltungsakt widerrufen und damit die Begünstigung rückgängig gemacht werden (§ 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG).
Womit läßt sich die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage begründen, während nach der gesetzlichen Regelung (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO) offenbar in erster Linie die Feststellungsklage als geeignete Rechtsschutzform angesehen wird?
Über die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts können durchaus unterschiedliche Auffassungen bestehen. Sofern nur die Feststellungsklage statthaft wäre, würde man dem Adressaten das Risiko aufbürden, daß das angerufene Gericht den Verwaltungsakt nur für fehlerhaft (nicht aber nichtig) hält. Für die Anfechtung eines (nur) fehlerhaften Verwaltungsakts nämlich ist allein die Anfechtungsklage statthaft (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Kommen auch nichtige Verwaltungsakte für eine Umdeutung gem. § 47 VwVfG in Betracht?
Ja, denn auch ein nichtiger Verwaltungsakt ist im Sinne des § 47 Abs. 1 VwVfG fehlerhaft. Weiterhin spricht § 140 BGB (Umdeutung nichtiger Rechtsgeschäfte) dafür, daß nichtige Verwaltungsakte umgedeutet werden können. Überdies fehlt in § 47 VwVfG – im Gegensatz zu den §§ 45 Abs. 1, 46 VwVfG – eine Ausnahme hinsichtlich nichtiger Verwaltungsakte. Auch dies spricht dafür, § 47 VwVfG auf nichtige Verwaltungsakte anzuwenden.
Wodurch zeichnen sich Treunhandverhältnisse im allgemeinen aus?
Treuhandverhältnisse zeichnen sich allgemein dadurch aus, dass der Treugeber dem Treuhänder ein Recht dinglich vollumfänglich überträgt. Der Treuhänder erlangt auf Grund dieser Rechtsübertragung eine im Außenverhältnis unbeschränkte Rechtsmacht. Im Innenverhältnis zum Treugeber ist der Treuhänder jedoch nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung in der Ausübung des ihm übertragenen Rechts beschränkt.
Erläutern Sie die Anwendung von § 366 BGB auf den Fall einer Sicherungsgrundschuld und seine Bedeutung für die Praxis.
§ 366 BGB, der dem Schuldner das Recht zu Tilgungsbestimmung gibt, ist auf die Sicherungsgrundschuld grundsätzlich anendbar, der Schuldner kann also wählen, ob er mit seiner Zahlung die gesicherte Fordeung oder die Grundschuld tilgt. Trifft er keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung, wird sein Wille regelmäßig dahingehend auszulegen sein, dass er eine Doppeltilgung anstrebt, also sowohl die persönlicher Schuld als auch die Grundschuld tilgen möchte. Im Ergebnis ist hierbei unstreitig, dass die Grundschuld, soweit er diese ablöst, sich in seiner Person von einer Fremd- in eine Eigentümergrundschuld umwandelt. Da die §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB gem. § 1192 I BGB insoweit unanwendbar sind, ist die Rechtsgrundlage deser Umwandlung umstritten. Im Wesentlichen werden Analogien zu den §§ 1142, 1143 BGB, zu den §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB und zu den §§ 1168, 1170 f. BGB vertreten. In der Praxis spielen diese Konstruktionen indes keine große Rolle: § 366 BGB wird hier regelmäßig ausgeschlossen und bestimmt, dass die Zahlungen des Schuldners allein auf die gesicherte Forderung erfolgen. Der Schuldner erhält somit auf Grundlage des Sicherungsvertrages lediglich einen Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld.
Warum eröffnet § 1192 Ia BGB den Anwendungsbreich von § 1169 BGB?
§ 1192 Ia erfasst ausweislich seines Wortlauts an sich nur Einreden und nicht Ansprüche. Wenn sich aus § 1192 Ia BGB jedoch eine dauernde Einrede ergibt, so erwächst aus § 1169 BGB ein Anspruch auf die Rückübertragung der Grundschuld.
Kann der Erwerber einer Grundschuld die Bereicherungseinrede Einrede des Eigentümers (§ 821 BGB) im Falle der Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages gutgläubig wegerwerben?
Ja, denn § 1192 Ia BGB schützt ausweislich seines Wortlauts nur solche Einreden des Eigentümers, die aus dem Sicherungsvertrag erwachsen. § 821 BGB setzt in dem genannten Fall aber gerade einen nicht bestehenden Sicherungsvertrag voraus.
Welche vier Formen der Akzessorietät werden im Rahmen dinglicher Sicherungsrechte unterschieden? Nennen Sie die entsprechenden Voraussetzungen am Beispiel der Hypothek.
a) Akzessorietät in der Entstehung (§ 1163 I 1 BGB)
b) Akzessorietät des Erlöschens (§ 1163 I 2 BGB)
c) Akzessorietät der Durchsetzbarkeit (§ 1137 BGB)
d) Akzessorietät in der Übertragung (§ 1153 BGB)
b) Akzessorietät des Erlöschens (§ 1163 I 2 BGB)
c) Akzessorietät der Durchsetzbarkeit (§ 1137 BGB)
d) Akzessorietät in der Übertragung (§ 1153 BGB)
Warum sind unvollkommene zweiseitige Verträge für einen beschränkt Geschäftsfähigen nicht rechtlich vorteilhaft, auch wenn er der Vertragspartner ist, den nicht die vertragliche Hauptpflicht trifft?
Weil bei derartigen Verträgen auch für denjenigen, der nicht die vertragliche Hauptpflicht übernimmt, bestimmte nebenpflichten entstehen und entstehen können, die schon im Vertragsschluss begründet sind oder unter weiteren Voraussetzungen entstehen können.
Sind einseitg verpflichtende Verträge für den beschränkt Geschäftsfähigen lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn der beschränkt Geschäftsfähige derjenige ist, der sich nicht verpflichtet?
Ja, denn regelmäßig erwirbt der beschränkt Geschäftsfähige hier lediglich einen Anspruch. Ausnahmen bestehen nur selten, beispielsweise bei der Schenkung unter einer Auflage (§ 525 BGB).
Wie ist ein Übereignungsvertrag zu behandeln, wenn auf beiden Seiten beschränkt Geschäftsfähige stehen?
Nach den allgemeinen Regeln wäre für denjenigen, der sein Eigentum verliert, das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und somit schwebend unwirksam, für den Anderen lediglich rechtlich vorteilhaft und damit wirksam. Die Situation wird wegen des gesetzlichen Grundgedankens, dass beschränkt Geschäftsfähige unbedingt vor Eigentumsverlust geschützt sein sollen, dahingehend aufzulösen, dass das Geschäft schwebend unwirksam ist.
Ist die Übereignung eines mit dinglich belasteten Grundstücks an einen beschrnkt geschäftsfähigen lediglich rechtlich vorteilhaft?
In der Regel ja, da grundsätzlic nur das Grundstück für die dingliche Belastung haftet (vgl. § 1147 BGB). Die Belastung schränkt mithin nur den Vorteil ein, hebt ihn jedoch nicht auf. Etwas anderes gilt wegen der sich aus ergebenden § 1108 BGB persönlichen Haftung für die Reallast und oder für beschränkt dingliche Rechte, die für den Eigentümer auch Pflichten begründen, die nicht lediglich eine Einschränkung des Rechts beinhalten.
Ist es für einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn ihm Dinge übereignet werden, die mit dem Tragen öffentlich-rechtlicher Lasten verbunden sind?
Ja, denn erstens ergeben sich die öffentlich-rechtlichen Lasten nicht aus dem Rechtsgeschäft selbst, sondern aus gesetzlichen Vorschriften, sind also lediglich gesetzliche Folgen aus einem rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäft. Zweitens sind öffentlich-rechtliche Lasten ganz unerheblich im Vergleich zum wirtschaftlichen Nutzen und können in der Regel aus den regelmäßigen Erträgen gedeckt werden.
Was ist unter dem Begriff des Verwaltungsprivatrechts zu verstehen?
Der auf Hans Julius Wolff zurückgehende Begriff des Verwaltungsprivatrechts soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Verwaltung einerseits vielfach in privatrechtlicher Rechtsform handelt, sich hierdurch andererseits ihren verfassungsrechtlichen Bindungen nicht soll entziehen können. Entscheidend ist, daß die Grundrechtsgeltung und damit Grundrechtsbindung der öffentlichen Verwaltung (Art. 1 Abs. 3 GG) ubiquitär ist, also nicht von einer bestimmten Handlungsform und einem damit verbundenen Rechtsregime abhängt. Hieraus folgt, daß jegliches Verwaltungshandeln in privatrechtlicher Form grundrechtsgebunden ist und auch einzelne Geschäfte (z.B. Bedarfsdeckung) hiervon nicht ausgenommen werden können.
Wieviele und welche Rechtsgeschäfte umfasst die Übertragung einer Sicherungsgrundschuld?
Da die Grundschuld kein akzessorisches Sicherungsmittel ist, besteht ihre Übertragung immer aus zwei unabhängigen Rechtsgeschäften:
a) die Übertragung der Grundschuld
b) die Abtretung der gesicherten Forderung
a) die Übertragung der Grundschuld
b) die Abtretung der gesicherten Forderung
Was versteht man unter einem Auffanggrundrecht?
Die einzelnen Spezialfreiheitsrechte schützen bestimmte, im Einzelnen benannte menschliche Handlungen. Soweit Handlungen nicht Gegenstand eines bestimmten Freiheitsrechts sind, blieben sie ohne grundrechtlichen Schutz. Ein Auffanggrundrecht hat deshalb die Funktion, menschliche Handlungen zu schützen, die nicht durch ein Spezialfreiheitsrecht geschützt werden.
Welche der drei Schranken des Art. 2 I GG hat in der Rechtsprechungspraxis die größte Bedeutung erlangt und warum?
Fraglos die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung. Das Bundesverfassungsgericht versteht hierunter die Summe aller formell und materiell verfassungsmäßigen Rechtsformen. Da auch die Rechte anderer sowie das Sittengesetz Gegenstand rechtlicher Normierungen ist, bestand im allgemeinen keine Notwendigkeit, auf die anderen Schranken zurückzugreifen.
Warum kommt dem Verständnis der verfassungsmäßigen Ordnung als des Inbegriffs auch der formell verfassungsmäßigen Rechtsnormen im Rahmen des Art. 2 I GG eine besondere Bedeutung zu?
Der Grund ist denkbar einfach: Die Handlungsfreiheit darf nur dann eingeschränkt werden, wenn das betreffende Gesetz auch formell der Verfassung entspricht, also von der zuständigen Körperschaft in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen worden ist.
Welche Folge hat die Auslegung des Art. 2 I GG, nach der auch zur verfassungsmäßigen Ordnung nur die formell rechtmäßigen Rechtsnormen gehören, für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde?
Eine Verfassungsbeschwerde ist auch zulässig, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß ein ihn in seiner Freiheit einschränkendes Gesetz nicht von der zuständigen Körperschaft bzw. in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen worden ist.
Was bleibt für die verfassungsrechtliche Prüfung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG, wenn sich das einschränkende Gesetz als formell verfassungsmäßig erweist?
Das Übermaßverbot, denn freiheitsbeschränkende Gesetze müssen einem legitimen Ziel dienen, zu dessen Verfolgung geeignet, erforderlich und im übrigen verhältnismäßig sein.
In welchem Verhältnis steht Art. 2 Abs. 1 GG zu den Spezialfreiheitsrechten?
Im Verhältnis der Subsidiarität. Art. 2 Abs. 1 GG ist also nur zu prüfen, wenn Spezialfreiheitsrechte für ein bestimmtes Handeln nicht einschlägig sind (z.B. Reiten im Walde). Sofern ein Spezialfreiheitsrecht einschlägig, aber nicht verletzt ist, bleibt für die Prüfung des Art. 2 Abs. 1 GG kein Raum.
Welches ist der Unterschied zwischen Rechtsgleichheit und Rechtsanwendungsgleichheit?
Die Rechtsgleichheit fordert, daß alle Menschen gleich an Rechten sind, während die Rechtsanwendungsgleichheit lediglich fordert, daß das Recht, möge es auch ungleich sein – willkürfrei angewendet wird.
Welches ist der prinzipielle Unterschied zwischen dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Freiheitsrechten?
Der allgemeine Gleichheitssatz hat zum einen eine ubiquitäre Geltung, ist also nicht allein auf einen bestimmten Sachbereich anwendbar. Zum anderen ist stets die Berufung auf einen Dritten notwendig; denn Gleichheit setzt Vergleichbarkeit voraus.
Wie lautet im Rahmen des Art. 3 GG die neue Formel des Bundesverfassungsgerichts?
Hiernach ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Worin besteht im Rahmen des Art. 3 GG der Unterschied zwischen dem Willkürverbot und der Neuen Formel?
Die Neue Formel verlangt im Verhältnis zum Willkürverbot eine eingehendere Rechtfertigung von Durchbrechungen des Gleichheitssatzes. Insbesondere ist das Ausmaß der Unterschiede des Vergleichspaars zur unterschiedlichen Behandlung in Beziehung zu setzen.
Bedeutet die Neue Formel in der Sache, daß das Übermaßverbot im Bereich des Gleichheitssatzes anzuwenden ist?
Nein, das Übermaßverbot ist nur bei Eingriffen anwendbar, und soll deren Intensität begrenzen. Die Begrenzung von Ungleichbehandlungen erfordert zwar auch Abwägungen, die Maßstäbe der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sind gleichwohl verfehlt. Der tiefere Grund hierfür ist, daß es sich bei der Gleichheit und der Angemessenheit um unterschiedliche Gerechtigkeitskriterien handelt, die nicht vermengt werden sollten.
Wie läßt sich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 GG die unterschiedliche Behandlung von deutschen Staatsangehörigen und Ausländern rechtfertigen?
Nach der Rechtsprechung handelt es sich hierbei nicht um das Differenzierungsverbot Heimat oder Herkunft; die Ungleichbehandlung knüpft vielmehr an die deutsche bzw. ausländische Staatsangehörigkeit an.
Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG enthält eine absolutes Differenzierungsverbot, das Bundesverfassungsgericht hält im Einzelfall jedoch Differenzierungen für zulässig. Welche?
Soweit es auf die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau ankommt, sind Differenzierungen zulässig. Das Bundesverfassungsgericht legt in seiner jüngeren Rechtsprechung hier aber einen strengen Maßstab an.
Welche Rechtsnatur hat Art. 33 Abs. 2 GG?
In jedem Fall handelt es sich um ein subjektives Recht mit Verfassungsrang, dessen Verletzung mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann. Weil es nicht im ersten Abschnitt des Grundgesetzes zu finden ist, wird es gelegentlich als grundrechtsgleiches Recht bezeichnet.
Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 ist der Rechtsweg eröffnet, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Wie ist diese Wendung zu verstehen?
Natürlich nicht so, daß die Rechtsverletzung feststehen muß, denn dies zu klären ist ja gerade Aufgabe des Gerichtsverfahrens. Der Kläger muß vielmehr nur geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG stellt damit auf die Verteidigung subjektiver Rechte ab, so daß Popularklagen auf diese Vorschrift nicht gestützt werden können.
Gibt es Einschränkungen der Rechtsweggarantie?
Das Grundrecht selbst ist vorbehaltlos gewährleistet. Allerdings kann nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG der Rechtsweg gegen Eingriffe in das Briefgeheimnis bzw. Post- und Fernmeldegeheimnis ausgeschlossen werden. Hierauf wird in Art. 19 Abs. 4 Satz 3 Bezug genommen.
Könnten die Gerichte gegen die Versagung eines Gnadenakts angerufen werden?
Das ist umstritten, letztlich aber zu bejahen. Zwar wird ein Anspruch auf Gnade überwiegend verneint („Gande geht vor Recht“); in jedem Fall aber gibt es einen Anspruch auf willkürfreie Entscheidung, so daß insoweit eine Rechtsverletzung im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG geltend gemacht werden kann.
Wodurch wird der gesetzliche Richter im Einzelnen gewährleistet?
In erster Linie durch die unterschiedlichen Prozeßordnungen bzw. das Gerichtsverfassungsgesetz. Die Gerichtsbezirke werden auch durch Rechtsverordnungen festgelegt. Die Zuständigkeiten innerhalb eines Gerichts und innerhalb der Spruchkörper werden durch Geschäftsverteilungspläne bestimmt.
Wer ist Träger des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)?
Jedermann, also natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts sowie des öffentlichen Rechts. Es gibt keinen Grund, den juristischen Personen des öffentlichen Rechts das rechtliche Gehör zu verweigern, wenn sie als Parteien oder Beteiligte vor Gericht auftreten.
Sind die Regelungen der Prozessordnungen hinsichtlich Formen und Fristen als Einschränkungen des Rechts auf rechtliches Gehörs zu qualifizieren?
Nein. Die Regelungen der Prozeßordnungen über Formen und Fristen sind in diesem Sinne keine Einschränkungen, sondern Voraussetzung für ein ordnungsgemäßes Verfahren.
Wonach richtet sich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit?
In erster Linie nach dem Abstammungsprinzip, denn die deutsche Staatsangehörigkeit wird erworben, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt auch das Territorialprinzip.
Wer ist Träger des Grundrechts aus Art. 16 a Abs. 1 GG?
Alle politisch Verfolgten. Deutsche Staatsangehörige sind nicht Träger des Grundrechts. Sie können zwar ebenfalls im Ausland politisch verfolgt werden, bedürfen aber keines Asyls, sondern haben kraft ihrer Staatsangehörigkeit einen Anspruch auf Aufnahme in das deutsche Staatsgebiet.
Der geltenden Rechtsordnung liegt die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht zugrunde. Welche konkreten Rechtsfolgen hat es, wenn ein Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht zugeordnet wird?
a) Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (nichtverfassungsrechtlicher Art) ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO), sofern nicht ausnahmsweise eine Zuständigkeit anderer Gerichte begründet ist. Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs hat zur Folge, daß bestimmten Klagen ein Vorverfahren vorausgehen muß (§§ 68 ff. VwGO) und der vorläufige Rechtsschutz von den Verwaltungsgerichten gewährt wird (§§ 80, 123 VwGO).
b) Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden gelten das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976, das je nach Verwaltungsträger entweder unmittelbar anwendbar ist oder durch Landesrecht für anwendbar erklärt wird bzw. die Verwaltungsverfahrensgesetze der Bundesländer.
c) Sofern eine Behörde nicht nur aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, sondern auch in der Handlungsform des Verwaltungsakts handelt, kann sie den Verwaltungsakt im Wege der Verwaltungsvollstreckung selbst durchsetzen, ist also nicht auf andere Vollstreckungsorgane angewiesen.
d) Schäden, die aufgrund öffentlich-rechtlichen Handelns entstehen, lösen Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung oder vergleichbaren Haftungsinstituten aus. Für öffentlich-rechtliches Handeln der Behörden gilt folglich ein besonderes Haftungsregime.
b) Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden gelten das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976, das je nach Verwaltungsträger entweder unmittelbar anwendbar ist oder durch Landesrecht für anwendbar erklärt wird bzw. die Verwaltungsverfahrensgesetze der Bundesländer.
c) Sofern eine Behörde nicht nur aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, sondern auch in der Handlungsform des Verwaltungsakts handelt, kann sie den Verwaltungsakt im Wege der Verwaltungsvollstreckung selbst durchsetzen, ist also nicht auf andere Vollstreckungsorgane angewiesen.
d) Schäden, die aufgrund öffentlich-rechtlichen Handelns entstehen, lösen Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung oder vergleichbaren Haftungsinstituten aus. Für öffentlich-rechtliches Handeln der Behörden gilt folglich ein besonderes Haftungsregime.
Welche Argumente berechtigen zu dem Urteil, dass die Interessentheorie zur Abgrenzung zwischen öffentlichem und privaten Recht keine hilfreichen Abgrenzungskriterien liefert?
Die öffentliche Verwaltung handelt bestimmungsgemäß im öffentlichen Interesse, aber nur teilweise in den Formen des öffentlichen Rechts. Handelt sie in den Rechtsformen des Privatrechts, ändert dies nichts daran, daß sie öffentliche Interessen verfolgt. Umgekehrt können auch Private öffentliche Interessen verfolgen, insbesondere dann, wenn es sich um eine gemeinnützige Tätigkeit handelt. Schließlich dient das subjektiv-öffentliche Recht gerade den Interessen Privater, ist aber unzweifelhaft dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Was verstehen Sie unter doppelter Verfassungsunmittlbarkeit?
Mit dem Kriterium der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit wird im Rahmen des § 40 VwGO festgestellt, ob es sich um eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art handelt. Sie liegt vor, wenn sich zwei Verfassungsorgane unmittelbar über spezifisches Verfassungsrecht streiten.
Welches sind die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß einer Rechtsverordnung des Bundes?
Rechtsverordnungen setzen eine gesetzliche Ermächtigung voraus, die hinsichtlich ihres Inhalts, Zwecks und Ausmaßes bestimmt sein muß (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG). Adressaten einer Verordnungsermächtigung können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen sein (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG).
Welches ist der Grund, warum die Verordnungsgebung an enge rechtliche Voraussetzungen gebunden ist?
Verordnungsgebung ist exekutivische Rechtsetzung und als solche eine Durchbrechung des Gewaltenteilungsgrundsatzes, nachdem die Rechtsetzung der Legislative zukommt. Durch die in Art. 80 Abs. 1 GG genannten Voraussetzungen soll vermieden werden, daß sich die gesetzgebenden Organe ihrer Rechtsetzungskompetenzen durch unbeschränkte Delegation entledigen.
Gilt Art. 80 Abs. 1 GG auch für Rechtsverordnungen der Bundesländer?
Es kommt darauf an, ob die Verordnung in einem Bundesgesetz oder einem Landesgesetz enthalten ist. Sofern die Landesregierungen durch Bundesgesetz zur Verordnungsgebung ermächtigt sind, gilt Art. 80 Abs. 1 GG, obwohl die entsprechenden Verordnungen als Landesrecht zu qualifizieren sind. Ermächtigt ein Landesgesetz zum Erlaß einer Rechtsverordnung, gilt Art. 80 Abs. 1 GG nicht. Allerdings sind in allen Landesverfassungen – Art. 80 Abs. 1 GG entsprechende – Vorschriften über die Bestimmtheit von Rechtsverordnungen enthalten, die vielfach sogar im Wortlaut mit dieser Vorschrift übereinstimmen.
Wie sind Satzungen kommunaler Gebietskörperschaften normenhierarchisch einzuordnen?
Zur verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung von Gemeinden und Landkreisen (Art. 28 Abs. 2 GG) gehört die Autonomie (Satzungshoheit). Die kommunalen Satzungen sind gleichwohl untergesetzliches Recht, das normenhierarchisch den Bundesländern zuzuordnen ist und im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG Landesrecht darstellt.
§ 14 VersG sieht für alle Versammlungen unter freiem Himmel eine Anmeldepflicht vor. Welche Ausnahmen hat das Bundesverfassungsgericht für statthaft gehalten?
Spontanversammlungen sollen gänzlich von der Anmeldepflicht befreit sein, für Eilversammlungen ist die Einhaltung der Frist von 48 Stunden für unanwendbar erklärt worden.
Nach § 3 Abs. 1 VersG ist es verboten, Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung auf Versammlungen zu tragen. Liegt hierin eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit?
Nein, möglicherweise eine solche der Meinungsäußerungsfreiheit, in jedem Falle eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die jedoch gerechtfertigt ist.
§ 17 a VersG sieht ein Verbot der sog. passiven Bewaffnung und ein Vermummungsverbot vor. Handelt es sich hierbei um Einschränkungen der Versammlungsfreiheit?
Nein, denn die Versammlungsfreiheit ist ausdrücklich auf friedliche und waffenlose Versammlungen beschränkt. Allerdings liegen in diesen Verboten Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die jedoch ebenfalls gerechtfertigt sind.
Was ist die Definition von "Verein" im Sinne des Art. 9 GG?
Verein ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat (vgl. auch § 2 VereinsG).
Schützt Art. 9 Abs. 1 GG auch die negative Vereinigungsfreiheit?
Das Bundesverfassungsgericht hat dies mehrfach bejaht. Zweifel an dieser Annahme erwachsen vor allem daraus, daß ein Grundrecht schwerlich ein bestimmtes Schutzgut (Gründung einer Vereinigung) und sein Gegenteil (Nichtgründung einer Vereinigung) garantieren kann. Plausibler ist es deshalb, die negative Komponente der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zuzuordnen. Bei der Vereinigungsfreiheit ist die Frage insoweit gegenstandslos, als ein gesetzlicher Zwang, einer privaten Vereinigung beizutreten, schwerlich denkbar ist.
Welche Auffassungen werden zur Rechtsnatur des Art. 9 Abs. 2 GG vertreten?
Überwiegend wird Art. 9 Abs. 2 GG als Schrankenbestimmung, nach anderer Meinung als Begrenzung des Schutzguts angesehen. Erstere Auffassung ist plausibler, weil das Verbot einer Vereinigung stets eines Verfahrens bedarf, entgegen dem Wortlaut der Vorschrift also nicht von vornherein klar ist, ob eine Vereinigung verboten ist.
Kann im Einzelfall zweifelhaft sein, ob Art. 21 Abs. 2 oder 9 Abs. 2 GG anwendbar ist?
Ja, denn Art. 21 Abs. 2 GG setzt voraus, daß die betreffende Vereinigung den Parteibegriff erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in zwei Fällen verneint, so daß sich erst im Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG herausstellte, daß ein Verbot nach Art. 9 Abs. 2 GG (und dem VereinsG) in Betracht kam.
An welcher Stelle außerhalb von Art. 11 GG findet sich ein Gesetzesvorbehalt für die Einschränkung der Freizügigkeit?
In Art. 17 a Abs. 2 GG, nach dem Einschränkungen der Freizügigkeit auch aufgrund von Gesetzen möglich sind, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen.
In welchem Verhältnis steht die Freizügigkeit zum Grundrecht der Freiheit der Person?
Die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) schützt die Fortbewegungsfreiheit, während Art. 11 Abs. 1 GG die Hinbewegungsfreiheit schützt, also die Handlungsmöglichkeit, sich an einen beliebigen Aufenthaltsort zu begeben.
Welches sind die Schutzgüter des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG?
Dem Text nach die Freiheit, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte zu wählen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehen die Berufswahlfreiheit und die Berufsausübungsfreiheit in einem einheitlichen Grundrecht der Berufsfreiheit auf.
Gelegentlich wird auch die Erlaubtheit der Tätigkeit als Definitionsmerkmal angenommen. Was spricht für, was gegen dieses zusätzliche Definitionsmerkmal?
Für ein zusätzliches Definitionsmerkmal spricht, daß schlechthin sozialschädliche Tätigkeiten (Berufskiller, Dealer) selbstverständlich nicht grundrechtlich geschützt sein können. Auf der anderen Seite kann nicht auf die Erlaubtheit einer Tätigkeit abgestellt werden, da ansonsten der Schutzbereich durch den einfachen Gesetzgeber beschränkt und somit das Grundrecht ausgehölt werden könnte.
Welche Gefahr liegt hinsichtlich der Schutzwirkung der Berufsfreiheit in der gesetzlichen Fixierung von Berufsbildern?
Die Gefahr der Manipulation. Der Gesetzgeber nämlich könnte das Berufsbild jeweils so bestimmen, daß die Einschränkungen sich als solche der Ausübungsfreiheit darstellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Berufsausübungsfreiheit aber weiteren Einschränkungen zugänglich als die Berufswahlfreiheit.
Was ist unter der Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen?
Das Bundesverfassungsgericht hat die Drei-Stufen-Theorie im sog. Apothekenurteil entwickelt. Es geht davon aus, daß das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit auf der Stufe der Berufsausübung und der Berufswahl eingeschränkt werden kann. Hierfür hat das Bundesverfassungsgericht unterschiedliche Voraussetzungen angenommen. Auf der Stufe der Berufswahl ist wiederum zu unterscheiden, ob der Gesetzgeber subjektive oder objektive Zulassungsvoraussetzungen vorsieht. Letztere sollen nur ausnahmsweise zulässig sein.
Welche Einwände sind gegen die Drei-Stufen-Theorie erhoben worden?
Die Annahme, daß den drei Stufen auch eine zunehmende Intensität der gesetzgeberischen Einwirkung entspricht, hat sich als unzutreffend erwiesen. Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit können bereits so intensiv sein, daß sie zur Berufsbeendigung führen.
Wie hat das Bundesverfassungsgericht zunächst versucht, das Problem, dass sich Berufsausübungsregelungen so intensiv auswirken können wie Zulassungsvoraussetzungen, zu lösen?
Sofern eine Berufsausübungsregelung (1. Stufe) in ihrer Intensität einer objektiven Zulassungsvoraussetzung (3. Stufe) gleichkam, hat das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzungen letzterer angewandt.
Was ist gegen den Kunstgriff einzuwenden, die Rechtfertigungsvoraussetzungen der Berufswahlregelungen auf Berufsausübungsregelungen zu übertragen, wenn diese in ihrer Intensität einander gleichkommen?
Wenn die vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzten drei Stufen hinsichtlich der Voraussetzungen gesetzgeberischer Eingriffe vermischt werden, sind der Stufentheorie genau genommen die Grundlagen entzogen.
Wie wird in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine gesetzliche Einschränkung der Berufsfreiheit geprüft?
Erstens ob mit der gesetzlichen Regelung ein legitimer Zweck verfolgt wird, zweitens ob diese Regelung zur Erreichung des Ziels geeignet ist, drittens ob sie erforderlich und viertens ob sie verhältnismäßig im engeren Sinne ist.
Bedeutet die neuere Rechtsprechung, daß das Bundesverfassungsgericht die Stufentheorie aufgegeben hat?
Ja und nein. Im Grunde stellte die Stufentheorie von Anfang an eine Vorform des Übermaßverbots dar. Insofern weist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine bemerkenswerte Kontinuität auf. Die Stufentheorie ist allerdings insoweit obsolet, als die Annahme, der jeweiligen Stufe entspreche auch eine bestimmte Intensität der Einschränkung, sich als unzutreffend erwiesen hat.
Was ist gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einzuwenden, dass Maßnahmen nur am Art. 12 GG gemessen werden, wenn sie eine objektiv berufsregelnde Tendenz ausweisen, einzuwenden?
Die Einschlägigkeit eines Grundrechts kann nicht allein davon abhängen, ob der Gesetzgeber das Ziel verfolgte, die Berufsfreiheit einzuschränken. Entscheidend muß sein, ob die Regelung in ihren Auswirkungen einer Einschränkung der Berufsfreiheit gleichkommt.
Nennen Sie eine herkömmliche allgemeine, für alle gleiche öffentliche Dienstleistungspflicht im Sinne des Art. 12 II GG.
Die Feuerwehrdienstpflicht, die durch Landesgesetze vorgeschrieben wird. Hierzu gehören nicht die Dienstleistungspflichten nach Art. 12 a GG, weil diese besonders geregelt sind.
Wie unterscheidet sich die Zwangsarbeit im Sinne des Art. 12 Abs. 3 von dem Zwang im Sinne des Art. 12 Abs. 2 GG?
Zwangsarbeit bedeutet, daß praktisch die gesamte Arbeitszeit des Menschen durch Zwang ausgefüllt wird. Sie ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Welche Funktion hat Art. 12 a GG?
Art. 12 a stellt gegenüber Art. 12 GG eine Ausnahmevorschrift dar. Soweit nach Art. 12 a GG Dienstleistungspflichten bestehen, wird das Grundrecht der Berufsfreiheit suspendiert. Einleuchtendes Beispiel ist der Wehr- bzw. Ersatzdienst. Während dieses Zeitraums kann der Dienstpflichtige keinen Beruf ausüben bzw. erlernen.
Wer ist Grundrechtsträger der Koalitionsfreiheit?
Zunächst alle natürlichen Personen (im Gegensatz zur Vereinigungsfreiheit, die nur für Deutsche gewährleistet ist). Die Koalitionsfreiheit ist ihrem Wesen nach auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar, die sich zum Beispiel in Arbeitgeberverbänden zusammenschließen. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind auch juristische Personen des öffentlichen Rechts Grundrechtsträger, soweit sie Arbeitgeber sind und sich in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden.
Ist auch ein Arbeitskampf (Streik, Aussperrung) durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt?
Ja, denn nach Art. 9 Abs. 3 Satz 3 GG dürfen sich Maßnahmen nach den Art. 12 a, 35 Abs. 2 und 3, 87 a Abs. 4 und 91 GG nicht gegen (rechtmäßige) Arbeitskämpfe richten. Die rechtliche Substanz dieser - im übrigen selbstverständlichen - Bestimmung liegt in der verfassungsrechtlichen Anerkennung rechtmäßiger Arbeitskämpfe.
Was versteht man unter negativer Koalitionsfreiheit?
Nach h.M. die ebenfalls Art. 9 Abs. 3 GG zugeschriebene Freiheit, einer Koalition fernzubleiben. Zweifelhaft ist, ob die negativen Freiheiten vom gleichen Grundrecht garantiert werden können, wie die positiven Freiheiten. Dogmatisch folgerichtiger wäre es, den Schutz vor staatlichem Zwang in Art. 2 Abs. 1 GG zu lokalisieren.
Welche Funktion wird Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nach überwiegender Auffassung zugeordnet? Was ist gegen diese Ansicht einzuwenden?
Die einer unmittelbaren Drittwirkung. Dies wird mit der Erwägung begründet, die Vorschrift ordne Rechtsfolgen an (Nichtigkeit, Rechtswidrigkeit), die unmittelbar zwischen Privaten (Arbeitgeber, Arbeitnehmer) einträten. Es handelt sich indes gar nicht um ein Grundrecht, sondern um eine zivilrechtliche Vorschrift, der Verfassungsrang eingeräumt ist. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG ist aus diesem Grunde kein taugliches Argument für eine mögliche Drittwirkung der Grundrechte.
Wie ist zu erklären, daß Arbeitskämpfe nicht unbegrenzt zulässig sind, obwohl Art. 9 Abs. 3 GG eine ausdrückliche Schrankenbestimmung fehlt.
Das Arbeitskampfrecht ist im wesentlichen durch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung ausgeformt worden, die damit zugleich Inhalt und Schranken der (kollektiven) Koalitionsfreiheit ausgedeutet hat.
Ist das Grundgesetz wirtschaftspolitisch neutral?
Nein, eine Verfassung, in der die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) geschützt sind, muss notwendig eine Marktwirtschaft sein. Der gesetzgeberische Spielraum bezieht sich deshalb allein darauf, der Marktwirtschaft eine stärkere oder weniger starke soziale Ausrichtung zu geben.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden, Bundesländer, Bund) sind vielfach Eigentümer (etwa von Liegenschaften). Wie reimt sich dies mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zusammen, nach der sie nicht Grundrechtsräger des Art. 14 GG sind?
Ganz einfach. Da juristische Personen des öffentlichen Rechts rechtsfähig sind, sind sie auch eigentumsfähig, können also Eigentümer beweglicher und unbeweglicher Sachen sein. Von der Eigentumsfähigkeit ist jedoch die Grundrechtsträgerschaft zu unterscheiden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet lediglich, daß juristische Personen des öffentlichen Rechts sich nicht auf das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen können, wenn sie in ihrem (zivilrechtlichen) Eigentum (etwa durch Gesetz) eingeschränkt werden.
Welche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich im Rahmen des Art. 14 GG angesichts der Definition, dass Eigentum jedes vermögenswerte private Recht sei?
Die vermögenswerten Rechte müssen von den bloßen Gewinnaussichten abgegrenzt werden, die sich noch nicht zu einem Recht verdichtet haben. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll das "Vermögen als solches" nicht Schutzgut der Eigentumsgarantie sein. Was ist der Grund hierfür und was für eine Folgerung wird hieraus gezogen?
Die Konsequenz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist, daß die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht an Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen ist. Das Bundesverfassungsgericht begründet dies mit der Erwägung, daß Zahlungspflichten das Vermögen als Ganzes beträfen, nicht das einzelne vermögenswerte Recht.
Welches Argument wird dem Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Feststellung, das Vermögen als solches sei nicht von Art. 14 GG geschützt, entgegengehalten?
Dass Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG den wirtschaftlichen Handlungsspielraum schütze, den der Einzelne aufgrund seines Vermögens habe. Dieser wird in jedem Fall durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten eingeengt.
Unter bestimmten Voraussetzungen soll nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die Eigentumsgarantie der Besteuerung eine Grenze setzen, welches sind diese Voraussetzungen und wie ist diese Rechtsprechung zu bewerten?
Zahlungspflichtige sollen sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen können, wenn eine Geldleistungspflicht erdrosselnd wirkt. Diese Rechtsprechung ist in sich widersprüchlich, weil sie die Einschlägigkeit des Grundrechts mit seiner Verletzung gleichsetzt. Vorzuziehen ist deshalb die Auffassung, daß der Bürger sich auch gegenüber der Auferlegung von Geldleistungspflichten auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, eine erdrosselnde Wirkung dagegen dafür spricht, daß das Grundrecht auch verletzt ist.
Was ist unter dem Halbteilungsgrundsatz zu verstehen?
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung ausgeführt, die Grenze zulässiger Besteuerung liege in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand. Dies wird als Halbteilungsgrundsatz bezeichnet, ist allerdings außerordentlich umstritten.
Wie läßt sich die Inhaltsbestimmung von der Beschränkung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG abgrenzen?
Umstritten ist, ob eine derartige Abgrenzung überhaupt möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht neigt zu einer undifferenzierten Sicht von Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Da nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG aber zwischen Inhalt und Schranken zu unterscheiden ist, muß die Dogmatik dem auch Rechnung tragen. Inhaltsbestimmungen dienen regelmäßig dem Ziel, vermögenswerte Rechte verkehrsfähig zu machen, während Schranken die Eigentümerbefugnisse aus Gründen des Gemeinwohls einschränken.
Wie unterscheidet sich die Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) von der Schrankenbestimmung?
a) Die Schrankenbestimmungen engen die Eigentümerbefugnis regelmäßig nur ein, während durch die Enteignung vermögenswerte Rechte entzogen oder belastet werden.
b) Schrankenbestimmungen zielen regelmäßig darauf ab, den Gebrauch des Eigentums sozialverträglich zu machen, während das Enteignungsobjekt Gemeinwohlinteressen nicht entgegensteht, sondern im Gegenteil benötigt wird.
c) Eigentumsbeschränkungen sind regelmäßig ohne Entschädigung hinzunehmen; eine Enteignung ist dagegen nur gegen eine angemessene Entschädigung zulässig.
b) Schrankenbestimmungen zielen regelmäßig darauf ab, den Gebrauch des Eigentums sozialverträglich zu machen, während das Enteignungsobjekt Gemeinwohlinteressen nicht entgegensteht, sondern im Gegenteil benötigt wird.
c) Eigentumsbeschränkungen sind regelmäßig ohne Entschädigung hinzunehmen; eine Enteignung ist dagegen nur gegen eine angemessene Entschädigung zulässig.
Was versteht man unter einer Koalition im Sinne des Art. 9 III GG?
Ein freigebildeter, gegnerfreier und auf überbetrieblicher Grundlage organisierter Zusammenschluß, der seiner Struktur nach unabhängig genug ist, um die Interessen seiner Mitglieder auf arbeits- und sozialrechtlichem Gebiet nachhaltig zu vertreten und das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich anzuerkennen.
Was ist unter der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte zu verstehen?
Die mittelbare Drittwirkung ist ein Begriff dafür, dass die Grundrechte die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts – auch des Privatrechts – nachhaltig beeinflussen. Eine „mittelbare“ Drittwirkung ist als Terminus indes nur sinnvoll, wenn es auch eine unmittelbare Drittwirkung gibt. Dies ist zu verneinen (str. für Art. 9 III 2 GG).
Welche Einwände bestehen dagegen, die Grundrechte als verfassungsrechtliche Freiheitsgewährungen zu verstehen?
Die Vorstellung einer Rechtsgewährung stammt aus der Vorstellungswelt des Konstitutionalismus, weil der Monarch seinen Untertanen seinerzeit die in der Verfassung verbrieften Rechte gewissermaßen gewährte und hierdurch seine ursprünglich unumschränkte Hoheitsgewalt einschränkte. Da nach dem Prinzip der Volkssouveränität sich das Volk selbst die Verfassung gibt (wie es im ersten Satz der Präambel des Grundgesetzes heißt), würde es sich die Grundrechte gewissermaßen selbst gewähren.
Unter welcher Prämisse steht die Unterscheidung zwischen Grundrecht und grund-rechtlich geschützten Rechtsgütern?
Unter der Prämisse, daß der Staat die Freiheit nicht gewährt, sondern gewährleistet. Die menschlichen Handlungsmöglichkeiten sind vorstaatlich und werden durch die Grundrechte thematisch aufgeteilt und in unterschiedlicher Intensität geschützt.
Warum ist der herkömmliche Begriff des Grundrechtsverzichts mehrdeutig?
Weil mit diesem Begriff meist gemeint ist, daß jemand von seiner Freiheit keinen Gebrauch macht. Von einem Grundrechtsverzicht kann genau genommen nur die Rede sein, wenn jemand es mit rechtlicher Bindungswirkung unterläßt, sich auf das Abwehrrecht gegenüber Einwirkungen hoheitlicher Gewalt auf seine Freiheitssphäre zu berufen.
Welche unterschiedlichen Schutzrichtungen können Grundrechte aufweisen?
Grundrechte sind überwiegend Abwehrrechte (negatorische Rechte) gegenüber dem Staat. In Einzelfällen werden den Grundrechtsträgern aber auch Ansprüche auf Leistungen eingeräumt. Beide Schutzrichtungen sind nicht stets scharf voneinander zu unterscheiden.
Das Bundesverfassungsgericht versteht die Grundrechte auch als Elemente einer objektiven Wertordnung. Wie ist diese Denkfigur zu verstehen?
Die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Meinungsfreiheit usw.) stellen höchste Werte dar, die insgesamt eine vom Staat zu beachtende Wertordnung bilden. Der Terminus objektive Wertordnung bezeichnet die Bindungswirkung dieser Grundrechte unabhängig davon, ob sie als subjektive Rechte geltend gemacht werden.
Was ist unter grundrechtlichen Schutzpflichten zu verstehen?
Grundrechtliche Schutzpflichten werden im Grundrechtskatalog zum Teil ausdrücklich genannt (Art. 1 Abs. 1 Satz 2, 4 Abs. 2, 6 Abs. 1, 4 GG). Jenseits dieser ausdrücklich eingeräumten Ansprüche ist der Staat verpflichtet, sämtliche grundrechtlich geschützten Rechtsgüter zu schützen. Ein typisches Beispiel hierfür ist Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Staat nicht nur daran hindert, in das Leben einzugreifen, sondern ihn auch verpflichtet, das Leben zu schützen.
Welche Schritte der Grundrechtsprüfung sind grundsätzlich zu unterscheiden?
Zunächst muß geprüft werden, ob ein Grundrecht im konkreten Fall überhaupt einschlägig ist. Sodann ist festzustellen, ob auf das grundrechtlich geschützte Rechtsgut eingewirkt worden ist. Auf der dritten Stufe ist zu prüfen, ob die Einwirkung gerechtfertigt werden kann.
Welche Einwände ergeben sich gegen die allgemeinen Begriffe, die die Stufen der Grundrechtsprüfung beschreiben?
Der „Schutzbereich“ ist eine Metapher, die zu dogmatischen Fehlvorstellungen verleitet. Die Frage muß nämlich lauten, ob ein bestimmtes Grundrecht jeweils „einschlägig“ ist, wenn jemand geltend macht, durch hoheitliches Handeln in seinen Rechten verletzt zu sein. Es wird also nicht eigentlich ein Schutzbereich „eröffnet“; vielmehr beruft sich der Grundrechtsträger darauf, daß dem staatlichen Handeln durch Grundrechte Grenzen gesetzt sind. Auch der Begriff des „Eingriffs“ ist genau genommen eine räumliche Metapher, weil nur „in“ etwas eingegriffen werden kann. Die jahrzehntelange Diskussion um den Begriff des „Eingriffs“ hat indessen gezeigt, daß seine dogmatische Leistungsfähigkeit begrenzt ist. Vorzuziehen ist deshalb der Begriff der „Einwirkung“, der sich freilich nicht auf das Grundrecht, sondern auf die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter bezieht. Die Terminologie auf der dritten Stufe ist übereinstimmend die der Rechtfertigung des staatlichen Handelns.
In welchen Fällen kann man von einer gesetzlichen Ausgestaltung grundrechtlicher Schutzgüter sprechen?
Regelmäßig sind die grundrechtlich geschützten Schutzgüter der Verfassung vorgelagert, werden also durch den Verfassungsgeber nicht erst geschaffen (z.B. das Leben und die körperliche Unversehrtheit). Im Einzelfall allerdings setzt das Schutzgut gesetzgeberisches Tätigwerden voraus. So etwa ist die Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) ein Rechtsinstitut, das durch Gesetz erst entwickelt werden muß. Auch das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) muß erst durch den Gesetzgeber ausgeformt werden.
Sind die möglichen Einwirkungen auf grundrechtlich geschützte Rechtsgüter mit dem Eingriff, der Schranke und der gesetzlichen Ausgestaltung erschöpfend aufgezählt?
Nein, denn es gibt auch faktische Einwirkungen auf grundrechtliche Schutzgüter, die ebenfalls besonderer Rechtfertigung bedürfen.
Was ist grundrechtsdogmatisch unter der Rechtfertigungsebene zu verstehen?
Wenn gegenüber staatlichem Handeln ein Grundrecht einschlägig ist und auf das grundrechtlich geschützte Rechtsgut eingewirkt worden ist, stellt sich die Frage, ob dieses Handeln gleichwohl rechtmäßig (oder: gerechtfertigt) war.
Lassen sich Schranken- und Regelungsvorbehalte genau voneinander abgrenzen?
Nein. Ein typisches Beispiel ist hierfür Art. 14 Abs. 1 GG, bei dem nicht stets klar ist, was (noch) Regelung und was (schon) Schranke ist. Da das Grundgesetz aber zwischen Regelung und Schranke unterscheidet, muß die Grundrechtsdogmatik die Abgrenzung stets erneut versuchen.
Welche Prüfungsschritte gebietet das Übermaßverbot nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts?
Zunächst muß festgestellt werden, ob der Gesetzgeber überhaupt einen legitimen Zweck verfolgt, alsdann ist die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit zu prüfen.
Was setzt der Grundsatz der Erforderlichkeit logisch voraus?
Daß es mehrere geeignete Maßnahmen gibt, um den legitimen Zweck, den der Gesetzgeber verfolgt, zu erreichen. In diesem Fall muß die Maßnahme gewählt werden, die den einzelnen am geringsten beeinträchtigt. Gibt es allerdings nur eine geeignete Maßnahme, ist diese logischerweise auch erforderlich.
Was wird unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (i.e.S.) geprüft?
Geprüft wird, ob das gesetzlich vorgesehene Mittel zum gesetzlich angestrebten Zweck in einem angemessenen Verhältnis steht. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird deshalb auch als Prinzip der Angemessenheit oder Proportionalität bezeichnet.
Was ist unter dem Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG) zu verstehen?
Grundrechtseinschränkungen dürfen gesetzlich nur angeordnet werden, wenn das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gilt. Nicht berührt ist das Verbot des Einzelfallgesetzes allerdings, wenn es in der Rechtswirklichkeit nur einen Anwendungsfall für das im übrigen allgemein gefaßte Gesetz gibt.
Warum hat das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eine geringe Bedeutung entfaltet?
Weil es zahlreiche Ausnahmen gibt. Abgesehen vom vorkonstitutionellem Recht, das das Zitiergebot natürlich nicht kannte, ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch auf Gesetze unanwendbar, die die allgemeine Handlungsfreiheit oder vergleichbare Handlungsfreiheiten einschränken.
28. Gem. Art. 19 Abs. 2 GG darf in keinem Falle ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden. Hierzu wird eine absolute und eine relative Wesensgehaltstheorie vertreten. Warum gelangen beide Theorien letztlich zu unbefriedigenden Ergebnissen?
Weil sie nicht zwischen dem Grundrecht und dem grundrechtlich geschützten Rechtsgut unterscheiden. Daß vom grundrechtlich geschützten Rechtsgut stets ein Kern übrigbleiben muß, wird bereits durch staatliche Eingriffe in das Leben widerlegt. Die relative Wesensgehaltstheorie überzeugt nicht, weil sie im Grunde nur das Übermaßverbot wiedergibt. Richtigerweise läßt sich der Wesensgehalt aller Grundrechte dahin umschreiben, daß sie subjektive Rechte sind. Wird durch materielles Recht oder Verfahrensrecht die Qualität der Grundrechte als subjektiver Abwehrrechte gegenstandslos, so ist auch der Wesensgehalt des Grundrechts angetastet.
Welche vier Voraussetzungen sind an einen Grundrechtseingriff im Rahmen es sog. klassischen Eingriffsbegriffs zu stellen?
Als Grundrechtseingriff werden hiernach solche Beeinträchtigungen bewertet, die (1) gezielt (final) stattfinden und nicht lediglich eine unbeabsichtigte Nebenfolge darstellen, (2) durch Rechtsakt erfolgen und nicht bloß durch rein tatsächliches Handeln, (3) unmittelbare Konsequenz des staatlichen Handelns sind und (4) die im Wege von Befehl und Zwang durchgesetzt werden.
Was ist der sog. moderne Eingriffsbegriff im Bereich der Grundrechtsdogmatik?
Der moderne Eingriffsbegriff weicht alle vier Kriterien des sog. klassischen Eingriffsbegriffs auf. Ein Eingriff liegt danach grundsätzlich bei jedem staatlichen Handeln vor, das ein grundrechtlich geschütztes Verhalten erschwert oder unmöglich macht bzw. ein Rechtsgut beeinträchtigt. Einbezogen sind insbesondere auch mittelbare und faktische Eingriffe sowie deren Kombination (mittelbar-faktisch). Dabei versteht man unter einem mittelbaren Eingriff eine staatliche Maßnahme, deren belastende Wirkung nicht bei ihrem Adressaten, sondern bei einem Dritten eintritt während es beim faktischen Eingriff an der Rechtsförmigkeit fehlt.
Ist der Nasciturus Träger des Grundrechts der Menschenwürde?
Ob Träger der Menschenwürde (als subjektives Recht) auch der nasciturus ist, ist umstritten, entgegen der h.M. aber zu verneinen. Der apodiktische Satz des Bundesverfassungsgerichts "Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu", wobei es unerhablich sei, ob der Träger sich dieser bewusst sei oder sie selbst zu wahren wisse, als die Definition der Menschenwürde als sozialer Wert- und Achtungsanspruch das Geborensein des Menschen notwendig das Geborensein ist. Im Übrigen bedeutet es einen unauflösbaren Widerspruch, wenn man die Tötung des Nasciturus jenseits medizinischer Indikation für zulässig erachtet, demselben Leben aber unantastbare Menschenwürde zuspricht.
Was versteht man unter der Objektformel im Rahmen des Menschenwürdebegriffs?
Die Objektformel bedeutet, daß es die Menschenwürde verbietet, den Menschen als Objekt zu behandeln. Diese an Kant orientierte, insbesondere von Dürig vertretene Auffassung erschöpft die Menschenwürde allerdings nicht.
Wann beginnt das menschliche Leben und wofür ist diese Frage bedeutsam?
Eine verbreitete Auffassung nimmt die Verschmelzung von Samen und Eizelle als Beginn des menschlichen Lebens an; nach anderer Ansicht beginnt das Leben erst mit der Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter (Nidation). Der Zeitpunkt ist bedeutsam für die Frage, ob grundsätzlich auch extrakorporal erzeugtes Leben unter den Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG fällt.
Können auch Eingriffe in das Leben gerechtfertigt sein?
Auch das Recht auf Leben steht unter Gesetzesvorbehalt (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG). Aufgrund des Übermaßverbotes sind Eingriffe in das Leben allerdings nur in äußersten Grenzfällen zulässig. Das bekannteste (und nicht unumstrittene) Beispiel ist der sog. „finale Rettungsschuß“ (gezielte Todesschuß), zur Rettung von Geiseln.
Wie läßt sich das Schutzgut der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) umreißen?
Als Fortbewegungsfreiheit. Schutzgut des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist demgegenüber nicht, bestimmte Orte aufzusuchen (also die Hinbewegungsfreiheit). Diese ist Schutzgut des Grundrechts der Freizügigkeit.
Welches ist die äußerste verfassungsrechtliche Grenze einer Freiheitsentziehung aufgrund polizeilicher Anordnung?
48 Stunden (Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG), allerdings steht jede – auch kurzfristige – Freiheitsentziehung unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, so daß sie niemals länger dauern darf, als es erforderlich ist.
Welche Grundrechte dienen dem Schutz der Privatsphäre?
Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG), die Unverletztlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“.
Welches ist der Unterschied zwischen dem Briefgeheimnis und dem Postgeheimnis?
Das Postgeheimnis ist zugleich weiter und enger als das Briefgeheimnis. Dem Postgeheimnis unterfallen alle von der Post übermittelten Sendungen, also nicht nur schriftliche Mitteilungen, jedoch nur vom Zeitpunkt ihrer Aufgabe bei der Post bis zur Auslieferung an den Empfänger.
Was ist unter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu verstehen?
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich um ein eigenständiges Grundrecht, das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet worden ist. Es schützt vor allem vor der Erhebung, Speicherung und Weitergabe personenbezogener Daten.
Schützt das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung auch vor der Überwachung durch Videoanlagen?
Nur wenn eine Bandaufnahme gemacht wird, die Daten also gespeichert werden. Einen Schutz vor der Wahrnehmung – auch durch technische Einrichtungen – enthält das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht.
Was versteht man unter einer hinkenden Ehe?
Eine Lebensgemeinschaft, bei der die Partner davon ausgegangen sind, eine Ehe im Rechtssinne eingegangen zu sein, die jedoch aufgrund eines rechtlichen Mangels nicht gültig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat auch die hinkende Ehe als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG angesehen.
Ist die Eheschließungsfreiheit Einschränkungen zugänglich?
Nein, das Verbot der Doppelehe (§ 1306 BGB) und der Ehe unter Verwandten in gerader Linie bzw. Geschwistern (§ 1307 BGB) sind keine Einschränkungen der Eheschließungsfreiheit, sondern folgen aus dem Wesen der Ehe. Die früher bestehenden weitergehenden Eheverbote würden sich heute verfassungsrechtlich nicht mehr rechtfertigen lassen.
Fällt eine Adoption, bei der die Einwilligung eines Elternteils ersetzt wird, unter Art. 6 Abs. 3?
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, denn Art. 6 Abs. 3 GG setzt voraus, daß das Verwandschaftsverhältnis (also die Familie) erhalten bleibt. Dies ist bei der Adoption gerade nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgerichts rechtfertigt diese Maßnahme mit dem Wächteramt des Staates (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG).
Welches ist die Besonderheit des Art. 6 Abs. 5 GG im Verhältnis zu den anderen Absätzen dieses Artikels?
Es handelt sich um einen Gesetzgebungsauftrag; mit anderen Worten war die Gleichstellung der nichtehelichen Kinder nicht geltendes Recht. Da der Gesetzgeber diesen Gesetzgebungsauftrag zunächst nicht erfüllte, hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist gesetzt.
Was bedeutet die in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG enthaltene Bestimmung, daß der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach ist?
Das Fach wird durch staatlich ausgebildete und angestellte Lehrer unterrichtet, und es werden für die Leistungen Noten vergeben. Die Eltern können allerdings darüber entscheiden, ob die Kinder am Religionsunterricht teilnehmen (Art. 7 Abs. 2 GG), sofern diese nicht religionsmündig sind.
Warum enthält Art. 7 Abs. 5 GG Einschränkungen für die Errichtung privater Volksschulen?
Mit Volksschulen sind die Schulen der Primarstufe, also die Grundschulen gemeint. Die Errichtung privater Volksschulen könnte zu einer frühzeitigen sozialen Differenzierung führen. Insofern sind sie nur genehmigungsfähig, wenn ein besonderes pädagogisches Interesse besteht. Vor diesem Hintergrund ist auch die Aufhebung der Vorschulen (Art. 7 Abs. 6 GG) zu verstehen.
Wer ist Grundrechtsträger der Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit?
Alle Menschen, aber auch juristische Personen des Privatrechts, sofern sie eine Beziehung zu Religion oder Weltanschauung haben, sowie die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
Warum bestehen Bedenken gegenüber der verbreiteten Differenzierung zwischen positiver und negativer Religionsfreiheit?
Da die Religions- und Weltanschauungsfreiheit garantiert wird, ist ihre Bewertung als positiv oder negativ unangemessen. Die Ablehnung einer bestimmten Glaubensrichtung beruht regelmäßig auf einer anderen Weltanschauung und ist insofern genauso geschützt wie erstere.
Wie läßt sich verhindern, daß Verstöße gegen die Rechtsordnung unter Berufung auf eine Gewissensentscheidung gerechtfertigt werden?
Die Gewissensentscheidung erfordert stets eine Orientierung an den Kategorien von gut und böse; sie ist deshalb nicht beliebig austauschbar, sondern muß sich mit den grundlegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft in Einklang befinden.
Welche Funktion kommt neben den in Art. 4 Abs. 1 GG aufgeführten Grundrechten Art. 4 Abs. 2 GG zu?
Schutzgut ist die ungestörte Religionsausübung. Der Einzelne und die Glaubensgemeinschaft haben einen Anspruch gegen den Staat, daß dieser seine Machtmittel einsetzt, um die freie Religionsausübung zu schützen.
Könnte sich ein Einzelner gegenüber dem Glockenläuten seinerseits auf die Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) berufen?
Nein, denn Art. 4 Abs. 2 GG enthält insoweit eine Privilegierung der auch in die Öffentlichkeit ausstrahlenden Religionsausübung. Im gleichen systematischen Zusammenhang kann folglich nicht auch der Schutz vor einer derartigen Religionsausübung garantiert werden.
Sind die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 GG einschränkbar?
Die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit steht nicht unter Gesetzesvorbehalt, so daß Einwirkungen auf diese Rechtsgüter prinzipiell unzulässig sind. Allerdings berechtigt das Grundrecht nicht zu Handlungen, die nach den allgemeinen Gesetzen verboten sind. Dies läßt sich aus Art. 136 Abs. 1 WRV (i.V.m. Art. 140 WRV) ableiten, nach dem die „bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten ... durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt“ werden darf. Bevor also „immanente Schranken“ herangezogen werden, ist auf Art. 136 Abs. 1 WRV abzustellen.
Welche Regelungstechnik ist vom Grundgesetz hinsichtlich der Abgrenzung von Aufsichts- und Auftragsverwaltung gewählt worden?
Bundesgesetze werden von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt (Art. 83 GG). Die Auftragsverwaltung muss im Grundgesetz also ausdrücklich festgelegt oder zugelassen sein.
Da die Bundesländer im Rahmen der Aufsichtsverwaltung die Bundesgesetze als „eigene Angelegenheit“ ausführen, bestimmen sie auch die Behördenzuständigkeit und das Verwaltungsverfahren. Gibt es hiervon Ausnahmen?
Ja, Bundesgesetze können etwas anderes bestimmen. Allerdings können die Länder wiederum abweichende Regelungen treffen (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 u. 3 GG).
Könnte der Bund erneut eine Regelung über die Behördeneinrichtung und das Verwaltungsverfahren treffen, nachdem ein Land hiervon abgewichen ist?
Ja. Die bundesgesetzliche Regelung tritt allerdings frühestens 6 Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmt ist (Art. 84 Abs. 1 Satz 3 GG).
Auf welche Weise lässt sich verhindern, dass bei der Aufsichtsverwaltung ein Hin- und Herschieben der Verwaltungsverfahrensregelungen zwischen Bund und Ländern stattfindet?
In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln (Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG). Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates (Art. 84 Abs. 1 Satz 6 GG). Für die Behördeneinrichtung lässt sich die Abweichungsmöglichkeit der Länder nicht ausschließen.
Kommt dem Bund eine originäre Gesetzgebungskompetenz für das Verwaltungsverfahrensrecht zu?
Nein, nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ist der Bund nur für das „gerichtliche Verfahren“ zuständig. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch aus Art. 84 Abs. 1 GG a.F. eine Befugnis des Bundes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens in Bezug auf Materien abgeleitet, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen. Diese Rechtsprechung dürfte auf Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG übertragbar sein, wobei den Ländern ihre Gesetzgebungskompetenz aufgrund der Abweichungsmöglichkeit verbleibt.
Sind Verwaltungsvorschriften als eigene Normkategorie anzusprechen?
Diese vieldiskutierte Frage kann weder eindeutig bejaht, noch eindeutig verneint werden. Verwaltungsvorschriften (Richtlinien, Runderlasse, Rundverfügungen) haben ihrer Struktur nach Normcharakter, weil sie eine unbestimmte Zahl von Fällen betreffen. Sie sind hingegen keine Rechtsnormen und damit kein Recht im Sinne des Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG, weil sie verbindlich nur für nachgeordnete Verwaltungsbehörden sind, die Verwaltungsgerichte hingegen nicht zu binden vermögen. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in einem Einzelfall eine andere Auffassung vertreten, das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof haben dagegen bekräftigt, daß den Verwaltungsvorschriften keine rechtliche Verbindlichkeit für Gerichte zukommt.
Welches sind die in Art. 84 GG vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen?
Die sog. „Mängelrüge“, und der Antrag an den Bundesrat, förmlich festzustellen, dass das Land das Recht verletzt hat (Art. 84 Abs. 4 Satz 1 GG). Letztlich kommt die Anwendung des Bundeszwanges (Art. 37 GG) in Betracht, hiervon musste aber in der Geschichte der BRD bisher noch kein Gebrauch gemacht werden.
Kann im Rahmen des Art. 84 IV 1 GG auch das Bundesverfassungsgericht angerufen werden?
Selbstverständlich, mit der Bund-Länder-Streitigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG) ist eine ausdrücklich auf die Ausübung der Aufsicht zugeschnittene Verfahrensart vorgesehen. Bevor allerdings das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann, muss der Antrag auf Feststellung der Rechtsverletzung beim Bundesrat gestellt werden.
Wie unterscheidet sich die Ausführung von Bundesgesetzen im Auftrag des Bundes von der unter der Aufsicht des Bundes?
Durch die intensiveren Ingerenzmöglichkeiten des Bundes. Bei der Auftragsverwaltung übt der Bund die Fachaufsicht aus, die sich auf Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit erstreckt (Art. 85 Abs. 4 GG).
Was versteht man unter Wahrnehmungs- und Sachkompetenz?
Es handelt sich hierbei um ein vom Bundesverfassungsgericht geprägtes Begriffspaar, das die Eigenart der Auftragsverwaltung kennzeichnen soll. Nach außen hin nehmen die Landesbehörden die Aufgabe wahr (Wahrnehmungskompetenz), während die Sachkompetenz den Bundesländern nur insoweit zukommt, als der Bund die Entscheidungen nicht an sich zieht.
Welche Regelung trifft das Grundgesetz für die Zuständigkeit des Bundes zur Ausführung von Bundesgesetzen durch bundeseigene Verwaltung?
Die bundeseigene Verwaltung unterliegt dem Enumerationsprinzip, muss durch das Grundgesetz also ausdrücklich bestimmt oder zugelassen sein (Art. 83 GG).
Was ist unter bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau zu verstehen und welche Beispiele gibt es hierfür?
Den Unterbau der Verwaltung bilden die Mittelbehörden und die unteren Verwaltungsbehörden. Ein dreistufiger Verwaltungsaufbau ist bei der Bundesverwaltung nur ausnahmsweise zugelassen, nämlich beim Auswärtigen Dienst in Gestalt der Botschaften und Konsulate, bei der Bundeswehrverwaltung (Wehrbereichsverwaltung, Kreiswehrersatzämter) und bei der Finanzverwaltung (Oberfinanzdirektion, Hauptzollämter). Vor der Privatisierung bildeten auch Post und Bahn Beispiele für Bundesverwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau.
Was ist unter einer Bundesoberbehörde zu verstehen und wie werden sie errichtet?
Bundesoberbehörden sind Behörden, deren Zuständigkeit sich auf die ganze Bundesrepublik erstreckt, die aber keine weiteren Untergliederungen haben. Ihre Errichtung setzt ein Bundesgesetz voraus (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG).
Was ist unter bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts zu verstehen?
Bundesunmittelbar sind Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Recht, die unter der Rechtsaufsicht des Bundes stehen. Aufgrund ihrer rechtlichen Verselbständigung bezeichnet man sie als mittelbare Bundesverwaltung.
Was ist unter Mischverwaltung zu verstehen und inwiefern ist sie verfassungsrechtlich zulässig?
Es handelt sich um einen Verwaltungstyp, bei dem Bundes- und Landesbehörden entweder in einem Instanzenzug oder auf andere Weise vermischt sind. Überwiegend wird aus dem Bundesstaatsprinzip ein Verbot der Mischverwaltung abgeleitet. Ausnahmen sollen allein die verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehenen Formen der Mischverwaltung – insbesondere die Auftragsverwaltung – bilden.
Welche Grenzen sind jeglicher Form von Bundesverwaltung zu ziehen?
Die äußerste Grenze der Bundesverwaltung bilden die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes. Sofern dem Bund für einen Sachbereich keine Gesetzgebungskompetenzen zukommen, ist jegliche Form der Bundesverwaltung ausgeschlossen.
Was versteht man unter der Flucht ins Privatrecht?
Als Flucht ins Privatrecht wird die in Staat und Kommunen verbreitete Tendenz bezeichnet, öffentliche Aufgaben durch juristische Personen des Privatrechts (AG, GmbH, e.V., Stiftung) zu erfüllen. Das Bundesverfassungsgericht hat frühzeitig festgestellt, dass der Bund den verfassungsrechtlichen Bindungen nicht dadurch entgehen kann, dass er ins Privatrecht ausweicht.
Sind die unterschiedlichen Staatsfunktionen ausschließlich den entsprechenden Gewalten zugeordnet?
Die Frage ist zu verneinen. Zwischen den materiellen Staatsfunktionen und den Organen, die sie erfüllen, gibt es zahlreiche Verschränkungen. Die Exekutive ist z.B. in weitem Umfang an der Rechtssetzung - in Gestalt von Verordnungen und Satzungen - beteiligt.
Kann ein Gericht auch Parlamentsgesetze kontrollieren?
Ja, die Prüfungskompetenz steht jedem Gericht zu. Allerdings können Gerichte (nachkonstitutionelle) Parlamentsgesetze nicht verwerfen, sondern müssen sie ggf. dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen (Art. 100 Abs. 1 GG).
Welche Gefahren birgt die abgeleitete Rechtsetzung durch Rechtsverordnungen für das parlamentarische Regierungssystem und wie wird ihnen begegnet?
Die Gefahr besteht darin, dass sich das Parlament durch weiträumige Ermächtigungen der eigenen Gesetzgebungskompetenz entäußert. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen gesetzliche Ermächtigungen deshalb nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein.
Welche Rechtsfolge würde sich ergeben, wenn eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung gegen das Gebot der Bestimmtheit verstieße?
Die Verordnungsermächtigung wäre wegen Verstoßes gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nichtig, folgerichtig wären auch die Verordnungen nichtig, die auf der Grundlage dieser Ermächtigung erlassen worden sind.
Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 können durch Bundesgesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Handelt es sich bei diesen Verordnungen sämtlich um Bundesrecht?
Nein, um Bundesrecht handelt es sich nur, wenn Normgeber ein Bundesorgan ist. Sofern Landesregierungen durch Bundesgesetz zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt sind, handelt es sich bei diesen um Landesrecht.
Wäre der Fall denkbar, dass der Bundesrat auch einer Rechtsverordnung zustimmen muss, zu deren Erlass die Landesregierungen ermächtigt sind?
Nein, auf diese Weise würde ein Bundesorgan in die Rechtssetzung der Länder eingreifen; insoweit besteht eine föderative Sperre, vgl. Art. 80 II GG.
Welche Gründe sprechen dafür, den Begriff der öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG als vollziehende Gewalt auszulegen?
Es wäre widersinnig, den Rechtsweg auch gegenüber Akten der richterlichen Gewalt zu eröffnen, weil dies einen unendlichen Instanzenweg bedeutete. Auch gegenüber Akten der gesetzgebenden Gewalt kann es keinen Rechtsweg geben, weil Fachgerichte nicht zu einer abschließenden Entscheidung über ein Gesetz befugt wären.
Was versteht man unter dem Grundsatz der Rechtsschutzeffektivität?
Das Bundesverfassungsgericht entnimmt Art. 19 Abs. 4 GG nicht allein die Garantie des Rechtswegs, sondern sieht effektiven Rechtsschutz nur dann als gewährleistet, wenn er die Aufhebung angegriffener Exekutivakte ermöglicht und innerhalb angemessener Zeit gewährt wird.
Ist die Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes für die Instanzgerichte verbindlich?
Nein, der Richter ist nur an das Gesetz, nicht an dessen Auslegung durch die Revisionsgerichte gebunden. Allerdings kommt der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Art tatsächlicher Verbindlichkeit zu, weil sie den Entscheidungen der Instanzgerichte regelmäßig zugrundegelegt wird. Abweichungen von dieser Rechtsprechung begründen unter Umständen einen Anspruch auf Zulassung der Revision.
Wodurch wird die persönliche Unabhängigkeit des Richters gesichert?
Richter können grundsätzlich nicht abgesetzt oder versetzt werden. Die Ausnahmen sind durch das Richterdienstrecht geregelt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Richter wegen ihrer Entscheidungen Nachteile erleiden.
Inwieweit prüft das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter bei Nichtvorlage an den EuGH?
Um festzustellen, ob Art. 101 Absatz I 2 GG durch Nichtvorlage an den EuGH verletzt ist, müsste das BVerfG die Voraussetzungen der Vorlagepflicht gem. Art. 267 AEUV beachten. Das BVerfG müsste also in jedem Fall prüfen, ob überhaupt Fragen des Europarechts aufgeworfen werden, ob diese entscheidungserheblich sind, ob die Entscheidung des Gerichts mit Rechtsmitteln angefochten werden kann und ob die Vorlagepflicht ausnahmsweise nicht besteht, weil es sich um eine geklärte Rechtsfrage handelt. Ein solches Prüfungsprogramm würde der Lehre vom spezifischen Verfassungsrecht widersprechen. Deshalb beschränkt sich das BVerfG auf eine Offensichtlichkeitsprüfung. Eine Verletzung von Art. 101 Absatz I 2 GG wird nur dann anerkannt, wenn das letztinstanzliche Gericht die Vorlagepflicht grundsätzlich verkennt, von einer bestehenden Rechtsprechung des EuGH bewusst abweicht, ohne vorzulegen, oder in offensichtlich unhaltbarer, das Willkürverbot missachtender Weise zu dem Schluss kommt, nicht vorlegen zu müssen
Wie werden die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts gewählt?
Je zur Hälfte vom Bundesrat und vom Bundestag. Der Bundestag wählt die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts jedoch in indirekter Wahl durch den sog. Wahlausschuss (§ 6 BVerfGG). Zur Wahl sind acht der insgesamt 12 Stimmen im Wahlausschuss notwendig (§ 6 Abs. 5 BVerfGG).
Was bedeutet die Bestimmung, dass das Bundesverfassungsgericht aus Bundesrichtern und anderen Mitgliedern besteht (Art. 94 Abs. 1 Satz 1 GG)?
Aufgrund dieser Vorschrift müssen beide Senate zu einem gewissen Teil aus ehemaligen Richtern der obersten Gerichtshöfe des Bundes bestehen. Durch § 2 Abs. 3 BVerfGG ist bestimmt, dass drei Richter jedes Senats aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes ausgewählt werden.
Wie ist zu verfahren, wenn im Wahlausschuss kein Kandidat die erforderliche Mehrheit von acht Stimmen findet?
Nach Ablauf einer bestimmten Frist muss das Bundesverfassungsgericht aufgefordert werden, selbst Vorschläge für die Wahl zu machen (§ 7 a Abs. 1 BVerfGG). Die Entscheidung liegt beim Plenum des Bundesverfassungsgerichts, das sich aus beiden Senaten zusammensetzt (§ 7 a Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
Ist es denkbar, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechungstätigkeit dadurch behindert wird, dass Bundestag und Bundesrat die Neuwahl von Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts hinauszögern?
Nein, denn bis zur Ernennung eines Nachfolgers führen die Richter ihre Amtsgeschäfte auch nach Ablauf ihrer Amtszeit fort (§ 4 Abs. 4 BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht ist also in jedem Fall zur Entscheidung in der Lage.
Werden sämtliche verfassungsgerichtlichen Verfahrensarten in Art. 93 GG aufgeführt?
Sie werden nicht alle aufgeführt, immerhin aber angesprochen. Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 GG verweist auf die im Grundgesetz an anderer Stelle geregelten Verfahrensarten. Nach Art. 93 Abs. 3 GG kann der Bundesgesetzgeber dem Bundesverfassungsgericht weitere Zuständigkeiten zuweisen.
In welcher gesetzlichen Vorschrift werden die Entscheidungszuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts zusammengefasst?
In § 13 BVerfGG, der gleichzeitig eine Übersicht darüber gibt, an welcher Stelle im Grundgesetz Entscheidungszuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts begründet werden.
Das Bundesverfassungsgericht hält in ständiger Rechtsprechung auch die politischen Parteien für im Organstreitverfahren parteifähig. Was spricht gegen diese Auffassung?
Politische Parteien sind in der Gesellschaft wurzelnde Gruppierungen, die als solche gerade nicht zur Sphäre des Staatlichen gehören. Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz wäre für sie ohne weiteres durch die Verfassungsbeschwerde gewährleistet. Die Eröffnung des Organstreitverfahrens widerspricht weiterhin § 63 BVerfGG. Auf der anderen Seite könnte man geltend machen, dass Parteien wegen Art. 21 GG durchaus im Sinne von Art. 93 I 1 GG mit eigenen Rechten ausgestattete und am Verfassungsleben Beteiligte sind, so dass § 63 BVerfGG insoweit verfassungskonform auszulegen wäre.
Was ist unter der Antragsbefugnis im verfassungsgerichtlichen Organstreitverfahren zu verstehen?
Der Antragsteller muss geltend machen, durch Maßnahmen oder Unterlassungen des Antragsgegners in seiner verfassungsrechtlichen Rechtsstellung verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein (§ 64 I BVerfGG).
Der Antragsteller muss geltend machen, durch Maßnahmen oder Unterlassungen des Antragsgegners in seiner verfassungsrechtlichen Rechtsstellung verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein.
Ja, dies hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt. Allerdings kann ein Gesetz im Organstreitverfahren nicht für nichtig erklärt werden.
Was ist unter einer Prozessstandschaft bei der verfassungsgerichtlichen Organstreitigkeit zu verstehen?
Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG ist eine Antragsbefugnis auch dann gegeben, wenn ein Organteil geltend macht, das Organ, dessen Teil es ist, sei in seinen Rechten verletzt. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Fraktion im Organstreit geltend macht, die Rechte des Bundestages seien beeinträchtigt. In der Sache handelt es sich um ein Institut des Minderheitenschutzes.
Welche Art von Entscheidung trifft das Bundesverfassungsgericht im Organstreitverfahren?
Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung gegen das Grundgesetz verstößt. Das Gericht ist also nicht in der Lage, die Maßnahme aufzuheben. Allerdings hat die Entscheidung Bindungswirkung für alle Staatsorgane.
Wie lässt sich das verfassungsgerichtliche Organstreitverfahren insgesamt kennzeichnen?
Es handelt sich um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen obersten Staatsorganen. Es gibt also die prozessualen Rollen des Antragstellers und des Antragsgegners, deren Streit durch eine autoritative Entscheidung des Gerichts beendet wird.
Wie unterscheidet sich die Bund-Länder-Streitigkeit vom Organstreitverfahren?
Allein dadurch, dass Antragsteller und Antragsgegner nur die Bundesrepublik und die Bundesländer sein können, also auf beiden Seiten Staaten stehen. Beide Verfahren folgen im Wesentlichen den gleichen Regelungen, weswegen die Vorschriften der §§ 64 bis 67 BVerfGG für entsprechend anwendbar erklärt werden (§ 69 BVerfGG).
Können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Stiftungen) Verfassungsbeschwerde erheben?
Grundsätzlich nicht, denn sie sind Teil der staatlichen Organisation im weiteren Sinne. Das Bundesverfassungsgericht macht allerdings Ausnahmen bei einer grundrechtsspezifischen Gefährdungslage und gesteht Rundfunkanstalten, Universitäten und Kirchen die Beschwerdefähigkeit zu.
Deckt sich der Begriff der öffentlichen Gewalt in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG mit dem in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genannten?
Nein, anders als in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG umfasst der Begriff der öffentlichen Gewalt in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG die vollziehende Gewalt, die Rechtsprechung und die Gesetzgebung.
Was ist im Rahmen der Verfassungsbeschwerde unter der Beschwerdebefugnis zu verstehen?
Der Beschwerdeführer muss behaupten, durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in seinen Grundrechten bzw. grundrechtsähnlichen Rechten verletzt zu sein. Die Rechtsverletzung muss nach dem Sachvortrag des Klägers als möglich erscheinen.
Was ist hinsichtlich einer Verfassungsbeschwerde mit der sog. Betroffenheitstrias gemeint?
Das Bundesverfassungsgericht hält die Beschwerdebefugnis nur für gegeben, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, in seinen Rechten selbst, gegenwärtig und unmittelbar verletzt zu sein. Diese zunächst nur für Rechtssatzverfassungsbeschwerden angewandte Formel wird inzwischen bei allen Verfassungsbeschwerden angewandt.
Innerhalb welcher Fristen muss die Verfassungsbeschwerde eingelegt sein?
Innerhalb eines Monats seit Zustellung der Entscheidung (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), bei Rechtssatzbeschwerden innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten des Gesetzes (§ 93 Abs. 3 BVerfGG). Innerhalb dieser Frist muss auch die vollständige Begründung der Verfassungsbeschwerde vorliegen.
Was bedeutet die Erschöpfung des Rechtswegs?
Da gegen exekutivische Maßnahmen der Rechtsweg eröffnet ist und Gerichtsentscheidungen regelmäßig Rechtsmittel statthaft sind, müssen diese Möglichkeiten des Rechtsschutzes ausgenutzt werden, bevor das Bundesverfassungsgericht angerufen wird. Die Erschöpfung des Rechtswegs ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde.
Wird über eine Verfassungsbeschwerde sachlich entschieden, wenn sie die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt?
Nein, wegen der besonderen Belastung des Bundesverfassungsgerichts mit Verfassungsbeschwerden, von denen jährlich rund 5000 eingehen, ist ein besonderes Annahmeverfahren vorgesehen. Der zuständige Senat entscheidet also nur über die Verfassungsbeschwerde, wenn sie zur Entscheidung angenommen worden ist.
Welche Gefahren sind mit den hohen Zugangshürden von Verfassungsbeschwerden verbunden?
Es besteht die Gefahr, dass der verfassungsgerichtliche Individualrechtsschutz zurücktritt und Verfassungsbeschwerden zunehmend instrumentalisiert werden, um verfassungsrechtliche Fragen zu entscheiden.
Handelt es sich bei dem Verbot von Verfassungsdurchbrechungen nicht um eine Selbstverständlichkeit?
Im Grunde ja. Die Weimarer Staatsrechtslehre hielt allerdings überwiegend sog. Verfassungsdurchbrechungen für zulässig. Hierunter waren Gesetze zu verstehen, die mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen wurden und der Verfassung inhaltlich widersprachen, diese in ihrem Wortlaut aber unberührt ließen.
Nennen Sie ein Beispiel für ein verfassungsdurchbrechendes Gesetz der Weimarer Zeit.
Das sog. Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933. Mit diesem Gesetz wurde faktisch die Führerdiktatur eingeführt, weil auch die Reichsregierung unter Hitler Gesetze erlassen konnte. Der Wortlaut der Weimarer Reichsverfassung blieb unberührt.
Könnten die Grenzen der Verfassungsänderung dadurch erweitert werden, dass Art. 79 Abs. 3 GG durch Verfassungsänderung abgeschafft wird?
Die Frage ist umstritten, aber zu verneinen. Nach zutreffender Ansicht gehört Art. 79 Abs. 3 GG selbst zum änderungsfesten Bestand des Grundgesetzes.
Ließen sich angesichts des Art. 79 Abs. 3 GG einzelne Grundrechte ändern oder gar abschaffen?
Ja, Änderungen des Grundrechtskatalogs sind nicht ausgeschlossen, weil Art. 79 Abs. 3 GG nur die Grundsätze des Art. 1 und 20 GG der Änderung entzieht. Allerdings würde sich stets die Frage stellen, ob durch eine Verfassungsänderung diese Grundsätze berührt werden.
Unterliegen auch verfassungsändernde Gesetze der Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts?
Ja, denn auch das verfassungsändernde Gesetz ist ein Gesetz, das der Normenkontrolle unterliegt. Maßstab für die Prüfung eines verfassungsändernden Gesetzes sind die Grundsätze der Art. 1 und 20 GG, weil diese der Änderung entzogen sind. Berührt ein verfassungsänderndes Gesetz diese Grundsätze, ist es selbst verfassungswidrig.
Was versteht man unter Verfassungstreue der Beamten?
Zwischen Staat und Beamten besteht ein Dienst- und Treueverhältnis, das die Beamten zu einer besonderen Loyalität verpflichtet. Es wäre ein innerer Widerspruch, wenn Beamte sich einerseits vom Staat alimentieren ließen, ihn andererseits aber politisch bekämpften.
Was ist unter der Richteranklage zu verstehen?
Nach Art. 98 Abs. 2 GG kann das Bundesverfassungsgericht mit 2/3-Mehrheit auf Antrag des Bundestages anordnen, dass ein Bundesrichter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn er im Amt oder außerhalb des Amts gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt. Die Richteranklage bietet die Möglichkeit, die Impermeabilität des Justizapparates zu durchbrechen, wenn verfassungsfeindliche Aktionen von Richtern in Rede stehen, die strafgerichtlich nicht verfolgt werden.
Wonach richtet sich das Verbot von Vereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG?
Nach dem Vereinsgesetz vom 5. August 1964. Hiernach ist für das Verbot der Bundesinnenminister, bei auf ein Bundesland beschränkten Vereinigungen der betreffende Landesinnenminister zuständig. Das Verbot kann vor dem Bundesverwaltungsgericht bzw. dem zuständigen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
Was ist im Bereich der Beziehungen zu auswärtigen Staaten unter Abschluss- und Transformationskompetenz zu verstehen?
Die Abschlusskompetenz ist gleichbedeutend mit der Zuständigkeit für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Die Transformationskompetenz betrifft die Frage, auf welche Weise völkerrechtliche Verträge in innerstaatliches Recht transformiert werden.
Kann der Bund aufgrund seiner Verbandskompetenz auch völkerrechtliche Verträge abschließen, die innerstaatliche Akte der Landesgesetzgebung erfordern?
Die Frage ist umstritten und wird von der zentralistischen (Der Bund behält die volle Abschlusskompetenz und trägt das außenpolitische Risiko wegen der innerstaatlichen Kompetenzverteilung vertragsbrüchig zu werden.) und der föderalistischen (Die Abschlusskomoetenz beschränkt sich auf solche Sachverhalte, die der Bund in eigener Kompetenz transformieren kann) Auffassung unterschiedlich beantwortet. Gegen die zentrlistische Auffassung spricht das föderale Kompetenzgefüge und die Sinnwidrigkeit der Möglichkeit dem Bund eine Abschlusskompetenz zuzubilligen, wenn er die Verträge selbst nicht umsetzen kann. Gegen die föderalistische Auffassung spricht insbesondere der Wortlaut des Art. 32 III GG ("können"). Überzeugend ist letztlich allein die vermittelnde Auffassung, nach der der Bund zum Abschluss derartiger Verträge befugt ist, wenn er zuvor das Einverständnis der Bundesländer eingeholt hat. Dies entspricht auch der Staatspraxis nach dem "Lindauer Abkommen".
Was bedeutet das einphasige und das mehrphasige Verfahren beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge?
Völkerrechtliche Verträge können grundsätzlich mit ihrem Abschluss wirksam werden, so dass insoweit nur eine Phase zu verzeichnen ist. Von einem mehrphasigen Verfahren spricht man, wenn auf die Unterzeichnung des Vertragstextes noch ein innerstaatliches Zustimmungsverfahren folgt.
Was versteht man unter einer Ratifikationsklausel?
Die Ratifikationsklausel ist eine Vertragsbestimmung, nach der der völkerrechtliche Vertrag vor seinem Inkrafttreten einer besonderen Bestätigung (Ratifikation) durch den Vertragspartner bedarf. Auf diese Weise kann den verfassungsrechtlichen Erfordernissen der vertragschließenden Staaten genügt werden.
Welche Differenzierung wird im Grundgesetz hinsichtlich der zustimmungsmäßigen Staatsverträge vorgenommen?
Das Grundgesetz unterscheidet zwischen völkerrechtlichen Verträgen, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, und solchen, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln.
Wie ist der Bundespräsident an der Vertragsgesetzgebung beteiligt?
Der Bundespräsident hat das Vertragsgesetz – wie andere Gesetze auch – auszufertigen und zu verkünden (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG). Hiervon zu unterscheiden ist die ebenfalls vom Bundespräsidenten vorzunehmende Ratifikation, nämlich die Bestätigung des Vertrags gegenüber den Vertragspartnern, die die Voraussetzung für das völkerrechtliche Inkrafttreten bildet.
Was ist unter der supranationalen Option des Grundgesetzes zu verstehen?
Das Grundgesetz hat bereits in seiner Ursprungsfassung die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen vorgesehen sowie ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit für wünschenswert erklärt. Die Zulässigkeit der Übertragung von Hoheitsrechten wird als supranationale Option bezeichnet.
Nach Art. 87 a Abs. 2 GG ist der Einsatz der Streitkräfte außer zur Verteidigung nur zulässig, soweit das Grundgesetz es ausdrücklich vorsieht. Einsätze im Rahmen von UNO und NATO sind aber schon erfolgt. Auf welcher Grundlage?
Das Bundesverfassungsgericht sieht Art. 24 Abs. 2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für derartige Einsätze deutscher Streitkräfte an, hält jedoch eine konstitutive Zustimmung des Bundestages für erforderlich.
Bewirkt der Bündnisfall einen Automatismus hinsichtlich militärischer Maßnahmen der NATO-Mitgliedstaaten?
Nein, einen Beistandsautomatismus gibt es nicht. Jede Partei hat vielmehr die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt zu treffen, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.
Welche Bedeutung kommt der Bill of Rights von Virgina (1776) ideengeschichtlich zu?
Die Bill of Rights von Virginia ist die erste vollständige Menschenrechtserklärung der Verfassungsgeschichte und enthält bereits die wesentlichen Freiheitsgarantien der späteren Menschenrechtserklärungen.
Welche historische und gegenwärtige Bedeutung hat die französische Menschen- und Bürgerrechtserklärung vom 26. August 1789?
Die französische Menschen- und Bürgerrechtserklärung ist das historische Vorbild für alle späteren Grundrechtskataloge und enthält nahezu alle Grundrechte, die für die modernen Verfassungen typisch sind. In der Präambel der französischen Verfassung wird auf die Erklärung von 1789 Bezug genommen; sie ist damit geltendes französisches Verfassungsrecht.
Welcher Unterschied besteht zwischen dem Grundrechtskatalog der Paulskirchenverfassung und dem der Preußischen Verfassungsurkunde von 1850?
Die Preußische Verfassungsurkunde hat zahlreiche in der Paulskirchenverfassung enthaltene Grundrechte übernommen, so daß sich zwischen beiden Grundrechtskatalogen wesentliche Übereinstimmungen ergeben. Allerdings ist die Preußische Verfassungsurkunde Gegenstand eines monarchischen Oktrois gewesen, während die Paulskirchenverfassung Ergebnis einer Revolution gewesen ist. Dadurch erklärt sich auch, daß die Grundrechte der Preußischen Verfassungsurkunde – insbesondere der Gleichheitssatz – nicht entfaltet worden sind.
Welche Erklärungen gibt es für den Umstand, dass die Verfassung des Norddeutschen Bundes (1866) und die Reichsverfassung von 1871 keine Grundrechtskataloge enthielten?
Nach der herkömmlichen Erklärung wollte Bismarck mit diesen Verfassungen Organisationsstatute schaffen und die Grundrechte den Verfassungen der Bundesstaaten überlassen. Zutreffender erscheint die Erklärung, daß die Verfassungen nicht das Ergebnis einer revolutionären Bewegung sind und es deshalb an dem Impetus für einen Grundrechtskatalog fehlte. Nach einer verbreiteten Sentenz ging seinerzeit „Einheit vor Freiheit“.
Die Weimarer Reichsverfassung enthielt einen umfangreichen Grundrechtskatalog, dem es nach dem Urteil vieler allerdings an Wirksamkeit fehlte. Wie läßt sich dieser Umstand erklären?
Die Grundrechte der Weimarer Verfassung wurden vielfach als Programmsätze, nicht aber als alle Staatsgewalt unmittelbar bindendes Recht angesehen.
Der Grundrechtskatalog der Weimarer Verfassung enthielt nicht nur Grundrechte, sondern auch institutionelle Garantien und Institutsgarantien. Was ist hierunter zu verstehen?
Der Terminologie Carl Schmitts folgend ist unter einer Institutsgarantie eine Einrichtung des Privatrechts (Ehe, Eigentum) zu verstehen, während institutionelle Garantien dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind (Berufsbeamtentum, kommunale Selbstverwaltung).
Welches ist der Unterschied zwischen objektivem Recht und subjektiven Rechten?
Das objektive Recht ist die Rechtsordnung, die alle Staatsgewalt bindet (Art. 20 Abs. 3 GG). Subjektive Rechte berechtigen dagegen ein Rechtssubjekt, etwas Bestimmtes von einem anderen zu verlangen, räumen ihm also einen Anspruch ein.
Welche Unterschiede gibt es hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft nach dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes?
Es gibt Menschenrechte, also solche Grundrechte, deren Träger jedermann (jeder Mensch) ist. Dagegen sind Bürgerrechte solche, deren Träger nur deutsche Staatsangehörige sein können.
Können auch Personenmehrheiten Grundrechtsträger sein?
Ja, freilich beschränkt das Grundgesetz die Grundrechtsträgerschaft auf inländische juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG). Der Begriff der „juristischen Person“ ist weit zu fassen. Es muß jedoch geprüft werden, ob ein Grundrecht seinem Wesen nach auf die juristische Person anwendbar ist.
Was muss stets berücksichtigt werden, wenn das Sozialstaatsprinzip als Legitimationsgrundlage für staatliche Leistungen herangezogen wird?
Staatliche Leistungen setzen notwendig voraus, dass die Mittel in Gestalt von Steuern und anderen Abgaben aufgebracht werden. Der Sozialstaat ist insofern ein Umverteilungsstaat. Die Eingriffe durch Auferlegung von Steuerlasten werden aber nicht allein dadurch gerechtfertigt, dass Mittel benötigt werden. Gegenüber dem Zugriff auf sein Vermögen aber kann der Bürger sich auf seine Grundrechte berufen, so dass insoweit alle rechtsstaatlichen Sicherungen eingreifen sollten.
Was ist unter einem Vorabentscheidungsverfahren zu verstehen?
Der EuGH entscheidet im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung des Vertrags, über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft und über die Auslegung der Satzungen der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen auf Vorlage des Gerichts eines Mitgliedstaates.
Könnte der Bundestag als solcher einen Antrag im Normenkontrollverfahren stellen und wenn nein, warum nicht?
Die Frage ist zu verneinen, denn nur die Mitglieder des Bundestages – mindestens ein Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl – sind antragsberechtigt, nicht aber der Bundestag als Organ. Diese Regelung dient dem Minderheitenschutz, denn gegen Bundesgesetze wird im Regelfall die parlamentarische Opposition ein Normenkontrollverfahren beantragen.
Gibt es auch Fälle der vorbeugenden Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht?
Ja, sofern es sich um ein Vertragsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag handelt (Art. 59 Abs. 2 GG), hält das Bundesverfassungsgericht einen Antrag für zulässig, bevor das Gesetz ausgefertigt und verkündet ist. Das parlamentarische Verfahren muss jedoch abgeschlossen sein.
Was versteht man unter der Antragsbefugnis im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht?
Der Antragsteller muss geltend machen, dass er eine Norm wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht für nichtig hält (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG).
Kann ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht auch dann eingeleitet werden, wenn ein antragsberechtigtes Organ eine Norm für gültig hält?
Ja, dieser Fall ist in § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ausdrücklich vorgesehen. Denkbar ist nämlich, dass ein Gericht oder eine Behörde eine Norm wegen einer vorgeblichen Verfassungswidrigkeit nicht anwenden; in diesem Falle kann die Gültigkeit zum Gegenstand eines abstrakten Normenkontrollverfahrens gemacht werden
Welches ist der Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht?
Förmliche Bundesgesetze können nur am Grundgesetz gemessen werden, förmliche Landesgesetze auch am Maßstab der förmlichen Bundesgesetze, weil Bundesrecht insoweit Landesrecht bricht (Art. 31 GG). Untergesetzliches Landesrecht wird am Maßstab allen Bundesrechts geprüft. Das Bundesverfassungsgericht prüft neuerdings untergesetzliches Bundesrecht – also Rechtsverordnungen – auch am Maßstab einfacher Bundesgesetze.
Gibt es im abstrakten Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht auch andere Tenorierungsmöglichkeiten als die des § 78 I BVerfGG?
Ja, das Bundesverfassungsgericht behilft sich vielfach damit, eine Norm lediglich für verfassungswidrig zu erklären, wenn die Folgen einer Nichtigerklärung nicht absehbar sind oder zu weittragend erscheinen. Das Bundesverfassungsgericht ordnet dann das Außerkrafttreten der Norm für die Zukunft an und bestimmt den Zeitpunkt, bis zu dem eine gesetzliche Neuregelung vorliegen muss.
Entscheidungen im Normenkontrollverfahren haben Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Was ist hierunter zu verstehen?
Die Frage ist nicht völlig geklärt. Sofern das Bundesverfassungsgericht eine Norm für nichtig erklärt, bedeutet Gesetzeskraft, dass sie nicht mehr zur Rechtsordnung gehört. Sofern das Bundesverfassungsgericht eine Norm für verfassungsmäßig erklärt, vermag die Gesetzeskraft der Entscheidung die ohnehin bestehende Geltung der Norm allerdings nicht zu verstärken.
Kann auch ein Landtag einen Antrag im abstrakten Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht stellen?
Ja, in dem speziellen Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 a GG, in dem es allein darum geht, ob ein Bundesgesetz den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG entspricht. In diesem Verfahren sind außer den Landesregierungen auch der Bundesrat und die Volksvertretungen der Länder antragsberechtigt.
In welchem Verhältnis steht das Verfahren der konkreten Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht zum richterlichen Prüfungsrecht?
Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle setzt das früher umstrittene richterliche Prüfungsrecht voraus, denn ein Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nur zulässig, wenn der Richter zum Ergebnis kommt, dass ein von ihm anzuwendendes Gesetz verfassungswidrig ist.
Müssen förmliche Gesetze stets nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt werden, wenn ein Gericht sie für verfassungswidrig hält?
Nein, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfasst Art. 100 Abs. 1 GG nur nachkonstitutionelle Gesetze bzw. solche vorkonstitutionelle Gesetze, die der Gesetzgeber in seinen Willen aufgenommen hat.
Was versteht man unter der Entscheidungserheblichkeit der nach Art. 100 GG vorzulegenden Norm?
Es muss auf die Gültigkeit der Norm für den konkreten Rechtsstreit ankommen. Mit anderen Worten muss der Rechtsstreit im Falle der Ungültigkeit der Norm anders zu entscheiden sein als im Falle der Gültigkeit.
Wie lautet der Entscheidungstenor des Bundesverfassungsgerichts im Falle einer konkreten Normenkontrolle?
Entweder wird die Vorschrift für verfassungswidrig und nichtig oder für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Insoweit sind die Vorschriften über die abstrakte Normenkontrolle anwendbar.
Diskutieren Sie die Frage, ob der EuGH als gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 I 2 GG zu qualifizieren ist.
Aus systematischer und genetischer Sicht drängt sich auf, diesen Begriff auf nationale Richter und Gerichte zu beschränken, denn erstens ist Art. 101 Absatz I 2 GG im Abschnitt „IX. Die Rechtsprechung” geregelt, womit nur die deutsche Rechtsprechung gemeint sein kann; hinzu kommt zweitens das Attribut „gesetzlich” als genuin nationalrechtliche Handlungsform; drittens war zum Zeitpunkt des Erlasses des Grundgesetzes die EG noch nicht konstituiert; somit kann der EuGH nicht vom Willen des Verfassungsgebers mit einbezogen worden sein, als er den Art. 101 Absatz I 2 GG schuf. Art. 101 Absatz I 2 GG muss jedoch auch unter Beachtung des Art. 23 GG und des Prinzips der offenen Staatlichkeit gelesen werden. Durch das Bekenntnis zur EU hat sich der deutsche Verfassungsgeber dem Unionsrecht geöffnet. Insoweit dieses daher Zuständigkeiten des EuGH begründet, muss sich Art. 101 Absatz I 2 GG auf diese erstrecken, denn es stellt ein Gebot allgemeiner Rechtsstaatlichkeit dar, dass der rechtlich vorgesehene Richter nicht hernach im konkreten Fall durch einen dezisionistischen Akt der Willkür entzogen werden darf – unabhängig davon, auf welcher Rechtsquelle die Zuordnung des jeweiligen Richters beruht. Somit ist der EuGH gesetzlicher Richter im Sinne der Norm.
Erläutern Sie das Problem der gestörten Gesamtschuld. Zeigen Sie dessen Lösungsmöglichkeiten auf und diskutieren Sie die jeweiligen Vor- und Nachteile.
Das Problem der gestörten Gesamtschuld stellt sich, wenn bei einer Mehrheit von Schuldnern, die als Gesamtschuldner haften, nur einem eine vertragliche oder gesetzliche Haftungsprivilegierung zugute kommt. Für vertragliche Haftungserleichterungen bieten sich hier vier verschiedene Lösungen an:
a) Es bleibt bei den allgemeinen Regeln. Derjenige, dem die Haftungsprivilegierung zugute kommt, könnte sich somit auf diese berufen, so dass der andere Schuldner die gesamte Schuld zu tragen hätte. Diese Lösung ist allerdings abzulehnen, da sie sich als unzulässiger Vertrag zulasten Dritter darstellen würde.
b) Man könnte dem nicht privilegierten Schuldner weiterhin gleichwohl einen Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Schuldner zubilligen. Auf diese Weise verfährt die Rechtsprechung bei vertraglichen Haftungserleichterungen. Diese Lösung würde allerdings die Privilegierung vollständug entwerten und somit dem Zweck der Vereinbarung widersprechen.
c) Drittens käme ein sogenannter Regresszirkel in Betracht: Der nicht privilegierte Schuldner könnte hiernach Rückgriff beim privilegierten Schuldner nehmen, der wiederum Rückgriff beim Gläubiger nehmen könnte. Diese Lösung ist interessengerecht, da die daruffolgende Belastung des Gläubigers dadurch gerechtfertigt ist, dass er durch Abschluss der Vereinbarung selbst entwertet hat. Sie ist allerdings ebenso abzulehnen, da sie die gleichen Ergebnisse zeitigt wie Lösung d), jedoch in der Durchführung wesentlich umständlicher.
d) Nach alledem wird das Problem in der Regel so zu lösen sein, dass man den Anspruch des Gläubigers gegen den nicht privilegierten Schödiger von vornherein um den Anteil des privilegierten Schädigers kürzt.
Bei gesetzlichen Privilegierungen ist durch Auslegung der entsprechenden Vorschriften zu entscheiden, welcher Lösung der Vorzug zu geben ist. Im Regelfall wird man hier zu dem selben Ergebnis gelangen, da gesetzliche Haftungsprivilegierungen im Regelfall dazu dienen Konflikte zwischen Gläubiger und privilegiertem Schuldner aufzulösen und nicht, die Lasten einem Dritten aufzuerlegen.
a) Es bleibt bei den allgemeinen Regeln. Derjenige, dem die Haftungsprivilegierung zugute kommt, könnte sich somit auf diese berufen, so dass der andere Schuldner die gesamte Schuld zu tragen hätte. Diese Lösung ist allerdings abzulehnen, da sie sich als unzulässiger Vertrag zulasten Dritter darstellen würde.
b) Man könnte dem nicht privilegierten Schuldner weiterhin gleichwohl einen Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Schuldner zubilligen. Auf diese Weise verfährt die Rechtsprechung bei vertraglichen Haftungserleichterungen. Diese Lösung würde allerdings die Privilegierung vollständug entwerten und somit dem Zweck der Vereinbarung widersprechen.
c) Drittens käme ein sogenannter Regresszirkel in Betracht: Der nicht privilegierte Schuldner könnte hiernach Rückgriff beim privilegierten Schuldner nehmen, der wiederum Rückgriff beim Gläubiger nehmen könnte. Diese Lösung ist interessengerecht, da die daruffolgende Belastung des Gläubigers dadurch gerechtfertigt ist, dass er durch Abschluss der Vereinbarung selbst entwertet hat. Sie ist allerdings ebenso abzulehnen, da sie die gleichen Ergebnisse zeitigt wie Lösung d), jedoch in der Durchführung wesentlich umständlicher.
d) Nach alledem wird das Problem in der Regel so zu lösen sein, dass man den Anspruch des Gläubigers gegen den nicht privilegierten Schödiger von vornherein um den Anteil des privilegierten Schädigers kürzt.
Bei gesetzlichen Privilegierungen ist durch Auslegung der entsprechenden Vorschriften zu entscheiden, welcher Lösung der Vorzug zu geben ist. Im Regelfall wird man hier zu dem selben Ergebnis gelangen, da gesetzliche Haftungsprivilegierungen im Regelfall dazu dienen Konflikte zwischen Gläubiger und privilegiertem Schuldner aufzulösen und nicht, die Lasten einem Dritten aufzuerlegen.
Wann liegt nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts eine Versammlung vor? Sind die Begriffe der Versammlung in Art. 8 GG und § 15 I VersammlG hiernach identisch auszulegen?
Eine Versammlung ist nach Definition des Bundesverfassungsgerichts die örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung. Die Versammlungsbegriffe der genannten Normen sind identisch auszulegen.
Zum Teil wird vertreten, bei uneinheitlicher Stimmabgabe der Vertreter eines Landes im Bundesrat, müsse die Stimme des Ministerpräsidenten für das jeweilige Bundesland den Ausschlag geben. Was spricht gegen diese Auffassung?
Das Grundgesetz kennt nur die einheitliche Mitgliedschaft im Bundesrat und unterscheidet nicht, welche Funktion die Mitglieder in der Landesregierung haben. Überdies muss der Ministerpräsident oder sein Stellvertreter in einer Bundesratssitzung nicht anwesend sein, so dass die genannte Auffassung auch aus diesem Grunde nicht überzeugend ist.
Was ist unter einem Stimmführer zu verstehen?
Die Vertreter eines Bundeslandes einigen sich vor der Abstimmung regelmäßig darauf, wer von ihnen sämtliche Stimmen des Landes als "Stimmführer" abgibt, um ein uneinheitliches Votum zu verhindern. Stimmführer kann jedes Mitglied des Bundesrates sein.
Was geschieht, wenn ein Mitglied des Bundesrates trotz Stimmabgabe durch den Stimmführer abweichend votiert?
In diesem Fall sind gem. Art. 51 Abs. 3 Satz 2 GG alle Stimmen dieses Bundeslandes ungültig. Bei der Stimmführerschaft handelt es sich lediglich um eine Verfahrenspraxis, mit der natürlich alle Vertreter des betreffenden Bundeslandes einverstanden sein müssen.
Könnte ein Bundesratspräsident nach Ablauf seiner einjährigen Amtszeit erneut gewählt werden?
Nach dem Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 GG wäre dies denkbar. Mit dem Königsteiner Abkommen vom 30. August 1950 haben die Bundesländer allerdings vereinbart, dass ein jährlicher Wechsel im Amt des Bundesratspräsidenten stattfindet. Das Königsteiner Abkommen gilt mittlerweile als Verfassungsgewohnheitsrecht, so dass eine Wiederwahl ausgeschlossen ist.
Welches ist der Unterschied zwischen Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen?
Zustimmungsgesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, während die Mitwirkung des Bundesrats bei Einspruchsgesetzen darauf beschränkt ist, zunächst den Vermittlungsausschuss anzurufen und ggf. in einem späteren Verfahrensabschnitt Einspruch einzulegen, der allerdings gem. § 77 IV GG vom Bundestag zurückgewiesen werden kann.
Nennen Sie die wichtigsten Gruppen von Zustimmungsgesetzen.
a) Verfassungsänderungen (Art. 79 Abs. 2 GG)
b) Verwaltungsgesetze mit Einfluss auf das Verwaltungsverfahren und die Organisation der Landesbehörden (Art. 85 Abs. 1 GG)
c) Finanzgesetze (Art. 104 a Abs. 3 bis 5, 106 Abs. 3 bis 7, 107 Abs. 1 GG)
b) Verwaltungsgesetze mit Einfluss auf das Verwaltungsverfahren und die Organisation der Landesbehörden (Art. 85 Abs. 1 GG)
c) Finanzgesetze (Art. 104 a Abs. 3 bis 5, 106 Abs. 3 bis 7, 107 Abs. 1 GG)
Was versteht man unter einer Systemverschiebung?
Das Bundesverfassungsgericht versteht hierunter eine inhaltlich so gewichtige Änderung eines zustimmungsbedürftigen Gesetzes, die - obwohl das Änderungsgesetz an sich nicht zustimmungsbedürftig wäre - gleichwohl die Zustimmungsbedürftigkeit auslöst.
Bestehen gegen die gängige Staatspraxis ein an sich zustimmungsbedürftiges Gesetz in einen zustimmungsbedürftigen und einen nicht zustimmungsbedürftigen Teil aufzuspalten, verfassungsrechtliche Bedenken?
Nein, das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verfahren inzwischen ausdrücklich gebilligt. Der Bundesrat ist allerdings nicht verpflichtet, einem Gesetzestorso seine Zustimmung zu erteilen.
Sind Bundestag und Bundesrat an Beschlüsse des Vermittlungsausschusses gebunden?
Nein, der Vermittlungsausschuss gelangt aufgrund seiner Beratungen zwar vielfach zu Einigungsvorschlägen, über die der Bundestag ggf. neu beschließen muss. Bindungswirkung haben diese Vorschläge des Vermittlungsausschusses aber nicht.
Muss der Bundesrat auch bei Zustimmungsgesetzen den Vermittlungsausschuss anrufen, bevor er die Zustimmung verweigert?
Nein, der Bundesrat ist gleichberechtigt am Gesetzgebungsverfahren beteiligt und kann deshalb die Zustimmung von vornherein verweigern. In diesem Fall aber haben Bundestag und Bundesregierung die Möglichkeit, das Vermittlungsverfahren in Gang zu setzen.
Was besagt Art. 77 Abs. 4 Satz 2 GG?
Wenn der Bundesrat einen Einspruch mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen hat, so bedarf die Zurückweisung dieses Einspruchs einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen im Bundestag, mindestens aber der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl. Basis der 2/3-Mehrheit im Bundestag ist also nicht die gesetzliche Mitgliederzahl, sondern die Zahl der abgegebenen Stimmen.
Was versteht man unter einer "Rechtsverordnung" und warum ist zu bestimmten Rechtsverordnungen des Bundes die Zustimmung des Bundesrates erforderlich?
Die Rechtsverordnung ist eine aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erfolgende Form administrativer Rechtssetzung. Sofern das ermächtigende Gesetz zustimmungsbedürftig war, ist es folgerichtig, dass auch die Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.
Was versteht man unter "Verwaltungsvorschriften" und warum sind diese ggf. zustimmungsbedürftig?
Verwaltungsvorschriften sind generell-abstrakte Weisungen übergeordneter Behörden an nachgeordnete Instanzen. Sofern derartige Verwaltungsvorschriften von der Bundesregierung erlassen werden und von den Landesbehörden ausgeführt werden müssen, bedürfen sie der Zustimmung des Bundesrates.
Kann der Bundespräsident aufgrund seines Vorschlagsrechts die Wahl eines bestimmten Kandidaten durch den Bundestag erzwingen?
Nein, wenn der vom Bundespräsident Vorgeschlagene nicht gewählt wird, kann der Bundestag innerhalb von zwei Wochen mit absoluter Mehrheit einen Kandidaten wählen, ohne an den Vorschlag des Bundespräsidenten gebunden zu sein (Art. 63 Abs. 3 GG).
Wie ist die "Richtlinienkompetenz" des Bundeskanzlers zu definieren und welche Grenzen sind ihr gesetzt?
Eine überzeugende Definition ist bislang nicht gelungen. Die Richtlinienkompetenz umfasst in jedem Fall die Letztentscheidungsbefugnis des Bundeskanzlers in hochpolitischen Angelegenheiten. Insofern ist es unzutreffend, die Richtlinie in einen Gegensatz zur Einzelfallentscheidung zu setzen. Der Richtlinienkompetenz ist aber insoweit eine Grenze gesetzt, als der Bundeskanzler nicht in die Ressorts hineinregieren darf. Richtlinien sind stets an den verantwortlichen Minister zu richten.
Was versteht man unter der "Organisationsgewalt" des Bundeskanzlers?
Im Bereich der Bundesregierung kommt dem Bundeskanzler die Organisationsgewalt zu, ohne dass dies im Grundgesetz ausdrücklich niedergelegt wäre. Hierzu gehört die Errichtung und Abschaffung von Bundesministerien. Allerdings müssen derartige Maßnahmen durch den Haushaltsplan abgesichert werden.
Was ist unter der Vertrauensfrage zu verstehen?
Die Vertrauensfrage ist ein Antrag des Bundeskanzlers an den Bundestag, ihm das Vertrauen auszusprechen. Er bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, also der gleichen Mehrheit, die für die Wahl des Bundeskanzlers auf der ersten und zweiten Stufe erforderlich ist (Art. 68 GG).
Woraus ergibt sich, dass die Vertrauensfrage mit einer Gesetzesvorlage oder einer anderen Vorlage verbunden werden kann?
Die Verbindung von Vertrauensfrage und Gesetzesvorlage ist ausdrücklich in Art. 81 Abs. 1 Satz 2 GG erwähnt. Der Antrag nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG kann folglich mit jedem Gegenstand verbunden werden, für den ein Parlamentsbeschluss erforderlich ist.
Welches ist die Rechtsfolge der Verbindung von Vertrauensfrage und einer Gesetzesvorlage?
Da es sich um eine Antragseinheit handelt, ist auch für den Gesetzesbeschluss die - im Übrigen nicht vorgesehene - absolute Mehrheit erforderlich. Das gleiche gilt für andere Parlamentsbeschlüsse, die normalerweise ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Welches ist die Besonderheit des konstruktiven Misstrauensvotums?
Der Bundestag spricht dem Bundeskanzler das Misstrauen dadurch aus, dass er einen anderen Bundeskanzler wählt. Verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist es also, einem amtierenden Bundeskanzler das Vertrauen zu entziehen, ohne zugleich einen neuen Bundeskanzler zu wählen. Hiermit soll verhindert werden, dass sich zwar eine Parlamentsmehrheit gegen einen Regierungschef zusammenfindet, sich aber nicht zugleich für einen anderen Bundeskanzler entscheiden kann.
Was bedeutet es, dass die Bundesminister ihren Geschäftsbereich selbständig leiten?
Die Selbständigkeit besteht gegenüber dem Bundeskanzler, dessen Richtlinien allerdings einzuhalten sind. Die Bundesminister haben - anders als die "Secretaries" des amerikanischen Präsidialsystems - also eine verselbständigte Organstellung.
Welche Bundesminister sind durch das Grundgesetz besonders hervorgehoben worden?
Z.B. der Bundesverteidigungsminister, dem die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte zugewiesen ist (Art. 65 a GG). Dem Bundesfinanzminister kommt bei überplanmäßigen oder außerplanmäßigen Ausgaben ein Zustimmungsrecht zu (Art. 112 GG). Auch das Justizministerium wird im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt (Art. 96 Abs. 2 Satz 4 GG). Diese - und andere - Ressorts stehen nicht zur Disposition.
Wem gegenüber besteht die "Verantwortlichkeit" der Bundesminister?
Gegenüber dem Bundestag. Dass die Minister gegenüber dem Bundeskanzler, auf dessen Vorschlag sie ernannt worden sind und entlassen werden können, verantwortlich sind, versteht sich von selbst. Die "eigene Verantwortung" im Sinne des Art. 65 Satz 2 GG bezieht sich indessen auf das Parlament, das Minister jederzeit zur Rechenschaft ziehen kann.
Hat der Bundestag die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss einen Minister zum Rücktritt zu zwingen?
Nein, entsprechende Beschlüsse sind als schlichte Parlamentsbeschlüsse nicht verbindlich. Der Bundestag könnte einen Bundesminister deshalb nur über ein gegen den Bundeskanzler gerichtetes konstruktives Misstrauensvotum stürzen.
Hat das Kabinett allein die Funktion, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern zu entscheiden?
Keineswegs, die Bundesregierung, die vom Bundeskanzler und den Bundesministern gebildet wird, ist ein oberstes Staatsorgan mit ausgeprägten Kompetenzen, von denen die Streitentscheidung nur eine darstellt.
Welches Strukturproblem der Weimarer Verfassung wird mit dem Begriff der doppelten Volkssouveränität bezeichnet und welche Konsequenzen sind aus dieser Strukturschwäche für das Grundgesetz gezogen worden?
Nach der Weimarer Reichsverfassung wurden sowohl der Reichspräsident als auch der Reichstag vom Volk gewählt. Beide Organe konnten sich folglich auf den Volkswillen (Volkssouveränität) stützen. Die Geschichte der Weimarer Republik zeigt, dass hierdurch kein Gleichgewicht erreicht werden konnte. Nach dem Grundgesetz ist deshalb ur ein oberstes Staatsorgan - nämlich der Bundestag - durch Volkswahlen unmittelbar demokratisch legitimiert.
Bedeutet die völkerrechtliche Vertretung des Bundes ein Mitspracherecht des Bundespräsidenten in außenpolitischen Angelegenheiten?
Nein, die Richtlinien der Außenpolitik bestimmt der Bundeskanzler, für die Außenpolitik im Übrigen ist der Bundesaußenminister zuständig. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis schließt also keine Teilhabe des Bundespräsidenten an der innerstaatlichen Willensbildung ein.
Könnte der Bundespräsident die Ernennung von Amtsträgern - beispielsweise Bundesministern - ablehnen?
Die Frage ist umstritten, letztlich aber zu verneinen. Für die Auswahl der Regierungsmitglieder ist der Bundeskanzler zuständig und dem Parlament gegenüber verantwortlich. Wenn die Ernennungsvoraussetzungen vorliegen, lässt sich kein staatspolitischer Vorbehalt denken, der den Bundespräsidenten zur Verweigerung seiner Unterschrift berechtigen würde.
Unter welchen Voraussetzungen kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen?
Zum einen, wenn ein zum Bundeskanzler Gewählter die absolute Mehrheit im Bundestag nicht erreicht hat (Art. 63 Abs. 4 Satz 3 GG), zum anderen, wenn ein Antrag des Bundeskanzlers ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages gefunden hat (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG).
Was ist unter einer "formellen", was unter einer "materiellen" Auflösungslage zu verstehen?
Unter "formeller" Auflösungslage versteht man das Vorliegen der in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG genannten Voraussetzungen, nämlich die Unterschreitung der absoluten Mehrheit bei Abstimmung über den Vertrauensantrag. Die Verfehlung der absoluten Mehrheit kann durch politische Absprachen herbeigeführt werden, muss also nicht notwendig bedeuten, dass der Bundeskanzler tatsächlich über keine parlamentarische Mehrheit verfügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss für die Auflösung des Bundestages nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 GG eine "materielle Auflösungslage" vorliegen.
Was bedeutet es, dass der Bundespräsident das Begnadigungsrecht "für den Bund" ausübt?
Die betreffende Entscheidung muss von einem Bundesgericht oder einer Bundesbehörde getroffen worden sein. In Staatsschutzsachen üben die Länder die Gerichtsbarkeit des Bundes aus, so dass in diesen Fällen dem Bundespräsident das Begnadigungsrecht zusteht.
Zur Bundesversammlung gehören alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Besteht die andere Hälfte ausschließlich aus Landtagsabgeordneten?
Nein, zur Hälfte wird die Bundesversammlung zwar durch die Landtage gewählt; die Gewählten brauchen aber nicht Mitglieder eines Landtages zu sein.
Könnte gegen den Bundespräsidenten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren - etwa wegen Verdachts der Steuerhinterziehung - eingeleitet werden?
Nein, der Bundespräsident genießt Immunität (Art. 60 Abs. 4 i.V.m. Art. 46 Abs. 2-4 GG), so dass vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die Immunität aufgehoben werden müsste.
Was versteht man unter Präsidentenanklage?
Die Befugnis des Bundestages und des Bundesrates, den Bundespräsidenten wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht anzuklagen (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 GG). Ziel einer solchen Klage wäre es, den Bundespräsidenten aus seinem Amt zu entfernen.
Sind alle Gegenstände, die zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehören, in Art. 73 GG aufgeführt?
Nein, Kompetenzzuweisungen zum Bund werden auch außerhalb des Art. 73 GG durch den Begriff Bundesgesetz vorgenommen. Wenn zwingend ein Bundesgesetz erforderlich ist, können folgerichtig die Länder auf diesem Gebiet nicht tätig werden.
Was ist unter Kernkompetenzen zu verstehen?
Von Bundesgesetzen, die aufgrund von Kernkompetenzen erlassen worden sind, geht eine zeitliche und sachliche Sperrwirkung aus (Art. 72 Abs. 1 GG). Es bedarf keiner besonderen Prüfung, ob eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2 GG).
Welches ist der Unterschied zwischen den Kernkompetenzen und der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes?
Der Unterschied besteht darin, dass die Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes den Ländern prinzipiell verschlossen sind, während sie in den Materien der Kernkompetenzen gesetzgeberisch tätig werden können, wenn und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht (Art. 72 Abs. 1 GG).
Was haben Kernkompetenzen und Bedarfskompetenzen des Bundes gemeinsam und worin unterscheiden sie sich?
Gemeinsam ist ihnen, dass beide Kompetenzarten Unterfälle der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes sind. Sie unterscheiden sich darin, dass bei den Bedarfskompetenzen eine Prüfung stattfindet, ob „die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“ (Art. 72 Abs. 2 GG).
Was ist für den Fall bestimmt, dass eine bundesgesetzliche Regelung zunächst erforderlich war, die Erforderlichkeit später aber weggefallen ist?
Unter diesen Voraussetzungen kann durch Bundesgesetz bestimmt werden, dass die bundesgesetzliche Regelung durch Landesrecht ersetzt werden kann (Art. 72 Abs. 4 GG).
Trifft das Grundgesetz auch Vorsorge für den Fall, dass zwischen Bund und Ländern hinsichtlich des Wegfalls der Erforderlichkeit unterschiedliche Auffassungen bestehen?
Ja, durch die Föderalismusnovelle ist ein besonderes Kompetenzkontrollverfahren eingeführt worden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2a GG), das auf die Feststellung abzielt, dass die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nicht mehr besteht. Die entsprechende Feststellung des Bundesverfassungsgerichts ersetzt unter besonderen Voraussetzungen das nach Art. 72 Abs. 4 GG vorgesehene Bundesgesetz.
Beeinträchtigt die Abweichungsbefugnis der Bundesländer die Geltung der bundesgesetzlichen Regelung auf den in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Gebieten?
Nein, durch die landesrechtlichen Regelungen wird die Geltung der betreffenden Bundesgesetze nicht beeinträchtigt. Allerdings kommt dem Landesgesetz in dem betreffenden Bundesland ein Anwendungsvorrang zu, so dass das Bundesgesetz hier keine Anwendung mehr findet.
Könnte der Bund auf den in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Gebieten die (abweichenden) landesrechtlichen Regelungen verdrängen?
Ja, denn die (konkurrierende) Bundeszuständigkeit bleibt auf diesen Gebieten erhalten und der Vorrang der legis posterior (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG) gilt auch zugunsten des Bundes.
Welche Vorkehrung trifft das Grundgesetz für den Fall, dass der Bund seinerseits von der Posteriorität rege Gebrauch machen und den Anwendungsvorrang zugunsten einer bundesgesetzlichen Regelung in Anspruch nehmen will?
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens 6 Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist (Art. 72 Abs. 3 Satz 2 GG). Dadurch erhalten die Bundesländer die Möglichkeiten, ihrerseits eine neue landesrechtliche Regelung vorzubereiten, für die wiederum der Vorrang der legis posterior in Anspruch genommen werden kann.
Könnte auf Gebieten der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit die Kollisionsnorm des Art. 31 GG Anwendung finden?
Nein, denn diese Vorschrift setzt voraus, dass die kollidierenden Regelungen aufgrund bestehender Gesetzgebungszuständigkeiten ergangen sind. Bei Kern- und Bedarfskompetenzen gilt demgegenüber das Prinzip der Alternativität, während bei Abweichungskompetenzen mögliche Kollisionen durch die Posterioritätsregel (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG) behoben werden.
Was versteht man unter der „Grundsatzgesetzgebung“ des Bundes?
Nach Art. 109 Abs. 4 GG ist der Bund ermächtigt, für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufzustellen.
Wie wird verfahren, wenn verschiedene Senate des gleichen obersten Gerichtshofs des Bundes zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen kommen oder zwei Gerichtshöfe hinsichtlich der gleichen Rechtsfrage voneinander abweichen?
Im ersten Fall entscheidet der jeweilige "Große Senat" des betreffenden Gerichtshofs, im zweiten Fall der zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung gebildete "Gemeinsame Senat" aller Gerichtshöfe (Art. 95 Abs. 3 GG).
Was ist unter dem Homogenitätsprinzip zu verstehen?
Unter dem Homogenitätsprinzip versteht man die in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG niedergelegte Bestimmung, dass die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen muss (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG).
Welches ist die Voraussetzung dafür, dass Bundesrecht Landesrecht bricht?
Das Bundesrecht hat nur dann Vorrang, wenn dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zukommt. Bundesrecht vermag also Landesrecht nicht zu brechen, wenn dem Bund überhaupt keine Kompetenz zukommt. Hauptsächlicher Anwendungsfall ist die Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit durch den Bund, nach dem zunächst die Länder den betreffenden Gegenstand geregelt hatten.
Kommt auch bei gewaltätigen und unfiredlichen Versammlungen ein Rückgriff auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht in Betracht?
Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei dies nicht der Fall, da es auch insoweit lex specialis sei. Diese Auffassung ist allerdings nicht haltbar: Das Versammlungsgesetz konkretisiert offensichtlich den Gesetzesvorbehalt des Art. 8 II GG. Der Schutzbereich des Art. 8 I GG ist allerdings bei unfriedlichen und gewalttätigen Versammlungen gerade nicht betroffen, so dass man von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts ausgehen kann.
Wann ist eine Versammlung unfriedlich?
Nach ganz herrschender Auffassung ist eine Versammlung unfriedlich, wenn ein gewalttätiger oder aufrührerischer Verlauf angestrebt wird, wenn also aktive aggressive körperliche Einwirkungen von einigem Gewicht auf Personen oder Sachen vorgenommen werden oder die Ziele der Versammlung in einem Umsturz oder im Widerstand gegen rechtmäßig handelnde Vollstreckungsbeamte liegen. Nach einer Minderansicht liegt Unfriedlichkeit schon dann vor, wenn straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Rechtsverletzungen gleich welcher Art auftreten. Dem ist aber nicht zuzustimmen, denn dann liefe das Grundrecht Gefahr durch den einfachen Gesetzgeber ausgehölt werden zu können.
Wann liegt im Sinne des Versammlungsgesetzes eine Versammlung mit Waffen vor?
Eine Versammlung mit Waffen liegt vor, wenn Waffen im technischen Sinn mitgeführt werden oder wenn gefährliche Werkzeuge in der Absicht mitgeführt werden, diese zum Zwecke der Verletzung von Personen einzusetzen.
Steht die Verfassungsmäßigkeit von § 15 VersammlG im Zweifel?
Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit ergeben sich nicht, wobei aber kurz die Gesetzgebungskompetenz nach der Föderalismusreform zu diskutieren ist. Materiell ist es bedenklich, dass die Norm ein Verbot schon dann rechtfertigt, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist, so dass nach dem Wortlaut Einschränkungen schon möglich sind, wenn Rechtsgüter von weit geringerem verfassungsrechtlichen Rang betroffen sind. Mit dem Bundesverfassungsgericht ist die Norm deshalb einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur der Schutz mindestens gleichwertiger Verfassungsgüter ein Versammlungsverbot rechtfertigt. Versammlungsrecht und andere Verfassungsgüter sind deshalb in praktische Konkordanz zu bringen.
Was versteht man im Bereich des Versammlungsrechts unter dem Kooperationsmodell und wo sind seine Grenzen?
Nach dem Kooperationsmodell ist es den Behörden erst gestattet Auflagen oder gar ein Versammlungsverbot zu erlassen, wenn zuvor eine versammlungsfreundliche Kooperation mit den Veranstaltern angestrebt wurde. Dies gilt allerdings nicht, wenn Tatsachen und Erfahrungswerte die Annahme rechtfertigen, dass die Versammlung einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nehmen wird.
Welche Anforderungen sind an die gemeinschaftliche Begehung im Sinne des § 830 I 1 BGB zu stellen?
Die Gemeinschaftlichkeit setzt hier das auf den Verletzungerfolg gerichtete bewusste und gewollte Zusammenwirken erforderlich sein, wobei aber auch intellektuelle Unterstützungshandlungen ausreichen, sofern der Täter die Tat als eigene will.
Handelt es sich bei § 830 I 1 BGB um eine Anspruchsgrundlage oder um eine Zurechnungsnorm? Wo liegt der entscheidende Unterschied zu § 823 I BGB
§ 830 I 1 BGB ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage, bei der im Gegensatz zu § 823 I BGB die Kausalität zwischen dem Verhalten eines Mittäters und dem Verletzungserfolg keine Haftungsvoraussetzung bildet.
Gilt § 840 BGB auch dann, wenn der Anteil am Schadenseintritt den jeweiligen Nebentätern wechselseitig genau zurechenbar ist?
Nein, dann haften sie nach den allgemeinen Regeln. § 840 BGB erfasst nur den Fall, wenn das Verhalten eines Nebentäters allein nicht zum Schadenseintritt geführt hätte, also nur im Fall der kumulativen Kausalität.
Was ist im Rahmen des § 420 BGB zu beachten, wenn die Forderung den Gläubigern als Bruchteils- oder Gesamthandgemeinschaft zusteht?
In diesen Fällen kann der Schuldner die an sich teilbare Leistung wegen der gemeinsamen Empfangszuständigkeit nur an alle gemeinschaftlich leisten, so dass eine Unteilbarkeit im Rechtssinne vorliegt. Die Teilgläubigerschaft scheidet mithin in diesem Fall aus.
Ist die Teilgläubigerschaft der Regelfall für das Vorhandensein mehrerer Gläubiger?
Vom Gesetz als Regelfall konzipiert, bildet das Institut in der Wirklichkeit eher die Ausnahme, da die Gläubiger in der Regel eine gemeinschaftliche Empfangszuständigkeit haben werden und somit eine Unteilbarkeit der Leistung im rechtlichen Sinn vorliegt.
Ist das Recht am Arbeitsplatz als absolutes Recht von § 823 I BGB geschützt?
Einige Stimmen vor allen Dingen in der Arbeitsrechtlichen Literatur bejahen diese Frage. Die herrschende Meinung geht allerdings davon aus, dass es sich beim Arbeitsplatz lediglich um eine Bündelung schuldrechtlicher Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber handele, die dementsprechend kein absolutes Recht darstelle.
Ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn jemand nicht das Bild einer Person, wohl aber unverwechselbare Einzelheiten, die für dese Person kennzeichnend sind, kommerziell nutzt? Gilt das gleiche für die Verwendung eines Doppelgängers?
Ja, wenn diese Einzelheiten in einem so engen Zusammenhang stehen, dass für jeden Betrachter ein entsprechender Bezug hergestellt wird, ist dies ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Nichts anderes gilt für die Verwendung eines Doppelgängers.
Können juristsiche Personen Besitz haben? Was bedeutet in diesem Zusammenhang "Organbesitz"?
Juristische Personen können nach herrschender Meinung sowohl mittelbaren als auch unmittelbaren Besitz haben. Der Besitz wird von den Geschäftsführenden Organen für die Gesellschaft ausgeübt (Organbesitz) und dieser zugerechnet.
Ist eine Versammlung unfriedlich, wenn sich nur einzelne Versammlungsteilnehmer unfriedlich verhalten, so dass ein Einschreiten der Ordnungsbehörden zulässig ist?
Nein, denn dann würde der Grundrechtsschutz der friedlichen Teilnehmer unverhältnismäßig beschränkt. Ein Einschreiten gegen die Versammlung kommt in diesen Fällen also nur in Betracht, wenn ein Vorgehen gegen die unfriedlichen Teilnehmer unmöglich ist oder wenn sich die friedlichen Versammlungsteilnehmer mit den unfriedlichen erkennbar identifizieren.
Welches ist die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Interpretation des Art. 8 GG und warum entfalten seine Hauptaussagen heute nur noch bedingt Bindungswirkung?
Der Brokdorf-Beschluss. Zur Zeit des Brokdorf-Beschlusses waren neonazistische Demonstrationen noch nicht in dem Ausmaß wie heute ein gesellschaftliches Problem.
Warum kommt es im Bereich der Versammlungen unter freiem Himmel nicht in erster Linie auf eine Überdachung, sondern vielmehr auf eine setliche Abgrenzung an?
Der Verfassungsgeber ging offensichtlich davon aus, dass Versammlungen in geschlossenen Räumen ein geringeres Gefahrpotential innewohnt als solchen unter freiem Himmel. Um dieser Ratio zur Geltung zu verhelfen, kann sinnvollerweise nur auf die allgemeine Zugänglichkeit der Versammlung abgestellt werden und weniger auf die tatsächliche Wahrnehmbarkeit des Himmels.
Sind öffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen vorbehaltlos gewährleistet?
Scheinbar ja, denn sie unterfallen dem Schutzbereich von Art. 8 I GG, sind aber nicht vom Gesetzesvorbehalt des Art. 8 II GG erfasst. Nach den allgemeinen Regeln sind aber auch hier Einschränkungen zum Schutz kollidierenden Verfassungsrechts möglich. Wegen des Vorbehalts des Gesetzes ist aber in jedem Fall eine gesetzliche Grundlage erforderlich (vgl. Versammlg).
Was ist die Grundaussage des Brokdorf-Beschlusses hinsichtlich Zugang und Abreise zu/von der Versammlung?
Zugang und Abreise unterstehen wie die Versammlung selbst dem Schutzbereich des Art. 8 I GG, das Grundrecht der Versammlungsfreiheit könnte nämlich sonst, durch staatliche Maßnahmen vor und nach der Zusammenkunft ausgehölt werden.
Auf welche Rechtsgrundlagen lassen sich Maßnahmen im Vorfeld einer Versammlung stützen?
Da der Gesetzgeber hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Versammlungsgesetzes offenkundig von einer bestehenden Versammlung ausgeht und Maßnahmen im Vorfeldbereich nur unzureichend geregelt sind, entfaltet es hier keine Sperrwirkung gegenüber dem allgemeinen Polizeirecht, das mithin anwendbar ist. Da allerdings auch das Vorfeld einer Versammlung dem Schutzbereich des Art. 8 I GG untersteht, sind die Normen des Polizeirechts im Lichte der Versammlungsfreiheit auszulegen, so dass nur der Schutz höherwertiger Rechtsgüter zu rechtferigen ist. Der Zugang zur Versammlung darf nicht unzumutbar erschwert oder unmöglich gemacht werden.
Wie kann man das Problem lösen, dass die Polizei- und Ordnungsgesetze nicht Art. 8 GG zitieren, obwohl auf ihrer Grundlage Vorfeldmaßnahmen, die bei strenger Betrachtung einen Eingriff in Art. 8 GG darstellen, durchgeführt werden?
Man muss den Standpunkt vertreten, dass der Verstoß gegen das Zitiergebot aus dem Grund unschädlich ist, dass Vorfeldmaßnahmen in erster Linie der Sicherung der Durchführung Versammlung dienen, indem beispielsweise ihre Friedlichkeit und Waffenlosigkeit gewährleistet wird.
Wie lässt sich die Sperrwirkung des Versammlungsrechts beenden, so dass ein Rückgriff auf das allgemeine Gefahrenabwehrrecht wieder möglich ist?
Während der Versammlung unterstehen alle Teilnehmer dem Schutz des Versammlungsrechts. Ein Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist daher erst möglich, nachdem die Versammlung beendet ist, aufgelöst wurde (§ 15 III VersammlgG) oder, hinsichtlich einzelner Teilnehmer, wenn diese aus der Versammlung ausgeschlossen wurden (§§ 18 III, 19 IV VersammlG).
Welche Antragsfrist ist für das Verfahren nach § 80 V VwGO einzuhalten?
Dieses Vrfahren hat mangels gesetzlicher Regelung keine Antragsfrist. Beachte aber: Da der Rechtsschutz im Eilverfahren nicht weiterreichen darf, als im Hauptsacheverfahren, entfällt regelmäßig das allgemeine Rechtsschutzbedrüfnis, wenn das Hauptsacheverfahren verfristet ist.
Entfällt im Fall des § 80 V VwGO das Rechtsschutzbedürfnis, wenn zuvor keine Überprüfung durch ein Widerspruchsverfahren stattfand?
Im allgemeinen entfällt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsteller sein Ziel auf einfachere, schnellere und effektivere Art erreichen kann. Dies könnte für die Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens sprechen. Dafür streitet auch, dass der Antrag vor Erhebung einer Anfechtungsklage statthaft ist, und Voraussetzung für diese das Widerspruchsverfahren ist. Zudem enthalten die Begriffe "anordnen" und "wiederherstellen" notwendigerweise Rückbezug aus einen zuvor eingelegten Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung ausgeschlossen war. Dagegen spricht allerdings, dass, wenn schon die Erhebung der Anfechtungsklage nicht erforderlich ist, dies a maiore ad minus erst recht für das Widerspruchsverfahren gelten muss. Zudem kann macht ein Antrag nach § 80 VwGO überhaupt nur dann Sinn, wenn ein Widerspruch gerade keine aufschiebende Wirkung entfaltet, so dass der Antragsteller durch einen möglichen Widerspruch nicht in Genuss des Suspensiveffektes käme und - da ja sein Bedrüfnis gerade auf einstweiligen Rechtsschutz gerichtet ist - so das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzt wäre. Die vorherige Erhebung eines Widerspruchs wäre somit ein reiner Formalismus. Zu beachten ist allerdings, dass die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen sein darf, da der vorläufige Rechtsschutz sonst etwas gewähren würde, was im Hauptsacheverfahren ausgeschlossen ist.
Kann eine Antrag nach § 80 V VwGO in allen Fällen des Abs. II erst dann gestellt werden, wenn ein vorheriger Antrag auf Einleitung eines behördliches Aussetzungsverfahrens gestellt wurde?
Nein, das widerspricht dem klaren Wortlaut des § 80 VI VwGO. Die vereinzelt vertretene Gegenansicht, die § 80 VI VwGO hier analog anwenden will, verkennt, dass diese Ausnahmebestimmung zulasten des Bürgers eng auszulegen und damit nicht analogiefühig ist.
Ist hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung eine vorherige Anhörung erforderlich?
Dies wäre wegen § 28 I VwVfG der Fall, wenn es sich bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung um einen Verwaltungsakt handelte. Dies wird auch teilweise vertreten. Da die Anordnung der sofortigen Vollziehung aber eine reine Verfahrensregelung ohne materiellen Inhalt ist, ist eher von einer mit dem Grundverwaltungsakt verbundenen Annex-Entscheidung auszugehen, so dass eine Anhörung entbehrlich ist. Gegebenenfalls wäre eine Anhörung wegen des Zusammenhangs zwischen § 80 II Nr. 4 VwGO mit § 28 II Nr. 1 VwVfG ohnehin entbehrlich oder sie könnte nach § 45 II VwVfG nachgeholt werden.
Warum bleiben nach § 6 I 2 BWahlG die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Einzelbewerber abgegeben haben, unberücksichtigt?
Ist ein Bewerber, der nicht von einer Partei aufgestellt worden ist, im Wahlkreis erfolgreich, so kann dieses Mandat nicht von einem Listenkontingent abgezogen werden. Die von seinen Wählern abgegebenen Zweitstimmen können nur für eine Parteiliste abgegeben sein, so dass diesen Wählern ein gegen die Wahlrechtsgleichheit verstoßendes doppeltes Stimmengewicht zukäme.
Wo sind die Wahlfehler und ihre Rechtsfolgen geregelt?
Nirgendwo. Das Wahlprüfungsgesetz enthält nur prozedurale Vorschriften, während das materielle Wahlprüfungsrecht gesetzlich nicht geregelt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings festgestellt, dass nur schwere Wahlfehler die Ungültigerklärung einer Wahl zur Folge haben können.
Können auch Parteien, die an Wahlen teilnehmen, Wahlfehler begehen?
Ja, Wahlfehler sind nicht auf (staatliche) Wahlorgane beschränkt, sondern können grundsätzlich von allen an der Vorbereitung und Durchführung der Wahl Beteiligten begangen werden. Allerdings führt der Grundsatz der Proportionalität dazu, dass durch Parteien begangene Wahlfehler im allgemeinen nicht zur Ungültigkeit einer Wahl führen können (unter Umständen aber zum Mandatsverlust). Dieser Grundsatz ist schon deshalb einleuchtend, weil Parteien es andernfalls in der Hand hätten, ein unliebsames Wahlergebnis durch Aufdeckung eigener Fehler zu beseitigen.
Wie unterscheiden sich Volksbefragung, Volksbegehren und Volksabstimmung?
Die Volksbefragung ist konsultativ, ihr Ergebnis deshalb nicht bindend. Das Volksbegehren ist eine vom Volk ausgehende Initiative zur Erreichung eines Volksentscheides. Der Volksentscheid ist demgegenüber die bindende Entscheidung des Volkes über eine ihm vorgelegte Frage oder einen Gesetzentwurf.
Sind außer bei der Neugliederung des Bundesgebietes Plebiszite verfassungsrechtlich zulässig?
Die Frage ist umstritten, nach Ansicht von Prof. Dr. Jörn Ipsen letztlich aber zu verneinen. Der Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ("Wahlen und Abstimmungen") kann für eine erweiterte Zulässigkeit nicht in Anspruch genommen werden, weil eine Mehrzahl von "Abstimmungen" in Art. 29 GG vorgesehen sind. Entscheidend gegen die Zulässigkeit weiterer Plebiszite spricht der Umstand, dass eine so wichtige Frage in der Verfassung geregelt sein müsste (und in der Weimarer Verfassung auch geregelt war). Dies bedeutet nicht, dass erweiterte plebiszitäre Möglichkeiten verfassungspolitisch kein legitimes Ziel wären. Sollte man eine Zulässigkeit annehmen, wäre zu bedenken, dass die grundsätzliche Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung (Art. 79 III GG) gewährleistet sein müsste und die Haushaltshoheit des Parlaments als Ausdruck des Demokratieprinzips nicht angetastet werden dürfte,
Wo findet sich die Definition von "Parteien"? Inwiefern ist diese problematisch?
Sie findet sich in § 2 PartG. Problematisch ist sie insofern, als dass Parteien, die ausschließlich auf europäischer oder kommunaler Ebene agieren nicht erfasst sind. Insofern dürfte die Norm mit Art. 21 I 1 GG unvereinbar sein.
Auf welche Weise wirken die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mit?
In erster Linie durch die Teilnahme an Wahlen, bei denen die Aufstellung von Listen auf politische Parteien beschränkt ist ("Listenprivileg"). Parteien wirken aber auch im Übrigen an der Willensbildung mit.
Welche Möglichkeiten haben die politischen Parteien, um ihr Recht auf Chancengleichheit durchzusetzen?
Sofern eine Beeinträchtigung durch den Gesetzgeber gerügt wird, ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein Antrag im Organstreitverfahren statthaft, im Übrigen steht den Parteien der Verwaltungsrechtsweg offen. Der gespaltene Rechtsweg wird im Schrifttum überwiegend kritisiert, weil den politischen Parteien keine Organstellung innerhalb der Verfassung zukommt.
Welche Formen der staatlichen Parteienfinanzierung gibt es?
Die unmittelbare und die mittelbare Parteienfinanzierung. Sofern die Parteien bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen bestimmte Quoren überschreiten, erhalten sie - unmittelbar - staatliche Mittel. Überdies sind Spenden und Mitgliedsbeiträge an politische Parteien bis zu einem Höchstbetrag steuerlich absetzbar. Hierbei handelt es sich um eine mittelbare Parteienfinanzierung.
Ist die Beratung eines Gesetzentwurfs in drei Lesungen verfassungsrechtlich vorgeschrieben?
Nein, das Grundgesetz schreibt nur vor, dass Gesetze vom Bundestag beschlossen werden (Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG). Von dem in der Geschäftsordnung vorgesehenen Verfahren kann im Einzelfall mit qualifizierter Mehrheit abgewichen werden, so dass theoretisch ein Gesetzentwurf nach nur einer Beratung beschlossen werden kann.
Welche Rechtsstellung hat der Präsident des Bundestages?
m Grundgesetz ist ausdrücklich nur festgelegt, dass der Bundestagspräsident das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages ausübt (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Bundestagspräsident leitet (im Wechsel mit den Vizepräsidenten) die Plenarsitzungen, vertritt den Bundestag in allen Rechtsangelegenheiten und ist oberste Dienstbehörde der Bundestagsbediensteten.
In welcher Vorschrift ist der Begriff der Fraktion definiert und wie lautet die Definition?
In § 10 Abs. 1 Satz 1 GOBT. Hiernach sind Fraktionen "Vereinigungen von mindestens 5 v.H. der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen".
Könnte die Mindeststärke einer Fraktion durch Änderung der Geschäftsordnung heraufgesetzt werden?
Nein, der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages sind Grenzen gesetzt. Grundsätzlich müssen die Abgeordneten einer Partei, die mehr als 5 % der Zweitstimmen erlangt hat und deshalb im Bundestag vertreten ist, auch eine Fraktion bilden können.
Was versteht man unter dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität?
Mit dem Ende der Legislaturperiode gelten sämtliche Vorlagen des betreffenden Bundestages als erledigt (§ 125 Satz 1 GOBT). Ein Bundestag kann also einem folgenden keine Aufgaben zur weiteren Beschlussfassung überlassen. Soweit sich der Bundestag mit Gegenständen befassen will, müssen die Vorlagen erneut eingebracht werden.
Mit welcher Begründung hat die Bundesrepublik Deutschland der DDR die Anerkennung als Staat versagt?
Die Bundesrepublik Deutschland hat der etwa zeitgleich gegründeten "Deutschen Demokratischen Republik" (DDR) bis 1969 die Anerkennung als Staat mit der Begründung versagt, sie übe keine eigene Staatsgewalt aus. Erst 1969 wurde die DDR von der Bundesregierung als Staat anerkannt.
Welche Gegenstände müssen notwendig in einer Verfassung geregelt werden?
Im Grunde nur das Gesetzgebungsverfahren, weil alle anderen Fragen durch einfaches Gesetz geregelt werden könnten. In einem föderalen Staat müssen auch die Kompetenzen von Zentralstaat und Gliedstaat in der Verfassung geregelt sein, weil andernfalls der Bundesstaat durch einfaches Gesetz abgeschafft werden könnte.
Auf welche Weise ist die staatliche Einheit Deutschlands wieder hergestellt worden?
Formal durch einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, aufgrund dessen das Grundgesetz in seiner Geltung auf die "anderen Teile Deutschlands" (Art. 23 Satz 2 GG a.F.) erstreckt wurde. Der Beitritt war allerdings Gegenstand eines Vertrags - des Einigungsvertrags -, so dass von einem konsensualen Beitrittsverfahren gesprochen werden kann.
Könnte in Deutschland eine neue Verfassung geschaffen werden, ohne dass dieser Akt gegen das Grundgesetz verstieße?
Ja, Art. 146 GG beschränkt die Geltung des Grundgesetzes ausdrücklich bis zu dem Tage, "an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem Deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist".
Welche Funktion kam und kommt Art. 146 GG zu?
Zunächst wurde durch Art. 146 GG betont, dass das Grundgesetz, das ja nur für die alte Bundesrepublik galt, ein Provisorium war und durch eine gesamtdeutsche Verfassung abgelöst werden konnte. Da die Deutsche Einheit durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik verwirklicht worden ist und das Grundgesetz fortgilt, hält Art. 146 GG n.F. die Möglichkeit einer Verfassungsneuschöpfung offen, die sich außerhalb des durch das Grundgesetz gezogenen Rahmens vollziehen würde.
Welche unterschiedlichen Wahlsysteme gibt es für Parlamentswahlen und worin unterscheiden sie sich?
Für Parlamentswahlen stehen grundsätzlich das Mehrheitswahlrecht und das Verhältniswahlrecht zur Verfügung. Das Mehrheitswahlrecht setzt die Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise voraus, in denen die Abgeordneten gewählt werden. Das Verhältniswahlrecht erfordert lediglich eine mathematische Operation, nämlich die Stimmenzahlen in Abgeordnetensitze umzurechnen.
Welche Varianten des Mehrheitswahlrechts gibt es und wie unterscheiden sie sich?
Das absolute und das relative Mehrheitswahlrecht. Beim absoluten Mehrheitswahlrecht ist ein Kandidat gewählt, wenn er mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht. Beim relativen Mehrheitswahlrecht reicht es aus, wenn ein Kandidat mehr Stimmen als jeder andere Bewerber auf sich vereinigt. Das absolute Mehrheitswahlrecht erfordert für den Fall, dass die Mehrheit der Stimmen verfehlt wird, einen zweiten Wahlgang zwischen den beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmzahlen.
Welche Nachteile haben das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht bei Parlamentswahlen?
Das Mehrheitswahlrecht zeigt eine Tendenz zur Ungleichheit, weil es nahezu ausgeschlossen ist, Wahlkreise von exakt gleicher Größe festzulegen. Dem Verhältniswahlrecht ist wiederum die Gefahr einer politischen Zersplitterung eigen, weil ohne Sperrklausel Parteien schon mit einer relativ geringen Stimmenzahl in das Parlament einziehen können.
Wie lässt sich rechtfertigen, dass trotz Allgemeinheit der Wahl einzelne Personengruppen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind?
Das Wahlrecht setzt ein Mindestmaß an politischer Urteilsfähigkeit und Rechtstreue voraus. Der Ausschluss vom Wahlrecht (§ 13 BWahlG) knüpft an diese Voraussetzungen an.
Ließe sich die Allgemeinheit der Wahl mit dem Argument anzweifeln, dass Jugendliche bereits mit 16 Jahren so urteilsfähig sind, dass ihnen das aktive Wahlrecht zukommen müsste?
Nein, denn das aktive Wahlrecht ist durch das Grundgesetz selbst (Art. 38 Abs. 2 GG) an die Vollendung des 18. Lebensjahres geknüpft.
Verstößt es gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, dass ein Listenbewerber seine Anwartschaft auf ein Mandat verliert, wenn er vor Annahme der Wahl aus der Partei ausscheidet?
Nein, die Reserveliste soll ja gerade gewährleisten, dass die Parteien eventuell freigewordene Parlamentsmandate aus den eigenen Reihen besetzen können. Es wäre widersinnig, wenn Bewerber auch dann ihre Anwartschaft auf ein Mandat behielten, wenn sie aus der Partei ausgeschieden sind. Im Übrigen ist das Parteiausschlussverfahren hinreichend formalisiert (§ 10 V PartG) und dem Ausgeschlossenen steht der Rechtsweg offen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll der Grundsatz der Gleichheit der Wahl den gleichen Zählwert und den gleichen Erfolgswert garantieren. Welche Einwände bestehen gegen diese Annahme?
Ein gleicher Erfolgswert ist beim Mehrheitswahlrecht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Stimmen für unterlegene Bewerber überhaupt keinen Erfolgswert haben. Dasselbe gilt für ein Verhältniswahlrecht, das mit einer Sperrklausel versehen ist. Durch die Gleichheit der Wahl lässt sich deshalb neben dem gleichen Zählwert nur die gleiche Erfolgschance garantieren.
Wie lässt sich das durch das Bundeswahlgesetz geregelte Wahlsystem kennzeichnen?
Als personalisiertes Verhältniswahlrecht. Es handelt sich um ein Verhältniswahlrecht, weil das Stärkeverhältnis der Parteien zueinander ausschließlich durch die auf die Landeslisten entfallenden Zweitstimmen bestimmt wird. Allerdings haben die Wähler einen gewissen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Bundestages, weil die Hälfte der Bundestagsabgeordneten in Wahlkreisen mit Mehrheitswahl gewählt werden.
Ist die Grundmandatsklausel im Hinblick auf die Gleicheit der Wahl mit der Verfassung vereinbar?
Das Bundesverfassungsgericht hat dies mit der Erwägung bejaht, dass drei Direktmandate ein besonderes Maß an Zustimmung signalisieren. Dem tritt die herrschende Literaturansicht entgegen: Ein sachlicher Grund dafür, dass geographische Schwerpunktparteien gegenüber Splitterparteien bevorzugt werden, sei nicht ersichtlich.
Ist die Entstehung von Überhangmandaten im Hinblick auf die Gleicheit der Wahl mit der Verfassung vereinbar?
Auch wenn eine Partei so zur Erringung eines Sitzes weniger Zweitstimmen erringen muss, wird dies in engen Grenzen zulässig sein, da dieses Ergebnis einer personalisierten Verhltniswahl immanent ist und die Verfassung im übrigen kein bestimmtes Wahlsystem vorschreibt. Erreicht die Anzahl der Überhangmandate aber ein unerträgliches Ausmaß, wird die Gewährung von Ausgleichsmandaten zu fordern sein.
Welche Rechtsfolge tritt ein, wenn Direktmandate einer Partei, die Überhangmandate errungen hat, in dem betreffenden Land freiwerden?
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Listennachfolge in Direktmandate solange nicht eintritt, wie Überhangmandate vorliegen. Diese werden gewissermaßen abgeschmolzen. Beachte: Diese Regelung kann zu erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag führen.
Wie werden die Listenwahl durch die Zweitstimme und die Wahl von Wahlkreisabgeordneten durch die Erststimme miteinander verbunden?
Die in den Wahlkreisen errungenen Direktmandate werden von den auf die Landeslisten entfallenden Mandate abgezogen und nur die verbleibenden Mandate durch die Listenanwärter besetzt.
Unter welchen Voraussetzungen kommen durch Verletzung oder Tötung Anderer hervorgerufene Schockschäden als Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 I BGB in Betracht?
Der Zustand muss einen Krankheitscharakter aufweisen, der über ein gewöhnliches Ausmaß an Schmerz, Trauer oder Schrecken hinausreicht. Zudem muss der Betroffenene in einer personalen Sonderbeziehung zum Verletzten stehen, da sich ansonsten nur das allgemeine Lebensrisiko realisiert, Zeuge eines Unglücksgeschehens zu werden.
Ist die Forderungszuständigkeit ein absolutes Recht im Sinne des § 823 I BGB? Wäre der Gläubiger ausreichend geschützt, wenn die erste Frage zu verneinen ist?
Das ist umstritten: Es wird vertreten, die Forderungszuständigkeit sei von § 823 BGB erfasst, weil ihr eine vergleichbare Ausschlusswirkung wie dem Eigentum zukomme. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Erstens ergibt sich bei Zugrundelegung dieser Ansicht ein Widerspruch zu § 407 I BGB, der in einschlägigen Konstellationen den leicht fahrlässigen Schuldner privilegiert. Diesem Problem könnte man zwar dadurch entgehen, dass man § 407 I BGB als lex specialis anwendet. Darüber hinaus überzeugt aber auch die künstlische Abspaltung der Forderungszuständigkeit aus der Forderung selbst, die unbestrittenermaßen ein relatives Recht darstellt, nicht. Der Gläubiger ist im übrigen dadurch ausreichend geschützt, dass ein gutgläubiger Forderungserwerb grundsätzlich ausgeschlossen ist und er im Falle des § 407 BGB einen Anspruch aus § 816 II BGB hat.
In welchem Umfang ist die Ehe als sonstiges Recht im Rahmen des § 823 I BGB geschützt?
Nach ständiger Rechtsprechung ist nur der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe geschützt, so dass ein Anspruch darauf besteht, Dritte, zu denen ein ehebrecherisches Verhältnis unterhalten wird, der Ehewohnung zu verweisen. Darüber hinaus komme ein Schutz aus § I 823 BGB nicht in Betracht: Das Familienrecht behandle die vermögensrechtlichen Folgen ehewidrigen Verhaltens im Innenverhältnis insoweit abschließend. Ein Anspruch gegen Dritte komme nicht in Betracht, da die Verletzung von Ehepflichten einen rein innerehelichen Vorgang bilde. Wenn neben der Ehewidrigkeit weitere sittenwidrige Verhaltensweisen hinzuträten, sei aber der Anwendungsbereich von § 826 BGB eröffnet. Hinsichtlich ehestörender Dritter wird in der Literatur auch eine alternative Ansicht vertreten: Zumindest die Scheidungskosten könnten ihm auferlegt werden, wenn sein Verhalten Anlass für die Scheidung waren.
Auf welcher Anspruchsgrundlage können die Eltern Unterlassung eines unerwünschten Umgangs mit dem Kind fordern? Ergibt sich die Antwort aus dem Charakter des Rechtsinstituts der elterlichen Sorge?
Als Anspruchsgrundlagen kommen die §§ 823 I, 1004 BGB in Betracht. Das ergibt sich daraus, dass die elterliche Sorge ein absolutes Recht im Sinne dieser Normen ist.
Kommt ein Anspruch aus § 823 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Fällen des § 12 BGB auch in Betracht, wenn weder Namensleugnung noch Namensanmaßung vorliegen?
Ja, der Namensschutz des § 823 BGB geht insoweit über den des § 12 BGB hinaus, als auch das unbefugte eines fremden Namens beispielsweise zu Werbezwecken in Betracht.
Unterscheiden Sie die verschiedenen Kategorien der Personen der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 KUG.
Man unterscheidet zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte. Absolute Personen der Zeitgeschichte sind solche Persönlichkeiten, an denen die Öffentlichkeit längerfristig ein berechtigtes Interesse hat. Relative Personen der Zeitgeschichte sind demgegenüber solche, die nur anhand eines Singularereignisses für begrenzte Zeit in die öffentliche Wahrnehmung treten.
Welcher Anwendungsbereich verbleibt § 823 I BGB im Rahmen von ehrverletzenden Äußerungen, die in der Regel von § 823 II BGB erfasst sein werden?
Eine Anwendung von § 823 I BGB kommt bei fahrlässigen Ehrverletzungen in Betracht, da die Verletzung von Schutzgesetzen im Rahmen von § 823 II BGB in der Regel Vorsatz erfordert.
Inwiefern unterstehen Tatsachenbehauptungen dem Schutzbereich des Art. 5 I GG?
Tatsachenbehauptungen werden nur insoweit erfasst, als sie dazu geeignet sind, Voraussetzung für die Bildung einer Meinung zu sein. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind somit nicht vom Schutzbereich des Art. 5 I GG umfasst.
Wird auch die kommerzielle Werbung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt?
Auch diese Frage ist umstritten. Während die herrschende Meinung Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf die kommerzielle Werbung anwendet, bestehen insoweit Bedenken gegenüber der Einschlägigkeit des Grundrechts. Kommerzielle Werbung ist im Ergebnis auf Absatzförderung gerichtet und unterfällt deshalb nach zutreffender Ansicht allein Art. 12 Abs. 1 GG. Im Übrigen unterfallen beispielsweise auch religiöse Äußerungen Art. 4 GG und nicht Art. 5 GG.
Worauf kommt es für das Schutzgut der Informationsfreiheit entscheidend an?
Auf die Frage, ob die entsprechende Informationsquelle technisch geeignet und dazu bestimmt ist, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen. Nicht allgemein zugänglich sind Mitteilungen an einen beschränkten Empfängerkreis, Akten, private Aufzeichnungen und Telefongespräche.
Wie ist das Schutzgut der Pressefreiheit zu bestimmen?
In erster Linie durch den Pressebegriff, also durch die Herstellungs- und Vervielfältigungstechnik. Die zum Teil abweichende Tendenz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf einer institutionellen Deutung, die nicht unproblematisch ist. Das Schutzgut des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 ist deshalb in erster Linie die Freiheit der Meinungsäußerung in der Presse. Sie unterliegt wegen ihrer massenhaften Verbreitung besonderen Gefährdungen (aber auch besonderer Verantwortung), so daß ein gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit spezielles Grundrecht folgerichtig ist. Presse ist hiernach der Inbegriff der Personen und Istitutionen, die über das Medium des Drucks einen Beitrag zu öffentlicher Information und Meinungsbildung leisten.
Was versteht man unter innerer Pressefreiheit?
Unter diesem Begriff ist die Frage behandelt worden, ob sich ein Journalist auch gegenüber dem Chefredakteur oder Verleger auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen kann. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, weil das Grundrecht keine Drittwirkung entfaltet. Die redaktionsinterne Unabhängigkeit von Journalisten ist vielmehr eine Frage der jeweiligen arbeitsvertraglichen Bestimmungen, die freilich im Lichte des Grundrechts ausgelegt werden müssen.
Welches ist das Schutzgut der Filmfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG)?
Die Vermittlung von Inhalten durch den Film, entgegen dem Wortlaut also nicht nur die aktuelle Berichterstattung, die ohnehin der Vergangenheit angehört. Soweit ein Film allerdings ein Kunstwerk darstellt, ist Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG einschlägig.
Welche Auslegungen werden (wurden) zum Begriff der allgemeinen Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG vertreten?
Zunächst die allgemeine Geltung, die sich für Gesetze freilich von selbst versteht. Als allgemein werden auch solche Gesetze angesehen, deren Schutzgut Vorrang vor den Schutzgütern des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG haben soll. In diesem Falle wären aber auch die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre bereits Vorschriften der „allgemeinen Gesetze“. Überzeugend ist letztlich nur die Auslegung, daß allgemeine Gesetze solche sind, die sich reflexiv auf die Schutzgüter des Art. 5 Abs. 1 GG auswirken. Unter dieser Voraussetzung würden allerdings bestimmte Strafbestimmungen (§ 90 a StGB) nicht gedeckt werden.
Welche Vorschriften gehören zum Recht der persönlichen Ehre im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG?
In erster Linie Strafvorschriften (§§ 185 ff. StGB), aber auch zivilrechtliche Haftungsnormen (§§ 823, 826 BGB), die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu einem Persönlichkeitsschutz geformt worden sind.
Was versteht man unter der Wechselwirkungslehre des Bundesverfassungsgerichts?
Sofern ein Gesetz vorhanden ist, aufgrund dessen die Meinungs- (Presse-, Rundfunk-, Film-) Freiheit eingeschränkt werden kann, ist dieses Gesetz im Lichte des Grundrechts auszulegen. Die Einschränkung ist also nicht einseitig, Grundrecht und einschränkendes Gesetz stehen vielmehr in einer Wechselwirkung zueinander.
In welcher Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Wechselwirkungslehre begründet?
Im Lüth-Urteil. Der Vorsitzende des Hamburger Presseclubs Erich Lüth hatte sich in der Öffentlichkeit gegen die Aufführung eines Films des Regisseurs Veith Harlan gewandt, weil dieser sich in den Dienst der nationalsozialistischen Propaganda gestellt hatte. Das Landgericht Hamburg untersagte Lüth diese Äußerungen, weil es sich bei dem Boykott-Aufruf um einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB handelte. Das hiergegen angerufene Bundesverfassungsgericht hob das Urteil wegen Verstosses gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit auf.
Läßt sich das Lüth-Urteil als Ausprägung der Drittwirkung der Grundrechte begreifen?
Nein, denn bei dem Urteil des Landgerichts Hamburg handelte es sich eindeutig um einen staatlichen Akt, gegen den der Grundrechtsschutz gegeben ist (Art. 1 Abs. 3 GG). Der staatliche Eingriff in die Meinungsfreiheit verlor auch nicht dadurch an Gewicht, daß er im Interesse eines privaten Klägers erfolgte. Die epochale Bedeutung des Lüth-Urteils liegt vielmehr darin, daß die Wertungen des Grundgesetzes erstmals Eingang in die insoweit offenen Begriffe des Privatrechts („gute Sitten“) gefunden haben. Zutreffend hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß es einen inneren Widerspruch bedeuten würde, einerseits die Meinungsfreiheit zu garantieren, andererseits aber den Prozeß der geistigen Auseinandersetzung durch Gerichtsurteile zu verhindern.
Was spricht dafür, daß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG nur die Vorzensur betrifft?
Eine Nachzensur, also eine Überprüfung von Meinungen oder Medieninhalten ist nicht nur zulässig, sondern auch erforderlich, um die Schrankengesetze des Art. 5 Abs. 2 GG umzusetzen, wird also vom Grundgesetz vorausgesetzt.
In der Rechtspraxis findet eine Kontrolle von Filmen vor ihrer Aufführung statt. Ist dies in § 6 JöSchG vorgesehene Verfahren mit dem Verbot der Vorzensur vereinbar?
Nein, weil das Zensurverbot keine Einschränkungen kennt. Angezeigt wäre eine Verfassungsänderung, die Filme vom Zensurverbot ausnehmen könnte.
Welche Schwierigkeit besteht hinsichtlich der Bestimmung des Schutzguts der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG)?
Der Begriff der Kunst läßt sich nicht leicht bestimmen. Sofern ein zu weiter Kunstbegriff gewählt wird, verliert das Grundrecht an Konturen. Wird dagegen der Kunstbegriff zu eng gefaßt, entfaltet das Grundrecht nicht die ihm zugedachte Wirkung.
Wie ließe sich das Problem der Grundrechtskonkurrenz von Kunstfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit lösen?
Sofern künstlerische Elemente im Meinungskampf instrumentalisiert werden, liegt der Schwerpunkt des Handelns in der Meinungsäußerung, auf die die Schranken des Art. 5 Abs. 2 anwendbar sind. Liegt demgegenüber der Schwerpunkt in der künstlerischen Gestaltung, wäre Art. 5 Abs. 3 GG einschlägig.
Was bedeutet die Bestimmung, daß die Freiheit der Wissenschaft nicht von der Treue zur Verfassung entbindet (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG)?
Es handelt sich um eine Wissenschaftsfreiheit immanente Mißbrauchsschranke, die auf den Erfahrungen der Weimarer Zeit beruht. Die Professoren benutzten ihre Lehrfreiheit seinerzeit vielfach zur Diskreditierung der Verfassung.
Wie läßt sich das Petitionsrecht gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) abgrenzen?
Jede Petition stellt eine Meinungsäußerung dar, unterscheidet sich aber von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG durch den Adressatenkreis, vor allem aber dadurch, daß mit der Petition ein Verfahren eingeleitet wird.
Unter welchen Voraussetzungen greifen rufschädigende Äußerungen in das Recht am eigerichteten und ausgeügten Gewerbebetrieb im Rahmen des § 823 I BGB ein?
Der Schutz des Rechts am eigerichteten und ausgeügten Gewerbebetrieb umfasst grundsätzlich auch rufschädigende Äußerungen. Dies jedoch nur sofern nicht leges speciales vorliegen. Als solche kommen in Betracht die Regelungen des UWG (Äußerungen von Konkurrenten), § 824 BGB (unwahre Tatsachenbehauptungen), § 823 II BGB sowie § 826 BGB (vorsätzliche und sittenwidrige Äußerungen).
Was versteht man im Deliktsrecht unter einer psychisch vermittelten Kausalität? Welches Prinzip wird hiermit durchbrochen?
Wenn durch eine Tat eine Gefahrenlage geschaffen wurde, die Dritte zu einem Eingreifen veranlasst, um die Gefahr abzuwenden oder zu verkleinern, werden solche Schäden, die der Dritte in seinem Bemühen verursachte, dem Ersttäter zugerechnet. Die ist eine Druchbrechung des Prinzips, dass Handlungen, die auf einem freien Entschluss Dritter beruhen, grundsätzlich nicht dem Ersttäter zuzurechnen sind.
Erläutern sie kurz die Behandlung der sogenannten Verfolgungs- bzw. Herausforderungsfälle im Deliktsrecht.
Wenn der Herausfordernde durch sein Verhalten in zurechenbarer Weise ohne Notwendigkeit eine Lage erhöhter Gefahr für den Herausgeforderten geschaffen hat, indem er dessen mit dem Gesetz im Einklang stehendes und im übrigen für einen objektiven Beobachter nachvollziehbares Verhalten herausforderte, obwohl die Gefährdung erkennbar und vermeidbar war, ist für den dem Herausgeforderten entstehenden Schaden verantwortlich. Im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung ist hierbei aber zu berücksichtigen, ob der Zweck der herausgeforderten Handlung in einem angemessenen Verhältnis zum mit ihr übernommenen Risiko steht.
Unter welchen Gesichtspunkten ist allgemein die Auswahl zwischen verschiedenen Störern vorzunehmen?
In der Rechtsprechung herrscht die deutliche Tendenz vor, den Verhaltens- vor dem Zustandsstörer in anspruch zu nehmen. Dies kann jedoch allenfalls eine Faustregel sein. Entscheidend kommt es auf die Prinzipien der effektiven Gefahrenabwehr und des geringstmöglichen Eingriffs an.
Welche Rechtsbehelfe sind gegen Gefahrenabwehrverfügungen statthaft?
Da sich die ordnungsbehördliche Maßnahme in der Regel vor Klageerhebung erledigt haben wird, kommt regelmäßig die erweiterte Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht. Sollte sich die Verfügung ausnahmsweise nicht vor Klageerhebung erledigt haben, ist die anfechtungsklage statthaft.
Warum ist bei der Begutachtung einer Gefahrenabwehrverfügung das Ermessen dreigeteilt zu prüfen?
Das polizeiliche Ermessen gliedert sich in Einschreit- und Auswahlermessen auf. Das Auswahlermessen teilt sich wiederum auf in das Ermessen hinsichtlich der auswahl des Störers und des Mittels.
Sind im Rahmen des Deliktsrechts interne Schadensanlagen des geschädigten Objekts, die sicher zu einem späteren Zeitpunkt zu dem gleichen Schaden geführt hätten, den der Schädiger herbeiführte, für die Ersatzpflicht beachtlich? Woraus ergibt sich die Antwort?
Ja, solche Anlagen sind im Sinne der Differenzhypothese in die Berechnung des bestandenen Vermögensschadens einzustellen. Das folgt erstmal aus § 249 BGB, die Erkenntnis kann aber auch auf die Wertungen der §§ 252 II, 844 S. 2 BGB gestützt werden.
Ergeben sich im Deliktsrecht Besonderheiten, wenn das geschädigte Objekt später durch eine Reserveursache ebenso verletzt worden wäre, die Reserveursache aber nicht bereits im Objekt angelgt war?
Das ist streitig. Eine Ansicht hält die Reserveursache nach den allgemeinen Regeln ebenso wie die bereits im Objekt angelegte für beachtlich. Die herrschende Meinung unter Einschluss des BGH geht demgegenüber davon aus, dass hypothetische Ereignisse, die zu einem späteren Zeitpunkt aus anderem Anlass eingetreten wären, keine Auswirkungen auf den Schadensersatzanspruch hätten.
Wonach ist im Haftungsrecht die Frage zu entscheiden, ob ein Schaden auch dann vom Schädiger zu ersetzen ist, wenn er auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre?
Die herrschende Meinung löst solche Fälle über den Schutzzweck der Haftungsnorm. Im Regelfall sind derartige Schäden somit nicht erfasst.
Wann vermittelt eine Norm einen für die Anwendbarkeit von § 823 II BGB notwendigen Individualschutz? Welche Anforderungen darüber hinaus zu stellen, damit es zur Anwendbarkeit eines Gesetzes im Rahmen von § 823 BGB kommen kann?
Individualschutz liegt schon dann vor, wenn die Norm überwiegend Interessen der Allgemeinheit, jedoch auch Individualinteressen schützt. Hierbei ist es jedoch nicht ausreichend, dass der Schutz von Individualinteressen lediglich ein Reflex der Regelung ist. Im übrigen muss die Norm entweder Ge- oder Verbotscharakter aufweisen. Schließlich muss das verletzte Rechtsgut gerade vom Schutzzweck der Norm, gegen die verstoßen wurde, erfasst sein.
Ist § 267 StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB?
Nein, Schutzgut ist hier einzig das Allgemeininteresse an der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs. Das Vermögen derjenigen Person, die mittels der falschen Urkunde geschädigt wird ist demgegenüber nur reflexhaft betroffen.
Wann benachteiligt eine Klausel den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 I BGB)?
Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn der Verwender einseitig seine eigenen Interessen durchsetzt, ohne auch die berechtigten Belange seines Vertragspartners zu berücksichtigen.
Ist es für die AGB-Kontrolle maßgeblich, wenn der Verbraucher beispielsweise erkennbar geschäftlich unerfahren ist, oder wenn auf der anderen Seite ein AGB-versierter Rechtsanwalt etwas für den Privatgebrauch kauft?
Ja, in solchen Fällen ist auf § 310 III Nr. 3 BGB abzustellen, der für AGB, die ein Unternehmer einem Verbaucher gegenüber stellt, auf die Maßgeblichkeit der Umstände des Vertragsschlusses abstellt.
Erläutern sie kurz das sogenannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im AGB-Recht sowie den dahinterstehenden Gedanken.
Unter dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion versteht man die Unzulässigkeit der teilweisen Aufrechterhaltung einer gegen das AGB-Recht verstoßenden Klausel. Hintergrund ist der aus § 305c BGB herauszulesende Grundsatz, dass rechtlich zweifelhafte Klauseln stets zulasten des Verwenders gehen müssen. Ließe man die geltunserhaltende Reduktion zu, könnte derjenige, der sich grob benachteiligender Klauseln bedient, stets darauf vertrauen, dass diese vom Richter auf das zulässige Maß reduziert werden.
Worin besteht in zeitlicher Hinsicht der grundlegende Unterschied zwischen den Widerrufsrechten aus § 355 BGB und § 130 I 2 BGB?
Das Widerrufsrecht aus § 355 BGB kann auch nach Vertragsschluss, das des § 130 I 2 BGB spätestens mit Zugehen der zu widerrufenden Willenserklärung ausgeübt werden.
Diskutieren Sie die Frage, ob es sich bei Bürgschaftsverträgen um Haustürgeschäfte im Sinne des § 312 BGB halten kann. Gehen Sie dabei auf die verschiedenen Konstellationen zwischen Bürgschaftsvertrag und Vertrag zwischen Gläubiger und Hauptschuldner ("Grundgeschäft") ein.
Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH geht der BGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Haustürgeschäft nur dann vorliege, wenn sowohl für den Bürgschaftsvertrag als auch für das Grundgeschäft die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts vorliegen. Dem tritt die ganz herrschende Literatur entgegen: Da § 312 BGB nach seinem Wortlaut nur auf entgletliche Verträge anwendbar sein soll, komme zwar nur eine analoge Anwendung in Betracht. Diese sei aber dadurch gerechtfertigt, dass der Bürge, da er sich unetgeltlich verpflichte, erst recht schutzwürdg sei. Im übrigen sollen die allgemeinen Regeln gelten: Ist nur der Bürgschaftsvertrag ein Haustürgeschäft greife wie gesehen § 312 BGB analog ein. Ist nur das Grundgeschäft ein Haustürgeschäft, könne sich der Bürge auf die Widerrufsmöglichkeit des Hauptschuldners gem. § 770 BGB analog stützen. Sind beides Haustürgeschäfte, sei der Bürge durch §§ 312, 770 BGB jeweils analog doppelt geschützt.
Kommt eine Anwendung der Vorschriften über den Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491 ff. BGB) auf eine Bürgschaft in Betracht?
Eine direkte Anwendung scheidet von vornherein aus, da die Bürgschaft einseitig verpflichtend ist und es somit an der Entgeltlichkeit fehlt. Ob eine analoge Anwendung in Betracht kommt ist sehr streitig: Die herrschende Meinung lehnt diese ab, da eine Regelungslücke durch den ausreichenden Bürgenschutz in § 766 BGB nicht bestehe und ansonsten eine fragwürdige Durchbrechung des Grundsatzes pacta sunt servanda vorliege. Eine andere Ansicht stellt demgegenüber darauf ab, dass die Gründe, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben, den Grundsatz dass Verträge einzuhalten seien für Verbraucherkreditverträge zu durchbrechen auch auf andere Verträge zuträfen. Im übrigen liege ein ausreichender Schutz durch § 766 BGB nicht vor. Es sei vielmehr nicht von der Hand zu weisen, dass die Verbraucherschutzinstrumente ein wesentlich höheres Schutzniveau gewährten als der Bürgenschutz. Dem Bürgen dieses Schutzniveau zu versagen sei unangemessen.
Inwieweit kommt eine Anwendbarkeit von § 313 BGB auf Bürgschaftsverträge in Betracht?
Da Hauptzweck der Bürgschaft gerade die Sicherung des Ausfallrisikos der Hauptschuld durch den Bürgen ist, kommt eine Störung der Geschäftsgrundlage wegen Verschlchterungen der Solvenz des Hauptschuldners von vorherein nicht in Betracht. Der BGH ist auch im Übrigen in ständiger Rechtsprechung sehr zurückhaltend und nimmt eine Störung der Geschäftsgrundlage nur ganz ausnahmsweise bei Bürgschaften von Ehegatten oder sonstigen Lebenspartnern nach Ende der Beziehung an.
Erläutern Sie umfassend den Begriff der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Gehen Sie dabei auch auf die Grenzen der Gläubigerrechte ein.
Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern liegt vor, wenn der Gläubiger den Bürgen aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen kann, ohne den Nachweis erbringen zu müssen, dass der Sicherungsfall eingetreten ist. Faktisch handelt es sich somit um einen Verzicht des Bürgen auf die Einreden der §§ 768, 770 BGB. Die Frage, ob der Bürgenfall tatsächlich eingetreten ist, ist dementsprechend in einem Rückforderungsprozess des Bürgen gegen den Gläubiger zu klären. Ist der Sicherungsfall nicht eingetreten, bestehen Ansprüche des Bürgen gegen den Gläubiger aus §§ 812 ff. BGB. Zu beachten ist, dass der BGH in seiner neueren Rechtsprechung regelmäßug von einem Rechtsmissbrauch (dolo agit) des Gläubigers ausgeht, da das Institut der Bürgschaft auf erstes Anfordern den Schutzzwecken der §§ 765 ff. BGB diametral zuwiderläuft. Der Bürgschaft auf erstes Anfordern ist auf Grundlage dieser kritischen Rechtsprechung damit weitgehend der Boden entzogen.
Was ist eine Zeitbürgschaft? Welche Formen gibt es und wo sind diese gesetzlich geregelt?
Mit der Zeitbürgschaft führt der Bürge eine zeitliche Haftungsbegrenzung herbei. Es bestehen zwei Erscheinungsformen. Bei der ersten, die sich insbesondere dann anbietet, wenn der Bürge für zukünftige oder bedingte Verbindlichkeiten bürgt, haftet er nur für solche Verbindlichkeiten des Hauptschuldners, die in einem bestimmten Zeitraum bestehen. Diese Form der Zeitbürgschaft ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. In der anderen Variante haftet der Bürge nur bis zum Ablauf einer gewissen Frist. Diese Form der Zeitbürgschaft ist in § 777 BGB geregelt.
Erklären sie kurz, was unter dem Begriff der Nachbürgschaft zu verstehen ist und wie sich in diesem Falle die Akzessorietät zwischen Hauptschuld und Bürgenhaftung darstellt.
Im Falle der Nachbürgschaft bürgt der Nachbürge dafür, dass der Hauptbürge seiner Bürgenverpflichtung nachkommt. Haupt- und Nachbürgschaft sind akzessorisch miteinander verbunden, so dass auch die Hauptschuld mittelbar akzessorisch mit der Nachbürgschaft verbunden ist. Befriedigt der Nachbürge den Gläubiger, geht dessen Forderung gegen den Hauptschuldner gem. § 774 I 1 BGB auf den Nachbürgen über und damit üner §§ 412, 401 BGB auch die Bürgschaftsrecht des Gläubigers gegen den Hauptbürgen.
Was ist eine Rückbürgschaft und was bewirkt die Inanspruchnahme des Rückbürgen?
Der Rückbürge haftet dem Hauptbürgen für dessen (künftige, § 765 II BGB) Rückgriffsansprüche gegen den Hauptschuldner. Leistet der Rückbürge an den Hauptbürgen geht damit dessen Anspruch gegen den Hauptschuldner nach § 774 I 1 BGB auf ihn über.
Prüfungsschema: Sittenwidrigkeit der Bürgschaft
a) gewerblicher oder beruflicher Kreditgeber
b) besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner
c) erhebliche finanzielle Überforderung des Bürgen
d) Folge: widerlegliche Vermutung der sittenwidrigen Ausnutzung einer Zwangslage
e) Widerlegung der Vermutung der Sittenwidrigkeit: eigenes wirtschaftliches Interesse des Bürgen
f) Gegenausnahme: Gläubiger verharmlost Gefahren des Geschäfts oder nutzt geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen aus
b) besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner
c) erhebliche finanzielle Überforderung des Bürgen
d) Folge: widerlegliche Vermutung der sittenwidrigen Ausnutzung einer Zwangslage
e) Widerlegung der Vermutung der Sittenwidrigkeit: eigenes wirtschaftliches Interesse des Bürgen
f) Gegenausnahme: Gläubiger verharmlost Gefahren des Geschäfts oder nutzt geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen aus
Prüfungsschema: Sittenwidrigkeit der Bürgschaft
a) gewerblicher oder beruflicher Kreditgeber
b) besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner
c) erhebliche finanzielle Überforderung des Bürgen
d) Folge: widerlegliche Vermutung der sittenwidrigen Ausnutzung einer Zwangslage
e) Widerlegung der Vermutung der Sittenwidrigkeit: eigenes wirtschaftliches Interesse des Bürgen
f) Gegenausnahme: Gläubiger verharmlost Gefahren des Geschäfts oder nutzt geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen aus
b) besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner
c) erhebliche finanzielle Überforderung des Bürgen
d) Folge: widerlegliche Vermutung der sittenwidrigen Ausnutzung einer Zwangslage
e) Widerlegung der Vermutung der Sittenwidrigkeit: eigenes wirtschaftliches Interesse des Bürgen
f) Gegenausnahme: Gläubiger verharmlost Gefahren des Geschäfts oder nutzt geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen aus
Was verstehen Sie unter der Subsidiarität der Bürgschaft? Inwieweit gilt dieser Grundsatz in der Praxis?
Gemäß § 771 BGB (Einrede der Vorausklage) ist die Bürgschaft gegenüber der Hauptschuld grundsätzlich nachrangig, der Gläubiger muss sich also grundsätzlich erst an den Hauptschuldner halten, bevor er den Bürgen in Anspruch nehmen kann. Zu beachten ist, dass dieser Grundsatz in der Praxis meist dadurch durchbrochen ist, dass der Bürge eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernimmt (Verzicht auf die Einrede der Vorausklage, § 773 I Nr. 1 BGB).
Was ist ene Globalbürgschaft? Sind ihr Grenzen gesetzt?
Mit einer Globalbürgschaft verbürgt sich der Bürge für alle bestehenden und künfitgen Forderungen des Hauptschuldners aus einer bestimmten Geschäftsverbindung. Da sich jedoch aus der Akzessorietät der Bürgschaft das Erfordernis der Bestimmbarkeit ergibt und der Bürge vor unübersehbaren Belastungen durch unkalkulierbare Haftungsrisiken geschützt werden muss, ist die Globalbürgschaft insoweit begrenzt, als sie diesen Zielen nicht zuwiderlaufen darf.
Wie hat sich in letzter Zeit die BGH-Rechtsprechung zum Erforderinis der Bestimmbarkeit der zu sichernden Forderungen im Hinblick auf den Bürgenschutz entwickelt?
Entgegen der früheren Rechtsprechung wird nunmehr großzügiger mit künftigen Forderungen verfahren, die zwar zu großen Belastungen führen können, aber im Kern doch genau bestimm- und abgrenzbar sind. Bei Individualverträgen kommt mithin nur in Extremfällen ein Sittenverstoß gem. § 138 BGB in Betracht. Etwas anderes gilt jedoch für Formularverträge: Hier greift §§ 305c, 307 BGB in der Regel ein, wenn die Bürgenhaftung über die Hauptschuld hinausgeht, die gerade Anlass der Bürgschaft war. Die Tatsache, dass eine Bürgschaft für künftige Forderungen gem. § 765 II BGB als gesetzlicher Regelfall nicht überraschend sein können, greift insoweit nicht durch. Dies gilt auch für Kaufleute und juristische Personen, es sei denn die Bürgschaft wird entgeltlich übernommen und gehört zum typischen Geschäftsbetrieb des Kaufmannes.
Diskutieren Sie das Verhältnis zwischen § 767 I 3 BGB und § 307 II BGB.
Durch das Abbedingen des § 767 I 3 BGB wurde früher häufig der Weg für eine Globalbürgschaft freigemacht. Dieser Weg ist nach heutiger Rechtsprechung zum AGB-Recht nicht mehr haltbar: Wegen § 307 II Nr. 1 BGB verbietet sich die Erstreckung der Bürgschaft auf zukünftige Forderungen, die nicht Anlass der Bürgschaft waren, da insoweit dem wesentlichen Grundgedanken des § 767 I 3 BGB widersprochen wird. Desweiteren ist ein Verstoß gegen § 307 II Nr. 2 BGB gegeben, da die Rechte des Bürgen, die sich aus dem gesetzlichen Typus des Bürgschaftsvertrages so wesentlich abweichen, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Wie wirkt sich eine wegen Verstoß gegen AGB-Recht unwirksame Klausel auf den Vertrag im Ganzen sowie auf den Punkt aus, der durch die Klausel geregelt werden sollte? Ergibt sich eine Abweichung von einer Bestimmung des Allgemeinen Teils und, falls ja, wie rechtfertigt sie sich?
Entgegen § 139 BGB bleibt im Falle einer unwirksamen AGB-Klausel der Vertrag gemäß § 306 I BGB im Übrigens wirksam. Dies rechtfertigt sich daraus, dass dem Kunden sonst gar keine Rechte aus dem BVertrag zustünden. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt gem. § 306 II BGB die entsprechende gesetzliche Regelung. Fehlt eine solche oder wird sie der besonderen Sachlage nicht gerecht, ist die Vertragslücke nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu schließen. Beachte auch § 306 III BGB, nachdem der gesamte Vertrag ausnahmsweise nichtig ist, wenn das Festhalten an ihm für eine Partei eine unzumutbare Härte bedeutete.
Wie ist der Regelungsgehalt der §§ 308, 309 BGB trotz ihrer grundsätzlichen Unanwendbarkeit auf gegenüber Unternehmern gestellten AGB (§ 310 I BGB) trotzdem für diese Fälle fruchtbar zu machen?
Ein Verstoß gegen §§ 308, 309 BGB hat Indizwirkung für eine Unangemessenheit im Sinne des § 307 BGB.
In welcher Konstellation ist § 770 BGB analog im Bereich des Vormerkungsrechts anwendbar? Wie rechtfertigt sich diese Analogie?
Ist für einen Grundstückskäufer eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und lässt der Eigentümer das Grundstück zwischenzeitlich an einen Anderen auf, muss dem Anderen die Einrede der Gestaltbarkeit gem. § 770 BGB analog eingeräumt werden. Er kann somit dem Erstkäufer dessen Anspruch aus § 888 BGB eine etwaige Anfechtungsmöglichkeit, die der Verkäufer gegen den Kaufvertrag hat. Die Analogie rechtfertigt sich dadurch, dass die Vormerkung in Entstehung, Durchsetzbarkeit und Erlöschen streng akzessorisch ist, so dass der genannte Fall genau dem von § 770 BGB erfassten entspricht. Im Vormerkungsrecht fehlt aber eine § 770 BGB entsprechende Norm.
Unterliegen Haupt- und Bürgschaftsschuld derselben Verjährungsfrist?
Nein, trotz seiner Akzessorietät begründet der Bürgschaftsvertrag eine rechtlich selbstständige und von der Hauptschuld zu unterscheidende Verpflichtung des Bürgen. Beachte aber: Gem. § 768 I 1 BGB kann der Bürge dem Gläubiger auch die Verjährung der Hauptschuld entgegenhalten.
Stehen dem Bürgen nach Befriedigung des Gläubigers neben § 774 I 1 BGB weitere Vorderungen gegen den Gläubiger zu?
Die Beantwortung der Frage hängt vom Innenverhältnis zwischen Bürge und Hauptschuldner ab. Da hier in der Regel ein Auftrag, eine Geschäftsbesorgung oder eine GoA vorliegen werden, kommen weitere Forderungen in der Tat regelmäßig in Betracht.
Diskutieren Sie das Problem, das entsteht, wenn eine Bürgschaft und ein dingliches Sicherungsrecht zusammentreffen und der Gläubiger sich aus dem einen oder dem anderen befriedigt.
Befriedigt sich der Gläubiger aus der Bürgschaft, könnte sich der Bürge nach der Konzeption des Gesetzes an dem Eigentümer des Sicherungsgutes vollständig schadlos halten, da das Sicherungsrecht insoweit gem. §§ 774 I 1, 412, 401 BGB auf ihn übergeht. Eine § 774 II BGB entsprechende Regelung besteht für diesen Fall nicht. Umgekehrt gilt das gleiche für den Eigentümer des Sicherungsgutes, auf den gem. §§ 1143, 412, 401 BGB die Bürgschaft überginge. Eine ganz ähnliche Situation ergäbe sich bei der nicht akzessorischen Grundschuld mit dem Unterschied, dass die jeweils andere Sicherheit gerade nicht überginge. Dass diese Ergebnisse unbillig sind, da die Frage wer sich im Endeffekt schadlos halten könnte von dem zufälligen Umstand abhängt, von wem der Gläubiger Befriedigung verlangt, liegt auf der Hand. Zur Lösung des Problems werden im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Nach einer Ansicht gebührt dem Personalsicherer immer der Vorrang. Als Begründung wird angeführt, dass das Gesetz an vielen Stellen deutlich mache, dass der Personalsicherer gegenüber dem dinglichen Sicherer privilegiert sei. So werde der Bürge gem. § 776 BGB frei, soweit der Gläubiger dingliche Sicherheiten preisgibt. Darüber hinaus würden nur dingliche Sicherheiten trotz Verjährung weiterhaften (vgl. § 216 BGB sowie §§ 214, 768, BGB). Dem tritt die herrschende Ansicht jedoch zurecht entgegen: Erstens gehe der Verweis auf § 776 BGB fehl, da der Bürge hier nur insoweit befreit sei, als er Ersatz hätte verlangen können. Ob er überhaupt Ersatz hätte verlangen können, sei jedoch gerade die Frage, um die es geht. Zweitens entspreche die stärkere Gefährdung des Bürgen gerade seinem vertragsspezifischen Risiko, so dass eine Abwälzung des Risikos allein auf den dinglichen Sicherer unberechtigt sein. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Personal- und dingliche Sicherheit gleichrangigs Sicherungsmittel sind. Daher rechtfertigt sich die Anwendung von § 774 II BGB analog, so dass zwischen den Sicherungsgebern ein gesamtschuldähnlicher Innenausgleich zu vollziehen ist.
Kommen Fälle in Betracht, in denen bei unzutreffenden Grundbucheintragungen kein Anspruch aus § 894 BGB besteht?
Ja, dies sind insbesondere schuldrechtlich oder tatsächlich wirkende Ereignisse. Beide betreffen nicht die dingliche Rechtslage. In diesen Fällen kommen von Amts wegen Berichtigungen oder Klarstellungsvermerke in Betracht.
Prüfungsschema: AGB
a) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB
aa) persönlicher Anwendungsbereich §§ 305 I, 310 I BGB
bb) sachlicher Anwendungsbreich §§ 305a, 310 II, IV BGB
b) Vorliegen von AGB, § 305 I BGB
aa) vorformulierte Vertragsbedingungen
bb) für eine Vielzahl von Fällen
cc) vom Verwender einseitig gestellt
c) Einbeziehungskontrolle, § 305 II BGB
aa) ausdrücklicher Hinweis oder Aushang
bb) zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme
cc) Einverständnis mit der Geltung
d) kein Ausschluss der Geltung
aa) überraschende Klausel, § 305c BGB
bb) Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB
e) Inhaltskontrolle
aa) Auslegung der Klausel §§ 133, 157, 305c II BGB
bb) Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle, § 307 III BGB
cc) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB
dd) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB
ee) § 307 II BGB
ff) § 307 I BGB
f) Rechtsfolge
aa) Klausel unwirksam, § 306 I BGB
bb) Vertrag im Übrigen grundsätzlich wirksam, § 306 III BGB
cc) keine Geltungserhaltende Reduktion
dd) Lückenschließung gem. § 306 II BGB
aa) persönlicher Anwendungsbereich §§ 305 I, 310 I BGB
bb) sachlicher Anwendungsbreich §§ 305a, 310 II, IV BGB
b) Vorliegen von AGB, § 305 I BGB
aa) vorformulierte Vertragsbedingungen
bb) für eine Vielzahl von Fällen
cc) vom Verwender einseitig gestellt
c) Einbeziehungskontrolle, § 305 II BGB
aa) ausdrücklicher Hinweis oder Aushang
bb) zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme
cc) Einverständnis mit der Geltung
d) kein Ausschluss der Geltung
aa) überraschende Klausel, § 305c BGB
bb) Vorrang der Individualabrede, § 305b BGB
e) Inhaltskontrolle
aa) Auslegung der Klausel §§ 133, 157, 305c II BGB
bb) Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle, § 307 III BGB
cc) Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB
dd) Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB
ee) § 307 II BGB
ff) § 307 I BGB
f) Rechtsfolge
aa) Klausel unwirksam, § 306 I BGB
bb) Vertrag im Übrigen grundsätzlich wirksam, § 306 III BGB
cc) keine Geltungserhaltende Reduktion
dd) Lückenschließung gem. § 306 II BGB
Wann ist eine Vertragsbedingung nach Rechtsprechung des BGH nicht einseitig gestellt?
Ein einseitiges Stellen liegt nicht vor, wenn der Verwender die in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Bestimmungen ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt.
Hat das Zumutbarkeitserforderins des § 305 II Nr. 2 BGB Auswirkungen auf die zulässige Länge von AGB.
Ja, so ist es beispielsweise nicht zumutbar dem Kunden längere als sehr knappe Vertragsbedingungen telefonisch vorzulesen oder bei relativ geringfügigen Vertragsgeschäften seitenlange AGB zu stellen.
Kommt bei der Übernahme einer Bürgschaft eine Anfechtung wegen § 119 II BGB in Betracht, wenn der Bürge sich über die Kreditwürdigkeit des Hauptschuldners irrte?
Nein, denn im Rahmen eines Bürgschaftsvertrages macht gerade die Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners das vom Bürgen übernommene Risiko aus.
Ist beim Abschluss eines Bürgschaftsvertrags der Hauptschuldner als Dritter im Sinne des § 123 II BGB zu qualifizieren? Gibt es Asunahmen?
Der Hauptschuldner ist hier in der Regel Dritter. Etwas anderes gilt nach den allgemeinen Regeln nur dann wenn der Hauptschuldner als Vertreter oder Verhandlungsgehilfe des Gläubigers auftritt.
Wer ist als Dritter im Sinne des § 123 II BGB zu qualifizieren?
Um die Anfechtungsmöglichkeit nicht unbillig auszuschließen, wird der Begriff eng aufgefasst. Dritter ist nicht derjenige, dessen Täuschung sich der Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung der Interessenlage zurechnen lassen muss, weil er im Lager des Empfängers steht. Deshalb sind Vertreter, Verhandlungsgehilfen oder sonstige Vertrauenspersonen des Empfängers. Wenn die Täuschung durch solche Personen begangen wurde, ist mithin eine Anfechtung nach § 123 I BGB zulässig.
Gibt es hinsichtlich der Form der Bevollmächtigung zum Abschluss eines Bürgschaftsvertrages etwas zu beachten?
Nach Rechtsprechung des BGH bedarf die Vollmacht trotz des eindeutigen Wortlauts des § 167 II BGB, nach der die Vollmacht nicht der für das Rechtsgeschäft, für die sie erteilt ist, bestimmten Form bedarf, der Schriftform, um nicht den Schutzzweck des § 766 BGB zu umgehen.
Prüfungsschema: Voraussetzungen der Bürgenhaftung
a) Wirksamer, einrede- und einwendungsfreier Bürgschaftsvertrag
b) Bestehen einer zumindest bestimmbaren Hauptforderung (ggf. Inzidenzprüfung)
c) Eintritt des Bürgschaftsfalls
d) Sonstige sich aus dem Wesen der Bürgschaft als akzessorisches und subsidäres Sicherungsmittel ergebende Einreden und Einwedungen
aa) § 770 BGB
bb) §§ 771-773 BGB
cc) §§ 776, 777 BGB
dd) § 768 BGB
e) Rechtsfolge: Bürgenhaftung gem. § 765 BGB
b) Bestehen einer zumindest bestimmbaren Hauptforderung (ggf. Inzidenzprüfung)
c) Eintritt des Bürgschaftsfalls
d) Sonstige sich aus dem Wesen der Bürgschaft als akzessorisches und subsidäres Sicherungsmittel ergebende Einreden und Einwedungen
aa) § 770 BGB
bb) §§ 771-773 BGB
cc) §§ 776, 777 BGB
dd) § 768 BGB
e) Rechtsfolge: Bürgenhaftung gem. § 765 BGB
Nach welchen Regeln ist allgemein die Bürgschaft von anderen möglicherweise von den Parteien gewählten Sicherungsinstituten abzugrenzen?
Die Abgrenzung verläuft insgesamt nach den allgemeinen Regeln. Insbesondere gilt hier auch falsa demonstratio non nocet, so dass die von den Parteien gewählte Bezeichung nicht allein maßgeblich ist. Entscheidend ist der durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnde Zweck der Sicherung. Im Zweifel sollte jedoch von einer Bürgschaft ausgegangen werden, da der Sicherungsgeber hier am umfassendsten geschützt ist, beispielsweise durch das Schriftformerfordernis (§ 766 BGB).
Wo ist der Schuldbetritt gesetzlich geregelt und wie kommt er zustande? Besteht ein Formzwang?
Der Schuldbeitritt hat keine gesetzliche Regelung erfahren, wird jedoch in einigen Normen, z.B. § 546 II BGB, vorausgesetzt. Seine Zulässigkeit ergibt sich im übrigen aus der Vertragsfreiheit der Parteien. Er kann auf zwei Wegen verwirklicht werden: Entweder durch Vertrag zwischen Beitretendem und Gläubiger (§ 414 BGB analog) oder als echter Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) zwischen Beitretendem und ursprünglichem Schuldner. Grundsätzlich besteht kein Formzwang. Eine analoge Anwendung von § 492 BGB analog kommt aber in entsprechenden Fallgestaltungen in Betracht.
Wie sind Schuldbeitritt und Bürgschaft voneinander abzugrenzen?
Die Abgrenzung richtet sich nach dem Parteiwillen, wobei die Vertragsauslegung den allgemeinen Regeln folgt. Zu beachten ist, dass, da eine Bürgschaft dem Sicherungsgeber den weitergehenden Schutz gewährt (Bsp.: Schriftformerfordernis des § 766 BGB), die Annahme eines Schildbeitritts durch besondere Anhaltspunkte gerechtfertig sein muss. Wichtigstes Indiz für den Schuldbeitritt ist das Vorliegen eines eigenen unmittelbaren Interesses des Dritten an der Erfüllung der Forderung, welches den Übereilungsschutz des § 766 BGB entbehrlich erscheinen lässt.
Warum muss sich ein Dritter unbedingt gegen die ohne seinen Willen erfolgte Aufnahme in die vertraglichen Rechtsbeziehungen anderer Parteien erwehren können und wie wird dieses Recht gewährleistet?
Eine unerwünschte Aufnahme in die Vertragsbeziehungen anderer würde dem verfassungsrechtlich verankerten Prinzip der Vertragsfreiheit (Art. 2 I GG) zuwiderlaufen. Deshalb sind Verträge zulasten Dritter per se unwirksam. Wird ein echter Vertrag zugunsten des Betroffenen (§ 328 BGB) geschlossen, steht diesem ein Zurückweisungsrecht aus § 333 BGB zu.
Was ist ein Garantievertrag und wie ist er gesetzlich geregelt?
Der Garantievertrag ist gesetzlich nicht geregelt. Seine Zulässigkeit ergibt sich jedoch aus der Vertragsfreiheit der Parteien. Der Garantierende verspricht hierbei die Leistung eines bestimmten Erfolges (Garantiefall), der insbesondere auch in der rechtzeitigen Leistung eines anderen bestehen kann.
Ist der Garantievertrag, indem die rechtzeitige Leistung eines anderen garantiert wird, ein akzessorisches Sicherungsmittel?
Nein, der Garantievertrag ist in diesem Fall von der Hauptforderung vollständig unabhängig. Der Garantiefall kann also selbst dann eintreten, wenn die Hauptforderung nicht einmal zur Entstehung gelangt ist.
Wie sind Bürgschaft und Garantievertrag voneinander abzugrenzen?
Da der Garantievertrag zu einer extrem umfassenden Haftung des Garantierenden führt, kann ein solcher höchstens dann angenommen werden, wenn der Garantierende ein besonders starkes eigenes, regelmäßig wirtschaftliches, Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeit hat.
Was ist eine Ausfallbürgschaft?
Im Falle einer Ausfallbürgschaft ist die erfolglose Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Schuldners und das Versagen aller anderen Sicherheiten eine echte Bedingung im Sinne des § 158 BGB für den Eintritt des Bürgenfalls. Der Einrede des § 771 BGB bedarf es dementsprechend nicht.
Kann auch rechtmäßiges Vorverhalten wie beispielsweise eine Notwehrhandlung oder sorgfaltsgerechtes Kraftfahren eine Garantenstellung aus Ingerenz begründen?
Das ist umstritten. Zum Teil wird vertreten, jede Verursachung einer Gefahr begründe eine Garantenstellung aus Ingerenz. Dies kann jedoch nicht überzeugen: Wer durch einen rechtswidrigen Angriff eine Verteidigungshandlung auslöst und sich auf diese Weise selbst in Gefahr bringt, kann nicht erwarten dass die Rechtsordnung den Angegriffenen zu seinem Schutz als Garanten in die Pflicht nimmt. Ausnahmen mögen für den extensiven Notwehrexzess gelten. Auch bei einem sorgfaltsgerechten Kraftfahrer erscheint es unangemessen, ihn mit der schwerwiegenden Garantenhaftung zu belasten. Unberührt bleibt aber eine Pflicht aus § 323c StGB.
Bestehen Obhutspflichten im Rahmen des § 13 StGB zwischen Familienmitgliedern auch dann, wenn effektiv keine familiäre Gemeinschaft vorliegt?
Das ist umstritten. Teilweise wird eine effektive Gemeinschaft nicht verlangt, das bloße Rechtsverhältnis zwischen Familienmitgliedern soll zur Begründung einer Garantenstellung ausreichen. Dagegen spricht aber, dass die Beziehungen zwischen den Betroffenen durchaus Auswirkungen auf die begründeten Erwartungen einer Beistandspflicht haben kann. Eine Garantenstellung ist mithin abzulehnen, wenn die familiären Beziehungen so abgekühlt sind, dass gegenseitig keine berechtigten Erwartungen einer Beistandspflicht bestehen.
Wie wird nach der Rechtsquellenlehre die Frage beantwortet, ob jemand eine Garantenstellung (§ 13 StGB) innehat? Welche Defizite hat diese Kategorisierung?
Nach der Rechtsquellenlehre kann sich die Garantenstellung aus folgenden Entstehensgründen ergeben: Gesetz, Vertrag, Ingerenz, enge Lebensbeziehungen. Das Defizit dieser Lehre ist, dass sie zwar die Entstehung von Garantenpflichten, nicht jedoch deren Reichweite treffend zu beschreiben vermag (Bsp.: Trifft den Lebenspartner nur eine Garantenpflicht gegenüber seiner Lebenspartnerin oder auch hinsichtlich von ihr herbeigeführten Gefahren?). Sie ist daher ergänzungsbedürftig.
Welcher Unterschied besteht hinsichtlich des Grades der Kenntnis beim gutgläubigen Erwerb zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen?
Beim gutgläubigen Erwerb unbeweglicher Sachen schadet grundsätzlich nur positive Kenntnis, § 892 BGB. Beim gutgläubigen Erwerb unbeweglicher Sachen schadet auch grob fahrlässige Unkenntnis, § 935 II BGB.
Welche Ausnahme gilt von dem Grundsatz, dass beim gutgläubigen Erwerb dinglicher Rechte gem. § 892 BGB nur positive Kenntnis schadet?
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn dem Erwerber Tatsachen bekannt sind, aus denen sich die Unrichtigkeit des Grundbuchs ergibt und er vor diesen Tatsachen derartig die Augen verschließt, dass sein Berufen auf seine Unkenntnis geradezu als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheint.
Was ist allgemein in Bezug auf ein Abtretungsverbot im Sicherungsvertrag hinsichtlich einer Grundschuld zu beachten?
Ist im Sicherungsvertrag ein Abtretungsverbot vereinbart, ist eine Abtretung der Grundschuld gem. § 399 BGB unwirksam. Wegen §§ 1191, 1157 BGB ist allerdings ein gutgläubiger Erwerb nichtsdestotrotz möglich, sofern das Abtretungsverbot nicht im Grundbuch eingetragen ist. Allerdings sind die Sicherungsgeber regelmäßig nicht in der wirtschaftlichen Position eine derartige Eintragung durchzusetzen. Wegen des § 1192 Ia BGB aber besteht ohnehin kein Bedrüfnis mehr dafür, das Abtretungsverbot eintragen zu lassen: Der Eigentümer ist insofern vor dem gutgläubigen einredefreien Erwerb der Grundschuld geschützt.
Kann der Eigentümer im Rahmen einer Sicherungsgrundschuld dem Inhaber der Grundschuld auch die Einreden gegen die gesicherte Forderung entgegenhalten? Ergibt sich eine Antwort aus § 1137 BGB?
§ 1137 BGB ist hier nicht anwendbar, da der Regelungsgehalt dieser Norm eindeutig an die Akzessorietät zwischen Hypothek und Forderung anknüpft. Die Frage ist dennoch zu bejahen: Selbst wenn die Parteien nicht ausdrücklich eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben, ergibt sich dies regelmäßig aus der Auslegung des Sicherungsvertrages. Jede andere Auslegung des Sicherungsvertrages wäre sinnwidrig.
Findet § 1192 Ia BGB analoge Anwendung auf alle Varianten des gutgläubigen Erwerbs, obwohl er sich ausweislich seines Wortlauts nur auf die Geltendmachung von Einreden aus dem Sicherungsvertrag bezieht?
Nein, für eine analoge Anwendung, die den gutgläubigen Erwerb generell auschließt fehlt es sowohl an einer Regelungslücke als auch an der vergleichbaren Interessenlage: Mit der Regelung soll lediglich die missbräuchliche Trennung von Forderung und Grundschuld und der damit verbundene Verlust von Einreden, nicht aber die generelle Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs ausgeschlossen werden.
Woraus ergibt sich der Anspruch des Eigentümers auf Rückübertragung einer Sicherungsgrundschuld in dem Fall, dass die gesicherte Forderung erfüllt wird?
Es sind zwei Wege möglich, diesen Anspruch zu konstruieren: Entweder man liest eine diesbezügliche Abrede - auch wenn die Parteien sich hierüber nicht ausdrücklich geeinigt haben - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in den Sicherungsvertrag hinein. Oder man geht von einem Wegfall des Rechtsgrundes aus, so dass § 812 I 2, Var. 1 BGB Anwendung findet.
Handelt es sich bei der Einwendung der Tilgung der gesicherten Forderung um eine Einwendung aus dem Sicherungsvertrag im Sinne des § 1192 Ia BGB?
Die Antwort hängt davon ab, wie man die Einwendung der Tilgung rechtlich konstruiert: Leiter man sie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung direkt aus dem Sicherungsvertrag ab, ist § 1192 Ia BGB in diesem Fall anwendbar. Lehnt man eine solche ergänzende Vertragsauslegung ab, führt die Einwendung lediglich zu einem Wegfall des Rechtsgrundes gem. § 812 BGB. Es läge mithin keine Einwendung aus dem Sicherungsvertrag vor.
Wann steht dem Eigentümer eine Einrede im Sinne des § 1157 BGB zu? Hat die Antwort auf die Frage Auswirkungen auf die Behandlung aufschiebend bedingter Einreden?
Nach ganz herrschender Meinung steht dem Eigentümer eine Einrede nur dann zu, wenn im Zeitpunkt der Übertragung der Grundschuld auf den Zweiterwerber der gesamte Tatbestand der Einrede verwirklicht ist. Eine aufschiebend bedingte Einrede steht dem Eigentümer daher nicht zu, solange nicht die Bedingung eingetreten ist?
Sind Ausnahmen von der Regel zu machen, dass der Handlungswille ein konstitutives Element einer Willenserklärung ist?
Die herrschende Meinung geht von dem Grundsatz aus, dass der Handlungswille stets konstitutives Element der Willenserklärung sei, da dass privatautonome Selbstbestimmungsrecht gefährdet sei, wenn Willenserklärungen auch bei unbewusstem Verhalten
zugerechnet würden. Dies trifft auch auf die klassichern Fälle des Schlafenden, Bewusstlosen usw. zu. Eine Ausnahme kommt nur für den Fall in Betracht, dass Schweigen als Erklärungszeichen vereinbart wurde. In diesen speziellen Ausnahmefällen kann man darauf abstellen, dass der Schutz des Vertrauens des Erklärungsempfängers auch dann durchgreifen muss, wenn der Erklärende kein Erklärungs- oder Handlungsbewusstsein hat. Dafür spricht insbesondere ein Vergleich mit dem Anfechtungsrecht: Die §§ 119, 120 BGB enthalten den Rechtsgedanken, dass sich derjenige, in dessen Herrschaftsbereich ein Fehler in der Willenserklärung seinen Ursprung hat sich diesen zurechnen lassen muss. Der Erklärungsgegner demgegenüber darf aufgrund des vereinbarten Schweigen entgegen den allgemeinen Regeln nach dem objektiv erweckten Eindruck darauf vertrauen, dass dass sein Verhandlungspartner eine rechtshebliche Willenserklärung habe abgeben wollen. Aufgrund dieses Vertrauens darf er auch die entsprechenden Dispositionen treffen. Die Situation ist mit der aus den §§ 119, 120 BGB also vergleichbar, so dass in diesem Spezialfall der Grundsatz, dass ein Handlungswille konstitutives Element für eine Willenerklärung ist, durchbrochen wird. Dem irrtümlich Erklärenden verbleibt eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtums. Er muss dementsprechend gegebenenfalls den Vertrauensschaden nach § 122 BGB ersetzen.
zugerechnet würden. Dies trifft auch auf die klassichern Fälle des Schlafenden, Bewusstlosen usw. zu. Eine Ausnahme kommt nur für den Fall in Betracht, dass Schweigen als Erklärungszeichen vereinbart wurde. In diesen speziellen Ausnahmefällen kann man darauf abstellen, dass der Schutz des Vertrauens des Erklärungsempfängers auch dann durchgreifen muss, wenn der Erklärende kein Erklärungs- oder Handlungsbewusstsein hat. Dafür spricht insbesondere ein Vergleich mit dem Anfechtungsrecht: Die §§ 119, 120 BGB enthalten den Rechtsgedanken, dass sich derjenige, in dessen Herrschaftsbereich ein Fehler in der Willenserklärung seinen Ursprung hat sich diesen zurechnen lassen muss. Der Erklärungsgegner demgegenüber darf aufgrund des vereinbarten Schweigen entgegen den allgemeinen Regeln nach dem objektiv erweckten Eindruck darauf vertrauen, dass dass sein Verhandlungspartner eine rechtshebliche Willenserklärung habe abgeben wollen. Aufgrund dieses Vertrauens darf er auch die entsprechenden Dispositionen treffen. Die Situation ist mit der aus den §§ 119, 120 BGB also vergleichbar, so dass in diesem Spezialfall der Grundsatz, dass ein Handlungswille konstitutives Element für eine Willenerklärung ist, durchbrochen wird. Dem irrtümlich Erklärenden verbleibt eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtums. Er muss dementsprechend gegebenenfalls den Vertrauensschaden nach § 122 BGB ersetzen.
Woraus ergeben sich Aufklärungspflichten im Sinne des § 123 BGB?
a) Es liegt eine zulässige Frage des Geschäftspartners vor.
b) Die Information ist für die Entschließung des Geschäftspartners offensichtlich von entscheidender Bedeutung.
c) Die Mitteilung der Information darf nach der Verkehrsauffassung erwartet werden.
d) Zwischen den Parteien besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis.
e) Der Aufklärungspflichtige nimmt besondere Sachkunde für sich in Anspruch.
b) Die Information ist für die Entschließung des Geschäftspartners offensichtlich von entscheidender Bedeutung.
c) Die Mitteilung der Information darf nach der Verkehrsauffassung erwartet werden.
d) Zwischen den Parteien besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis.
e) Der Aufklärungspflichtige nimmt besondere Sachkunde für sich in Anspruch.
Wie ist die körperliche Untersuchung gem. § 81a StPO von der Durchsuchung des Körpers gem. § 102 StPO abzugrenzen?
Zunächst ist auf den Zweck der Maßnahme abzustellen: Wird der Körper des Betroffenen zum Beweismittel gemacht, also seine Beschaffenheit festgestellt, liegt eine Untersuchung vor. Wird am Körper oder in den natürlichen Körperöffnungen nach anderen Beweismitteln gesucht, liegt eine Durchsuchung vor. Eine Ausnahme ergibt sich, wenn bei der Suche nach Körperfremden Beweismitteln ein körperlicher Eingriff vorgenommen wird: Hier ist von einer Untersuchung auszugehen.
Welche Mitwirkungspflichten treffen den Beschuldigten im Rahmen von § 81a StPO?
Der Beschuldigte hat die Maßnahme zu dulden. Er ist verpflichtet sich wenn notwendig zu entkleiden und die erforderliche Körperhaltung einzunehmen. Im Übrigen ist er zur vollständigen Passivität berechtigt.
Ist die Staatsanwaltschaft bei der Frage, ob sie eine Tat zur Anklage bringt, an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden?
Dagegen spricht, dass die Staatsanwaltschaft gem. § 150 GVG ein von den Gerichten unabhängiges Organ der Rechtspflege ist und damit berechtigt wäre objektiv nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu suchen. Die durchschlagenden Gründe sprechen indes für eine Bindungswirkung: Die Staatsanwaltschaft könnte, läge keine Bindungswirkung vor, Verurteilungen, zu denen die Gerichte kommen würden, verhindern. Neben Konflikten mit dem Legalitätsprinzip (§ 152 II StPO) würde damit auch das verfassungsrechtlich vorgegebene Rechtsprechungsmonopol der Gerichte (Art. 92 GG) unterminiert. Zudem wäre die Einheit der Rechtsanwendung (Art. 3 GG) gefährdet. Selbstverständlich bleibt es der Staatsanwaltschaft unbenommen, eine abweichende Auffassung in prozessual zulässiger Form zum Ausdruck zu bringen.
Kann ein Richter im Strafverfahren nach Zurückverweisung in derselben Sache in derselben Instanz tätig werden?
Er ist jedenfalls nicht nach § 23 I StPO kraft Gesetzes ausgeschlossen, da von diesem ausweislich des Wortlauts nur die Mitwirkung in einer höheren Instanz erfasst wird. Fraglich ist, ob ein Ablehnungsgrund gem. § 24 StPO gegeben ist. Dies wird von der Rechtsprechung verneint: Der Angeklagte könne davon ausgehen, dass sich der Richter seine Beurteilung allein auf Grundlage der Neuverhandlung bilde. Ob diese Annahme psychologisch haltbar ist, darf bezweifelt werden, weshalb sie auch in der Literatur teilweise kritisiert wird.
Wie ist im Hinblick auf § 13 StGB die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen vorzunehmen? Gehen Sie insbesondere auf den Fall des Abbruchs eigener Rettungshandlungen ein.
Die Rechtsprechung stellt hier auf den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit ab. Problematisch hieran ist, dass es sich um eine diffuse Leerformel handelt, so dass für die Abgrenzung gerade in problematischen Fällen nichts gewonnen ist. Deshalb ist darauf abzustellen, ob der Täter durch Einsatz von Energie einen Kausalverlauf in Gang setzt oder nicht. Auf den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit sollte nur dann abgestellt werden, wenn das Kriterium des Einsatzes von Energie kein eindeutiges Ergebnis bringt. Beim Abbruch eigener Rettungsbemühungen bietet sich eine Abgrenzung danach an, ob die Rettungshandlung bereits das Stadium einer realisierbaren Rettungsmöglichkeit erreichte.
Welche Anforderungen sind im Rahmen des Tatbestandes unechter Unterlassungsdelikte an die Kausalität zu stellen?
Das der Täter im Unterlassungsbereich eben nicht handelte, ist hier ausnahmsweise auf einen hypothetischen Kausalverlauf abzustellen. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass die Handlung des Unterlassenden nicht hinzugedacht werden darf, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg entfiele. Die erwartete Handlung müsste somit den Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert haben. Eine Gegenansicht lässt hingegen jede Risikoverminderung durch die unterlassene Handlung genügen. Dem ist allerdings nicht zu folgen: Die Strafbarkeit würde über dieses Modell derartig weit ausgeweitet, dass die unechten Unterlassungsdelikte hiernach in Teilbereichen zu konkreten Erfolgsdelikten würden.
Welcher Rechtsschutz ist gegen Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren gegeben? Bestehen Unterschiede zwischen der Anordnung der Anordnung der Maßnahme und der Art und Weise ihrer Durchführung?
Gegen Anordnungen von Maßnahmen durch den Richter ist nach den allgemeinen Regeln die Beschwerde gem. § 304 StPO statthaft. Dagegen ist gegen die von der Staatsanwaltschaft angeordneten Maßnahmen sowie gegen die Art und Weise ihrer Durchführung § 98 II StPO anzuwenden. Dies gilt auch für die Art und Weise von durch die Staatsanwaltschaft durchgeführte Maßnahmen, die von einem Richter angeordnet wurden. Die zweite Frage ist mithin zu verneinen. Die analoge Anwendung rechtfertigt sich insofern, dass gem. Art. 19 IV GG eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle strafprozessualer Maßnahmen geboten ist. Die früher von der Rechtsprechung vertretene Ansicht, dass gegen die Art und Weise der staatsanwaltschaftlichen Durchführung richterlich angeordneter Maßnahmen Rechtsschutz gem. §§ 23 ff. EGGVG statthaft sei, wurde mittlerweile zu Recht aufgegeben. Erstens war die Verworrenheit dieses gespaltenen Rechtsschutzsystems nicht mehr mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Zweitens wollte der Gesetzgeber mit §§ 23 ff. EGGVG den Rechtsschutz gegen derartige Maßnahmen nachweislich nicht der StPO entziehen.
Was ist im Rahmen des § 264 StPO unter der Tat im prozessualen Sinn zu verstehen?
Unter der Tat im prozessualen Sinn ist das Gesamtverhalten des Beschuldigten zu verstehen, soweit es mit dem durch die Strafverfolgungsorgane bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet.
In welchem Fall macht die ganz herrschende Meinung eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Risikoverringerung durch den Täter die objektive Zurechenbarkeit des Erfolges ausschließt?
Wenn der Rettungswillige durch sein Eingreifen die konkrete auf den Bedrohten zulaufende Gefahr durch eine Handlung abwendet, durch die er eine neue, eigenständige Gefahr begründet, die sich in dem von ihm verursachten Verletzungserfolg niederschlägt, erscheine es nicht angängig, die begründete gegen die abgewendete Gefahr aufzurechnen. Da der konkreteVerletzungserfolg allein durch sein Handeln eingetreten sei, sei er ihm als sein Werk zuzurechnen. Eine sachgerechte Lösung sei deshalb auf einer anderen Stufe der Unrechtsprüfung vorzunehmen.
Welche Auswirkungen hatte das Risikobegrnezungsgesetz für den gutgläubigen sicherungsabredefreien Grundschulderwerb?
Durch den neu eingefügten § 1192 Ia BGB, der die Anwendung von § 1157 S. 2 BGB ausschließt, ist der gutgläubige sicherungsabredefreie Grundstückserwerb nicht mehr möglich.
Verhalten sich die Begriffe "Grundschuld" und "Sicherungsgrundschuld" so zueinander wie die Begriffe "Hypothek" und "Sicherungshypothek"? Begründen Sie Ihre Antwort.
Nein, während die Sicherungshypothek sich von der Hypothek dadruch unterscheidet, dass sie im Gegensatz zur teilweise durchbrochenen Akzessorietät der Hypothek streng akzessorisch ist, ist die Grundschuld nie akzessorisch. Als Sicherungsgrundschuld ist sie lediglisch mit einer schuldrechtlichen Sicherungsvereinbarung verknüpft.
Welchen Inhalt hat die schuldrechtliche Sicherungsabrede im Rahmen der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld?
In der Sicherungsabrede verspflichtet sich der Eigentümer zur Bestellung der Grundschuld. Der Gläubiger verpflichtet sich dazu, die Grundschuld nur zur Sicherung der Forderung zu verwenden. Zumeist wird auch vereinbart, dass eine Übertragung der Grundschuld auf eine dritte Person nur nach Fälligkeit der zu sichernden Forderung möglich sein oder eine Vollstreckung in das die Forderung sichernde Grundstück erst erfolgen soll, wenn der Gläubiger seine schuldrechtliche Forderung nicht durchsetzen kann.
Was ist hinsichtlich Allgemeiner Geschäftsbedingungen in dem Fall zu beachten, dass die Sicherungsabrede einer Grundschuld in ihnen auch auf alle künftigen Forderungen erstreckt werden?
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine solche Klausel nicht ungewöhnlich oder überraschend (§ 305c BGB), wenn Kreditnehmer und Sicherungsgeber personengleich sind. Etwas anderes gilt für den Fall, dass es sich um verschiedene Personen handelt, insbesondere dann, wenn der Sicherungsgeber nach den Gesamtumstäden davon ausgehen kann, dass sich die Sicherungsabrede nur auf eine zu sichernde Forderung bezieht. Im übrigen sehen einige Literaturstimmen in der Erstreckung einer Sicherungsabrede auch auf künftige Forderungen eine unangemessene Benachteiligung im Sinne § 307 BGB, da ein derartig weitgehendes Sicherungsbedürfnis hinsichtlich Forderungen, die mit der Kreditaufnahme und der aus ihrem Anlass erfolgenden Grundschuldbestellung in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, nicht anzuerkennen sei.
Ist die Sicherungsabrede hinsichtlich einer Grundschuldbestellung auf eine entgeltliche Leistung im Sinne des § 312 BGB gerichtet? Was gilt für die Grundschuldbestellung selbst?
Nach Ansicht des BGH ist die Sicherungsabrede zumindest dann auf eine entgeltliche Leistung gerichtet, wenn der Sicherungsgeber die Grundschuldbestellung in der dem Gegner erkennbaren Erwartung übernimmt, ihm selbst oder einem Dritten werde daraus irgendein Vorteil erwachsen. Die Grundschuldbestellung selbst kann hingegen als abstraktes Rechtsgeschäft nicht auf eine entgeltliche Leistung, sondern nur auf eine Änderung der dinglichen Rechtslage gerichtet sein.
Kann derjenige, der eine Hypothek gutgläubig erworben hat, die Zwangsvollstreckung gem. § 1147 BGB selbst dann betreiben, wenn der Forderungschuldner die Forderung gegenüber dem Zedenten beglich?
Ja, wegen § 1156 BGB kann sich der Eigentümer in diesem Fall nicht auf § 407 I BGB berufen.
Wie kann trotz Vorliegens eines Doppelmangels, also des Nichtbestehens sowohl der Forderung als auch der Hypothek, eine Hypothek gutgläubig erworben werden?
Das Nichtbestehen der Forderung wird nach den allgemeinen Regeln durch § 1138 BGB überwunden. Dies beseitigt aber noch nicht das Nichtvorhandensein der Hypothek. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass im Sinne des Verkehrsschutzes in derartigen Fällen auch das Nichtvorhandensein der Hypothek überwunden können werden muss. Daher wird § 1153 BGB so ausgelegt, dass auch eine gemäß §§ 1138, 892 BGB gutgläubig erworbene Forderung zum Erwerb der Hypothek führt.
Erläutern Sie den Unterschied zwischen rechtshindernden, rechtsvernichtenden Einwendungen und Einreden. Geben Sie Beispiele. An welcher Stelle der Anspruchsprüfung sind sie jeweils zu Prüfen?
Alle genannten Institute stehen einem Anspruch als Hindernis entgegen.
Rechtshindernde Einwendungen sind Wirksamkeitshindernisse und Ausschlusstatbestände, deren Nichtvorliegen für das Bestellen eines Schuldverhältnisses ebenso notwendig sind, wie die Einigung der Parteien. Sie sind somit bereits auf der Ebene der Anspruchsentstehung zu berücksichtigen. Im Prozess sind sie vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Beispiele sind mangelnde Geschäftsfähigkeit, Formnichtigkeit, §§ 134, 138 BGB etc.
Demgegenüber hindern rechtsvernichtende Einwendungen nicht die Anspruchsentstehung, sondern bewirken das Erlöschen eines bereits bestehenden Anspruchs. Folglich sind sie auf der Stufe des möglichen Untergangs des Anspruchs zu prüfen. Als Beispiele sind die Erfüllung, die Kündigung, der Erlass oder die Anfechtung (str.: z.T. wird von einer rechtshindernden Anwendung ausgegangen). Auch wenn einige rechtsvernichtende Einwendungen ihre Grundlage in der Ausübung eines Gestaltungsrechts haben (Bsp.: Aufrechnung), ist ihr Vorliegen von Amts wegen zu beachten.
Die rechtshemmenden Einreden schließlich steht dem Bestehen des Anspruchs nicht entgegen, sondern hindern lediglich seine Durchsetzbarkeit, weshalb sie freilich auch auf der Stufe der Durchsetzbarkeit zu prüfen sind. Man versteht unter ihnen gemeinhin das subjektive Recht, die Ausübung des Rechts einer anderen Person zu hemmen. Im Gegensatz zu den Einwendungen sind sie vom Anspruchsgegner geltend zu machen. Beispiele: Verjährung, Zurückbehaltungsrecht, Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Von untergeordneter Bedeutung ist es, ob hierbei ein vorübergehendes oder dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht besteht.
Rechtshindernde Einwendungen sind Wirksamkeitshindernisse und Ausschlusstatbestände, deren Nichtvorliegen für das Bestellen eines Schuldverhältnisses ebenso notwendig sind, wie die Einigung der Parteien. Sie sind somit bereits auf der Ebene der Anspruchsentstehung zu berücksichtigen. Im Prozess sind sie vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Beispiele sind mangelnde Geschäftsfähigkeit, Formnichtigkeit, §§ 134, 138 BGB etc.
Demgegenüber hindern rechtsvernichtende Einwendungen nicht die Anspruchsentstehung, sondern bewirken das Erlöschen eines bereits bestehenden Anspruchs. Folglich sind sie auf der Stufe des möglichen Untergangs des Anspruchs zu prüfen. Als Beispiele sind die Erfüllung, die Kündigung, der Erlass oder die Anfechtung (str.: z.T. wird von einer rechtshindernden Anwendung ausgegangen). Auch wenn einige rechtsvernichtende Einwendungen ihre Grundlage in der Ausübung eines Gestaltungsrechts haben (Bsp.: Aufrechnung), ist ihr Vorliegen von Amts wegen zu beachten.
Die rechtshemmenden Einreden schließlich steht dem Bestehen des Anspruchs nicht entgegen, sondern hindern lediglich seine Durchsetzbarkeit, weshalb sie freilich auch auf der Stufe der Durchsetzbarkeit zu prüfen sind. Man versteht unter ihnen gemeinhin das subjektive Recht, die Ausübung des Rechts einer anderen Person zu hemmen. Im Gegensatz zu den Einwendungen sind sie vom Anspruchsgegner geltend zu machen. Beispiele: Verjährung, Zurückbehaltungsrecht, Einrede des nicht erfüllten Vertrages. Von untergeordneter Bedeutung ist es, ob hierbei ein vorübergehendes oder dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht besteht.
Was verstehen Sie unter der Doppelnichtigkeit im Recht?
Doppelnichtigkeit bedeutet, dass einem Anspruch eine rechtsvernichtende Einwendung entgegenstehen kann, obwohl ihm bereits eine rechtshindernde Einwendung entgegensteht, er genau genommen also schon gar nicht entstanden ist. Grund hierfür ist, dass vor allen Dingen in der Praxis die Anfechtbarkeit oft einfacher zu beweisen ist, als die Nichtigkeit. Darüber hinaus kann sich dadurch derjenige, der aufgrund von § 122 BGB zum Schadensersatz verpflichtet wäre, dann der Schadensersatzpflicht entziehen, wenn er später bemerkt, dass er auch noch arglistig getäuscht wurde.
Was ist vom Begriff der Einwendungen in § 404 BGB erfasst?
Da § 404 BGB den Grundsatz enthält, dass die Position des Schuldners durch die Abtretung nicht verschlechtert werden soll, kann die Norm nur so verstanden werden, dass es sich hierbei um Einwendungen im weiteren Sinn handelt, also neben Einwendungen auch die rechtshindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen erfasst sind.
Kann der Zessionar entgegen § 404 BGB eine Forderung gutgläubig einredefrei erwerben?
Nein, der Zessionar erwirbt die Forderung auch wenn er die Gegenrechte nicht kennt, nicht einredefrei. Eine entsprechende Gutglaubensvorschrift existiert nicht. Eine Ausnahme liegt nur im Fall des § 405 BGB vor.
Lässt sich eine Forderung durch mehrere Hypotheken sichern? Falls nein, warum? Gibt es Ausnahmen?
Eine Doppelsicherung ist nach allgemeiner Meinung nicht mit der Ratio des Hypothekenrechts vereinbar und somit unzulässig. In Betracht kommt nur eine Ausfallhypothek, die unter der Bedingung (§ 158 BGB) entsteht, dass die andere Hapothek ausfällt oder erlischt oder eine Gesamthypothek (§ 1132 BGB).
Ist auch die durch eine Hypothek gesicherte Forderung nach den allgemeinen Regeln (§§ 398 ff. BGB) formlos abtretbar?
Nein, da die Grundpfandrechte ihre wirtschaftliche Bedeutung gerade auf der Publizität von Grundbuch und Grundpfandbrief besitzen, kann es insoweit nicht bei der Formlosigkeit bleiben. Die Abtretung einer Briefhypothek bedarf der Form des §§ 1154, 1117 BGB (ansonsten: § 125 BGB). Beachte: Nur die Erklärung des Zedenten bedarf ausweislich des Wortlauts der Schriftform. Die Abtretung einer Buchhypothek erfolgt gem. §§ 1154 III, 873 I BGB der formlosen Einigung und der Eintragung.
Welche drei Problemkreise müssen hinsichtlich des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Hypothek unterschieden werden?
a) Übertragender ist Forderungsinhaber, nicht aber Hypothekeninhaber
b) Übertragender ist nicht Forderungsinhaber
c) Übertragender ist weder Forderungs- noch Hypothekeninhaber ("Doppelmangel")
b) Übertragender ist nicht Forderungsinhaber
c) Übertragender ist weder Forderungs- noch Hypothekeninhaber ("Doppelmangel")
Was ist beim gutgläubigen Zweiterwerb einer Hypothek hinsichtlich des Erfordernisses eines Verkehrsgeschäfts zu beachten?
An sich handelt es sich beim Zweiterwerb einer Hypothek um einen gesetzlichen Erwerb (§§ 401, 1153 BGB). Ginge man hiervon aus, wären folglich ein gutgläubiger Erwerb und damit Verkehrsschutz niemals möglich. Dies entspricht nicht den gesetzgeberischen Grundentscheidungen. § 892 BGB ist deshalb dahingehend auszulegen, dass es im Rahmen des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Hypothek ausreichend ist, dass der Übertragung der Hypothek mittelbar eine rechtsgeschäftliche Übertragung (Abtretung der Forderung, § 398 BGB) zugrunde liegt.
Über welche Norm kann im Falle des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Hypothek, bei dem der Übertragende nicht Forderungsinhaber ist, das Problem überwunden werden, dass bei nicht bestehender Forderung gem. §§ 1163 I, 1177 BGB keine Hypothek, sondern eine Eigentümergrundschuld besteht?
Über § 1138 BGB, der insofern auch für die Forderung auf die grundbuchrechtlichen Vorschriften der §§ 891 - 899 BGB verweist und somit das Bestehen einer Forderung für den Fall fingiert, dass eine Übertragung nur an ihrem Nichtbestehen scheitern würde.
Prüfungsschema: Ersterwerb einer Hypothek vom Berechtigten
a) Einigung, § 873 I BGB, mit dem Inhalt des § 1113 BGB
b) Eintragung, §§ 873 I, 1115 I BGB
c) Briefübergabe (§ 1117 BGB) oder Ausschluss der Brieferteilung (§ 1116 II BGB)
d) Berechtigung zur Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek
e) Bestehen der zu sichernden Forderung
b) Eintragung, §§ 873 I, 1115 I BGB
c) Briefübergabe (§ 1117 BGB) oder Ausschluss der Brieferteilung (§ 1116 II BGB)
d) Berechtigung zur Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek
e) Bestehen der zu sichernden Forderung
Welche Folge hat eine fehlende Sicherungsabrede für die Hypothekenbestellung?
Wegen des Abstraktionsprinzips ist die Sicherungsabrede keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Hypothekenbestellung. Da sie jedoch der Rechtsgrund ist, führt ihr fehlen dazu, dass die Hypothek kondiziert werden kann.
Schließen die Sachmängelgewährleistungsrechte die Anfechtung von Käufers und Verkäufer wegen Eigenschaftsirrtums aus?
Für die Zeit nach Gefahrübergang wird § 119 II BGB von den §§ 434 ff. BGB verdrängt. Ließe man eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtum zu, würden das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung erheblich entwertet. Vor Gefahrübergang ist zu differenzieren: Bei unbehebbaren Mängeln macht das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung keinen Sinn, so dass dem Käufer hier die Anfechtung eröffnet werden kann. Bei behebbaren Mängeln wird dagegen auch vor Gefahrübergang auf das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung abgestellt. Hinsichtlich des Anfechtungsrechts des Verkäufers wegen Eigenschaftsirrtums ist zu beachten, dass er sich rechtsmissbräuchlich verhält (§ 242 BGB), wenn er anficht, um sich der Haftung für Sachmängel zu entziehen. Betrifft der Eigenschaftsirrtum hingegen eine Eigenschaft, die keinen Mangel darstellt, ist der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht eröffnet.
Was sind im Rahmen der Zwei-Stufen-Theorie im Hinblick auf die zweite Stufe Indizien für die Charakterisierung des Verhältnisses als öffentlich- oder privatrechtlich?
a) Bezeichnung der Benutzungsbedingungen entweder als "Satzung" oder "AGB"
b) Bezeichnung der Gegenleistung als "Gebühr" oder "Entgelt"
c) Beendingung des Verhältnisses durch "Widerruf" oder "Kündigung"
d) Wird dem Adressaten eine "Rechtsbehelfsbelehrung" mitgeteilt?
b) Bezeichnung der Gegenleistung als "Gebühr" oder "Entgelt"
c) Beendingung des Verhältnisses durch "Widerruf" oder "Kündigung"
d) Wird dem Adressaten eine "Rechtsbehelfsbelehrung" mitgeteilt?
Wann muss im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutze eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht werden, dass eine Entscheidung nicht zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen darf?
Wenn der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) dem entgegensteht. Das ist der Fall, wenn dem Antragsteller für den Fall, dass keine einstweilige Anordnung erginge, Nachteile entstünden, die für ihn auch unter Berücksichtigung anderer Interessen schlechthin unzumutbar wären.
Was ist der Hauptunterschied zwischen einer Vekehrs- und einer Sicherungshypothek?
Die Sicherungshypothek ist im Gegensatz zur Verkehrshypothek nicht nur akzessorisch, sondern streng akzessorisch (§ 1184 BGB). Ein gutgläubiger Erwerb bei einer nicht bestehenden Forderung ist im Gegensatz zur Verkehrshypothek (§ 1138 BGB) ausgeschlossen (§ 1185 II BGB). Außerdem sind über den Ausschluss des § 1156 BGB die §§ 406-408 BGB zugunsten des Eigentümers anwendbar.
Welchen Umfang haben die Pflichten eines Verkehrssicherungspflichtigen?
Der Verkehrssicherungspflichtige muss nicht Maßnahmen gegen jede nur denkbare abstrakte Gefahr treffen, sondern nur solche, die nach den Gesamtumständen zumutbar sind und die ein verständiger, umsichtiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren
Kommt es für die Qualifikation der Nebenbestimmung darauf an, wie die Verwaltung sie bezeichnet?
Nein, maßgeblich ist allein ihr inhaltlicher Regelungsgehalt. Auch wenn die Verwaltung eine Nebenbestimmung beispielsweise als "Bedingung" bezeichnet, kommt tatsächlich eine Auflage in Betracht.
Was bedeutet die Verbindung eines Verwaltungsaktes mit einer aufschiebenden Bedingung für dessen Wirksamwerden?
Für die innere Wirksamkeit, die insoweit entscheidend für Fristen und Anfechtbarkeit ist, gilt die allgemeine Regel des § 43 VwVfG (Bekanntgabe). Die äußere Wirksamkeit - also der Eintritt der Regelungswirkung - tritt erst mit Eintritt der Bedingung ein.
Skizzieren Sie die Hauptunterschiede zwischen Bedingung und Auflage im Rahmen des § 36 II VwVfG.
Bei der Bedigung handelt es sich um eine unselbstständige Nebenbestimmung. Sie kann also nicht eigenständig vollstreckt werden, suspendiert aber die Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Die Auflage hingegen ist eine selbstständige Nebenbestimmung. Sie hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Verwaltungsakts, ist aber selbstständig vollstreckbar.
Was sind die häufigsten Arten der sog. Schein-Nebenbestimmungen? Geben Sie jeweils eine kurze Erläuterung.
a) Häufig bezeichnen Behörden einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage als "Auflage". Hier handelt es sich jedoch nicht um Auflagen im technischen Sinn, da solche immer einen eigenen Regelungsgehalt beinhalten. Als Rechtsschutz käme in erster Linie eine Feststellungsklage in Betracht.
b) Nebenbestimmungen ohn Hauptverwaltungsakt kommen nicht in Betracht. Wir hier Beispielsweise von einer "Auflage" gesprochen, handelt es sich nicht um eine solche, sondern eine vollkommen eigenständige Regelung. Dies gilt insbesondere bei erlaubnisfreien und anzeigepflichtigen Handlungen.
c) Enthält ein Verwaltungsakt eine selbstständig anfechtbare Teilbelastung (Bsp.: Gebührenbescheid), handelt es sich nicht um eine Nebenbestimmung.
d) Von einer "modifizierenden Auflage" wird häufig gesprochen, wenn etwas anderes oder eine Teilablehnung zum beantragten Verwaltungsakt erlassen wird. Da sich diese Regelungen nicht auf eine zusätzliche Belastung beziehen, sondern auf den Inhalt des Verwaltungsakt, sollte besser von einer modifizierenden Genehmigung gesprochen werden. Liegt demgegenüber eine zusätzliche Belastung vor, handelt es sich jedoch durchaus um eine Nebenbestimmung.
b) Nebenbestimmungen ohn Hauptverwaltungsakt kommen nicht in Betracht. Wir hier Beispielsweise von einer "Auflage" gesprochen, handelt es sich nicht um eine solche, sondern eine vollkommen eigenständige Regelung. Dies gilt insbesondere bei erlaubnisfreien und anzeigepflichtigen Handlungen.
c) Enthält ein Verwaltungsakt eine selbstständig anfechtbare Teilbelastung (Bsp.: Gebührenbescheid), handelt es sich nicht um eine Nebenbestimmung.
d) Von einer "modifizierenden Auflage" wird häufig gesprochen, wenn etwas anderes oder eine Teilablehnung zum beantragten Verwaltungsakt erlassen wird. Da sich diese Regelungen nicht auf eine zusätzliche Belastung beziehen, sondern auf den Inhalt des Verwaltungsakt, sollte besser von einer modifizierenden Genehmigung gesprochen werden. Liegt demgegenüber eine zusätzliche Belastung vor, handelt es sich jedoch durchaus um eine Nebenbestimmung.
Skizzieren Sie die Entwicklung der vertretenen Auffassungen zu der Frage der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen.
Eine früher vereinzelt vertretene Auffassung lehnte mit Hinweis auf die sonst bestehende Möglichkeit des Klägers die von der Behörde vorgenommene Interessenabwägung einseitig zu seinen Gunsten aufspalten zu können, eine isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen komplett ab. Hiernach kam nur eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines nicht mit Nebenbestimmungen versehen Verwaltungsakts in Betracht. Demgegenüber ging die herrschende Lehre lange Zeit davon aus, dass unselbstständige Nebenbestimmungen nicht anfechtbar seien, selbstständige dagegen schon. Vorteil dieser Ansicht ist, dass es nicht zu einer Abspaltung einer unselbstständigen Nebenbestimmung kommt und die Behörde davor geschützt ist, dass der Verwaltungsakt durch die Anfechtungsklage insgesamt einen anderen Inhalt bekommt als beabsichtigt. Dennoch geht heute die herrschende Meinung unter Einschluss der Rechtsprechung davon aus, dass Nebenbestimmungen isoliert anfechtbar sind. Hierfür sprechen auch die durchschlagenden Gründe: Erstens entspricht sie der in § 113 I 1 VwGO ausdrücklich eröffneten Möglichkeit der teilweisen Aufhebung eines Verwaltungsakts, hier der isolierten Beseitung einer rechtswidrigen Nebenbestimmung. Zweitens ist so für den Kläger der effektivste Rechtsschutz gewährleistet: Er muss nicht mit einer Verpflichtungsklage das bisher erreichte insgesamt zur Disposition stellen und profitiert zudem vom Suspensiveffekt.
Bestehen hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen Nebenbestimmungen Besonderheiten im Falle der aufschiebenden Bedingung. Falls ja, welche?
Ja, da der unter einer aufschiebenden Bedingung erlassene Verwaltungsakt seine innere Wirksamkeit erst mit Bedingungseintritt erlangt, würde ein Wegfall der Bedingung nicht zu der vom Kläger erstrebten Folge eines wirksamen, unbedingten Verwaltungsaktes führen. Es bleibt hier somit dabei, dass nur eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines unbedingten Verwaltungsaktes dem Rechtsschutzziel des Klägers gerecht wird. Die Gegenansicht, nach der der bereits bekanntgegebene Verwaltungsakt mit Wegfall der Bedingung sozusagen inhaltlich "angeschaltet" werden soll, hat bisher keine überzeugende dogmatische Konstruktion angeboten, die diese Rechtsfolge zu rechtfertigen vermag.
Was ist hinsichtlich der Klagebefugnis bei einer Anfechtungsklage gegen eine unselbstständige Nebenbestimmung zu beachten?
Die Adressatentheorie ist hier nicht anwendbar, da es dem Kläger in erster Linie um sein Recht auf Erlass eines nebenbestimmungsfreien Verwaltungsakts geht. Dies sollte in der Prüfung deutlich gemacht werden.
Kommt eine Anfechtungsklage gegen eine Nebenbestimmung in Betracht, wenn Verwaltungsakt und Nebenbestimmung untrennbar sind, der Veraltungsakt also ohne die Nebenbestimmung als solcher nicht bestehen bleiben könnte?
Nein, deshalb ist in der Statthaftigkeit die Trennbarkeit zu prüfen. Die Anfechtungsklage ist nach dem BVerwG unstatthaft, wenn die Anfechtbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet.
Besteht hinsichtlich Statthaftigkeit der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen ein Unterschied zwischen gebundenen und Ermessensverwaltungsakten?
Früher wurde vertreten, dass eine Anfechtung von Nebenbestimmungen im Rahmen von Ermessensverwaltungsakten unstatthaft sei. Zur Begründung wurde der Gewaltenteilungsgrundsatz ins Feld geführt, nach dem der Behörde von den Verwaltungsgerichten kein Verwaltungsakt aufgedrängt werden dürfe, der nicht ihren Interessenabwägungen entspreche. Folgte man allerdings dieser Auffassung, so würden weite Teile der materiellen Prüfung (Feststellung einer Ermessensentscheidung, Ermessensreduzierung auf Null) auf die Zulässigkeitsebene verlagert. Dementsprechend ist es sinnvoller, die Frage des Ermessens und die Rechtmäßigkeit der verbleibenden Begünstigung ist erst in der Begründetheitsprüfung zu entscheiden. In der Zulässigkeit sollte nur ein kurzer Hinweis mit Verweis auf die Begründetheit erfolgen.
In welchen Fällen sollte der Kläger trotz der Möglichkeit eine Nebenbestimmung isoliert anzufechten, eine Verpflichtungsklage auf einen nebenbestimmungsfreien Verwaltungsakt erheben?
Er sollte dies tun, wenn sie ihm im Vergleich zur Anfechtungsklage einen weitergehenden Rechtsschutz eröffnet
Wie hat das Gericht zu verfahren, wenn für den Fall, dass es eine rechtswidrige Nebenbestimmung aufhebt, ein rechtswidriger Verwaltungsakt überbleibt?
Das Gericht steckt hier in einem Dilemma: Einerseits ist es über das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, nicht selbst rechtswidrige Zustände herzustellen. Andererseits darf es die rechtswidrige Nebenbestimmung nicht bestehen lassen und so den Bürger in seinem Aufhebungsanspruch verletzen. Da die Verwaltung anders als das Gericht aber über die Möglichkeiten des § VWVFG § 48 VwVfG und die in diesem vorhandenen Ausgleichsmechanismen von Vertrauensschutz und Gesetzesbindung verfügt, scheint es letztlich eher vertretbar, über die Aufhebung strikt nach § VWGO § 113 VWGO § 113 Absatz I 1 VwGO zu entscheiden und den Ball an die Verwaltung „zurückzuspielen”. Dass der Gesetzgeber auch sonst die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands gegebenenfalls hinnimmt, zeigt die mögliche Bestandskraft rechtswidriger Verwaltungsakte.
Wann ist eine Nebenbestimmung nichtig und wie hat das Gericht in diesem Fall zu entscheiden?
Bei Nebenbestimmungen, die selbst Verwaltungsakte sind (also vornehmlich Auflagen) ergibt sich die Nichtigkeit nach den allgemeinen Regeln gem. §§ 43 III, 44 VwVfG. Auf andere Nebenbestimmungen sind diese analog anzuwenden. Da eine Aushebung im Rahmen der Anfechtungsklage nicht in Betracht kommt, hat das Gericht auf die Umstellung der Klage in eine Nichtigkeitsfeststellungsklage hinzuwirken.
Welche Klageart kommt in Betracht, wenn der Kläger den Erlass einer nachbarschützenden Nebenbestimmung zu einem an einen Dritten gerichteten Veraltungsakt begehrt?
Statthaft ist hier die Verpflichtungsklage, freilich nur sofern es sich um die Begehr einer Auflage oder eines Auflagenvorbehaltes handelt, da nur diese eigenständigen Verwaltungsaktscharakter besitzen.
Was versteht man unter einer Personalsicherheit? Was ist ihr entscheidender Nachteil?
Bei der Personalsicherheit handelt es sich um die Form der Kreditsicherung, bei der das persönliche Einstehen des Schuldners oder eines Dritten im Vordergrund steht. Bestes Beispiel ist die Bürgschaft. Der der Gläubiger das Insolvenzrisiko desjenigen trägt, der die Forderung persönlich gesichert hat.
Welchen Vorteil hat derjenige, der eine Forderung mit einem Grundpfandrecht gesichert hat?
Im Rahmen der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wird der dinglich Gläubiger prioritär vor den persönlichen Gläubigern gesichert (§ 10 ZVG). Er hat somit eine bessere Befriedigungsaussicht als bei einem reinen Forderungsurteil, obwohl dieses die Vollstreckung in das gesame Vermögen des Schuldners gestattet.
Stehen hinsichtlich einer Forderung die persönliche Schuld und die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung in eine dingliche Sicherheit selbstständig nebeneinander?
Ja, beide stehen selbstständig nebeneinander und sind somit auch in der Fallberabeitung getrennt zu prüfen. Beachte: Auf beide können sich unterschiedliche Einreden/Winwendungen beziehen. Dem Schuldner stehen die Einreden/Einwendungen die Forderung betreffend zu. Demgegenüber stehen dem Eigentümer die Einreden/Einwendungen zu, die die Sicherheit betreffen.
Wie wird eine Hypothek auf einen anderen übertragen?
Wegen ihrer strengen Akzessorietät kann die Hypothek nur zusammen mit der Forderung übertragen werden. Die Forderung wird gem. § 398 BGB abgetreten; die Hypothek wird vom neuen Gläubiger kraft Gesetzes gem. §§ 401, 1153 I BGB erworben.
Sichert bei einer Nichtigkeit des Kausalgeschäfts die Hypothek den bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch?
Wäre dies so, wäre die Akzessorietät der Hypothek in diesem Fall durchbrochen. Ob dies so ist, ist umstritten. Teilweise wird die Sicherungsabrede dahingehend ausgelegt, dass sie den Bereicherungsanspruch mit umfasst, teilweise wird dies mit dem Hinweis auf den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz abgelehnt.
Sind Besonderheiten bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung fehlgeschlagener synallagmatischer Verträge zu beachten?
Ja, denn würde man hier beiden Vertragspartnern eine condictio indebiti gegenüber dem jeweils anderen zubilligen (früher vertretene Zweikondiktionentheorie), käme es zu vollkommen unbilligen Ergebnissen, wenn einer der Vertragspartner sich wegen Untergang des Vertragsgegenstandes auf den Wegfall der Bereicherung berufen könnte. Deshalb ist nach der vom BGH entwickelten Saldo-Theorie zu verfahren: Schulden die Parteien einander die Rückgewähr ungleichartiger Leistungen, ist die Rückgewähr Zug-um-Zug zu vollziehen. Gleichartige Ansprüche sind zu saldieren und nur der sich ergebende Überschuss bereicherungsrechtlich auszugleichen. Ein etwaiger Wegfall der Bereicherung ist in der Saldierung zu berücksichtigen. Jede Vertragspartei trägt damit das Risiko des Wegfalls der von ihr empfangenen Leistung.
Welche Ausnahmen sind von der vom BGH zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung fehlgeschlagener synallagmatischer Verträge entwickelten Saldo-Theorie zu machen?
Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen gegenüber den §§ 104 ff. BGB ist die Zweikondiktionentheorie anzuwenden, wenn bei Anwendung der Saldo-Theorie ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter behandelt würde wie ein Geschäftsfähiger. Darüber hinaus würde es der Saldo-Theorie als Billigkeitskorrektur widersprechen, wenn sie dazu führen würde, dass ein arglistig Getäuschter für den Fall, dass er den Vertrag anficht und der Vertragsgegenstand bei ihm untergegangen ist dadurch schlechter stehen würde, dass sich der andere Teil auf sie beruft. Dies jedenfalls für den Fall, dass der Getäuschte auch vom Vertrag hätte zurücktreten können. Dasselbe gilt für Wuchergeschäfte. Hier ist ebenfalls nach der Zweikondiktionentheorie zu verfahren.
Ergeben sich bei der aufgedrängten Bereicherung Besonderheites für die Ausgleichspflicht des Bereicherungsschuldners?
Nach herrschender Meinung bestimmt sich der nach § 818 II BGB zu ersetzende Wert nicht nach den individuellen Vermögensverhältnissen des Bereicherungsschuldners (subjektive Theorie), sondern nach dem Marktwert (objektive Theorie).nur in Fällen einer aufgedrängten Bereicherung, in denen dem Bereicherungsschuldner ein Vermögenswert zugewendet wird, der ihm nicht wollkommen ist, wird eine Ausnahme gemacht. In diesen Fällen wird von einem subjektiven Wertbegriff ausgegangen und der Bereicherungsschuldner nur verpflichtet, den Wert solcher Vermögensvorteile auszugleichen, die er unter Nutzung des Erlangten realisiert hat oder unter ihm zumutbaren Bedingungen hätte realisieren können.
Was sind Beliehene und sind sie als Behörde im Sinne der §§ 1 IV, 35 I VwVfG zu qualifizieren?
Beliehene sind Privatpersonen, denen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes Hoheitsbefugnisse übertragen sind. Da sie somit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, handelt es sich um Behörden.
Kann für einen Verwaltungsakt, den der Betroffene aus rechtlichen Gründen nicht ausführen kann, § 44 II Nr. 4 VwVfG analog angewendet werden?
Nein, da von der Generalklausel des § 44 I VwVfG alle nicht geregelten Fälle erfasst werden sollen, kann von einer Planwidrigkeit der Regelungslücke nicht ausgegangen werden.
Ist es dem Berechtigten auch im Rahmen des § 816 II BGB möglich, eine ursprünglich unwirksame Leistung zu genehmigen und dann vom Empfänger Herausgabe zu fordern?
Das ist streitig. Nach herrschender Meinung ist das möglich. Für sie spricht die Regelung des § 362 II BGB, nach der es dem Gläubiger einschränkungslos gestattet ist, die Erfüllung an einen Nichtberechtigten zu genehmigen. Dem steht nach anderer Ansicht entgegen, dass sich der Berechtigte durch die Genehmigung in der Insolvenz des Schuldners eine Sonderdeckung verschaffe.
Besteht der Bereicherungsanspruch bei nichtgegenständlichen Vorteilen in der Ersparnis von Aufwendungen oder im Gebrauchsvorteil selbst?
Beides wird vertreten. Für die erste Möglichkeit wird geltend gemacht, dass Gebrauchs und Nutzungen von Sachen, Rechten und Diensten sich nicht vermögensmehrend auswirke, sondern ihre Auswirkungen sich erst in der Vermögenssituation des Bereicherten zeige. Dies darf aber bezweifelt werden, da genannte Vermögenswerte regelmäßig Gegenstand entgeltlicher Verträge sind. Es handelt sich somit um selbstständige, objektive Vermögenswerte, die damit auch im Hinblick auf die Bereicherung anzusetzen sind. Wegen des in § 818 III BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatzes, dass das Vermögen des Bereicherten nicht über die Bereicherung hinaus abgeschöpft werden soll, ist allerdings sehr sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine Entreicherung vorliegt.
Auf wen ist hinsichtlich der Bösgläubigkeit in § 819 I BGB abzustellen, wenn der Bereicherungsschuldner minderjährig ist?
Zum Teil wird vertreten hier immer § 828 III BGB analog anzuwenden und auf die Deliktsfähigkeit des Minderjährigen abzustellen. Dies ist jedoch insbesondere im Rahmen fehlgeschlagener Vertragsverhältnisse mit dem Minderjährigenschutz des BGB nicht vereinbar. Dementsprechend möchte eine andere Ansicht § 828 III BGB analog mit dem Hinweis auf ihre Deliktsähnlichkeit nur im Rahmen der Nichtleistungskondiktion anwenden. Dem steht jedoch entgegen, dass dem Bereicherungsrecht nicht wie im Schadensverursachungs- und Verschuldensprinzips des Deliktsrechts eine Warnfunktion innewohnt. Außerdem hängt es mitunter von Zufälligkeiten ab, ob nun eine Leistung oder Nichtleistung vorliegt. Deshalb ist in analoger Anwendung des § 166 I BGB immer auf die Gut- oder Bösgläubigkeit des gesetzlichen Vertreters abzustellen.
Ist ein Anspruch vormerkungsfähig, der aus einem Kaufvertrag resultiert, den ein Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossen hat?
Ja, denn gem. § 883 I 2 BGB sind auch künftige bzw. bedingte/befristete Ansprüche vormerkungsfähig. Hier ergibt sich die Vormerkungsfähigkeit daraus, dass der Berechtigte den schwebend unwirksamen Vertrag nach § 177 BGB jederzeit genehmigen kann.
Warum ist § 892 BGB nicht direkt auf den gutgläubigen Ersterwerb einer Vormerkung anwendbar?
§ 892 BGB erfasst nur dingliche Vollrechte. Die Vormerkung ist aber ein Sicherungsmittel eigener Art mit nur gewissen dinglichen Wirkungen ausgestattet. Dennoch ist § 892 BGB auf den Vormerkungserwerb anwendbar, jedoch nur über die Verweisung in § 893 Var. 2 BGB ("in Ansehung dieses Rechts ein nicht unter die Vorschrift des § 892 fallendes Rechtsgeschäft").
Prüfungsschema: Gutgläubiger Ersterwerb einer Vormerkung
a) Rechtsgeschäft/Verkehrsgeschäft
b) Unrichtigkeit des Grundbuchs
c) Rechtsschein der Berechtigung des Verfügenden
d) keine Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs
e) kein Widerspruch eingetragen
f) Bestehen der zu sichernden Forderung
b) Unrichtigkeit des Grundbuchs
c) Rechtsschein der Berechtigung des Verfügenden
d) keine Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs
e) kein Widerspruch eingetragen
f) Bestehen der zu sichernden Forderung
Inwieweit ist der Begriff der "Verfügung" in § 883 II BGB teleologisch zu erweitern?
Würde man § 883 II BGB in der Tat nur auf Verfügungen anwenden, würde der Gutglaubensschutz dessen, der vom Nichtberechtigten eine Vormerkung erwirbt, leerlaufen. Denn regelmäßig wird der Berechtigte seine Berechtigung nicht durch eine Verfügung erlangt haben, sondern vielmehr bereits von Anfang an Eigentümer gewesen sein. Der Begriff der Verfügung ist dementsprechend nach Sinn und Zweck des § 892 BGB dahingehend interessengerecht auszulegen, dass er auch zu bejahren ist, wenn kein rechtsgeschäftlicher Erwerbstatbestand zwischen dem aus der Vormerkung Verpflichteten und dem wahren Eigentümer vorliegt.
Ist § 883 II BGB auch anwendbar, wenn das durch die Vormerkung gesicherte Recht nicht durch eine Verfügung, sondern durch einen schuldrechtlichen Anspruch, an den der Erwerber gebunden ist (Miete bzw. Pacht, §§ 581 II, 566 BGB), beeinträchtigt wird?
Das ist höchst streitig. Eine Ansicht will den Vertragsübergang gem. § 566 BGB scheitern lassen, da der Mieter nicht bessergestellt werden könne als der Inhaber eines dinglichen Wohnungsrechts (§ 1093), der dem Inhaber eines gesicherten Anspruchs auf Übertragung des Grundstücks zu weichen hätte. Da ein Vertragsübergang keine Verfügung ist, wäre hiernach § 883 II BGB analog anzuwenden. Dem tritt die herrschende Meinung mit der Überlegung entgegen, dass nicht ersichtlich sei, warum der Erwerber vor dem Mieter den Vorzug erhalten soll, obschon beide nur einen schuldrechtlichen Anspruch hätten. Weiterhin habe der Mieter in der Regel keine Veranlassung, das Grundbuch einzusehen. Zwar bestehe eine Regelungslücke, für eine Analogie fehle es jedoch an der Planwidrigkeit: Der besondere Schutz des Mieters sei wegen seiner existenziellen Interessen durch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG) und die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 II GG) gerechtfertigt. Der Vormerkungsberechtigte tritt somit wegen § 566 BGB trotz lastenfreier Vormerkung in die Rechtsposition des Mieters ein.
Was versteht man unter dem Zweiterwerb einer Vormerkung? Wie wird er vollzogen?
Unter Zweiterwerb versteht man die Übertragung einer bestehenden Vormerkung. Wegen ihrer strengen Akzessorietät ist der Zweiterwerb nur über § 401 BGB analog realisierbar, indem die gesicherte Forderung gem. § 398 BGB abgetreten wird.
Was ist hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorliegens des guten Glaubens im Rahmen von § 892 BGB zu beachten?
Entgegen den allgemeinen Regeln, dass der gute Glaube bis zum Zeitpunkt des vollständigen Rechtserwerbs vorliegen muss (bei Grundstücksgeschäften: Eintragung) ist es ausreichend, dass der gute Glaube zum Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung vorliegt (§ 892 II BGB). Von diesem Grundsatz sind jedoch zwei Ausnahmen zu machen. Der erste betrifft einen eingetragenen Widerspruch (§ 899 BGB): Dieser zerstört den Gutglaubensschutz bis zum Zeitpunkt der Eintragung. Die zweite Ausnahme betrifft den Fall, dass nach dem Antrag auf Eintragung neben der Eintragung noch weitere materiell-rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen sind (z.B. öffentlich-rechtliche Genehmigungen). Bevor derartige Voraussetzungen erfüllt sind, besteht kein Gutglaubensschutz (str.).
Warum hilft § 894 BGB nicht, wenn ein Vormerkungsberechtigter eine Eintragungsbewilligung von demjenigen begehrt, der ihm gegenüber unwirksam nach § 883 II BGB als Eigentümer eingetragen ist?
§ 894 BGB verschafft zwar einen Anspruch auf eine Eintragungsbewilligung, dies aber nur bei einer absolut wirkend falschen Grundbuchlage. Bei einer vormerkungswidrigen Verfügung besteht hingegen lediglich eine relative Unwirksamkeit. Der Anspruch auf Eintragungsbewilligung kann sich deshalb nur aus § 888 BGB ergeben.
Kann mit einer Vormerkung jeder beliebige Anspruch gesichert werden?
Nein, § 883 BGB bestimmt, dass eine Vormerkung nur zur Sicherung eines Anspruchs auf Änderung eines Rechts an einem Grundstück, also einem schuldrechtlichen Anspruch, der auf eine Änderung des Liegenschaftsrechts abzielt, eingetragen werden kann.
Gewährleistungsinhalt des Art. 21 I GG?
a) Aufgabenzuweisungsnorm: Parteien wirken bei der politischen
Willensbildung des Volkes mit (Art. 21 I 1 GG)
b) Garantie der Freiheit der Parteiengründung (Art. 21 I 2 GG)
c) Garantie der Freiheit der Betätigung der Parteien (Art. 21 I 2 GG)
d) Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 I GG i.V.m. Art. 3 GG)
Willensbildung des Volkes mit (Art. 21 I 1 GG)
b) Garantie der Freiheit der Parteiengründung (Art. 21 I 2 GG)
c) Garantie der Freiheit der Betätigung der Parteien (Art. 21 I 2 GG)
d) Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 I GG i.V.m. Art. 3 GG)
Was ist der Aufopferungsanspruch und wo wurde er das erste Mal geregelt?
Nach dem Gedanken des Aufopferungsanspruchs sind Personen, die beim Handeln im Interesse der Allgemeinheit einen Schaden erlitten haben, durch die Allgemeinheit zu entschädigen sind. Er geht auf §§ 74, 75 Allgemeines Preußisches Landrecht zurück.
Ist im Rahmen des polizeilichen Tätigwerdens eine Anhörung des Betroffenen nach §§ 13 I Nr. 2, 28 I VwVfG erforderlich?
Grundsätzlich sind Beteiligte im Verwaltungsverfahren nach den genannten Normen anzuhören. Da im Rahmen polizeilichen Tätigwerdens allerdings regelmäßig wegen Gefahr in Verzug eine sofortige Entscheidung notwendig erscheint, ist die Anhörung in diesen Fällen nach § 28 II Nr. 1 VwVfG entbehrlich.
Steht dem Vermieter, wenn der Mieter die Mietsache vertragswidrig untervermietet, ein Anspruch aus Eingriffskondiktion gegen den Mieter auf den vom Untermieter gezahlten höheren Mietzins zu?
Dies wird zum Teil bejaht mit der Begründung, der Mieter greife durch die Untervermietung in die dem Vermieter vorbehaltene Verwertungsmöglichkeit ein, wenn er die Sache über den im Vertrag festgelegten Umfang hinaus nutze. Dem wäre nur zuzustimmen, wenn die Untervermietung als Eingriff in eine Rechtsposition des Vermieters zu werten ist, durch den sich der Mieter einen Vermögensvorteil verschafft, der nach dem Zuweisungsgehalt des verletzten Rechts dem Vermieter gebührt. Dies ist aber darum zu verneinen, weil sich der sich der Vermieter durch den Mietvertrag seiner Gebrauchs- und Verwendungsmöglichkeiten begibt und die Untervermietung nur eine (wenn auch vertragswidrige) Ausübung des übertragenen Rechts ist.
Erläutern Sie die Begriffe Einheits- und Doppekondiktion. Welchem der beiden Modelle ist der Vorzug zu geben?
Das Problem der Einheits- oder Doppelkondiktion tritt auf, wenn die Verfügung im Rahmen des § 816 I 2 BGB nicht unentgeltlich sondern rechtsgrundlos erfolgte. Eine insbesondere früher viel vertretene Ansicht plädierte hier für eine Anwendung des § 816 I 2 BGB analog. Der Berechtigte sollte damit direkt beim Empfänger des Verfügungsgegenstandes kondizieren können (= Einheitskondiktion). Derjenige, der ohne Rechtsgrund erwerbe könne nämlich nicht bessergestellt werden als der, der zwar unentgeltlich, aber mit Rechtsgrund erwerbe. Diese Konstruktion belastet aber den Empfänger des Verfügungsgegenstandes unbillig: Er verliert die Möglichkeit, die Herausgabe des erlangten Vorteils von der Rückgabe seiner Gegenleistung abhängig zu machen. Daher ist das Prinzip der Doppelkondiktion anzuwenden: Der Berechtigte kondiziert beim Verfügenden den Anspruch, der diesem gegen den Empfänger der Leistung aus § 812 I 1, Alt. 1 BGB zusteht. Da der Dritte von seinem Recht aus § 404 BGB Gebrauch machen wird und die Rückgewähr von der Rückzahlung der dem Nichtberechtigten gegenüber erbrachten Gegenleistung abhängig macht, ist der Nichtberechtigte zudem verpflichtet, die Empfangene Gegenleistung dem Berechtigten herauszugeben. Möchte er dieses nicht, bleibt ihm nur die Möglichkeit, das Kondiktionsverhältnis mit dem Leistungsempfänger nach § 812 I 1, Alt. 1 BGB selbst abzuwickeln, um den Verfügungsgegenstand an den Berechtigten herausgeben zu können.
Wie ist § 816 I 1 BGB für die Abgrenzung zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion im Falle eines Rechtsverlust auf Grund der §§ 946 ff. BGB im Drei-Personen-Verhältnis fruchtbar zu machen?
§ 816 I 1 BGB enthält den allgemeinen Gedanken, dass derjenige, der durch die Verfügung eines Nichtberechtigten einen Rechtsverlust erleidet, sich immer nur an den Nichtberechtigten halten kann, da der Verfügungsempfänger im Falle seiner Gutgläubigkeit darauf vertrauen kann, wegen seines Erwerbs nicht von Dritten in Anspruch genommen zu werden. Ist die Verfügung allerdings nicht wirksam, kommt kein Anspruch gegen den Nichtberechtigten, sondern gegen den Empfänger in Betracht. Diese Wertungen sind wegen der vergleichbaren Situationen auch maßgeblich für den bereicherungsrechtlichen Ausgleich im Rahmen der §§ 946 ff. BGB. Hypothetisch ist hierbei anzunehmen, der Eigentumserwerb hätte sich nicht nach §§ 946 ff. BGB vollzogen, sondern durch rechtsgeschäftliche Übereignung. Wäre die Verfügung in diesem Fall wirksam gewesen, kann sich derjenige, der den Rechtsverlust erleidet, nicht an den hypothetischen Erwerber sondern nur an den Nichtberechtigten halten. Wäre die Verfügung hingegen wegen Bösgläubigkeit des Erwerbers oder aufgrund des Abhandenkommens der Sache nicht wirksam, kommt ein Kondiktionsanspruch gegen den Erwerber in Betracht.
Bezieht sich der bereicherungsrechtliche Anspruch im Falle der Weiterveräußerung des Bereicherungsgegenstandes auf die erlangte Gegenleistung als Surrogat oder den objektiven Wert?
Das ist streitig. Eine Ansicht billigt dem Bereicherungsschuldner die erlangte Gegenleistung zu. Zum Teil wird dabei § 818 I BGB angewendet und auf die Parallele zu §§ 285, 816 I 1 BGB abgestellt. Andere sehen in dem Veräußerungserlös einen Wetersatz im Sinne von § 818 II BGB, der auch den erlangten Gewinn umfasse. Insbesondere wird auch auf die so erreichte angemessene Risikoverteilung verwiesen: Immerhin trage der Bereicherungsgläubiger wegen § 818 III BGB auch das Risiko, dass der Erlös hinter dem Wert zurückbleibe. Die herrschende Meinung stellt demgegenüber auf den objektiven Wert im Rahmen der noch bestehenden Bereicherung (§ 818 II, III BGB) ab. Der Unterschied zu § 816 I 1 BGB rechtfertigt sich dadurch, dass hier nur der Nichtberechtigte erfasst wird, während bei § 818 BGB der Bereicherungsschuldner als Berechtigter handelt. Der Gewinn sei daher seiner Tüchtigkeit und Fähigkeit zuzuschreiben und nicht als Ersatz für den veräußerten Gegenstand anzusehen. Wendete man § 818 II BGB an sei der hier erwähnte "Wert" nicht mit dem Veräußerungserlös, sondern dem Verkehrswert anzusetzen.
Welche Ansprüche hat der Vermieter gegen den Mieter, wenn dieser die Mietsache vertragswidrig untervermietet?
Grundsätzlich kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung in Betracht, dies freilich nur, soweit tatsächlich ein Schaden entsteht. Unberührt bleibt die Möglichkeit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung nach § 543 BGB.
Wie ist für den Fall, dass bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter das Deckungsverhältnis nichtig ist, die Kondiktion abzuwickeln?
Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter ist der Versprechende zwei Ansprüchen ausgesetzt: Dem des Versprechensampfängers und dem des Dritten. Es wäre demnach denkbar, in der Erfüllung eine Leistung an den Dritten zu erblicken. Diese Lösung wäre allerdings unbillig, verlöre doch der Versprechensempfänger so die Möglichkeit, die Rückabwicklung von der Berücksichtigung der von ihm im Rahmen des synallagmatischen Verhältnisses zum Versprechenden erbrachten Leistung abhängig zu machen. Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vollzieht sich also zwischen Versprechensempfänger und Versprechendem, und zwar auch dann, wenn ebenfalls das Valutaverhältnis nichtig ist.
Bestehen in der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von echten Verträgen zugunsten Dritter Besonderheiten, wenn die Leistung des Versprechenden ihren Rechtsgrund einzig im Deckungsverhältnis hat und vom Valutaverhältnis unabhängig ist?
Nach Ansicht des BGH ist hier eine Direktkontiktion gegenüber dem Dritten vorzunehmen. Entscheidend sei die allein auf den Dritten bezogene Zweckrichtung des Vertrages. Diese führe dazu, dass eine Leistung allein an den Dritten vorliege und das Leistungsinteresse des Versprechensempfängers damit in den Hintergrund trete. Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen: Gegen ein Zurücktreten des Leistungsinteresses des Versprechensempfängers spricht, dass dieser für die Erbringung der Leistung die synallagmatische Gegenleistung erbringt (das gilt auch für einen Fall des § 335 BGB).
Wie ist die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu vollziehen, wenn im Valutaverhältnis der Versprechensempfänger die Leistung an den Dritten unentgeltlich erbringt?
Hier ist eine Direktkondiktion des Versprechenden gegenüber dem Dritten vorzunehmen. Anzuwenden ist insoweit der § 822 BGB analog, da die vorliegende Interessenlage der des § 822 BGB entspricht: Der Versprechensempfänger hat etwas erlangt und dieses unentgeltlich einem Dritten zugewendet (§ 818 III BGB). Die Fälle unterscheiden sich lediglich dadurch, dass im Falle des § 822 BGB analog der Leistungsgegenstand nicht zunächst real in das Vermögen des Versprechensempfängers gelangte.
Wie ist bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln, wenn der Schuldner an den Zessionar einer abgetretenen Forderung zahlt und sich herausstellt, dass die Forderung nicht bestanden hat?
Die herrschende Ansicht will den Schuldner in diesem Fall an den Zedenten verweisen. Als Begründung wird eine Vergleichbarkeit mit den Anweisungsfällen angeführt: Genau wie dort werde der Schuldner gezwungen an einen anderen als den Gläubiger zu zahlen, so dass auch hier eine Rückabwicklung nur im Dreieck in Betracht komme. Zudem sei es mit einer angemessenen Risikoverteilung nicht vereinbar, dass der Gläubiger das Insolvenzrisiko des Zessionars übernehmen solle, da sein Vertragspartner der Zedent sei. Die Gegenansicht lehnt diesen Punkt als Billigkeitserwägung ab. Zudem wird auf den Unterschied zwischen Anweisungs- und und Zessionsfällen verwiesen. Im Falle der Anweisung leiste der Anweisungsempfänger nur an den Gläubiger, während bei der Abtretung der Zessionar der alleinige Inhaber der Forderung sei und damit nur eine Leistung an diesen in Betracht kommt. Es sei deshalb eine Direktkondiktion vorzunehmen.
Wie kann der Eigentümer einen Anspruch aus § 816 I 1 BGB realisieren, wenn die Verfügung des Nichtberechtigten ihm gegenüber wegen § 935 BGB unwirksam ist?
Er kann die Verfügung gem. § 185 II 1, 1. Alt BGB genehmigem. Die Verfügung ist dann ihm gegenüber wirksam, was aber nichts daran ändert, dass der Verfügende als Nichtberechtigter handelte. In dem Verlangen des durch die Verfügung Erlangten ist regelmäßig die konkludente Genehmigung zu erblicken.
Betrifft "das Erlangte" im Sinne von § 816 I 1 BGB den objektiven Wert des Gegenstandes oder den tatsächlichen Erlös?
Das ist umstritten. Eine Ansicht möchte § 818 II BGB anwenden und nur den objektiven Wert ersetzen. Sie verweist darauf, dass "das Erlangte" lediglich der durch die Verfügung erlangte Vorteil, der in dem Freiwerden der sich aus dem Kausalgeschäft ergebenden Verpflichtung besteht. Dem tritt die herrschende Meinung entgegen. Nach ihr sei der der erhaltene Erlös herauszugeben. Zur Begründung wird zunächst der Wortlaut aungeführt. Zudem sei der Charakter des Bereicherungsrechts als Billigkeitsrechts zu berücksichtigen, der es verbiete, den Nichtberechtigten für seine unberechtigte Verfügung auch noch mit einem Gewinn zu belohnen. Darüber hinaus habe der Bereicherungschuldner nach fast einhelliger Meinung nur das herauszugeben, was er erhalte, wenn er den Gegenstand unter Wert veräußere. Wenn damit der Bereicherungsschuldner das Risiko der Veräußerung zu tragen habe, müsse er billigerweise auch die Vorteile beanspruchen können. Schließlich entspreche diese Lösung auch der herrschenden Meinung hinsichtlich des ähnlichen Problems das stellvertretende Commodum in § 285 BGB betreffend.
Kann der Bereicherungsschuldner des § 816 I 1 BGB, wenn er den Gegenstand selbst entgeltlich erwarb, die von ihm erbrachte Gegenleistung als Abzug vom gegen ihn gerichteten Kondiktionsanspruch in Ansatz bringen?
Nein, das ist mit der ganz herrschenden Meinung auszuschließen. Auch wenn er noch in Besitz des Gegenstandes wäre, müsste er diesen dem Eigentümer herausgeben ohne wegen des von ihm gezahlten Kaufpreises ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen zu können. Da der Kondiktionsanspruch an die Stelle des Vindikationsanspruches tritt, kann insoweit nicht anderes gelten.
Kann der gutgläibige Bereicherungsschuldner des § 816 I 1 BGB solche solche Aufwendungen, die er zur Erhaltung und ordnungsgemäßen Nutzung des Bereicherungsgegenstandes tätigte, als Abzug vom gegen ihn gerichteten Kondiktionsanspruch in Ansatz bringen?
Ja, denn der Bereicherungsschuldner durfte insoweit auf die Beständigkeit seines Erwerbs vertrauen. Die Aufwendungen sind direkt von dem herauszugebenden Erlös abzuziehen, so dass es einer Aufrechnung mit Ansprüchen aus §§ 994 I 1, 812 I 1, 2. Alt. BGB nicht bedarf.
Führt der Mieter ein objektiv fremdes Geschäft, wenn er die Mietsache vertragswidrig untervermietet?
Nein er übt vielmehr den ihm durch den Mietvertrag überlassenen Gebrauch aus. Dass er dies in vertragswidriger Art und Weise tut, macht die Untervermietung nicht zu einem fremden Geschäft.
Welche Einschränkungen gelten für das Subsidiaritätsprinzip des § 43 II VwGO?
Aufgrund des Zwecks des § 43 II VwGO, eine Umgehung der strengen Zulässigkeitsanforderungen von Gestaltungs- oder Leistungsklagen zu verhindern, werden Einschränkungen für die Fälle gemacht, in denen diese Zulässigkeitsvoraussetzungen (Widerspruchsverfahren, Fristen) gar nicht vorliegen. Dies ist namentlich bei Ersuchen um präventiven Rechtsschutz der Fall, also im Fall der vorbeugenden Feststellungsklage.
Gibt es im Bereich des präventiven Rechtsschutzes die vorbeugende Anfechtungsklage?
Nein. Der Grund ist, dass Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage grundsätzlich ein durchgeführtes Widerspruchsverfahren ist. Da beim Ersuchen um präventiven Rechtsschutz ein Widerspruch jedoch nicht in Betracht kommt, weil ein Verwaltungsakt noch gar nicht erlassen ist, entfällt diese Zulässigkeitsvoraussetzung für eine mögliche Anfechtungsklage. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für vorbeugende Anfechtungs- und Leistungsunterlassungsklage sind also die gleichen, so dass die Notwendigkeit einer eigenständigen vorbeugenden Anfechtungsklage nicht gegeben ist.
Wodurch rechtfertigt sich die Möglichkeit präventiven verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes trotz des grundsätzlich auf repressiven Rechtsschutz ausgelegten Systems der VwGO und welche Konsequenzen hat dies für seine Zulässigkeit?
Präventiver Rechtsschutz ist mitunter notwendig, um dem Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 IV GG Genüge zu tun. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Bürger, wäre er im Einzelfall lediglich auf die Möglichkeiten des repressiven Rechtsschutzes verwiesen, vor vollendete Tatsachen gestellt wäre, da der bereits eingetretene Zustand nicht mehr rückgängig zu machen wäre. Wegen des grundsätzlichen Vorrangs des repressiven Rechtsschutzes ist für präventiven Rechtsschutz dann aber im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses zu fordern, dass dem Kläger das Warten bis zum Erlass einer Maßnahme unzumutbar ist und eine sofortige Erhebung der Klage notwendig ist, da die vollendeten Tatsachen nicht anders zu beseitigen wären (konkrete Gefahr). Ein irgendwann einmal möglicherweise drohende Belastung ist also nicht ausreichend.
Was ist zu tun, um einer zu weitgehenden Unbestimmtheit des § 266 I Var. 2 StGB sowie der flächendeckenden Pönalisierung von Vertragsverletzungen vorzubeugen?
Es ist auf eine restriktive Handhabung des Tatbestandsmerkmals der Vermögensbetreuungspflicht zu achten. Eine Geschäftsbesorgung für einen anderen in einer nicht unbedeutenden Angelegenheit ist erforderlich. Die Vermögensbetreuung muss fremdnützig erfolgen und der Betreuende selbstständige Entscheidungsbefugnisse haben. Zusätzlich muss die Pflicht Haupt- und nicht lediglich Nebenpflicht des Verhältnisses sein. Damit genügt die allgemeine Pflicht, einen Vertrag unter Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners zu erfüllen, nicht.
Betrifft der Zugriff auf eine Mietkaution eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 I Var. 2?
Hier ist zunächst zwischen Wohnraummiete und Geschäftsraummiete zu unterscheiden. Da der Gesetzgeber für die Wohnraummiete mit der Anlagepflicht für den Vemieter gem. § 551 III BGB den Umgang mit der Kaution zu einem wesentlichen Gegenstand der Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter gemacht hat, ist trotz der gemeinhin engen Auslegung des Tatbestandsmerkmals eine Vermögensbetreuungspflicht des Vermieters zu bejahen. Streitig ist es, ob eine Vermögensbetreuungspflicht auch auf Seiten des Mieters besteht. Dafür könnte zwar sprechen, dass wegen der Fremnützigkeit der Verwaltung der Kaution durch den Mieter eine Vermögensbetreuungspflicht a maiore ad minus erst recht angenommen werden muss. Gewichtigere Gründe sprechen jedoch dagegen: Da der Mieter überhaupt kein Zugriffsrecht auf die Kaution hat, fehlt es an jeglicher Selbstständigkeit der Vermögensbetreuung. Zudem stellt er die Mietkaution weniger Fremdnützig zur Sicherung der Befriedigungsmöglichkeiten des Vermieters im Falle ausbleibender Mietzahlungen, sondern vielmehr um seiner gesetzlichen Pflicht zu genügen und überhaupt einen Vertragsschluss herbeizuführen.
Für die Geschäftsraummiete besteht demgegenüber keine mit § 551 III BGB vergleichbare Pflicht. Hier resultiert dementsprechend auf Grundlage der restriktiven Handhabung des Tatbestandsmerkmals keine Vermögensbetreuungspflicht aus der Verwaltung der Mietkaution.
Für die Geschäftsraummiete besteht demgegenüber keine mit § 551 III BGB vergleichbare Pflicht. Hier resultiert dementsprechend auf Grundlage der restriktiven Handhabung des Tatbestandsmerkmals keine Vermögensbetreuungspflicht aus der Verwaltung der Mietkaution.
Erhält der Auflassungsempfänger ein Anwartschaftsrecht am Grundstück?
Obwohl die Auflassung die Erwerbsaussicht des Auflassungsempfängers wesentlich verstärkt, da er gem. § 13 GBO die Eintragung beantragen kann, führt die Auflassung allein nach den allgemeinen Regeln noch nicht dazu, dass der Auflassungsempfänger ein Anwartschaftsrecht erhält. Denn das Anwartschaftsrecht entsteht erst, wenn von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer den Rechtserwerb nicht mehr einseitig verhindern kann. Der Veräußerer aber kann das Grundstück noch einmal auflassen und dann Eintragung des zweiten Auflassungsempfängers beantragen. Ein Anwartschaftsrecht besteht dementsprechend nur dann, wenn gleichzeitg mit der Auflassung auch die Eintragung beantragt wird. Wegen des insgesamt schwachen Schutzes des § 17 GBO, nachdem die Eintragungen in der zeitlichen Reihenfolge der Anträge vorgenommen werden, das Anwartschaftsrecht durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung herbeizuführen. Anders herum führt eine Auslassungsvormerkung ohne erfolgte Auflassung noch nicht zu einem Anwartschaftsrecht, denn hier ist von dem mehraktigen Übereignungstatbestand noch nicht ein Teilakt erfolgt.
Kann ein Auflassungsempfänger, der weder eigetragen wurde noch ein Anwartschaftsrecht erworben hat, wirksam als Berechtigter über ein Grundstück verfügen?
Das ist möglich, sofern die Auflassung nach Auslegung des Parteiwillens die konkludente Ermächtigung (§ 185 BGB) darstellt, eine Verfügung über das Grundstück zu treffen.
Welche Verhältnisse sind in den Anweisungsfällen des Bereicherungsrechts zu unterscheiden und in welchen Verhältnissen vollziehen sich die Leistungsbeziehungen?
a) Deckungsverhältnis = Verhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenen
b) Valutaverhältnis = Verhältnis zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger (auch "Zuwendungsverhältnis")
c) Vollzugsverhältnis = Verhältnis zwischen Angewiesenem und Anweisungsempfänger (auch "Drittverhältnis")
Führt der Angewiesene die Leistung aus, so leistet er nur im Deckungsverhältnis an den Anweisenden. Zugleich bewirkt er die Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger im Valutaverhältnis. Im Vollzugsverhältnis ergibt sich keine Leistungsbeziehung, es definiert sich nur über einen faktischen Vorgang.
b) Valutaverhältnis = Verhältnis zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger (auch "Zuwendungsverhältnis")
c) Vollzugsverhältnis = Verhältnis zwischen Angewiesenem und Anweisungsempfänger (auch "Drittverhältnis")
Führt der Angewiesene die Leistung aus, so leistet er nur im Deckungsverhältnis an den Anweisenden. Zugleich bewirkt er die Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger im Valutaverhältnis. Im Vollzugsverhältnis ergibt sich keine Leistungsbeziehung, es definiert sich nur über einen faktischen Vorgang.
Aus wessen Sicht ist zu entscheiden, ob eine Zuwendung als Leistung an eine bestimmte Person anzusehen ist?
Früher ging man davon aus, dass hier allein die Sicht des Leistenden maßgeblich ist. Heute wird zunächst auf die Zweckbestimmung des Leistenden im Sinne seiner subjektiven Einstellung abgestellt. Sieht man in dieser Zweckbestimmung eine rechtsgeschäftsähnliche oder Willenserklärung, ist somit nach den allgemeinen Regeln auf den objektiven Empfängerhorizont des Leistungsempfängers abzustellen. Aber auch wenn die Zweckbestimmung lediglich ein tatsächliches Verhalten sein soll, spricht, sofern sich die Vorstellungen der Beteiligten nicht decken, nichts gegen eine objektive Zuordnung nach dem Empfängerhorizont.
Wie ist in bereicherungsrechtlichen Anweisungsfällen zu entscheiden, wenn der vermeintlich Angewiesene irrtümlich an den Leistungsempfänger leistet, obwohl im Deckungsverhältnis keine Anweisung vorliegt?
Hier kommt Ausnahmsweise eine Direktkondiktion (Nichtleistungskondiktion) des Leistenden gegenüber dem Leistungsempfänger in Betracht. Grund hierfür ist die besondere Schutzwürdigkeit des vermeintlich Anweisenden, denn ohne Anweisung kann die Leistung ihm keinesfalls als seine zugerechnet werden. In diesem Fall mag auch der objektive Empfängerhorizont des Leistungsempfängers die fehlende Anweisung des vermeintlich Anweisenden nicht zu überwinden. Dies gilt selbst dann, wenn dieser dem Leistungsempfänger die Leistung tatsächlich schuldete und der Leistungsempfänger die fehlende Anweisung weder kannte noch kennen musste.
In welchen Fallgruppen kommt bei Anweisungsfällen eine Direktkondition des Angewiesenen gegenüber dem Leistungsempfänger in Betracht?
a) Eine wirksame Anweisung fehlt von vornherein.
b) Der Anweisungsempfänger hat Kenntnis von dem Mangel im Deckungsverhältnis und kann daher nicht davon ausgehen, dass die erbrachte Zuwendung als Leistung des Anweisenden gilt.
c) Das Deckungsverhältnis ist mangelhaft, im Valutaverhältnis wird eine unentgeltliche Zuwendung vorgenommen und der Anweisende kann sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
b) Der Anweisungsempfänger hat Kenntnis von dem Mangel im Deckungsverhältnis und kann daher nicht davon ausgehen, dass die erbrachte Zuwendung als Leistung des Anweisenden gilt.
c) Das Deckungsverhältnis ist mangelhaft, im Valutaverhältnis wird eine unentgeltliche Zuwendung vorgenommen und der Anweisende kann sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Wie ist der bereicherungsrechtliche Fall der Zahlung auf eine vermeintlich bestehende fremde Schuld zu lösen?
Nach einer Ansicht erfolgt die Rückabwicklung über das Kondiktionsdreieck: Der Leistende wolle nicht an den Empfänger leisten, sondern an den vermeintlichen Schuldner. Er verfolge somit keinen eigenen Leistungszweck. Die Gegenansicht befürwortet eine Direktkondiktion: Der Leistungszweck besteht in einer Tilgungsbestimmung im Sinne des § 267 I. Dieser Ansicht ist der Vorzug zu geben in Fällen, in denen der vermeintliche Schuldner die Leistung nicht veranlasste, denn hier besteht kein Grund, ihn in das Rückabwicklungsverhältnis miteinzubeziehen, da er nicht bewusst und gewollt das Vermögen des Empfängers mehrte. Veranlasste der vermeintliche Schuldner hingegen die Leistung, ergibt sich kein Unterschied zu den Anweisungsfällen: Die Rückabwicklung ist entlang der Leistungsbeziehungen zu vollziehen.
Was ist zu beachten, wenn Versicherungsunternehmen in bereicherungsrechtlichen Mehrpersonen-Verhältnissen beteiligt sind?
Der BGH geht davon aus, dass Versicherungsunternehmen nie aufgrund einer Weisung des Versicherungsnehmers leisten, sondern immer aus eigenem Antrieb nach Prüfung der geltend gemachten Forderung. Dies gelte auch dann, wenn die Leistung der Versicherung unmittelbar oder mittelbar auf eine Veranlassung des Versicherungsnehmers zurückgeht.
Woraus können sich hinsichtlich der Klagebefugnis bei der Verpflichtungsklage Leistungsansprüche ergeben?
1. leistungsgewährende Normen des einfachen Rechts
2. öffentlich-rechtlicher Vertrag mit entsprechender Verpflichtung
3. Zusicherung (§ 38 VwVfG)
4. Grundrechte (subsidiär zu prüfen; genaue Begründung, inwieweit Grundrechte Leistungsansprüche begründen können erforderlich)
2. öffentlich-rechtlicher Vertrag mit entsprechender Verpflichtung
3. Zusicherung (§ 38 VwVfG)
4. Grundrechte (subsidiär zu prüfen; genaue Begründung, inwieweit Grundrechte Leistungsansprüche begründen können erforderlich)
Wann fehlt im Rahmen einer Verpflichtungsklage der Sace die Spruchreife und welche Konsequenz hat dies?
Die Spruchreife einer Sache fehlt, wenn nicht alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen einer abschließenden Entscheidung vorliegen. Wichtigster Fall: Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der Verwaltung. Wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes kann das Gericht nicht anstelle der Verwaltung das Ermessen ausüben. Es verpflichtet die Behörde dementsprechend, eine erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen (§ 113 V 2 VwGO - "Bescheidungsurteil").
Was ist unter einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 I VwGO zu verstehen?
Ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 I VwGO ist die rechtliche Beziehung, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm, Vertrag oder Zusicherungfür das Verhätlnis von Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergibt, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun kann oder darf oder nicht zu tun braucht.
Welche Anforderung sind an das notwendige Feststellungsinteresse für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage zu stellen und was ist der Zweck dieser Sachentscheidungsvoraussetung?
Die Anforderung sind nicht sehr hoch. Ausreichend ist jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern. Der Zweck der Notwendigkeit eines Feststellungsinteresse ist lediglich der Ausschluss von Popularklagen sowie zu verhindern, dass die Parteien das Gericht als Rechtsberatungsstelle missbrauchen.
Ist der gutgläubige Zweiterwerb einer Auflassungsvormerkung möglich, wenn der Übertragende zwar Forderungsinhaber, nicht aber Inhaber der Vormerkung ist?
Das ist sehr umstritten. Vom BGH und einem Teil der Literatur wird dies bejaht. Abgestellt wird auf einen Vergleich mit der Hypothek, bei der ein gutgläubiger Erwerb möglich ist, obwohl sie genau wie die Vormerkung nur durch den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Forderung übergeht. Richtig daran ist, dass dass sowohl der Erwerb einer Vormerkung wie einer Hypothek mittelbar auf der rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung beruhen. Dennoch ist dieser Auffassung entgegenzutreten, denn eine Vergleichbarkeit zwischen Hypothek und Vormerkung ist nicht ohne weiteres gegeben. Gegen diese Vergleichbarkeit spricht das sachenrechtliche Publizitätsprinzip: Während bei der Abtretung einer hypothekarisch gesicherten Forderung gem. § 1154 BGB immer entweder der Briefübergang oder eine Grundbucheintragung gefordert sind, ist die Abtretung einer durch Vormerkung gesicherten Forderung formlos möglich. Es fehlt hier also an einem entsprechenden Rechtsscheinsträger, der einen gutgläubigen Erwerb legitimieren könnte. Augenscheinlich unterscheidet der Gesetzgeber hiermit zwischen Vormerkung und Hypothek.
Ist ein gutgläubiger Zweiterwerb einer Vormerkung möglich, wenn der Übertragende nicht Forderungsinhaber ist?
Nein, das folgt aus der strengen Akzessorietät der Vormerkung. Kann schon die Forderung, da sie nicht besteht, nicht abgetreten werden, existiert auch keine an ihr hängende Vormerkung. Im übrigen existiert für den Vormerkungserwerb keine eigenständige Gutglaubensvorschrift.
Wie rechtfertigt sich die analoge Anwendung der Vorschriften des EBV auf das Verhältnis zwischen Vormerkungsinhaber und Dritterwerber?
Eine Regelungslücke besteht, da das Verhältnis von Vormerkungsinhaber und Dritterwerber lediglich im Rahmen des § 888 BGB geregelt ist. Diese ist auch planwidrig, da es der Gesetzgeber übersehen hat, Folgeansprüche des Vormerkungsberechtigten zu regeln. Zudem besteht die vergleichbare Interessenlage: Da der Vormerkungsinhaber durch die Durchsetzung des Vormerkungsgesicherten Anspruchs jederzeit Eigentümer werden kann, ist er mit einem Eigentümer vergleichbar. Umgekehrt kann der Dritterwerber vom Vormerkungsinhaber jederzeit aus seiner Eigentümerposition verdrängt werden, so dass seine Position mit der eines Besitzers ohne Besitzrecht vergleichbar ist. Auch ist eine Privilegierung des gutgläubigen Dritterwerbers interessengerecht.
Ist für die Einigung über die Entstehung eines dinglichen Vorkaufsrechts die notarielle Beurkundung erforderlich?
Ja, obwohl eine mit § 925 BGB vergleichbare Regelung für das dingliche Vorkaufsrecht fehlt, ist nach ganz herrschender Meinung eine notarielle Beurkundung gem. § 311b I 1 BGB erforderlich.
Welche Ausnahme macht die Rechtsprechung entgegen dem Wortlaut von der Subsidiaritätsklausel des § 43 II VwGO?
Die Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage soll entfallen, wenn der Beklagte eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Begründung: Diese würde aus festgestellten Rechtsverhältnissen keine unrechtmäßigen Ansprüche geltend machen. Von der Praxis wird diese Annahme teilweise widerlegt, weshalb die Ausnahme in der Literatur teilweise kritisiert wird.
Ist bei der Feststellungsklage eine Klagebefugnis gem. § 42 II analog zu fordern?
Das ist stark umstritten, bedarf in der Klausur jedoch regelmäßig keiner Diskussion: "Ob bei der Feststellungsklage eine Klagebefugnis gem. § 42 II analog zu fordern ist, ist umstritten. Der Kläger macht hier geltend [...], so dass er aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis eigene Rechte herleiten würde und somit klagebefugt wäre. Somit bedarf der Streit hier keiner Erörterung."
Wann ist ein Verwaltungsakt erledigt?
Der Verwaltungsakt ist erledigt, wenn er gegenstandslos geworden ist. Dies ist in der Anfechtungssituation durch Rücknahme, Widerruf, anderweitige Aufhebung oder Zeitablauf der Fall. In der Verpflichtungssituation kommt in Betracht, dass der begehrte VA zu spät käme, der Anspruch anderweitig erfüllt oder wegen zwischenzeitlicher Rechtsänderung weggefallen ist.
Bei welchen Fallgruppen besteht ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne von § 113 I 4 VwGO?
a) begründete Wiederholungsgefahr
b) Rehabilitationsinteresse (insb. bei scheren Rechtsverletzungen)
c) die erstrebte Sachentscheidung entscheidet eine Vorfrage für einen anschließenden Schadensersatzprozess (Ausnahme: die Maßnahme hat sich vor Klageerhebung erledigt)
d) Beeinträchtigung einer wesentlichen Grundrechtsposition
b) Rehabilitationsinteresse (insb. bei scheren Rechtsverletzungen)
c) die erstrebte Sachentscheidung entscheidet eine Vorfrage für einen anschließenden Schadensersatzprozess (Ausnahme: die Maßnahme hat sich vor Klageerhebung erledigt)
d) Beeinträchtigung einer wesentlichen Grundrechtsposition
Bedarf es für die Fortsetzungsfeststellungsklage der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens, wenn Erledigung bereits vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist?
Das ist stark umstritten (Stichwort: "Fortsetzungsfeststellungswiderspruch"). Dafür spricht, obwohl die Widerspruchsbehörde der Beschwer nicht mehr abhelfen kann, dass sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns feststellen kann und das Widerspruchsverfahren daher der Selbstkontrolle und der Entlastung der Gerichte dient. Dagegen spricht allerdings, dass das Widerspruchsverfahren auf Aufhebung bzw. Erlass eines VA gerichtet ist und nicht auf die Feststellung dessen Rechtswidrigkeit. Da ein Gerichtsurteil zudem eine stärkere Bindungswirkung besitzt als die Feststellung der Behörde ist zudem durch das Urteil ein stärkerer Rechtsschutz gewährleistet. In der Klausur sollte der zuletzt genannten Ansicht der Rechtsprechung gefolgt werden, um ein Hilfsgutachten zu vermeiden.
Was ist die Selbstbindung der Verwaltung und was resultiert aus ihr?
Eine Selbstbindung der Verwaltung entsteht, wenn eine lang andauernde Verwaltungsübung vorliegt. In diesem Fall entsteht direkt aus Art. 3 GG ein Anspruch den Bürgers darauf, dass die Verwaltung nicht grundlos von dieser Verwaltungsübung abweicht. Art. 3 GG kommt somit in Form der Selbstbindung der Verwaltung als Anspruchsgrundlage für verwaltungsgerichtliche Klagearten in Betracht. Voraussetzungen für den Anspruch sind dann:
a) lang andauernde Verwaltungsübung
b) grundloses Abweichen
a) lang andauernde Verwaltungsübung
b) grundloses Abweichen
Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch?
a) Hoheitlicher Eingriff in ein subjektives Recht
b) rechtswidriges Handeln der Verwaltung
c) Andauern des rechtswidrigen Zustandes
d) Wiederherstellung des früheren Zustandes muss möglich, rechtlich zulässig und zumutbar sein
b) rechtswidriges Handeln der Verwaltung
c) Andauern des rechtswidrigen Zustandes
d) Wiederherstellung des früheren Zustandes muss möglich, rechtlich zulässig und zumutbar sein
Wann ist eine Anordnung oder Maßnahme unaufschiebbar im Sinne des § 80 II Nr. 2 VwGO?
Eine Anordnung oder Maßnahme ist unaufschiebbar im Sinne des § 80 II 2 VwGO, wenn sie derart dringlich erscheint, dass der mit ihrem Erlass verfolgte Zweck nur bei sofortiger Respektierung bzw. Durchsetzung der getroffenen Regelung erreicht werden kann.
Ist ein Antrag nach § 80 V VwGO schon vor Erhebung eines Widerspruchs zulässig?
Dies ist im Detail umstritten, klar ist aber, dass wegen Art. 19 IV GG dann keines Widerspruchs bedarf, wenn sonst eine Erschwerung oder Gefährdung seines Anspruchs auf effektiven vorläufigen Rechtsschutzes drohen würde.
Obersatz in der Begründetheitsprüfung eines Antrages nach § 80 V 1, 2. Alt. VwGO?
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebeneden Wirkung ist begründet, wenn die Begründung nach § 80 III VwGO fehlerhaft ist, oder das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche oder private Vollzugsinteresse überwiegt.
Was ist bei der Abwägung zwischen Aussetzungs- und Vollzugsinteresse im Rahmen des § 80 V 1 VwGO zu beachten?
Für den Fall, dass der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren offensichtlich erfolgreich ist, überwiegt immer das Aussetzungsinteresse, denn ein Vollzugsinteresse hinsichtlich eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht nicht. Ist umgekehrt der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren offensichtlich erfolglos, liegt kein Aussetzungsinteresse vor. Ist die Frage nach den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht eindeutig zu beantworten, muss eine echte Abwägung vorgenommen werden. Zu fragen ist dann, ob die Nachteile überwiegen, die bei Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einträten, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren aber erfolglos wäre oder die, die bei einer Ablehnung des Antrags einträten, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte. Im Rahmen von § 80 II 1, Nr. 2 u. 3 VwGO ist darüber hinaus zu beachten, dass der Gesetzgeber das Überwiegen des Vollzugsinteresse als Regelannahme gestaltet hat. Daher sind besonders schwerwiegende Interessen des Antragstellers ins Feld zu führen. Im Rahmen von § 80 II 1, Nr. 1 VwGO beachte die Regelungen des § 80 IV 3 VwGO, die für das gerichtliche Verfahren analog angewendet werden kann.
Führt bereits die fehlende Begründung gem. § 80 III VwGO zu einem Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung?
Dies wird zum Teil verneint mit der Erwägung, dass eine fehlende Begründung keinen evidenten Rechtsverstoß darstelle und es sich sich somit nicht um einen mit § 44 VwVfG vergleichbaren schwerwiegenden und offenkundigen Rechtsverstoß handele. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da aufgrund der eindeutigen Begründungsanforderung von § 80 III VwGO eine Offenkundigkeit vorliegt.
Welche Anforderungen sind an eine Begründung im Sinne des § 80 III VwGO zu stellen?
Die Begründung darf sich nicht in allgemeinen Floskeln oder einer Wiederholung des Gesetzestextes ergehen. Vielmehr muss sie klar das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung erkennen lassen, sowie die Ermessenserwägungen enthalten, aufgrund derer ein Überwiegen gegenüber dem Aussetzungsinteresse angenommen wird.
Was ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes neben Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu prüfen?
Zu prüfen ist weiterhin, ob eine einstweilige Anordnung im konkreten Fall eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten würde. Ist dies der Fall ist der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung abzulehnen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist in der Regel gegeben, wenn der durch die einstweilige Anordnung herzustellende Zustand nicht ohne weiteres rückgängig zu machen ist.
Was ist hinsichtlich der Vergütungspflicht eines wegen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz gem. § 134 BGB nichtigen Werkvertrags zu beachten.
Ein vertraglicher Anspruch kommt wegen § 134 nicht in Betracht. Ein Anspruch aus GoA wird regelmäßig am fehlenden Fremdgescgäftsführungswillen, auf jeden Fall jedoch daran scheitern, dass gesetzlich verbotene Arbeiten nicht "den Umständen nach für erforderlich" gehalten werden dürfen. In Betracht kommt somit nur ein Anspruch aus § § 812 I 1, 1. Alt. Dieser wäre jedoch nach dem Wortlaut des § 817 S. 2 ausgeschlossen. § 817 S. 2 ist in dieser Fallkonstellation jedoch teleologisch zu reduzieren, da es mit dem Schutzzweck des Scharzarbeitsgesetzes unvereinbar wäre, wenn der Besteller die Werkleistung ohne Vetgütungspflicht behalten dürfte. Bei der Bemessung ist zu beachten, dass im Falle von Mängeln der Wert der Arbeiten deshalb erheblich gemeindert ist, weil der Auftraggeber diesbezüglich keine Ansprüche aus Werkvertragsrecht geltend machen kann.
Diskutieren Sie den Fall der "Kondiktion der Kondiktion".
Eine Kondiktion der Kondiktion kommt in Betracht, wenn in einer Durchlieferungskette (Bsp.: Großhändler - Händler - Käufer) beide Rechtsgeschäfte unabhängig voneinander nichtig sind. Hier stellt sich zunächst die Frage, auf was sich der Kondiktionsanspruch des Großhändlers bezieht. Richtigerweise ist hier auf die Abtretung des Kondiktionsanspruchs, welchen der Händler gegen den Käufer hat, abzustellen, da nur diese Konstruktion dem Rechtsgedanken des § 818 III BGB, das nur das herauszugeben ist, was sich im Vermögen des Schuldners als rechtsgrundlose Bereicherung befindet. Zum Teil wird dieser Konstruktion entgegengehalten, dass der Großhändler den Einwendungen des Käufers gegenüber dem Händler (§ 404) ausgesetzt wäre und somit verpflichtet wäre, dem Käufer den Kaufpreis zurückzuzahlen. Dementsprechend sei sein Anspruch gegenüber dem Händler vielmehr auf Wertersatz gem. § 818 II gerichtet. Diese Auffassung ist jedoch wegen der erwähnten Grundentscheidung des § 818 III abzulehnen. Aufzulösen ist das Problem dadurch, dass man den Händler über seine Verpflichtung zur Abtretung des Herausgabeanspruchs hinaus dazu verpflichtet, den Kaufpreis an den Großhändler herauszugeben, damit dieser Zug um Zug die Herausgabe des Bereicherungsgegenstandes fordern kann. Sollte nach dieser Konstruktion der Großhändler zudem das Insolvenzrisiko des Käufers tragen, ist dies gerechtfertigt, da er sich gegenüber dem Händler keiner Kreditsicherungsmittel bediente.
Wie ist der Putativnotwehrexzess zu behandeln?
Nach einer Ansicht ist § 33 analog anzuwenden, jedoch nur für den Fall, dass der Irrtum über die Notwehrlage unvermeidbar war. Gegen diese Ansicht spricht aber, dass die Vermeidbarkeit im Rahmen des Tatbestandes des § 33 gar nicht enthalten ist. Ferner knüpft § 33 notwendigerweise an § 32 an, da er nur den gegenwärtigen Angriff erfasst, der eine Überreaktion heraufbeschwört. Es ist somit nach den allgemeinen Irrtumsregeln zu entscheiden. Beachte: § 16 ist aber auf keinen Fall anwendbar, da der Täter bei Richtigkeit seiner Vorstellung wegen Überschreitung der Notwehr nicht gerechtifertigt wäre. Somit ist § 17 anzuwenden.
Findet § 33 auch Anwendung, wenn der Täter die zeitlichen Grenzen der Notwehr überschreitet ("extensiver Notwehrexzess")?
Nach der h.M. ist § 33 StGB nicht auf den extensiven Notwehrexzess anzuwenden, da die unrechtsmindernde Notwehrlage in dieser Konstellation gar nicht mehr besteht. Die Gegenansicht weist darauf hin, dass der Wortlaut des § 33 nicht zwischen räumlichen und zeitlichen Grenzen differenziert und die psychische Situation des Täters zwischen intensivem und extensivem Notwehrexzess durchaus vergleichbar ist.
Was versteht man unter dem quasinegatorischen Unterlassungsanspruch?
Nach seinem Wortlaut gilt § 1004 nur für das Eigentum (negatorischer Unterlassungsnapruch). Dies hat die unerfreuliche Konsequenz, dass Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nicht gegen andere absolut geschützte Rechtsgüter nur in Ausnahmefällen bestehen (z. B. Delikt). Um dieses Ergebnis zu vermeiden wird § 1004 analog auf alles absolut geschützten Rechte angewendet (quasinegatorischer Unterlassungsanspruch).
Was ist hinsichtlich des fehlenden Verschuldenserfordernisses in § 1004 BGB zu beachten?
Das Schadensersatzansprüche abgesehen von Gefährdungshaftung ein Verschulden voraussetzen, besteht die Gefahr, dass wegen des fehlenden Verschuldenserfordernisses in § 1004 und seinem Charakter als Schutzgesetz im Rahmen des § 823 II die Verschuldenserfordernisse der Schadensersatzhaftung unterlaufen werden. Es ist deshalb genau darauf zu achten, dass von § 1004 nur der Akt des Eingriffs, nicht jedoch die daraus resultierende Verletzung erfasst wird.
Schließt das Bestehen eines Selbsthilferechts nach § 910 die Geltendmachung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 1004 aus?
Eine Mindermeinung sieht in § 910 eine lex specialis. Dagegen spricht jedoch, dass beispielsweise mit dem Abschneiden der Baumwurzeln die Eigentumsstörung noch nicht notwendigerweise beendet ist. § 1004 muss also anwendbar bleiben.
Findet § 1004 auch auf ideele Einwirkungen Anwendung?
Dies wird zum Teil mit Hinweis auf die Verstärkung des Persönlichkeitsschutzes jedenfalls für solche Einwirkungen, die in ihrer Intensität einer Behinderung der Eigentumsnutzung gleichkommen, bejaht. Dagegen spricht jedoch die mangelnde Ptaxistauglichkeit dieser Ansicht: Die Gerichte wären ständig mit Nachbarschafts-Streitigkeiten über ästhetische Empfindungen belatstet. Ein abstoßender Anblick stellt zudem keine mit § 906 vergleichbare Immission dar.
Störerbegriff im Rahmen des § 1004?
Störer ist derjenige, auf dessen Willen die Beeinträchtigung unmittelbar oder mittelbar adäquat zurückgeht. Man unterscheidet zwischen:
a) Handlungstörer - derjenige, der durch sein Tun oder pflichtwidriges Unterlassen die Beeinträchtigung unmittelbar herbeiführt
b) Zustandsstörer - derjenige, der durch seine Willensbetätigung mittelbar adäquat einen beeinträchtigenden Zustand herbeiführt, sofern er diesen Zustand beseitigen oder verhindern kann
a) Handlungstörer - derjenige, der durch sein Tun oder pflichtwidriges Unterlassen die Beeinträchtigung unmittelbar herbeiführt
b) Zustandsstörer - derjenige, der durch seine Willensbetätigung mittelbar adäquat einen beeinträchtigenden Zustand herbeiführt, sofern er diesen Zustand beseitigen oder verhindern kann
Voraussetzungen der Einbeziehung von Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages?
a) Bestimmungsgemäße Leistungsnähe des Dritten
b) Berechtigtes Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten ("Wohl und Wehe"-Formel)
c) Erkennbarkeit von a) und b)
d) Schutzbedürftigkeit des Dritten (-> kein eigener vertraglicher Anspruch)
b) Berechtigtes Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten ("Wohl und Wehe"-Formel)
c) Erkennbarkeit von a) und b)
d) Schutzbedürftigkeit des Dritten (-> kein eigener vertraglicher Anspruch)
Auswirkungen der Rechtsnachfolge im Rahmen des § 1004?
Rechtsnachfolger des Betroffenen können nunmehr den Anspruch aus § 1004 geltend machen, selbst, wenn der Rechtsvorgänger die Beeinträchtigung gestattete und somit sein Anspruch aus § 1004 I ausgeschlossen war und der Störer deshalb ein obligatorisches Recht auf die Beeinträchtigung hatte. Etwas anderes gilt freilich, wenn der Störer ein dingliches Recht auf die Beeinträchtigung hatte.
Der Rechtsnahcfolger des Störers ist nunmerh neuer Störer. Bei einer Veräußerung nach § 929, 930 BGB ist auch der Rechtsvorgänger Störer.
Der Rechtsnahcfolger des Störers ist nunmerh neuer Störer. Bei einer Veräußerung nach § 929, 930 BGB ist auch der Rechtsvorgänger Störer.
Wer trägt die Kosten der Störungsbeseitigung im Rahmen einer Selbsthilfe im Anwendungsbereich des § 1004?
Die GoA ist grundsätzlich anwendbar, wird jedoch regelmäßig am tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Störers sowie daran scheitern, dass die Voraussetzungen des § 679 nicht vorliegen. In Betracht kommt demnach ein Kondiktionsanspruch aus § 812 BGB. Dieser entspricht in der Höhe dem vom Störer ersparten Betrag, ist aber durch die tatsächlichen Aufwendungen begrenzt. Der Rechtsgedanke des § 254 ist anwendbar, ebenso § 251 II analog (was für einen schuldhaft Handelnden gilt, muss für den Beseitigungsschuldner erst recht gelten).
Wann kommt eine analoge Anwendung des § 906 II in Betracht?
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ausgleichsanspruch auf Grundlage von § 906 II analog zu gewähren, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten, sofern der Betroffene aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen rechtzeitig zu unterbinden. Der Anspruch aus § 906 II analog ist allerdings subsidiär, so dass er nur in Betracht kommt, wenn kein anderweitiger Ersatz zu erlangen ist.
Was ist hinsichtlich der Formbedürftigkeit einer Vollmachtserteilung zu beachten?
Trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 167 II, reduziert die Rechtsprechung diesen teleologisch dahingehend, dass eine Formbedürftigkeit vorliegt, wenn anderenfalls der Schutzzweck des jeweiligen Formzwanges unterlaufen würde. So muss beispielsweise die Vollmachtserteilung für ein Grundstückskaufgeschäft notariell beurkundet werden.
Was ist bei Grundstücksübertragungsgeschäften in Bezug auf den Grundsatz falsa demonstratio non nocet zu beachten?
Im Rahmen der Auflassung ergeben sich keine Besonderheiten. Wegen der sich ergebenden Diskrepanz aus Einigung und daraus resultierender Grundbuchlage ist folgendermaßen zu unterscheiden:
a) ein anderes als das im Grundbuch bezeichnete Grundstück war Gegenstand der Auflassung: ein Eigentumswechsel hat nicht stattgefunden, eine richtigstellende Identitätserklärung nach § 29 GBO ist nötig
b) Auflassung ging weiter als Eintragung: nur hinsichtlich der von der Eintrgung erfassten Teilfläche geht das Eigentum über, eine richtigstellende Identitätserklärung nach § 29 GBO ist für den Übergang des weitergehenden Teils nötig
c) Eintragung ging weiter als Auflassung: nur das Eigentum, das Gegenstand der Auflassung war, ging über (nur auf dieses bezog sich die falsa demonstratio non nocet); hinsichtlich des weiteren Teilbereichs besteht ein Grundbuchberichtigungsanspruch
a) ein anderes als das im Grundbuch bezeichnete Grundstück war Gegenstand der Auflassung: ein Eigentumswechsel hat nicht stattgefunden, eine richtigstellende Identitätserklärung nach § 29 GBO ist nötig
b) Auflassung ging weiter als Eintragung: nur hinsichtlich der von der Eintrgung erfassten Teilfläche geht das Eigentum über, eine richtigstellende Identitätserklärung nach § 29 GBO ist für den Übergang des weitergehenden Teils nötig
c) Eintragung ging weiter als Auflassung: nur das Eigentum, das Gegenstand der Auflassung war, ging über (nur auf dieses bezog sich die falsa demonstratio non nocet); hinsichtlich des weiteren Teilbereichs besteht ein Grundbuchberichtigungsanspruch
Ist der Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 abtretbar?
Nein, da der Anspruch ebenso wie der aus § 985 untrennbar mit dem Eigentum verbunden ist, ist er nicht abtretbar. Unberührt bleibt die Möglichkeit, einen anderen zu ermächtigen, den Anspruch im Rahmen der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen.
Wie ist das Verhältnis zwischen § 854 und dem Kondiktionsanspruch gem. §§ 812, 925 bei Anfechtung des Kausalgeschäfts bei Grundstücksübertragungsgeschäften?
§ 854 ist in dieser Konstellation nicht anwendbar, da wegen der Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts die Grundbuchlage mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt. Somit ergibt sich aus § 812 nur ein Anspruch auf Rückübereignung im Wege der amtlichen Grundbuchänderung gem. § 925.
Was folgt praktisch aus der Bedingungsfeindlichkeit von Auflassungen gem. § 925 II?
Bei Grundstücksgeschäften ist kein Eigentumsvorbehalt möglich. Außerdem sind entgegen den allgemeinen Regeln auch Rechtsbedingungen das Kausalgeschäft betreffend (nicht aber die Wirksamkeit der Auflassung selbst) unzulässig. Unzulässig ist ferner auch ein Widerrufsvorbehalt.
Unmittelbares Ansetzen nach der gemischt subjektiv-objektiven Theorie
Der Täter setzt unmittelbar an, wenn er subjektiv die Schwelle zum "Jetzt geht's los" überschritten hat und objektiv ein Verhalten an den Tag legt, das nach seinem Gesamtplan so eng mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung verknüpft ist, dass es bei ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Verwirklichung des gesamten Straftatbestandes führen soll oder in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr steht, so dass das Angriffsobjekt aus Sicht des Täters konkret gefährdet erscheint.
Ausschluss der objektiven Zurechnung zwischen Sorgfaltsverstoß und Erfolg bei Fahrlässigkeit
Der tatbestandliche Erfolg wäre auch bei sorgfaltsgerechtem Verhalten unvermeidbar gewesen oder beruht nicht auf einer Verwirklichung von Gefahren, die nach dem Schutzzweck der verletzten Norm verhütet werden sollen.
Was ist eine Scheingeheißperson und ist sie einer Geheißperson gleichzustellen?
Die Scheingeheißperson handelt aus Sicht des Empfängers als Geheißperson, ordnet sich aus ihrer Sicht aber nicht dem Willen des Leistenden unter, sondern erfüllt eine eigene Verbindlichkeit.
Zwar schützt das Gesetz nicht den guten Glauben hinsichtlich einer Geheißlage, jedoch liegt aus Erwerbersicht kein Unterschied vor. Zudem knüpft der Rechtsschein in beiden Fällen an die Besitzverschaffungsmacht an.
Zwar schützt das Gesetz nicht den guten Glauben hinsichtlich einer Geheißlage, jedoch liegt aus Erwerbersicht kein Unterschied vor. Zudem knüpft der Rechtsschein in beiden Fällen an die Besitzverschaffungsmacht an.
Was ist das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis?
Das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis stellt keine rechtliche Sonderverbindung dar, es kann aber unter Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben in ganz besonderen Ausnahmefällen zur Begründung von Beseitigungs-, Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen herangezogen werden, wenn ein Nachbar unter dem speziellen Regime der nachbarrechtlichen Normen ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt wäre und Abhilfe dringend geboten erscheint.
Wann kommt eine analoge Anwendung des § 912 BGB (Überbau) in Betracht.
Da die Norm voraussetzt, dass der Überbau "bei der Errichtung eines Gebäudes" entsteht, kommt bei nachträglichen Anbauten, Reparaturen oder vergleichbaren Maßnahmen (auch Schiefheit wegen Altersschwäche) nur eine analoge Anwendung in Betracht. Ebenso ist die Norm analog anzuwenden, wenn jemand eine schuldrechtliche Vereinbarung hinsichtlich der Grenzabstände missachtet.
Verschuldenszurechnung im Rahmen des § 912 BGB?
Verschulden beauftragter Personen (Bsp.: Bauunternehmer und deren Hilfspersonen) wird weder über § 278 noch über § 831 zugerechnet. Das Verschulden des Architekten als "Repräsentant" ist jedoch nach der Rechtsprechung gem. § 166 analog zu vertreten. Nach der Gegenansicht kommt keine Analogie in Betracht.
Wie ist ein Fall des Alternativvorssatzes zu lösen?
1. Welcher objektive Tatbestand wurde erfüllt?
2. Der Vorsatz hinsichtlich dieses Delikts ist zu bejahen und festzustellen, dass der Täter sich jedenfalls schon wegen dieses Delikts strafbar gemacht hat. Feststellung: Der Vorsatz hinsichtlich des nicht verwirklichten Delikts lässt den Vorsatz hinsichtlich des verwirklichten Delikts unberührt.
3. Hat der Täter sich hinsichtlich des nicht verwirklichten Delikts eines Versuchs strafbar gemacht? a) Die Strafbarkeit ist mit abgegolten, wenn es sich bei begangenem und versuchten Delikt um Delikte mit annähernd gleicher Schutzrichtung handelt. Versuchtes Delikt tritt im Wege der Konsumtion zurück.
4. Handelt es sich nicht um Delikte mit gleicher Schutzrichtung, ist hinsichtlich des versuchten Delikts (tateinheitlich) zu bestrafen, sofern sein Unrechtsgehalt wesentlich schwerer wiegt, als das vollendete.
5. Ist kein Delikt verwirklicht worden, ist wegen Versuch des schwereren Delikts zu bestrafenm sofern dadurch der Unrechtsgehalt der Tat hinreichend bestimmt erfasst werden kann. Im übrigen liegt Tateinheit vor.
2. Der Vorsatz hinsichtlich dieses Delikts ist zu bejahen und festzustellen, dass der Täter sich jedenfalls schon wegen dieses Delikts strafbar gemacht hat. Feststellung: Der Vorsatz hinsichtlich des nicht verwirklichten Delikts lässt den Vorsatz hinsichtlich des verwirklichten Delikts unberührt.
3. Hat der Täter sich hinsichtlich des nicht verwirklichten Delikts eines Versuchs strafbar gemacht? a) Die Strafbarkeit ist mit abgegolten, wenn es sich bei begangenem und versuchten Delikt um Delikte mit annähernd gleicher Schutzrichtung handelt. Versuchtes Delikt tritt im Wege der Konsumtion zurück.
4. Handelt es sich nicht um Delikte mit gleicher Schutzrichtung, ist hinsichtlich des versuchten Delikts (tateinheitlich) zu bestrafen, sofern sein Unrechtsgehalt wesentlich schwerer wiegt, als das vollendete.
5. Ist kein Delikt verwirklicht worden, ist wegen Versuch des schwereren Delikts zu bestrafenm sofern dadurch der Unrechtsgehalt der Tat hinreichend bestimmt erfasst werden kann. Im übrigen liegt Tateinheit vor.
Wie ist der dolus eventualis (Eventualvorsatz) von der bewussten Fahrlässigkeit abzugrenzen?
1. Um vorsätzlich zu handeln muss der Täter den Erfolgseintritt zumindest für möglich halten.
2. Nach der Möglichkeitstheorie reicht allein das für vorsätzliches Handeln aus, ein Wollenelement ist darüber hinaus nicht nötig.
Nach dieser Theorie werden vollkommen unterschiedliche kriminelle Gesinnungen des Täters absolut gleich behandelt, da auch derjenige, der auf ein Ausbleiben des Erfolges hofft, vorsätzlich handelt.
3. Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie ahndelt derjenige vorsätzlich, der den Eintritt des Erfolges für wahrscheinlich hält. Der Begriff der Wahrscheinlichkeit ist jedoch so unscharf, dass er für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit kaum sinnvoll fruchtbar zu machen ist.
4. Nach der Theorie von der Manifestation des Vermeidungswillens kann ein Vertrauen auf das Ausbleiben des Erfolges (Wollenelement also nötig) nur angenommen, wenn sich der Vermeidungswille des Täters in einer tatsächlichen Handlung manifestiert. Diese Theorie ist mit der Unschuldsvermutung nicht in Einklang zu bringen, da hier der Täter beweisen muss, dass sich sein Vermeidungswills manifestierte. Zudem wird verkannt, dass der Täter auch dann auf ein Ausbleiben des Erfolges vertrauen kann, wenn sich sein Vermeidungswille nicht manifestiert.
5. Vorsatz liegt somit vor, wenn der Täter den für möglich gehaltenen Erfolg billigend in Kauf genommen hat, selbst wenn er ihm an sich unerwünscht war (Billigungstheorie).
6. Beachte: Erhöhte Anforderungen bei Tötungsdelikten.
2. Nach der Möglichkeitstheorie reicht allein das für vorsätzliches Handeln aus, ein Wollenelement ist darüber hinaus nicht nötig.
Nach dieser Theorie werden vollkommen unterschiedliche kriminelle Gesinnungen des Täters absolut gleich behandelt, da auch derjenige, der auf ein Ausbleiben des Erfolges hofft, vorsätzlich handelt.
3. Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie ahndelt derjenige vorsätzlich, der den Eintritt des Erfolges für wahrscheinlich hält. Der Begriff der Wahrscheinlichkeit ist jedoch so unscharf, dass er für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit kaum sinnvoll fruchtbar zu machen ist.
4. Nach der Theorie von der Manifestation des Vermeidungswillens kann ein Vertrauen auf das Ausbleiben des Erfolges (Wollenelement also nötig) nur angenommen, wenn sich der Vermeidungswille des Täters in einer tatsächlichen Handlung manifestiert. Diese Theorie ist mit der Unschuldsvermutung nicht in Einklang zu bringen, da hier der Täter beweisen muss, dass sich sein Vermeidungswills manifestierte. Zudem wird verkannt, dass der Täter auch dann auf ein Ausbleiben des Erfolges vertrauen kann, wenn sich sein Vermeidungswille nicht manifestiert.
5. Vorsatz liegt somit vor, wenn der Täter den für möglich gehaltenen Erfolg billigend in Kauf genommen hat, selbst wenn er ihm an sich unerwünscht war (Billigungstheorie).
6. Beachte: Erhöhte Anforderungen bei Tötungsdelikten.
In welchen Fallgruppen entfällt die objektive Zurechenbarkeit?
1. Vollkommen atypischer, unvorhersehbarer Kausalverlauf
2. Der Täter verstieß nicht gegen den Schutzzweck der Norm
3. Der Täter verringert ein Risiko oder schwächt einen Erfolg ab (insbesondere Abstiftung)
4. Kein Pflichtwidrigkeitszusammenhang - Bei Fahrlässigkeitsdelikten wäre der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten.
5. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers
6. Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
2. Der Täter verstieß nicht gegen den Schutzzweck der Norm
3. Der Täter verringert ein Risiko oder schwächt einen Erfolg ab (insbesondere Abstiftung)
4. Kein Pflichtwidrigkeitszusammenhang - Bei Fahrlässigkeitsdelikten wäre der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten.
5. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers
6. Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
Was versteht man unter dolus alternativus (Alternativvorsatz)?
Alternativvorsatz liegt vor, wenn der Täter bei der Vornahme einer bestimmten Handlung nicht sicher weiß, ob er dadurch von zwei sich gegenseitig ausschließenden Tatbeständen oder Erfolgen den einen oder den anderen verwirklicht, jedoch die Verwirklichung beider Tatbestände in Kauf nimmt.
Was ist der Zweck von Strafe?
Nach den "absoluten" Straftheorien hat die Strafe keinen Zweck, sondern bezieht sich allein auf ihren Grund (begangenes Unrecht). Nach der auf Kant und Hegel zurückgehenden Vergeltungstheorie geht es um die Wiederherstllung von Gerechtigkeit durch die Vergeltung begangenen Unrechts. Die individuelle Schuld des Täters wird hiernach nicht berücksichtigt. Nach der Sühnetheorie soll der Täter mit der Rechtsordnung wieder versöhnt werden. Sie verkennt, dass Sühne Freiwilligkeit voraussetzt, während Strafe stets aufgezwungen wird. Die absoluten Theorien finden sich heute in § 46 I 1 StGB wieder.
Nach den "relativen" Strafzwecktheorien dient die Strafe der Verhinderung künftiger Straftaten:
Nach der von Feuerbach entwickelten Theorie der Generalprävention in erster Linie durch Abschreckung der übrigen Bevölkerung (negative Generalprävention) sowie der Erzeugung von Vertrauen in die Rechtsordnung als Motivation zu normgemäßem Verhalten (positive Generalprävention). Die generalpräventiven Ansätze verlieren ihre Legitimation jedoch in dem Moment, in dem eine Straftat nicht aus vernünftiger Abwägung der Motive heraus begangen wurde. Heutiger Anknüpfungspunkt: § 46 I 2 StGB.
Nach dem Prinzip der von von Liszt geprägten Theorie der Spezialprävention dient die Strafe dazu den Täter im Sinne eines Appells zu einem straffreien Leben zu bessern (positive Spezialprävention) sowie dazu, die Allgemeinheit vor dem Täter zu schützen (negative Spezialprävention). Dieser Zweck lässt außer Acht, dass eine Besserung des Täters dann nicht sinnvoll ist, wenn die Straftat aus einer einmaligen Situation heraus begangen wurde. Die Spezialprävention ist Grundgedanke der Strafaussetzung zur Bewährung sowie den Maßregeln zur Besserung und Sicherung.
Da alle Theorien alleine einige Schwachpunkte aufweisen, werden heute Vereinigunstheorien vertreten, die dadurch gestützt werden, dass alle genannten Strafzwecke Anknüpfungspunkte im Gesetz finden.
Nach den "relativen" Strafzwecktheorien dient die Strafe der Verhinderung künftiger Straftaten:
Nach der von Feuerbach entwickelten Theorie der Generalprävention in erster Linie durch Abschreckung der übrigen Bevölkerung (negative Generalprävention) sowie der Erzeugung von Vertrauen in die Rechtsordnung als Motivation zu normgemäßem Verhalten (positive Generalprävention). Die generalpräventiven Ansätze verlieren ihre Legitimation jedoch in dem Moment, in dem eine Straftat nicht aus vernünftiger Abwägung der Motive heraus begangen wurde. Heutiger Anknüpfungspunkt: § 46 I 2 StGB.
Nach dem Prinzip der von von Liszt geprägten Theorie der Spezialprävention dient die Strafe dazu den Täter im Sinne eines Appells zu einem straffreien Leben zu bessern (positive Spezialprävention) sowie dazu, die Allgemeinheit vor dem Täter zu schützen (negative Spezialprävention). Dieser Zweck lässt außer Acht, dass eine Besserung des Täters dann nicht sinnvoll ist, wenn die Straftat aus einer einmaligen Situation heraus begangen wurde. Die Spezialprävention ist Grundgedanke der Strafaussetzung zur Bewährung sowie den Maßregeln zur Besserung und Sicherung.
Da alle Theorien alleine einige Schwachpunkte aufweisen, werden heute Vereinigunstheorien vertreten, die dadurch gestützt werden, dass alle genannten Strafzwecke Anknüpfungspunkte im Gesetz finden.
Welche Elemente des Deutschen Wahlsystems sind problematisch hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl?
1. Die Mehrheitswahl. Bei der Mehrheitswahl fällt den Stimmen des unterlegenen Kandidaten keinerlei Erfolgswert zu. Das System widerspricht trotzdessen nicht der Gleichheit der Wahl, da das Grundgesetz kein bestimmtes Wahlsystem vorschreibt. Die Mehrheitswahl ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Wahlkreise einen annähernd gleichen Zuschnitt haben (keiner darf über 15% von der Durchschnittsgröße abweichen), da ansonsten in Wahlkreisen von überdurchschnittlich großem Zuschnitt eine einzelne Stimme weniger Gewicht erhält.
2. Die 5%-Klausel. Stimmen für Parteien, die nicht mindestens 5% der Gesamtzahl der Zweitstimmen erreichen, fällt kein Erfolgswert zu. Die 5%-Klausel ist aus dem sachlichen Grund gerechtfertigt, da sich ohne sie die Gefahr der Zersplitterung des Parlaments ergäbe.
3. Das System der Überhangmandate. Erreicht eine Partei durch die Anzahl der gewählten Direktkandidaten mehr Sitze, als ihr nach Anteil der Zweitstimmen zustünden, erhöht sich ihre Zahl der Bundestagsabgeordneten. Der Erfolgswert der Stimmen der Wähler, die mit der Erststimme für ein Überhangmandat sorgen und mit der Zweitstimme eine kleinere Partei wählen erhöht sich damit. In Grenzen nicht zu beanstanden, da das Entstehen von Überhangmandaten der personalisierten Verhältniswahl immanent ist. Eine unerträgliche Beeinträchtigung des Gleichheitsprinzips tritt erst dann ein, wenn sich durch die Anzahl der Überhangmandate die Fraktionsgröße um mehr als 15% vergrößert. Ausweg: Verteilung von Ausgleichsmandaten an andere Parteien.
4. Die Grundmandatsklausel. Trotz nicht Erreichen von 5% der Zweitstimmen zieht eine Partei in voller Stärke ins Parlament ein, wenn sie mindestens 3 Direktmandate holt. Starke Bedenken hinsichtlich der Gleichheit der Wahl, da geographische Schwerpunkt-Parteien hinsichtlich sachlicher Splitterparteien bevorzugt werden. Andererseits drücken mindestens drei Direktmandate ein besonderes Maß an Zustimmung in der Bevölkerung aus.
2. Die 5%-Klausel. Stimmen für Parteien, die nicht mindestens 5% der Gesamtzahl der Zweitstimmen erreichen, fällt kein Erfolgswert zu. Die 5%-Klausel ist aus dem sachlichen Grund gerechtfertigt, da sich ohne sie die Gefahr der Zersplitterung des Parlaments ergäbe.
3. Das System der Überhangmandate. Erreicht eine Partei durch die Anzahl der gewählten Direktkandidaten mehr Sitze, als ihr nach Anteil der Zweitstimmen zustünden, erhöht sich ihre Zahl der Bundestagsabgeordneten. Der Erfolgswert der Stimmen der Wähler, die mit der Erststimme für ein Überhangmandat sorgen und mit der Zweitstimme eine kleinere Partei wählen erhöht sich damit. In Grenzen nicht zu beanstanden, da das Entstehen von Überhangmandaten der personalisierten Verhältniswahl immanent ist. Eine unerträgliche Beeinträchtigung des Gleichheitsprinzips tritt erst dann ein, wenn sich durch die Anzahl der Überhangmandate die Fraktionsgröße um mehr als 15% vergrößert. Ausweg: Verteilung von Ausgleichsmandaten an andere Parteien.
4. Die Grundmandatsklausel. Trotz nicht Erreichen von 5% der Zweitstimmen zieht eine Partei in voller Stärke ins Parlament ein, wenn sie mindestens 3 Direktmandate holt. Starke Bedenken hinsichtlich der Gleichheit der Wahl, da geographische Schwerpunkt-Parteien hinsichtlich sachlicher Splitterparteien bevorzugt werden. Andererseits drücken mindestens drei Direktmandate ein besonderes Maß an Zustimmung in der Bevölkerung aus.
Tags: Wahlrecht
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Erläutern Sie, wie das Prinzip der Gewaltenteilung in der Bundesrepublik konkret ausgestaltet ist.
1. Die Regierung ist vom Vertrauen des Parlaments abhängig (konstruktives Misstrauensvotum Art. 67, 63 GG).
2. Die Exekutive ist an Recht und Gesetz (Legislative) gebunden.
3. Legislative und Exekutive werden durch die Judikative kontrolliert.
4. Der Regierung steht ein Initiativrecht im Rahmen der Gesetzgebung zu.
Jedoch wird in der Bundesrepublik die Gewaltenteilung mehr durch ein System der Gewaltenverschränkung als der strikten Gewaltentrennung sichergestellt.
1. Die Exekutive kann Rechtsverordnungen erlassen (da der parlametarische Gesetzgeber sonst vollends überfordert wäre).
2. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kann Verwaltungskate für nichtig erklären.
3. Das Bundesverfassungsgericht kann dem Gesetzgeber Vorgaben machen.
4. Der Gesetzegeber kann unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheitsgesetze erlassen.
2. Die Exekutive ist an Recht und Gesetz (Legislative) gebunden.
3. Legislative und Exekutive werden durch die Judikative kontrolliert.
4. Der Regierung steht ein Initiativrecht im Rahmen der Gesetzgebung zu.
Jedoch wird in der Bundesrepublik die Gewaltenteilung mehr durch ein System der Gewaltenverschränkung als der strikten Gewaltentrennung sichergestellt.
1. Die Exekutive kann Rechtsverordnungen erlassen (da der parlametarische Gesetzgeber sonst vollends überfordert wäre).
2. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kann Verwaltungskate für nichtig erklären.
3. Das Bundesverfassungsgericht kann dem Gesetzgeber Vorgaben machen.
4. Der Gesetzegeber kann unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheitsgesetze erlassen.
Tags: Grundlagen
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Was ist eine Wahlfeststellung?
Eine Wahlfeststellung kommt in Betracht, wenn ein Täter sich strafbar gemacht hat, jedoch nicht aufzuklären ist, durch welche konkrete Handlung oder wegen welchen konkreten Delikts. Im Sinne des Rechtsstaatsprinzips muss hier der Grundsatz in dubio pro reo durchbrochen werden und der Täter auf wahldeutiger Grundlage verurteilt.
Unechte Wahlfeststellung -> der Tatbestand steht fest, fraglich ist nur, durch welche Handlung er begangen wurde -> unproblematisch
Echte Wahlfeststellung -> Tatbestandsalternativität -> Sind die in Betracht kommenden Tatbestände rechtsethisch (annähernd gleiche Schwere der Schuldvorwürfe und nach allg. Rechtsempfinden sittlich und rechtl. vergleichbar) und psychologisch (gleichgeartete seelische Beziehung des Täters zu den mehreren in Frage stehenden Verhaltensweisen) vergleichbar? -> Nur falls ja, wahldeutige Verurteilung zulässig.
Unechte Wahlfeststellung -> der Tatbestand steht fest, fraglich ist nur, durch welche Handlung er begangen wurde -> unproblematisch
Echte Wahlfeststellung -> Tatbestandsalternativität -> Sind die in Betracht kommenden Tatbestände rechtsethisch (annähernd gleiche Schwere der Schuldvorwürfe und nach allg. Rechtsempfinden sittlich und rechtl. vergleichbar) und psychologisch (gleichgeartete seelische Beziehung des Täters zu den mehreren in Frage stehenden Verhaltensweisen) vergleichbar? -> Nur falls ja, wahldeutige Verurteilung zulässig.
Wie ist die conditio sine qua non-Formel im Falle der alternativen Kausalität zu modifizieren?
Führen zwei voneinander unabhängige Handlungen gleichzeitig den Erfolg herbei, ist jede Bedingung kausal, die zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, da sonst keine der Bedingungen ursächlich wäre.
Was wird im einzelnen aus der Garantiefunktion des Art. 103 II GG ("nulla poena sine lege") abgeleitet?
1. Rückwirkungsverbot = Verbot von rückwirkender Schaffung oder Verschärfung von Strafgesetzen
2. Bestimmtheitsgebot = – Die Strafbarkeit muss überhaupt gesetzl. bestimmt sein (Bestimmtheitsgrundsatz i.w.S.) sowie mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lassen, welches Verhalten strafbar ist und welche Strafe der Richter verhängen darf (Bestimmtheitsgrundsatz i.e.S.).
3. Verbot strafbegründender/-schärfender Analogie = keine Analogie zulasten des Täters, keine wertende Auslegung mit Rücksicht auf den Einzelfall.
4. In dubio pro reo = Unschuldsvermutung (Angeklagter gilt so lange als unschuldig, bis seine Schuld in gesetzl. Geregelten Verfahren zweifelsfrei bewiesen ist).
2. Bestimmtheitsgebot = – Die Strafbarkeit muss überhaupt gesetzl. bestimmt sein (Bestimmtheitsgrundsatz i.w.S.) sowie mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lassen, welches Verhalten strafbar ist und welche Strafe der Richter verhängen darf (Bestimmtheitsgrundsatz i.e.S.).
3. Verbot strafbegründender/-schärfender Analogie = keine Analogie zulasten des Täters, keine wertende Auslegung mit Rücksicht auf den Einzelfall.
4. In dubio pro reo = Unschuldsvermutung (Angeklagter gilt so lange als unschuldig, bis seine Schuld in gesetzl. Geregelten Verfahren zweifelsfrei bewiesen ist).
Gibt des Bedenken hinsichtlich des Prinzips des Vorbehalts des Gesetzes im Falle einer behördlichen Warnung?
Ja, denn behördliche Warnung sind in der Regel Realakte, die nicht auf Grundlage eines formellen Gesetzes ergehen. Der Standpunkt, dass die Rechtsgrundlage einer behördlichen Warnung eine natürliche Aufgabe der Regierung ist, die sich aus ihrer Befugnis zur Staatsleitung sowie im Rahmen der Wahrnehmung von Schutzpflichten, ergibt, ist jedoch vertretbar. Demgegenüber erklärt das Bundesverfassungsgericht in der Glykolwein- sowie in der Osho-Entscheidung, dass es sich höchstens um eine Grundrechtsbeeinträchtigung, nicht jedoch um einen Eingriff handelt, soweit der Schutzbereich eines Grundrechts im einschlägigen Fallgestaltungen überhaupt eröffnet ist.
Tags: Grundlagen
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Welchen Rechtsschutz kann der Betroffene im Fall einer behördlichen Warnung suchen?
Da es sich bei der behördlichen Warnung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Klageart. Der Betroffene wird regelmäßig Widerruf (Öffentlich-Rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch) sowie Unterlassung (Öffentlich-Rechtlicher Unterlassungsanspruch) begehren, so dass eine Klagehäufung in Betracht kommt. Unbegründet ist das Begehren, wenn die Behörde eine Rechtsgrundlage für die Warnung hatte, diese anhand eines besonderen Anlasses ausgesprochen wurde, sie sachlich richtig war und das staatliche Neutralitätsgebot beachtet wurde.
Tags: Grundlagen
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Liegt bei einer Verfügung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein Verkehrsgeschäft vor?
Nein, bei derartigen Verfügungen geht es lediglich darum, gegenüber der regulären Erbfolge Erbschaftsstueuern zu sparen. Im Wege der Universalsukzession gem. § 1922 BGB hätte aber kein rechtsgeschäftlicher Erwerb vorgelegen. Ein Grund warum der künftige Erbe im Fall der vorweggenommenen Erbfolge besser gestellt sein soll, ist nicht ersichtlich.
Prüfungsschema gutgläubiger Grundstückserwerb (§ 892 BGB)?
a) Rechtsgeschäft/Verkehrsgeschäft
b) Unrichtigkeit des Grundbuchs
c) Rechtsschein der Berechtigung des Verfügenden (als Berechtigter im Grundbuch eingetragen oder Vorweisen eines Erbscheins)
d) keine Eintragung eines Widerspruchs (§ 899 BGB) im Grundbuch oder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs
b) Unrichtigkeit des Grundbuchs
c) Rechtsschein der Berechtigung des Verfügenden (als Berechtigter im Grundbuch eingetragen oder Vorweisen eines Erbscheins)
d) keine Eintragung eines Widerspruchs (§ 899 BGB) im Grundbuch oder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs
Erklären Sie die Begriffe Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes.
1. Vorrang des Gesetzes: Art. 20 III GG verbietet der Verwaltung für jegliche Tätigkeit jeden Verstoß gegen bestehende Gesetze.
2. Vorbehalt des Gesetzes: Die Grundrechte, das Rechtsstaatsprinzip sowie das Demokratieprinzip führen dazu, dass Verwaltungsmaßnahmen nur auf einer formell-gesetzlichen Grundlage ergehen dürfen.
2. Vorbehalt des Gesetzes: Die Grundrechte, das Rechtsstaatsprinzip sowie das Demokratieprinzip führen dazu, dass Verwaltungsmaßnahmen nur auf einer formell-gesetzlichen Grundlage ergehen dürfen.
Tags: Grundlagen
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Was ist eine juristische Person des Öffentlichen Rechts und welche verschiedenen Arten unterscheidet man?
Personenvereinigung oder Zweckvermögen mit vom Gesetz anerkannter rechtl. Selbstständigkeit (Rechtsfähigkeit)
a) Körperschaft: durch staatl. Hoheitsakt ins Leben gerufene, mitgliedschaftl. verfasste, vom Wechsel der Mitglieder unabhängige Rechtsträger zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
b) Anstalt Zusammenfassung personeller und sächlicher Mittel in der Hand eines Trägers öff. Verwaltung, die einem besonderen öff. Zweck dauernd zu dienen bestimmt ist
c) Stiftung: organisatorisch verselbstständigte rechtsfähige Institutionen mit dem Zweck der Verwaltung eines Bestandes an öffentlichem Vermögen
a) Körperschaft: durch staatl. Hoheitsakt ins Leben gerufene, mitgliedschaftl. verfasste, vom Wechsel der Mitglieder unabhängige Rechtsträger zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
b) Anstalt Zusammenfassung personeller und sächlicher Mittel in der Hand eines Trägers öff. Verwaltung, die einem besonderen öff. Zweck dauernd zu dienen bestimmt ist
c) Stiftung: organisatorisch verselbstständigte rechtsfähige Institutionen mit dem Zweck der Verwaltung eines Bestandes an öffentlichem Vermögen
Tags: Grundlagen
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Nennen Sie die Wahlrechtsgrundsätz der BRD.
Art. 38 I, 28 I 2 GG:
1. allgemein = wenn alle deutschen Staatsbürger ohne Unterschied bzgl. Persönl. Eigenschaften od. polit. Anschauungen aktiv oder passiv teilnehmen dürfen, wobei Mindestanforderungen zulässig sind
2. unmittelbar = Stimmabgabe bezieht sich auf die zu entsenden Vertreter selbst, keine Wahlmänner; Erkennbarkeit der Auswirkung der Wahlentscheidung auf Erfolg oder Misserfolg der Bewerber nötig
3. geheim = weder offen noch öffentlich
4. frei = Entscheidung ohne staatl., polit. od. wirtschaftl. Druck
5. gleich = Ausübung des Wahlrechts in formal gleicher Weise, alle Stimmen mit dem gleichen Gewicht
1. allgemein = wenn alle deutschen Staatsbürger ohne Unterschied bzgl. Persönl. Eigenschaften od. polit. Anschauungen aktiv oder passiv teilnehmen dürfen, wobei Mindestanforderungen zulässig sind
2. unmittelbar = Stimmabgabe bezieht sich auf die zu entsenden Vertreter selbst, keine Wahlmänner; Erkennbarkeit der Auswirkung der Wahlentscheidung auf Erfolg oder Misserfolg der Bewerber nötig
3. geheim = weder offen noch öffentlich
4. frei = Entscheidung ohne staatl., polit. od. wirtschaftl. Druck
5. gleich = Ausübung des Wahlrechts in formal gleicher Weise, alle Stimmen mit dem gleichen Gewicht
Tags: Wahlrecht
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Author: StanleyKubrick
Main topic: Jura
Topic: alle Lerngebiete
Published: 15.05.2010